Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 04.10.2007; Aktenzeichen 7 A 5047/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 52 500 € festgesetzt.
Gründe
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Klägerin beimisst.
I
Die Klägerin plant die Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarktes mit einer Verkaufsfläche von maximal 700 m(2) auf einem Grundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 18/5 des Beklagten, das in einem ausgewiesenen Gewerbegebiet liegt. Der Plan setzt u.a. fest, dass im Gewerbegebiet Einzelhandelsbetriebe und -verkaufsstellen sowie Verkaufsstellen von Handwerksbetrieben und anderen Gewerbebetrieben, die sich ganz oder teilweise an Endverbraucher wenden, nicht zulässig sind. Ausnahmsweise können in begründeten Einzelfällen unter näher bestimmten Voraussetzungen die folgenden Betriebe zugelassen werden:
“1. Verkaufsstellen, die in unmittelbarem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit Handwerksbetrieben oder produzierenden Gewerbebetrieben stehen. Die Verkaufsstellen dürfen nur dem Angebot von Waren, die in diesen Betrieben aus den jeweils erforderlichen Grundmaterialien hergestellt wurden, dienen. …
Die jeweilige Verkaufs- und Ausstellungsfläche darf zusammen bis 30 % der Geschossfläche, jedoch maximal 100 m(2) betragen. Die Summe aller Verkaufs- und Ausstellungsflächen dieser Betriebe im Gewerbegebiet darf 800 m(2) nicht überschreiten.
2. Fachhandelsbetriebe mit besonderem Warenangebot, die sich von den üblichen Einzelhandelsformen deutlich unterscheiden, z.B. Kohlen- und Baustoffhandlungen ohne Zubehörhandel sowie vergleichbare Betriebe des Handwerks (nicht Baumärkte, Gartenmärkte oder -Center etc).
3. Kraftfahrzeug- und Kraftfahrzeugzubehörhandel …”
Der Beklagte lehnte einen Vorbescheidsantrag der Klägerin zur planungsrechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhabens ab. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat den generellen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben und der weiteren näher bezeichneten Verkaufsstellen im Gewerbegebiet nicht beanstandet. Die Festsetzung Nr. 2 der Ausnahmen hat es wegen inhaltlicher Unbestimmtheit für unwirksam gehalten. Offengelassen hat die Vorinstanz, ob die Einschränkungen hinsichtlich der Verkaufs- und Ausstellungsflächen für den “Handwerkshandel” (Ausnahme Nr. 1) wirksam sind. Die (etwaige) Unwirksamkeit dieser Festsetzung sowie die dargelegte Unwirksamkeit der Festsetzung zur ausnahmsweisen Zulässigkeit der “Fachhandelsbetriebe” (Ausnahme Nr. 2) führten nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt. Mit den verbleibenden wirksamen Festsetzungen des Plans sei das Vorhaben der Klägerin nicht vereinbar.
II
1. Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, “ob die Festsetzung aus einer Kombination von handwerksbezogenem Handel mit einem bestimmten Verkaufsflächenanteil ein bestimmter Anlagentyp im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO ist” und die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit eines Anlagentypus erfüllt.
Die aufgeworfenen Fragen können die Revision nicht eröffnen, weil sie für das Oberverwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich waren. Die Vorinstanz hat sich zur Zulässigkeit des von der Beschwerde problematisierten Anlagentypus nicht abschließend geäußert. Vielmehr hat es die Frage nach der Wirksamkeit der Einschränkungen hinsichtlich der Verkaufs- und Ausstellungsflächen für den “Handwerkshandel” (Ausnahme Nr. 1) ausdrücklich offen gelassen. Das beruht ersichtlich auf der Annahme, dass die etwaige Unwirksamkeit der Flächenbeschränkungen die Wirksamkeit der Festsetzungen für die Ausnahme Nr. 1 im Übrigen nicht entfallen ließe. Mangels Entscheidungserheblichkeit wären die von der Beschwerde zur Zulässigkeit des Anlagentypus “Handwerkshandel” mit einem bestimmten Flächenanteil für Verkaufs- und Ausstellungsflächen in einem Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig.
2. Die Klägerin möchte ferner rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, “ob eine einheitliche Festsetzung (hier ‘Handwerkshandel’ incl. Verkaufsflächenbegrenzung) gegen den objektiven Willen des Satzungsgebers so in einzelne Elemente zerlegt werden kann, dass jedes für sich betrachtet eine unterschiedliche rechtliche Wirksamkeitsfolge nach sich zieht”.
Diese Frage würde sich so, wie die Beschwerde sie formuliert, in einem Revisionsverfahren schon deshalb nicht stellen, weil sie dem Oberverwaltungsgericht rechtliche Aussagen unterstellt, die dieses nicht getroffen hat, und die Gründe des Berufungsurteils in ihr Gegenteil verkehrt. Die Vorinstanz hat die Festsetzungen zur Ausnahme Nr. 1 nicht gegen den objektiven Willen des Beklagten in Einzelteile zerlegt, sondern ist davon ausgegangen, dass der Festsetzungsteil, der die Verkaufs- und Ausstellungsflächen beschränkt, von den übrigen Festsetzungen der Ausnahme Nr. 1 abtrennbar ist und dass die etwaige Unwirksamkeit dieser Flächenbeschränkungen die übrigen Festsetzungen im Rahmen der Ausnahme Nr. 1 gerade in Hinblick auf die Planungskonzeption des Beklagten unberührt lassen würde.
Soweit die aufgeworfene Frage auf die rechtlichen Voraussetzungen zielt, unter denen eine planerische Festsetzung, die aus mehreren Einzelfestsetzungen besteht, insgesamt unwirksam ist, wenn sich eine der Einzelfestsetzungen als unwirksam erweisen sollte, besteht kein revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf. Die Frage beantwortet sich nach den Grundsätzen, die das Bundesverwaltungsgericht zur Teilunwirksamkeit (Teilnichtigkeit) eines Bebauungsplans aufgestellt hat. Danach führen Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. Urteil vom 19. September 2002 – BVerwG 4 CN 1.02 – BVerwGE 117, 58 ≪61≫ m.w.N. = BRS 65 Nr. 20).
Es liegt auf der Hand und bedarf nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass diese Grundsätze auch in Fällen anzuwenden sind, in denen die Unwirksamkeit einer Festsetzung in Frage steht, die sich aus mehreren Einzelfestsetzungen zusammensetzt. Ob eine fehlerhafte Einzelfestsetzung zur Gesamt- oder Teilunwirksamkeit der Festsetzung führt, deren Bestandteil sie ist, und ob sie darüber hinaus die Gesamt- oder Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans auslöst, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Die Feststellung der Teilunwirksamkeit setzt zunächst objektiv eine Teilbarkeit der betroffenen Festsetzung bzw. des Bebauungsplans voraus. Außerdem muss vermieden werden, in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig einzugreifen. Ein Gericht darf insbesondere nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (Urteil vom 19. September 2002 a.a.O. S. 61). Hiermit sind zugleich die weiteren Fragen der Beschwerde zur Teilunwirksamkeit planerischer Festsetzungen bzw. eines Bebauungsplans beantwortet, soweit diese Fragen überhaupt einer fallübergreifenden verallgemeinerungsfähigen Antwort zugänglich sind.
Das Oberverwaltungsgericht hat sich von den in der Rechtsprechung des beschließenden Senats aufgestellten Grundsätzen bei der Auslegung des Bebauungsplans Nr. 18/5 des Beklagten leiten lassen (UA S. 12, 20). Es hat im Einzelnen begründet, dass eine etwaige Unwirksamkeit der Flächenbegrenzungen (Ausnahme Nr. 1) sowie der Wegfall der Ausnahme Nr. 2 weder die Wirksamkeit des generellen Ausschlusses von Einzelhandelsbetrieben (und weiterer Verkaufsstellen) im Gewerbegebiet noch die Wirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt berühren. Hierfür hat es die städtebaulichen Ziele der Planung, das produzierende Gewerbe und Handwerk zu stärken sowie die verkehrliche Belastung nicht zu erhöhen, angeführt (UA S. 20). Die Kritik der Klägerin an dieser Planauslegung, die ihrer Ansicht nach der Satzungsintention des Beklagten widerspricht, ist auf den vorliegenden Einzelfall zugeschnitten und nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu begründen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Prof. Dr. Rojahn, Dr. Bumke
Fundstellen