Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 08.02.2007; Aktenzeichen 5 S 2258/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt nicht die grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, die ihr von der Beschwerde beigemessen wird (1.). Ein Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen könnte, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht (2.).
1. Die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung kommt nicht in Betracht.
a) Als klärungsbedürftig wirft die Beschwerde folgende Frage auf:
“Verstößt ein Ausschluss der Betriebsart Dieseltraktion gegen die sich aus § 1 Abs. 1 AEG und § 1 Abs. 3 AEG ergebende gesetzliche Zielsetzung, eine langfristig leistungsfähige Schieneninfrastruktur zu schaffen und zu erhalten?”
Die Beschwerde knüpft mit dieser Frage an den klägerischen Einwand an, die planerische Rechtfertigung des Vorhabens eines Durchgangsbahnhofs scheitere daran, dass es einen planerischen Missgriff darstelle, wenn dieser aus immissionsschutzrechtlichen Gründen nicht von Zügen mit Dieseltraktion befahren werden könne. Sie macht geltend, die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz verstoße gegen die in der Frage genannten Vorschriften; denn hieraus ergebe sich mit der Qualität eines Planungsleitsatzes, dass beim Neubau von Schienenstrecken das zentrale Ziel einer langfristig leistungsfähigen Schieneninfrastruktur des Bundes zu beachten sei. Letztlich läuft die aufgeworfene Frage somit darauf hinaus, dass die Beschwerde geklärt wissen will, ob § 1 Abs. 1 und 3 AEG eine Regelung des von ihr behaupteten Inhalts zu entnehmen ist, die strikte Beachtung verlangt und sich als unüberwindbares Planungshindernis für den Neubau einer Strecke darstellt, die für Dieseltraktion technisch ungeeignet ist. Damit wird ein Klärungsbedarf, der die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, nicht dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift, zu der eine höchstrichterliche Rechtsprechung bislang noch nicht ergangen ist, ist allein deshalb von grundsätzlicher Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass die im Rechtsstreit aufgeworfene Frage aus den Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt (vgl. Beschluss vom 13. März 1992 – BVerwG 4 B 39.92 – NVwZ 1993, 268 ≪269≫). Von der Beschwerde wird hier aber eine Frage aufgeworfen, die für die Vorinstanz keine Rolle gespielt hat, weil die Kläger ihren gegen die Planrechtfertigung gerichteten Einwand allein aus § 14 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AEG und § 3 Abs. 1 EIBV hergeleitet hatten. Ihrem Versuch, diesen Vorschriften, die Eisenbahninfrastrukturunternehmen einen diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur gewährleisten, einen zwingenden Rechtssatz des Inhalts zu entnehmen, dass Neubaustrecken generell auch für Dieseltraktion geeignet sein müssen, ist die Vorinstanz mit der einleuchtenden Erwägung entgegengetreten, die Errichtung von Eisenbahnbetriebsanlagen, die von Dieselfahrzeugen nicht genutzt werden könnten, sei sowenig diskriminierend wie umgekehrt die Errichtung von nicht elektrifizierten Strecken (UA S. 39). Dieses Auslegungsergebnis wird von der Beschwerde nunmehr mit dem Hinweis auf die verschiedenen Zwecke des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (§ 1 Abs. 1 AEG) sowie dessen Oberziel “bester Verkehrsbedienung” (§ 1 Abs. 3 AEG) angezweifelt. Dabei übersieht die Beschwerde, dass eine für die Entscheidung der Tatsacheninstanz nicht maßgebliche Rechtsfrage die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. z.B. Beschluss vom 7. Januar 1986 – BVerwG 2 B 94.85 – Buchholz 310 § 75 VwGO Nr. 11). Zudem gibt schon der Wortlaut der genannten Vorschriften für die von der Beschwerde vorgeschlagene Auslegung nichts her.
b) Nicht klärungsbedürftig ist die von der Beschwerde aufgeworfene Frage:
“Ist die Finanzierung eines Vorhabens gesichert, wenn der Vorhabenträger die Ausführung des Vorhabens (wegen nicht gegebener bzw. unvollständiger Finanzierung) ausdrücklich unter einen Wirtschaftlichkeitsvorbehalt stellt?”
Die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage wird von der Beschwerde nicht dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerde knüpft damit an den klägerischen Einwand an, die planerische Rechtfertigung des Vorhabens müsse daran scheitern, dass die Finanzierung noch nicht abschließend geklärt sei. Dem ist die Vorinstanz unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass es ausreiche, wenn im Zeitpunkt der Planfeststellung die Finanzierbarkeit des Vorhabens nicht ausgeschlossen erscheine (UA S. 41 f.). Dies kritisiert die Beschwerde mit dem Hinweis, die Vorinstanz habe die rechtliche Tragweite des Wirtschaftlichkeitsvorbehalts der Beigeladenen verkannt, weil diese ihren Antrag auf Planfeststellung unter der aufschiebenden Bedingung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens gestellt habe und der Eintritt dieser Bedingung bislang nicht nachgewiesen sei. Die Frage zielt somit auf eine Auslegung des von der Beigeladenen seinerzeit gestellten Antrags auf Einleitung des Planfeststellungsverfahrens ab, die dem übereinstimmenden Verständnis widerspricht, das Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde von dessen Inhalt hatten. Dem folgend ist auch die Vorinstanz nicht von einem bedingt gestellten Antrag ausgegangen. Unter diesen Gegebenheiten wäre die Frage der Beschwerde, “ob ein … bedingter Antrag auf Planfeststellung positiv beschieden werden kann”, in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Sie war für die Entscheidung der Tatsacheninstanz nicht maßgeblich (oben 1. a).
c) Die Beschwerde wirft die Frage auf:
“Dürfen mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung, die die Verlegung bzw. Aufgabe von Bahnanlagen zum Inhalt hat, auch städtebauliche Ziele wie die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsflächen verfolgt werden?”
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil ihre Entscheidungserheblichkeit nicht dargelegt wird (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Im Rahmen der Erörterung der Planrechtfertigung vertritt die Vorinstanz in dem angefochtenen Urteil die Auffassung, dass es legitim sei, mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch andere als spezifisch verkehrliche Ziele zu verfolgen, und zwar namentlich – wie im vorliegenden Fall – auch die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsmöglichkeiten (UA S. 33). Die diesbezüglichen Ausführungen enden allerdings mit der Aussage, dass “zur Planrechtfertigung die angeführten verkehrlichen Ziele jedenfalls ausreichten” (UA S. 36). Wenn die Beschwerde darauf verweist, die Vorinstanz habe dann jedoch im Rahmen der nachfolgenden Alternativenprüfung verschiedentlich zugunsten der Vorzugsvariante das Gewicht der mit dem Vorhaben verfolgten städtebaulichen Zielsetzungen angeführt, übersieht sie, dass auch diese Aussagen von der Vorinstanz jeweils nicht allein entscheidungstragend gemacht worden sind (UA S. 44, 65, 68). Die Revision gegen ein Urteil, das nebeneinander auf mehrere, je selbständig tragende Begründungen gestützt ist, kann aber nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. z.B. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 15). Diese Voraussetzung erfüllt die Beschwerde nicht, weil sie die jeweiligen Hilfserwägungen der Vorinstanz nicht angegriffen hat.
d) Aus dem zuvor genannten Grunde rechtfertigt die Zulassung der Revision auch nicht die von der Beschwerde aufgeworfene Frage:
“Ist es zulässig, beim Vergleich von Alternativen im Rahmen der Abwägung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG davon auszugehen, dass durch das beantragte Vorhaben bewirkte Eingriffe in Natur und Landschaft ausgeglichen werden?”
Mit dieser Frage verbindet die Beschwerde eine Kritik an der Aussage des angefochtenen Urteils, dass der Planfeststellungsbeschluss zutreffend davon ausgehe, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelten und bewerteten Eingriffe würden (überwiegend) mit einem Zugewinn an unversiegelten Flächen im Innenstadtbereich an Ort und Stelle ausgeglichen und im Übrigen durch Ersatzmaßnahmen kompensiert, was im Alternativenvergleich durchaus Gewicht habe (UA S. 65). Gegen die nachfolgende – selbständig tragende – Erwägung der Vorinstanz, dass für den Fall einer der Planfeststellungsbehörde insoweit unterlaufenen Fehlgewichtung dieser Abwägungsmangel in Anwendung von § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG a.F. unerheblich sei, wird von der Beschwerde kein Zulassungsgrund geltend gemacht (oben 1. c).
e) Erfolglos bleibt die Grundsatzrüge, soweit sie sich auf die Frage bezieht:
“Sind Erwägungen im Alternativenvergleich unbeachtlich, wenn die Antragsplanung, ggf. in Verbindung mit von der Planfeststellungsbehörde auferlegten Nebenbestimmungen im Planfeststellungsbeschluss, den durch eine bestimmte Bauweise entstehenden besonderen Gefahren durch Sicherheitsvorkehrungen Rechnung trägt?”
Diese Fragestellung wird von der Beschwerde mit dem Hinweis erläutert, die Vorinstanz habe die klägerischen Einwände zur Störanfälligkeit des Projekts “Stuttgart 21” (S 21) unter dem Gesichtspunkt des Brand- und Katastrophenschutzes rechtsfehlerhaft als für den Alternativenvergleich unbeachtlich bewertet. Gleiches gelte für die hier besonders bedeutsamen Belange des Grund- und Mineralwasserschutzes. Dieses Vorbringen lässt einen Zulassungsgrund i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erkennen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), weil es sich in der Erwägung erschöpft, § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG a.F. sei im konkreten Streitfall rechtsfehlerhaft ausgelegt und angewandt worden. Eine Aussage des Inhalts, dass Belange des Brand- und Katastrophenschutzes sowie des Grund- und Mineralwasserschutzes im Rahmen eines Alternativenvergleichs unbeachtlich seien, ist dem angefochtenen Urteil außerdem nicht zu entnehmen. Die Vorinstanz hat vielmehr die Feststellung getroffen, dass der Planfeststellungsbeschluss diesen Belangen durch ein Schutzkonzept, das in Nebenbestimmungen Ausdruck gefunden hat, ausreichend Rechnung getragen habe und von Klägerseite aus Gegenteiliges nicht substantiiert vorgetragen worden sei (UA S. 64 f.). Die Beschwerde kritisiert dies zwar mit dem Hinweis, die “konzeptionell bedingten Nachteile” des Tiefbahnhofs mit seinem Tunnelsystem könnten durch Sicherheitsvorkehrungen nicht kompensiert werden, wenn als Planungsalternative das Konzept eines modernisierten oberirdischen Kopfbahnhofs (K 21) zur Wahl stehe, das ohne vergleichbare Sicherheitsvorkehrungen auskomme. Sie greift damit die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Vorinstanz an, dass nach dem planfestgestellten Schutzkonzept die mit dem Projekt S 21 verbundenen Risiken mit dem Ergebnis beherrschbar sind, dass sich unter Sicherheitsaspekten das Konzept K 21 nicht als eindeutig vorzugswürdige Alternative aufdrängt. Sie legt aber nicht dar, woraus sich insoweit – trotz der Bindung des Revisionsgerichts an die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) – ein rechtlicher Klärungsbedarf ergeben soll, der die Zulassung der Revision rechtfertigt.
f) Schließlich hält die Beschwerde folgende Frage für klärungsbedürftig:
“Gehören die Kosten des beantragten Vorhabens auch dann zu den beim Alternativenvergleich in der Abwägung zu berücksichtigenden Belangen, wenn diese Kosten diejenigen einer Alternative erheblich übersteigen?”
Mit dieser Frage wendet die Beschwerde sich gegen die Aussage der Vorinstanz, ob sich eine Alternative als eindeutig vorzugswürdig erweise, sei allein im Hinblick auf die Verwirklichung der Planungsziele und die sonstigen bei der Abwägung zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belange zu beurteilen. Zu diesen gehörten die Kosten des beantragten Vorhabens grundsätzlich nicht; die Prüfung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses obliege vielmehr ausschließlich dem Vorhabenträger und den sich an der Finanzierung beteiligenden Körperschaften im Rahmen ihrer Finanz- und Haushaltsverantwortung (UA S. 66 f.). Anderes gelte nur in den Fällen, in denen ein Vorhabenträger der behaupteten Vorzugswürdigkeit einer Alternativtrasse mit dem Argument entgegentrete, diese sei deutlich teurer als die Trasse der Antragsplanung. Insoweit sei der Kostenvorteil zugunsten einer Antragsplanung mit dem Argument für abwägungsbeachtlich gehalten worden, es liege im öffentlichen Interesse, Verkehrswege kostengünstig zu bauen (UA S. 66). Die Beschwerde meint, diese Einschränkung des Alternativenvergleichs sei mit § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG a.F. unvereinbar. Damit kann die Beschwerde aber nicht darlegen, dass sich in einem Revisionsverfahren die von ihr formulierte Frage stellen wird. An dieser Entscheidungserheblichkeit fehlt es, wenn die Vorinstanz Tatsachen, die vorliegen müssten, damit sich die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Rechtsfrage stellen würde, nicht festgestellt hat (vgl. etwa Beschluss vom 30. Juni 1992 – BVerwG 5 B 99.92 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309 S. 43). So liegt es hier. Denn mit ihrer Frage setzt die Beschwerde ausdrücklich voraus, dass die Kosten des Projekts S 21 “diejenigen einer Alternative erheblich übersteigen”, womit von ihr die Kosten des Konzepts K 21 gemeint sind. Die Vorinstanz hat jedoch in ihren Hilfserwägungen auf der Grundlage tatrichterlicher Würdigung ausdrücklich festgestellt, dass der Unterschied zwischen den Kosten der beiden Varianten nicht so groß ist, wie es die Kläger behaupten, weil die Beigeladene mit Recht deutlich höhere Kosten für verschiedene, im einzelnen benannte Positionen veranschlagen dürfe, die bei einer Verwirklichung des Konzepts K 21 zusätzlich anfallen würden (UA S. 68 f.).
Um die Entscheidungserheblichkeit der von ihr aufgeworfenen Frage aufzuzeigen, greift die Beschwerde zwar diese Hilfserwägungen der Vorinstanz an. Die Vorinstanz habe versucht, mit überschlägigen Ausführungen darzulegen, dass auch eine Berücksichtigung der Kosten im Alternativenvergleich letztlich zu keiner anderen als der getroffenen Entscheidung hätte führen können, sei dabei aber von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen. Diese Kritik an den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz kann nicht berücksichtigt werden, weil insoweit zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht worden sind (§ 137 Abs. 2 VwGO).
2. Ein für das angefochtene Urteil erheblicher Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen könnte, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.
Die Beschwerde rügt eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO bzw. § 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 Abs. 1 ZPO). Die Vorinstanz habe nicht ausreichend aufgeklärt, ob das Haus der Kläger durch die im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Auflagen entsprechend den Anforderungen des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwGO ausreichend gegen den Bau des Tunnels und sich daraus ergebenden Folgen geschützt sei. Das angefochtene Urteil argumentiere insoweit damit, dass der Gutachter der Beigeladenen, Prof. Dr. W…, in seiner Stellungnahme vom Januar 2006 überzeugend dargelegt habe, dass jenseits der auf Höhe des Hauses der Kläger mehr als 3 m unter der Tunnelröhre verlaufenden Auslaugungsfront eine 5 m bis 6 m tiefe Schicht des unausgelaugten Gipskeupers verlaufe, die nahezu frei von quellfähigem Anhydrit sei. Erst im Anschluss daran, etwa 10 m unter der Tunnelröhre, verlaufe der Anhydritspiegel, der erst etwa 300 m weiter südöstlich angeschnitten werde. Angesichts dieser Dimensionen und der Dichte der Erkundungsbohrungen – insoweit hätten die Kläger jedenfalls keine methodisch begründeten Einwände erhoben – erscheine es nachvollziehbar, dass Prof. Dr. W…, der nach seinen Angaben mehr als 40 Tunnelprojekte, darunter auch einige im Raum Stuttgart betreut habe, hier erhebliche Unregelmäßigkeiten bei der Ausbildung des maßgeblichen Anhydritspiegels nach oben ausgeschlossen habe (UA S. 81 f.). Auf dieser Grundlage habe die Vorinstanz den von den Klägern in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zum Beweis der Tatsache, dass das im Planfeststellungsbeschluss festgelegte Rohrschirmverfahren nicht geeignet sei, das Haus der Kläger vor erheblichen Schäden zu schützen, nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, durch die sachverständigen Äußerungen von Prof. Dr. W… sei das Gegenteil – nämlich die Brauchbarkeit des Rohrschirmverfahrens im vorliegenden Baugrund – bewiesen (UA S. 84). Die Vorinstanz hätte vielmehr aufgrund des nachdrücklichen Hinweises der Kläger, dass sich der Sachverständige auf keine einzige Erkundungsbohrung im unmittelbaren Bereich des klägerischen Grundstücks stützen könne, und angesichts der schwierigen lokalen geologischen Verhältnisse, die durch eine Stellungnahme des Gutachters der Kläger, Dipl.-Geol. Dr. B…, nachgewiesen seien, einen weiteren Aufklärungsbedarf sehen müssen. Selbst bei einer größeren Zahl von Erkundungsbohrungen könnten gerade schwierige geologische Verhältnisse im Vorhinein nicht exakt erfasst werden. Dem hätte durch den Einsatz des sog. Solifrac-Verfahrens Rechnung getragen werden müssen, das auch im Bereich des Tunnelportals verwendet werden solle. Weiterhin habe Anlass bestanden, durch einen unabhängigen Sachverständigen überprüfen zu lassen, ob die Handhabung des Rohrschirmverfahrens zumindest hinsichtlich der Überlappung der Bohrschirme modifiziert werden müsste.
Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, dass sich der Vorinstanz nach Lage der Dinge eine weitere Sachaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufdrängen musste. Insbesondere greift die Rüge nicht durch, die Ablehnung des Beweisantrags sei als Verfahrensfehler der Vorinstanz zu werten.
Die Vorinstanz war nicht gehindert, sich auf das von dem Beigeladenen eingeholte geotechnische Gutachten vom Januar 2006 zu stützen und dieses als Urteilsgrundlage zu verwerten. Ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt, darf das Tatsachengericht gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich nach seinem tatrichterlichen Ermessen entscheiden (Beschluss vom 4. Dezember 1991 – BVerwG 2 B 135.91 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 238 S. 67 und Beschluss vom 13. März 1992 – BVerwG 4 B 39.92 – NVwZ 1993, 268). Einen Verfahrensmangel würde es nur darstellen, wenn die Vorinstanz es unterlassen hätte, ein weiteres Gutachten einzuholen, obwohl sich eine weitere Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, weil die bereits vorliegenden Gutachten nicht geeignet gewesen wären, dem Gericht die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln (Beschluss vom 2. März 1995 – BVerwG 5 B 26.95 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 267 S. 12). Das könnte der Fall sein, wenn Gutachten und fachtechnische Stellungnahme grobe offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufwiesen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgingen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, Beschluss vom 2. März 1995 a.a.O.; Beschluss vom 4. Januar 2007 – BVerwG 10 B 20.06 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 S. 5 m.w.N.). Dies wird von der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Als Vorwurf, das geotechnische Gutachten vom Januar 2006 weise grobe Mängel auf, mag der Vortrag zu werten sein, das Gutachten basiere nicht auf einer ausreichenden Zahl von Erkundungsbohrungen und insbesondere sei eine Erkundungsbohrung im unmittelbaren Bereich des klägerischen Grundstücks nicht durchgeführt worden. Dieser Vorwurf geht jedoch fehl. In dem Gutachten (Anlage 1.1) ist Zahl und die Lage der Erkundungsbohrungen dokumentiert. Ausdrücklich festgehalten und demgemäß fachlich berücksichtigt worden ist auch, dass die Bohrungen (nur) “im Umfeld” des klägerischen Hauses abgeteuft worden sind (Gutachten S. 3). Wenn die Kläger hiergegen diejenigen methodischen Bedenken geltend machen wollten, die sie jetzt mit ihrer Beschwerde vortragen, hätten sie dies spätestens in der mündlichen Verhandlung tun müssen. Dieser Obliegenheit zur Mitwirkung an der Sachaufklärung haben die Kläger ausweislich der im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen der Tatsacheninstanz nicht genügt. Wie die Beschwerde einräumt, hat die Vorinstanz den Klägern bezüglich der Dimensionen und der Dichte der Erkundungsbohrungen entgegengehalten, sie hätten insoweit bei der Erörterung des Gutachtens jedenfalls keine methodisch begründeten Einwände erhoben (UA S. 81). Als öffentliche Urkunde liefert der Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO auch vollen Beweis für die darin bezeugten eigenen Wahrnehmungen des Gerichts. Dabei ist es unschädlich, wenn solche Feststellungen – wie hier – in dem mit “Entscheidungsgründe” überschriebenen Abschnitt des Urteils getroffen worden sind (vgl. Urteil vom 16. Oktober 1984 – BVerwG 9 C 67.83 – Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 25 m.w.N.).
Mit dem bloßen Hinweis auf angebliche entgegenstehende Aussagen des Gutachters der Kläger zu der Beschaffenheit des Bodens unter dem klägerischen Haus wird kein grober Mangel des Gutachtens vom Januar 2006 bezeichnet. Hiermit werden allenfalls (vermeintliche) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Vorinstanz angesprochen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen (vgl. etwa Beschluss vom 2. November 1995 – BVerwG 9 B 710.94 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f.). Eine Ausnahme hiervon kommt bei einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271 ff.; Beschlüsse vom 2. November 1995 a.a.O., vom 3. April 1996 – BVerwG 4 B 253.95 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 269 und vom 19. November 1997 – BVerwG 4 B 182.97 – Bucholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1). Dass die Sachverhaltswürdigung der Vorinstanz hier an einem solchen Mangel leidet, wird mit der Beschwerde nicht dargetan.
Entsprechendes gilt für den Vortrag der Beschwerde zum Einsatz des Solifrac-Verfahrens und der Überlappung der Bohrschirme bei der Handhabung des Rohrschirmverfahrens. Die Beantwortung der damit angesprochenen Frage, ob die Kläger ein noch höheres Maß an Schutz beanspruchen können, hat die Vorinstanz erörtert (UA S. 83, 85), ohne dass die Beschwerde sich mit der insoweit zugrunde liegenden tatrichterlichen Würdigung auseinandersetzt.
Hiervon ausgehend fehlt auch jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Begründung, mit der die Vorinstanz den Beweisantrag der Kläger abgelehnt hat, nicht tragfähig ist. Diese stützt sich maßgeblich darauf, dass für den “vorliegenden Baugrund” die vom Gutachter der Kläger gegen den Einsatz des Rohrschirmverfahrens erhobenen Einwände bereits durch die sachverständigen Äußerungen des Gutachters der Beigeladenen widerlegt seien (UA S. 84).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen