Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 19.02.2014; Aktenzeichen 8 A 11.40055) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 5. Juli 2011 (98. Änderungsplanfeststellungsbeschluss) in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Januar 2013 für die Erweiterung des Verkehrsflughafens München durch die Anlage und den Betrieb einer dritten Start- und Landebahn. Sie sind Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks, das für das Vorhaben unmittelbar in Anspruch genommen wird, und Eigentümer eines Wohngrundstücks. Der Verwaltungsgerichtshof hat ihre Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 2
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Kläger beimessen.
Rz. 3
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bislang höchstrichterlich nicht entschiedenen, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine Rechtsfrage des revisiblen Rechts im Allgemeinen klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫ und vom 9. April 2014 – 4 BN 3.14 – ZfBR 2014, 479 Rn. 2). Eine Rechtsfrage, die bereits höchstrichterlich geklärt ist, kann erneut klärungsbedürftig werden, wenn die Beschwerde neue Gesichtspunkte vorbringt, die geeignet sein könnten, die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. August 1997 – 1 B 145.97 – Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 67 S. 5).
Rz. 4
1. Die Kläger werfen die Frage auf (Beschwerdebegründung S. 23),
ob für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses unter besonderer Berücksichtigung der Effektivität des Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und der Prozessökonomie auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der letzten gerichtlichen Tatsacheninstanz insbesondere dann abzustellen ist, wenn es um wesentliche, gegenüber dem Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung veränderte, aber für die Grundlagen und Leitlinien der Planung wesentliche Umstände geht (hier: Änderung der Verkehrsprognose).
Rz. 5
Hintergrund der Frage ist die Behauptung der Kläger (Beschwerdebegründung S. 26), dass ab Ende 2011 eine deutliche Verminderung des Verkehrsaufkommens am Flughafen München festzustellen sei. Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, dass für die planerische Rechtfertigung eines luftverkehrsrechtlichen Vorhabens nicht anders als für die planerische Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Plan maßgebend ist (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 – 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 Rn. 68 m.w.N.). In diesem Zeitpunkt muss für das Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des Luftverkehrsgesetzes ein Bedarf bestanden haben (BVerwG, Beschluss vom 1. April 2009 – 4 B 61.08 – NVwZ 2009, 910 Rn. 20). Spätere Änderungen der Sachlage, die sich auch aus einer Neubewertung des Verkehrsbedarfs ergeben können, sind grundsätzlich nicht geeignet, der zuvor getroffenen Planungsentscheidung nachträglich den Stempel der Rechtmäßigkeit oder Fehlerhaftigkeit aufzudrücken (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 68). Eine Ausnahme gilt insoweit, als Änderungen der Sach- oder Rechtslage zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führen (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 Rn. 256); denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte.
Rz. 6
Das Vorbringen der Kläger ist nicht geeignet, den Senat zu veranlassen, die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Revisionsverfahren auf den Prüfstand zu stellen. Ob ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt und der Kläger deshalb gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangen kann, dass das Gericht den Verwaltungsakt aufhebt, ist eine Frage des materiellen Rechts. Diesem ist auch zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sein müssen (BVerwG, Beschluss vom 1. April 2009 – 4 B 62.08 – juris Rn. 19). Das Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, zwingt nicht dazu, abweichend von den Vorgaben des materiellen Rechts den Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts zu wählen, den ein Kläger für den erfolgversprechendsten hält. Die gerichtliche Überprüfung kann nicht weiter reichen als die materiell-rechtliche Bindung der Exekutive; die geschützten Rechtspositionen eines Klägers ergeben sich nicht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, sondern werden darin vorausgesetzt (BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 – 2 BvR 1444/00 – BVerfGE 103, 142 ≪156≫).
Rz. 7
Die Kläger möchten ergänzend wissen (Beschwerdebegründung S. 34),
nach welchen Gesichtspunkten und sachlichen wie rechtlichen Maßstäben aufzuklären, zu bewerten und zu entscheiden ist, dass die im Rahmen eines luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahrens der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von der tatsächlichen, für das Fachplanungsrecht maßgeblichen Verkehrsentwicklung „in extremer Weise” bzw. in einer Weise abweicht, welche zur Rechtswidrigkeit oder gar Funktionslosigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führt oder führen kann und damit Anlass gibt, auch zeitlich nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, d.h. erst im gerichtlichen Verfahren aufgetretene tatsächliche Umstände zu berücksichtigen.
Rz. 8
In einem anderen Zusammenhang wiederholen sie die Frage (Beschwerdebegründung S. 45) in der Formulierung,
wann ein extrem gelagerter Fall vorliegt, bei dem sich die gerichtliche Überprüfung einer Prognose unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen, von der Prognose abweichenden realen Entwicklung erweitert.
Rz. 9
Die Frage knüpft daran an, dass der Verwaltungsgerichtshof keinen Anhaltspunkt dafür hat finden können, dass die Zahl der Flugbewegungen von der von ihm gebilligten Verkehrsprognose seit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in extremer Weise nach unten abweicht (UA Rn. 413) und der Beschluss dadurch funktionslos oder rechtswidrig geworden ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 – 4 C 79.76 u.a. – BVerwGE 56, 110 ≪122≫). Sie rechtfertigt die Zulassung der Grundsatzrevision schon deshalb nicht, weil sie so unbestimmtoffen eingeleitet und gestellt worden ist, dass sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich ist. Der Senat könnte sie deshalb nur nach Art eines Lehrbuchs beantworten. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens.
Rz. 10
2. Die Frage (Beschwerdebegründung S. 40),
ob eine im Erörterungstermin abgegebene und zu schriftlichem Protokoll gegebene Zusage des Verhandlungsleiters im luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren zum einen zulässig und zum anderen verbindlich ist, in der er auf gezielte Frage bezüglich der Behandlung ergänzender oder neuer Gutachten, die „im Laufe des Verfahrens hineingegeben werden”, äußert, es würden solche Unterlagen „selbstverständlich in geeigneter Weise durch Auslegung, Internet oder wie auch immer der Allgemeinheit zugänglich” gemacht werden, und ob die Nichteinhaltung einer solchen vertrauensbildenden Äußerung zur Möglichkeit einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Planfeststellungsverfahren führt,
zwingt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie – ungeachtet ihrer abstrahierenden Formulierung – auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles zugeschnitten ist. Sie ist außerdem nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich nicht nur darauf festgelegt, dass die Bemerkung des Verhandlungsleiters keine konkreten Rechtsfolgen nach sich zieht, sondern zusätzlich und sein Urteil selbständig tragend „Unbeschadet dessen …”) darauf abgestellt, dass der Beklagte in der Zeit vom 20. Oktober bis 19. November 2009 und in der Zeit vom 12. April bis 11. Mai 2010 wesentliche neue bzw. geänderte Unterlagen öffentlich ausgelegt hat (UA Rn. 364). Die zweite Begründung greifen die Kläger nicht mit einem Grund für die Zulassung der Revision, sondern nur im Stil einer Berufungsbegründung an (Beschwerdebegründung S. 40). Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision aber nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 – 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.
Rz. 11
3. Die Frage (Beschwerdebegründung S. 42),
ob die luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsbehörde sanktionslos befugt ist, nach Durchführung des Anhörungsverfahrens gemäß Art. 73 Abs. 6 Satz 1 bis 6 BayVwVfG i.V.m. § 10 Abs. 2 LuftVG gegenüber Planbetroffenen das Planfeststellungsverfahren mit dem Vorhabenträger in intensivem, sich über Monate hinziehenden Schriftwechsel und unter Verwendung neuer gutachtlicher Äußerungen, die der Vorhabenträger vorlegt und von dem die betroffenen Einwendungsführer keine Kenntnis erhalten, einseitig dem Vorhabenträger rechtliches Gehör gewährend weiter zu betreiben und abzuschließen, ohne vor Abschluss des Verfahrens den Einwendungsführern nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben,
ist auf die Umstände des Einzelfalles zugeschnitten und außerdem nicht klärungsbedürftig. Der Verwaltungsgerichtshof hat offengelassen, ob eine Änderung an Planunterlagen zur nochmaligen Beteiligung von Einwendungsführern zwingt. Denn eine Pflicht, nachträglich eingeholte Gutachten in die Anhörung einzubeziehen, bestehe jedenfalls nur dann, wenn die Behörde erkenne oder erkennen müsse, dass ohne die Unterlagen Betroffenheiten nicht oder nicht vollständig geltend gemacht werden könnten (UA Rn. 365). Der Senat kann dem Beschwerdevorbringen keine Gründe entnehmen, warum der rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichtshofs, der mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts übereinstimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 34), in einem Revisionsverfahren einer Überprüfung unterzogen werden müsste.
Rz. 12
4. Die Kläger halten zum Thema der Planrechtfertigung die Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig (Beschwerdebegründung S. 44 f., 61),
- ob es im Lichte des Grundrechts gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gerechtfertigt ist, die gerichtliche Kontrolldichte bezüglich der Überprüfung prognostischer Entscheidungen einer Behörde, insbesondere von Verkehrsprognosen, wie z.B. vorliegend einer Luftverkehrsprognose, immer stärker einzuschränken und sie darauf zu reduzieren, solche Prognosen auf die Durchführung mittels einer geeigneten Methode, der zutreffenden Ermittlung des zugrunde liegenden Sachverhalts und die Begründung mit einem einleuchtenden Ergebnis zu prüfen;
- ob es im Lichte des Grundrechts gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gerechtfertigt ist, die gerichtliche Kontrolldichte
- bei der Überprüfung prognostischer Entscheidungen hinsichtlich des Kriteriums der zu treffenden Ermittlung des zugrunde liegenden Sachverhalts ohne Kenntnis der eingestellten Ausgangsdaten als ausreichend anzusehen;
- wo rechtlich die Grenze zu verorten ist, ab der von einer ernsthaften Erschütterung einer prognostischen Entscheidung/Bewertung auszugehen ist, wenn der Überprüfungsrahmen richterrechtlich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt Urteil vom 4. April 2012 – 4 C 8.09) in derart weitgehendem Maße eingeschränkt sein soll;
- wie eine prognostische Entscheidung/Bewertung unter Darlegung von konkreten Rechenfehlern des Gutachters ernsthaft erschüttert werden kann, wenn das Datenmaterial zu einem unbekannten Prozentsatz geheim gehalten wird und nicht überprüft werden kann;
- ab welcher zeitlichen Nähe zum Erlass eines luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Tatsachen und Entwicklungen insbesondere im wirtschaftlichen Bereich, die sich auf die Luftverkehrsnachfrage auswirken bzw. auswirken können, im Hinblick auf den Fortgang des Verfahrens nicht mehr berücksichtigt zu werden brauchen.
Rz. 13
Die Frage zum ersten Spiegelstrich stellen die Kläger, weil nach der Rechtsprechung des Senats, der sich der Verwaltungsgerichtshof angeschlossen hat (UA Rn. 375), eine behördliche Verkehrsprognose auch im Bereich der ansonsten voll überprüfbaren Planrechtfertigung nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt und sie dann nicht zu beanstanden ist, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 – 4 C 8.09 u.a. – BVerwGE 142, 234 Rn. 59 m.w.N.). Die Frage zum zweiten Spiegelstrich werfen die Kläger auf, weil es der Verwaltungsgerichtshof im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 a.a.O. Rn. 62) gebilligt hat, dass der Gutachter der Beigeladenen auch die nicht öffentlich zugänglichen Quelle-Ziel-Matrizes eines Drittanbieters bei seiner Verkehrsprognose verwendet hat (UA Rn. 381). Beide Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision, weil die Kläger nicht darlegen, dass Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, an dem sie die Rechtsprechung messen lassen wollen, einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Klärungsbedarf aufweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1994 – 4 B 266.94 – NVwZ 1995, 601 ≪602≫). Zu weiteren Erkenntnissen als derjenigen, dass die Rechtsschutzgarantie über die Eröffnung des Rechtswegs hinaus eine tatsächliche wirksame Kontrolle gewährleistet (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1550/03 u.a. – BVerfGE 118, 168 ≪207≫; stRspr), würde ein Revisionsverfahren nicht führen.
Rz. 14
Überdies ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes die Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle durch Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume, die der Gesetzgeber eröffnet hat, nicht ausschließt (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 – 1 BvR 857/07 – BVerfGE 129, 1 ≪21 f.≫; BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 4 C 31.13 – NVwZ 2015, 531 Rn. 11). Geklärt ist ferner, dass die fehlende Offenlegung der Quelle-Ziel-Matrizes keinen Methodenmangel offenbart, sondern lediglich die Überprüfung der angewandten Methode erschwert und es gegebenenfalls erforderlich macht, dass das Gericht seine Überzeugung von der Eignung der Methode und ihrer tatsächlichen Anwendung aus anderen Erkenntnisquellen schöpft (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 – 4 C 8.09 u.a. – BVerwGE 142, 234 Rn. 62) und – wie zu ergänzen ist – auf diese Weise effektiven Rechtsschutz gewährt.
Rz. 15
Die Fragen zum dritten bis fünften Spiegelstrich lösen die Zulassung der Revision nicht aus, weil ihre Beantwortung von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles abhängt. Ob der Verwaltungsgerichtshof die bis zum Jahr 2025 angelegte Luftverkehrsprognose der Beigeladenen nach den Maßstäben, die für ihre gerichtliche Kontrolle gelten, hätte beanstanden müssen, wie die Kläger meinen (Beschwerdebegründung S. 51 bis 61), ist ohne Bedeutung. Mit einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht aufgezeigt werden.
Rz. 16
5. Zur fachplanerischen Alternativenprüfung und zu § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG formulieren die Kläger die als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Fragen (Beschwerdebegründung S. 62 f.),
- ob eine fachplanerische Alternativenprüfung in rechtlicher Hinsicht noch ihre Aufgabe im Planungsprozess erfüllt, wenn seitens des Vorhabenträgers und der Genehmigungsbehörde das zu prüfende Vorhaben durch vom Vorhabenträger und Genehmigungsbehörde aufgestellte Haupt- und Nebenziele so determiniert wird, dass ausschließlich das Vorhaben in der beantragten Form dieses konstruierte Zielbündel erfüllen kann;
- wann die Zumutbarkeitsgrenze bei der Alternativenprüfung überschritten ist, wenn es um die Klärung der Frage geht, welche Abstriche am Zielerfüllungsgrad dem Vorhabenträger bezogen auf sein Vorhaben abverlangt werden können, wenn bereits die Nichteinhaltung eines selbständigen Teilziels ausreicht, eine mögliche Alternative aus der Prüfung vollständig auszuschließen.
Rz. 17
Soweit die Fragen einen verallgemeinerungsfähigen Kern haben, sind sie, wie auch die Kläger nicht verkennen (Beschwerdebegründung S. 64 f.), höchstrichterlich geklärt. Nach § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG darf abweichend von dem Verbot, ein Natura 2000-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen wesentlich zu beeinträchtigen (§ 34 Abs. 2 BNatSchG), ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind. Von einer Alternative kann nicht gesprochen werden, wenn eine Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft. Dies ist namentlich der Fall, wenn ein mit dem Vorhaben verbundenes wesentliches Ziel mit einer Alternative nicht erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11.02 – BVerwGE 120, 1 ≪11≫ und Beschluss vom 16. Juli 2007 – 4 B 71.06 – juris Rn. 42). Zumutbar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, Abstriche vom Zielerfüllungsgrad in Kauf zu nehmen (BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 a.a.O. S. 11). Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht von der Planfeststellungsbehörde nicht berücksichtigt zu werden (BVerwG, Urteile vom 17. Januar 2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 Rn. 143 und vom 9. Juli 2009 – 4 C 12.07 – BVerwGE 134, 166 Rn. 33). Diese Grundsätze gelten auch für die fachplanerische Alternativenprüfung. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass ein Revisionsverfahren dazu führen könnte, die höchstrichterliche Rechtsprechung fortzuentwickeln oder zu korrigieren.
Rz. 18
6. Die Kläger messen unter der Überschrift Lärmimmissionen und Luftschadstoffe den Fragen grundsätzliche Bedeutung bei (Beschwerdebegründung S. 68, 75, 78 f., 81, 84),
- ob eine atypische, vom Regelungsanspruch des Fluglärmschutzgesetzes nicht erfasste Situation gegeben ist, wenn die vom Fluglärm Betroffenen gleichzeitig multikausalen weiteren Belastungsfaktoren wie insbesondere Luftschadstoffimmissionen, Wirbelschleppen, extrem niedrigen Überflügen sowie Immobilienwertverlusten etc. durch das Vorhaben ausgesetzt sind;
- ob es zur Gewährleistung eines effektiven Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen wie Lärmimmissionen und Luftschadstoffimmissionen rechtlich notwendig ist, auf die theoretisch maximale Ausnutzbarkeit eines Vorhabens abzustellen;
- ob von einer Begünstigung ausgestoßener Luftschadstoffe unter dem Blickwinkel einer Komplexität der raschen und weiträumigen Verwirbelung, Vermischung und Ausbreitung der Luftschadstoffe ausgegangen werden kann, wenn Luftfahrzeuge im Landeanflug dem Grunde nach stets in nahezu gleicher Höhe auf einem technisch bestimmten Pfad auf die Landebahn anfliegen;
- ob die Erkenntnisse zu einem anderen Ort in Deutschland (hier Flörsheim bei Frankfurt am Main) und dort durchgeführte Studien zur Frage der Auswirkungen von Luftschadstoffen auf besiedelte Gebiete auf die spezifische Situation im Umfeld des Verkehrsflughafens München (hier den Stadtteil Attaching der Stadt Freising) übertragbar sind;
- ob die Quantifizierung des Immissionsbeitrags des Luftverkehrs im Verhältnis zu den Immissionen aus den Bereichen Straßenverkehr und Industrie ein verlässlicher Indikator bezüglich der Luftschadstoffbelastung im Umfeld eines Flughafens ist;
- ob es ausreichend ist, bei der Bewertung des Risikos durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe allein auf den Indikatorstoff Benzo(a)pyren abzustellen.
Rz. 19
Die Fragen zum ersten und zweiten Spiegelstrich weisen keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das Fluglärmschutzgesetz für Wohnnutzung und schutzbedürftige Einrichtungen die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für den Regelfall sowohl für die für diese Nutzungen ohnehin nicht mehr im Planfeststellungsbeschluss zu regelnden Ansprüche auf passiven Schallschutz und auf Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs (§ 13 Abs. 1 FluglärmG) als auch als Maßstab für die Gewichtung der Lärmschutzbelange in der Abwägung (§ 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG) abschließend festgeschrieben hat (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 – 4 C 8.09 u.a. – BVerwGE 142, 234 Rn. 506). Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass atypische Fälle, die zu einem insoweit abweichend vom Fluglärmschutzgesetz zu ermittelnden Sicherheitszuschlag bei den Grenzwerten für Fluglärm zwingen könnten, nicht durch Belastungen gekennzeichnet sind, die mit dem Betrieb eines Flughafens üblicherweise verbunden sind und mit zunehmender Verkehrsdichte und damit zunehmendem Lärmpegel steigen. Dass das Fluglärmschutzgesetz nicht daran hindert, dem Unternehmer nach § 9 Abs. 2 LuftVG die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind, die von anderen flughafeninduzierten Faktoren als Lärm ausgehen, ist nicht zweifelhaft. Die Frage zum zweiten Spiegelstrich ist zu verneinen, weil sowohl bei der Lärm- als auch bei der Schadstoffprognose nicht die maximale technische Kapazität des Vorhabens maßgeblich ist, sondern das tatsächliche Verkehrsaufkommen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – 4 A 1075.04 – juris Rn. 354, 428). Neuen Klärungsbedarf zeigen die Kläger nicht auf. Bei den übrigen Fragen handelt es sich um Tatsachenfragen.
Rz. 20
7. Zur Thematik externes Risiko pp. möchten die Kläger grundsätzlich klären lassen (Beschwerdebegründung S. 90, 92, 93, 95, 99 f., 101),
- ob es die Schutzpflicht des Staates im Hinblick auf von ihm geschaffene bzw. zugelassene Infrastrukturvorhaben und damit verbundene Risikolagen für menschliche Siedlungsbereiche mit Auswirkung einerseits auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung in diesen Siedlungsbereichen und andererseits auch auf das Leben und die existenzielle Sicherheit der einzelnen, in diesen Siedlungsbereichen lebenden Menschen erfordert, nur solche Risiken zuzulassen, bei denen auch unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG davon ausgegangen werden kann, dass etwa auftretende Schadensereignisse praktisch ausgeschlossen erscheinen, weil ihre Ursachen jenseits der Schwelle praktischer Vernunft liegen, daher gleichsam unentrinnbar sind und deshalb als sozialadäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen sind und nicht vornehmlich von einer einer solchen Risikolage gezielt ausgesetzten abgrenzbaren Gruppe von Menschen in einem bestimmten von der Planung betroffenen Siedlungsbereich;
- ob schon im Rahmen der Prüfung der Planrechtfertigung eines luftverkehrsrechtlichen Vorhabens gezielt sicherheitsrechtliche Überlegungen im Hinblick auf notwendige und unabdingbare Schutzpflichten gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auch im Hinblick auf § 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG zu berücksichtigen sind;
- ob die Analyse der Sicherheitslage durch die Planfeststellungsbehörde eingeschränkter Kontrolle durch die Gerichte nur bezüglich des Tatbestands einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG oder auch bezüglich der konkreten, individuellen und höchstpersönlichen Risikoexposition von Menschen unterliegt, die durch häufige Überflüge der von ihnen bewohnten Siedlungsbereiche betroffen werden, welche sich wiederum in der unmittelbaren Umgebung eines Flughafens befinden;
- ob die gutachterliche Analyse des externen Risikos im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Flughafens neben der Aufklärung der Frage, ob die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG gefährdet ist, nur einer Ermittlung des Todesfallrisikos im Zusammenhang mit etwaigen Flugzeugabstürzen und -unfällen bedarf, oder ob die Ermittlung der Sicherheit der in einem in Flughafennähe häufig und niedrig überflogenen Siedlungsgebiet lebenden Menschen auch einer Sicherheitsanalyse bezüglich der Gefahr des Erleidens schwerer und schwerster Körperverletzungen im Zusammenhang mit dem Absturz oder den sich in einem bewohnten Bereich auswirkenden sonstigen Unfällen eines Luftverkehrsfahrzeugs bedarf;
- ob die luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsbehörde bei der Würdigung eines prognostischen Gutachtens, welches sich mit den Risiken des Luftverkehrs in der Nachbarschaft eines Flughafens beschäftigt, an Vorschläge bzw. Darlegungen des Gutachters bezüglich etwaiger gesellschaftlicher Akzeptanz solcher Risiken gebunden ist;
- ob die luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsbehörde verpflichtet ist, ihr von Seiten eines Gutachters aufgezeigte Risiken des Luftverkehrs für die Nachbarschaft im Umfeld eines Flughafens durch direkte Überflüge im Hinblick darauf selbständig und eigenverantwortlich zu werten, ob die Risiken der Nachbarschaft zugemutet werden können, etwa weil sie von ihr für sozialadäquat und gesellschaftlich akzeptiert gehalten werden;
- ob eine solche selbständige Bewertung eines Risikos durch die luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf die von ihr ergänzend zu dem prognostischen Gutachten zugrunde gelegten Annahmen, Wertungen und Schlussfolgerungen auch im Sinne gesellschaftlicher Akzeptanz und etwaiger Sozialadäquanz der Risiken gerichtlich in vollem Umfang oder nur eingeschränkt überprüfbar ist;
- ob in Fällen eines aufgezwungenen Risikos die Sozialadäquanz und gesellschaftliche Akzeptanz – ohne weiteres – abgeleitet werden kann aus risikobehafteten Vorgängen, denen sich die Menschen freiwillig unterziehen.
Rz. 21
Zu dem Fragenkomplex gibt es bereits Rechtsprechung, die keiner Präzisierung oder Ergänzung in einem Revisionsverfahren bedarf. Die Planfeststellungsbehörde hat sich mit luftfahrtbedingten Unfallgefahren im Rahmen der Abwägung zu beschäftigen (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 209). Die Analyse der Sicherheitslage obliegt vorrangig ihr. Sie hat eigenverantwortlich zu bestimmen, welcher Sicherheitsstandard angemessen ist, um im Einzelfall Sicherheitsrisiken (möglichst) auszuschließen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 9. November 2000 – 4 A 51.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159 S. 68 zu § 4 FStrG). Die Sicherheitsanalyse erfordert eine Einschätzung denkbarer Ereignisse und hierauf bezogener Ereigniswahrscheinlichkeiten. Die sachkundige Abschätzung eines luftverkehrlichen Sicherheitssystems umfasst ganz wesentlich auch Fragen der flugtechnischen Entwicklung. Ihre gerichtliche Kontrolle folgt den Grundsätzen, die für die Überprüfung fachplanerischer Prognosen gelten. Die Kontrolle ist eingeschränkt. Sie erstreckt sich darauf, ob die Prognose auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodengerecht erstellt wurde. Die Prognose ist fehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 243). Kommt sie, wie das nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hier der Fall ist (UA Rn. 549), zu der Einschätzung, dass das externe Risiko in einer vergleichbaren Größenordnung mit anderen gesellschaftlich akzeptierten Risiken liegt, knüpft sie an einen Sicherheitsstandard an, gegen den nichts einzuwenden ist (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 244 f.). Weitergehende Anforderungen ergeben sich auch nicht aus grundrechtlichen Schutzpflichten, bei deren Erfüllung dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiter Einschätzungs-, Wertungsund Gestaltungsspielraum zukommt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 – 4 C 3.13 – BVerwGE 150, 114 Rn. 20). Die Frage, ob zum externen Risiko nur das Risiko eines tödlichen Unfalls oder auch nichttödliche Verletzungsrisiken gezählt werden müssen, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil die durchgeführte Risikoanalyse auch Verletzungen als Folge eines Flugunglücks würdigt (UA Rn. 543).
Rz. 22
8. Auf die Frage (Beschwerdebegründung S. 103),
ob die von Seiten des Vorhabenträgers im Rahmen eines luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahrens eingeholte gutachtliche Analyse bezüglich des Auftretens und der Auswirkungen von Wirbelschleppen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Luftfahrzeugen im Umfeld des Flughafens verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist,
ist mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu antworten, dass sich die Kontrolle darauf erstreckt, ob die Analyse auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodengerecht erstellt wurde und nicht auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht oder in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist. Damit hat es auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens sein Bewenden.
Rz. 23
9. Das Themenfeld Entschädigungsgebiet für Übernahmeansprüche betreten die Kläger mit den Fragen (Beschwerdebegründung S. 105 f., 114),
- ob im Rahmen einer rechtlichen Gesamtwürdigung bei der Ausgestaltung des Entschädigungsgebiets für Übernahmeansprüche, insbesondere bei der Festlegung des räumlichen Gebietsumgriffs für das Entschädigungsgebiet, auf die Gesamtwirkung der multiplen Belastungen abzustellen ist, die vom Vorhaben ausgehen;
- ob Belastungsfaktoren wie Lärmimmissionen, Luftschadstoffimmissionen oder auch andere Faktoren, auch wenn im Einzelfall gesetzlich festgelegte Grenzwerte nicht überschritten werden, in ihrer multiplen Gesamtwirkung so gewichtet werden können, dass hieraus ein weitergehender Anspruch auf Einbeziehung in ein Entschädigungsgebiet für Übernahmeansprüche folgt;
- ob bei der Ermittlung der Höhe der zu gewährenden Entschädigung auf den Verkehrswert eines betroffenen Grundstücks unmittelbar vor Eintritt der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist.
Rz. 24
Die Fragen zu den ersten beiden Spiegelstrichen sind nicht klärungsbedürftig. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss (S. 1105) bei der Bestimmung des Entschädigungsgebiets für den Übernahmeanspruch auch jene Grundstücke berücksichtigt hat, für die sich – neben der Auswirkungen durch Fluglärm – besondere (multiple) Belastungen aus sonstigen Immissionsarten und -quellen (Wirbelschleppen, Licht, Lärm sonstiger Provenienz) sowie aus Belastungen ergeben, die von besonders niedrig fliegenden Flugzeugen ausgehen (UA Rn. 577). Ob das Entschädigungsgebiet ausreichend ist, wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat (UA Rn. 581 bis 583), ist eine Tatfrage. Ausgangspunkt der Frage zum dritten Spiegelstrich sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Ausgestaltung des Übernahmeanspruchs im Entschädigungsgebiet für Übernahmeansprüche. Für die Kläger ist die Frage nicht relevant, weil ihr Grundstück außerhalb dieses Gebiets liegt (UA Rn. 581, 585).
Rz. 25
10. Die Frage,
ob es planungsrechtlich zulässig ist, ein Grundstück unmittelbar zur Errichtung eines so genannten Aussichtshügels in Anspruch zu nehmen (Beschwerdebegründung S. 117),
stellt sich für die Kläger mangels Betroffenheit nicht.
Rz. 26
11. Zum Stichwort Immobilienverkehrswertverluste stellen die Kläger die Fragen
in den Raum (Beschwerdebegründung S. 120),
- ob es rechtlich zulässig ist, Wertminderungen von Immobilien methodisch losgelöst von den einschlägigen Wertermittlungsvorschriften der §§ 194 ff. BauGB in einem planungsrechtlichen Verfahren zu bestimmen;
- ob eine pauschale Orientierung an den Wertermittlungsvorschriften der §§ 194 ff. BauGB reicht bzw. ob es zulässig ist, hiervon unabhängig mit einer mathematischstatistischen Methode der Regressionsanalyse als einem Standardverfahren der empirischen Wirtschaftsforschung Immobilienwertverluste in einem planungsrechtlichen Verfahren zu schätzen;
- ob es bei der Ermittlung von Immobilienwertverlusten durch ein Infrastrukturvorhaben zulässig ist, auf den Faktor Lärm als Leitkriterium abzustellen und andere wertbestimmende Faktoren wie Luftschadstoffe, Wirbelschleppen, niedrige Überflüge etc. nur mittelbar zu berücksichtigen.
Rz. 27
Die Frage zum ersten Spiegelstrich ist nicht entscheidungserheblich. Sie geht an der vorinstanzlichen Rechtsauffassung vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof ist von einem Rechtssatz des Inhalts, wie ihn die Kläger zum Gegenstand eines Revisionsverfahrens machen wollen, nicht ausgegangen. Er hat vielmehr festgestellt, dass sich der Sachverständige H., dessen Gutachten er für überzeugend hält, an den Regelungen der §§ 194 ff. BauGB und den Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung orientiert hat (UA Rn. 610; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 4 C 31.13 – NVwZ 2015, 531 Rn. 15). Die Frage zum zweiten Spiegelstrich ist so, wie sie gestellt worden ist, nicht klärungsbedürftig. Nach der tatrichterlichen Würdigung der Vorinstanz ist die Einschätzung der Immobilienpreisentwicklung durch den Gutachter H. durch die weitere gutachterliche Untersuchung des Sachverständigen O., die auch einer Qualitätssicherung des Gutachtens H. gedient hat und nach der mathematischstatistischen Methode der Regressionsanalyse erstellt worden ist, bestätigt worden (UA Rn. 612). Die Frage müsste deshalb lauten, ob es zulässig ist, die Qualität eines Gutachtens, das sich an den Regelungen der §§ 194 ff. BauGB und den Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung orientiert hat, mit Hilfe eines Gutachtens zu sichern, das nach der mathematisch-statistischen Methode der Regressionsanalyse erstellt worden ist. Sie kann vom Revisionsgericht jedoch nicht beantwortet werden, weil es sich bei ihr nicht um eine Rechtsfrage handelt, sondern sie auf die dem Tatsachengericht vorbehaltene Klärung der Eignung eines zweiten Gutachtens zur Evaluierung eines Hauptgutachtens zielt. Auch die Frage zum dritten Spiegelstrich ist keine Rechtsfrage, sondern eine außerrechtliche Fachfrage zur Methodik von Gutachten zur Prognose von Immobilienwertverlusten.
Rz. 28
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Dr. Külpmann
Fundstellen