Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Beschluss vom 04.07.2007; Aktenzeichen 5 B 94/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12 525,18 € festgesetzt.
Gründe
Die auf die Revisionszulassungsgründe des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde meint, aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht einen Verfahrensverstoß im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO begangen habe, ergäben sich Rechtsfolgen für das Berufungsverfahren, die das Oberverwaltungsgericht nicht beachtet habe. Diese Verfahrensrüge greift jedoch nicht durch.
a) Die Beschwerde macht insoweit zunächst geltend, das Oberverwaltungsgericht gehe in seiner Entscheidung unzulässigerweise auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils ein, obwohl es nach der genannten Vorschrift in der Auslegung des Beschlusses des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 – GmS-OGB 1/92 – (BVerwGE 92, 367) als nicht mit Gründen versehene Entscheidung gelte. Das trifft auf die Rechtsausführungen des Oberverwaltungsgerichts (unter II. seines Beschlusses) bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Vom erstinstanzlichen Urteil ist dort nur insoweit die Rede, als das Oberverwaltungsgericht auf die sich aus dem erstinstanzlichen Tenor ergebende und mithin von § 138 Nr. 6 VwGO jedenfalls nicht erfasste Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht hinweist. Die bloße Wiedergabe der Begründung des erstinstanzlichen Urteils im Tatbestand der Berufungsentscheidung (unter I.) lässt einen Widerspruch zu § 138 Nr. 6 VwGO nicht erkennen. Zwar mag man im Sinne der Beschwerde aus dieser Vorschrift ein Verbot für das Instanzgericht ableiten, aus Elementen der als rechtlich nicht existent geltenden Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts rechtliche Folgerungen zu ziehen. Eine solche rechtliche Bedeutung hat das Oberverwaltungsgericht den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts aber an keiner Stelle beigemessen. Die Beschwerde legt Gegenteiliges nicht dar.
b) Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerde darüber hinaus, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht selbst in der Sache entschieden, anstatt sie, wie wegen des Vorliegens des absoluten Revisionsgrundes des § 138 Nr. 6 VwGO geboten, an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Dieses Vorbringen lässt einen Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann, nicht erkennen. Zu Unrecht, nämlich im Widerspruch zu § 130 Abs. 2 VwGO geht die Beschwerde davon aus, das Berufungsgericht sei zur Zurückverweisung verpflichtet, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts als nicht mit Gründen versehene Entscheidung im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO gilt. Denn abgesehen davon, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Zurückverweisung auch bei Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 VwGO in seinem Ermessen steht, setzt die Zurückverweisung neben dem – vom Oberverwaltungsgericht verneinten – Vorliegen eines der in § 130 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO genannten Fälle jedenfalls voraus, dass eine weitere Verhandlung der Sache erforderlich ist. Daran fehlt es, wenn die Sache entscheidungsreif ist. Denn mit dem Interesse der Verfahrensbeschleunigung, dem der Gesetzgeber mit der im Rahmen des Rechtsmittelbereinigungsgesetzes erfolgten Neuregelung des § 130 VwGO Rechnung tragen wollte (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 14/6393 S. 14), wäre es unvereinbar, wenn das Oberverwaltungsgericht die Sache an die Vorinstanz zurückverwiese, obwohl seiner eigenen Entscheidung nichts mehr im Wege stünde. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht, weil ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf zwei Tatsacheninstanzen nicht besteht (stRspr des BVerfG; vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 4. Juli 1995 – 1 BvF 2/86 u.a. – BVerfGE 92, 365 ≪410≫). Entscheidungsreife war für das Oberverwaltungsgericht gegeben. Zu entscheiden waren ausschließlich Rechtsfragen, deren tatsächliche Grundlagen den vorliegenden Behördenakten unschwer entnommen werden konnten. Das Oberverwaltungsgericht hat sich deswegen jedenfalls im Ergebnis zu Recht an einer Zurückverweisung gehindert gesehen.
2. Mit ihrer Behauptung, der von ihr geltend gemachte Verfahrensfehler sei “von so grundsätzlicher Bedeutung, dass er die Zulassung der Revision eröffnet”, legt die Beschwerde einen Revisionsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar (vgl. hierzu Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14). Ein über die Ausführungen zur Verfahrensrüge hinausgehender Klärungsbedarf ist jedenfalls nicht erkennbar.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte
Fundstellen