Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterrichtungsanspruch des Personalrats außerhalb konkreter Beteiligungsverfahren. Leistungszulagenempfänger, Recht des Personalrats auf Einblick in Namenslisten von –

 

Leitsatz (amtlich)

Der Personalrat kann verlangen, daß ihm die Dienststelle eine Liste der Empfänger von Postleistungszulagen einschließlich der Höhe und der Dauer der Zulage zur Einsichtnahme vorlegt und ihn über zukünftige Veränderungen von Empfängerkreis und Höhe der Leistungszulagen in gleicher Weise fortlaufend unterrichtet. Die Aushändigung dieser Unterlagen zum Behalt kann er nicht verlangen.

 

Normenkette

BPersVG § 67 Abs. 1 S. 1, § 68 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches OVG (Beschluss vom 28.09.1992; Aktenzeichen 17 L 2522.92)

VG Stade (Entscheidung vom 19.03.1992; Aktenzeichen 7 A 6.91)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes – vom 28. September 1992 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob ein Dienststellenleiter verpflichtet ist, dem Personalrat die Namen der Beschäftigten mitzuteilen, die eine Leistungszulage erhalten.

Am 1. August 1989 trat die Verordnung über die Gewährung von Leistungszulagen bei der Deutschen Bundespost (Postleistungszulagenverordnung – PostLZulV –) vom 12. Juli 1989 in Kraft, wonach Beamten der Deutschen Bundespost Zulagen für besondere Leistungen gewährt werden. Für die Angestellten und Arbeiter der Deutschen Bundespost – Bereich Telekom – regelt der Tarifvertrag Nr. 400 die näheren Einzelheiten über die Gewährung der Zulagen für besondere Leistungen. In der zur PostlZulV ergangenen Unternehmensrichtlinie vom 24. Juli 1990 wird in Abschnitt 3.2.4 die personalvertretungsrechtliche Beteiligung bei der Gewährung der Zulagen wie folgt geregelt:

„Die Personalvertretung wird monatlich über die Zahl der neuen Leistungszulagenempfänger sowie über die Art und Stufe der an sie gewährten Zulagen unterrichtet. Jeweils nach dem Stand vom 30.06. und 31.12. wird der Personalvertretung eine Übersicht über die Strukturierung der Leistungszulagenvergabe, aus der die Zahl der Leistungszulagenempfänger an diesen Stichtagen nach Art und Stufe der jeweiligen Zulagen hervorgeht, zur Verfügung gestellt.”

Die gleiche Regelung enthalten die Hinweise der Generaldirektion der Deutschen Bundespost Telekom zum Tarifvertrag Nr. 400 in Abschnitt 2.2.4; dort findet sich außerdem der Zusatz: „Die Beteiligungsrechte nach dem BPersVG bleiben unberührt.”

Der Antragsteller, der Personalrat beim Postamt L., ist der Auffassung, daß über die vorgenannten Informationen hinaus ihm auch die Namen der Leistungszulagenempfänger mitgeteilt werden müssen. Demgegenüber sieht sich der Beteiligte, der Amtsvorsteher des Postamtes L., dazu nicht verpflichtet.

Der Antragsteller hat im Dezember 1991 zur Klärung der Streitfrage das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt, festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet ist, ihm die Namen derjenigen Beschäftigten der Dienststelle mitzuteilen, die in den Kreis der Zulagenempfänger nach der Postleistungszulagenverordnung aufgenommen werden bzw. aus diesem wieder ausscheiden, sei es durch Widerruf, sei es durch Ablauf der maximalen Bewilligungszeiträume für Leistungszulagen. Er hat geltend gemacht, hinter seinem Auskunftsbegehren stehe nicht die Absicht, sich als allgemeines Kontrollorgan der Dienststelle zu betätigen, sondern die von ihm zu erfüllende konkrete Aufgabe, bei der Anwendung der Postleistungszulagenverordnung die Ermessensausübung zu überwachen. Er verlange nicht Einsicht in die Formblätter, sofern sie Eingang in die Personalakten gefunden hätten, sondern lediglich die Nennung der Namen der in den Kreis der Zulagenempfänger aufgenommenen oder ausscheidenden Beschäftigten.

Der Beteiligte ist dem mit der Begründung entgegengetreten, eine extensive Auslegung des § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG führe zu einem allumfassenden Kontrollrecht des Personalrats. Dies gehe über das in der Rechtsprechung anerkannte Maß weit hinaus. Hinsichtlich des § 68 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alternative BPersVG sei die Postleistungszulagenverordnung zwar eine Verordnung, aber nicht „zugunsten der einzelnen Beschäftigten”. Zusätzlich zur Besoldung stelle die Leistungszulage nur einen zusätzlichen Leistungs- und Motivationsanreiz dar. Dieser werde allein im Interesse und damit zugunsten der Dienststelle gegeben. Die Leistungszulage werde überdies nach einem Bewertungsverfahren bewilligt. Der verwandte Bewertungsbogen enthalte eine Beurteilung und sei materiellrechtlich Inhalt der Personalakten. Eine Namensnennung sei deshalb nur mit Zustimmung der Beschäftigten erlaubt.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag durch Beschluß vom 19. März 1992 stattgegeben und die begehrte Feststellung getroffen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Postleistungszulagenverordnung sei eine Verordnung zugunsten der Beschäftigten im Sinne des § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Sie begünstige die überdurchschnittlich arbeitenden und überdurchschnittlich leistenden Beschäftigten innerhalb eines 25 – %igen Anteils der Gesamtbeschäftigten durch zusätzliche finanzielle Zuwendungen. Ihre Bewilligung stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Beteiligten. Eine solche am Gesetzeszweck orientierte Ermessensausübung bedeute eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gebotes, alle Angehörigen der Dienststelle nach Recht und Billigkeit zu behandeln (vgl. § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG). Wegen der Vergleichbarkeit der Sachlage kämen die gleichen Grundsätze zur Anwendung, wie sie für den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Anspruch des Personalrats auf Einblick in die Bruttolohn- und Gehaltslisten entwickelt worden seien. Der Anspruch sei antragsgemäß in der Weise zu erfüllen, daß dem Personalrat die jeweils fortgeschriebenen Listen der Leistungszulagenempfänger oder -nichtempfänger mitzuteilen seien.

Die hiergegen erhobene Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß vom 28. September 1992 zurückgewiesen. Es hat sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts angeschlossen und ergänzend ausgeführt: Bei der Gewährung von Leistungszulagen sei ein Ermessensspielraum eröffnet, der den Beschäftigten mittelbar einen Anspruch darauf ergebe, nicht ohne sachlichen Grund von der Gewährung der Zulage ausgeschlossen zu werden, jedenfalls solange die dafür zur Verfügung stehende Quote von 25 % der Beschäftigten in der Dienststelle noch nicht erschöpft sei. Der Informationsanspruch des Personalrats gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG bedürfe allerdings der Darlegung eines sachlich berechtigten Anlasses. Dem Personalrat stehe es nicht zu, die Tätigkeit der Dienststelle allgemein zu kontrollieren. Ein Informationsrecht bestehe nur insoweit, als er Auskunft von Seiten der Dienststelle benötige, um die ihm obliegenden allgemeinen Aufgaben zu erfüllen und seine Beurteilungsrechte uneingeschränkt wahrnehmen zu können. Das in § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG geregelte Unterrichtungsrecht erfordere, daß die zu gebende Information in untrennbarer Beziehung zu den Aufgaben des Personalrats stehe, also zur Erledigung einer bestimmten und konkreten Aufgabe erforderlich sei. Dieser konkrete Bezug zu einer vom Personalrat wahrzunehmenden Aufgabe sei hier darin zu sehen, daß er auf ein Mindestmaß einheitlicher Maßstäbe bei der Gewährung der Zulagen zu achten habe, um sachlich nicht gerechtfertigte Unterschiede in der Gestaltung des Arbeitsverdienstes zu vermeiden. § 68 Abs. 2 Sätze 3 und 4 BPersVG schließe den Auskunftsanspruch nicht aus. Es gehe weder um eine Einsicht in die Personalakten der Zulagenempfänger noch um die Mitteilung ihrer dienstlichen Beurteilungen, die der Gewährung der Zulagen zugrunde lägen. Die Information, daß Beschäftigte besondere, erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistungen erbracht hätten, sei nicht mit der Mitteilung einer dienstlichen Beurteilung als solcher zu vergleichen.

Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Rechtsbeschwerde rügt der Beteiligte eine Verletzung materiellen Rechts. Er trägt vor, ein Anspruch auf Einblick in die Namenslisten bestehe nicht. Insoweit werde zu Unrecht eine Parallele zu den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – und vom 29. August 1990 – BVerwG 6 P 30.87 – gezogen. Diese Entscheidungen bezögen sich nur auf schriftlich nicht geregelte Vergütungsbestandteile. Der angefochtene Beschluß beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung des § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG. Denn das Beschwerdegericht gehe zu Unrecht davon aus, daß bereits die Kenntnis der Namen der Zulagenempfänger eine Grobkontrolle zum Schütze der Beschäftigten gegen denkbare Willkür oder sonstige Fehler ermögliche. Es verkenne damit, daß eine solche Kontrolle eine Leistungsbeurteilung voraussetze, so daß der Personalrat allenfalls anhand der Begründungen für die Zulagengewährung sein Kontrollrecht ausüben könne. Da die Namenskenntnis somit allein nichts nütze, sei sie auch nicht erforderlich, um die Kontrollaufgabe des Personalrats zu erfüllen. Die Auffassung des Beschwerdegerichts führe dazu, daß der Personalvertretung ein uferloses Informationsrecht zugestanden werde. Sie werde damit entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu einem allgemeinen Kontrollorgan, das den Fach- und Rechtsaufsichtsinstanzen nebengeordnet wäre.

Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluß.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des Beteiligten gegen die dem Begehren des Antragstellers stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit Recht zurückgewiesen. Der Antragsteller hat Anspruch darauf, daß ihm der Beteiligte die Namen der Empfänger von Leistungszulagen mitteilt. Zum Schütze der Empfänger darf dies allerdings nur in der Weise geschehen, daß lediglich Einblick in entsprechende Listen gewährt wird. Dem entspricht die durch das Oberverwaltungsgericht bestätigte Entscheidung des Verwaltungsgerichts, auch wenn sie sich nicht ausdrücklich zu der Verfahrensweise bei der Mitteilung der derzeitigen und ehemaligen Zulagenempfänger äußert.

1. Der Anspruch des Antragstellers ergibt sich aus § 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit §§ 67 Abs. 1 Satz 1, 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG.

Nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ist die Personalvertretung „zur Durchführung ihrer Aufgaben” rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Nach Satz 2 sind ihr die „hierfür erforderlichen” Unterlagen vorzulegen. Der Informationsanspruch muß also schon nach dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 BPersVG stets im Zusammenhang mit einer von der Personalvertretung wahrzunehmenden Aufgabe gesehen werden, an die er gebunden ist. Dabei kann es sich sowohl um allgemeine Aufgaben handeln, wie sie in den §§ 67, 68 BPersVG genannt werden, als auch um Aufgaben in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten (vgl. Beschluß vom 4. September 1990 – BVerwG 6 P 28.87 – Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 11). Erst durch die Aufgabenwahrnehmung läßt sich der Informationsanspruch rechtfertigen. Denn die Personalvertretung ist kein mit allgemeinen Aufsichtsbefugnissen ausgestattetes Kontrollorgan, das der Rechts- und Fachaufsicht nebengeordnet wäre. Ohne ausreichende Information aber bliebe der ihr vom Gesetz gestellte Auftrag unerfüllbar, obwohl es ihr möglich sein muß, ihn wirksam zu erfüllen (vgl. BVerwGE 61, 325 ≪327≫; 84, 59 ≪63≫). Durch die Anbindung an die wahrzunehmende Aufgabe – und die gegebenenfalls damit verbundenen Befugnisse – wird der Informationsanspruch zugleich seinem Umfange nach, nämlich im Rahmen des „hierfür Erforderlichen”, begrenzt.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht sowohl auf die allgemeine Aufgabe nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG als auch auf den in § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG genannten Überwachungsauftrag abgestellt. Zwar geht es bei der Zuerkennung der Leistungszulagen ausschließlich um die Durchführung von Verordnungen und Tarifverträgen, über welche die Personalvertretung gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zu wachen hat. Dies schließt aber nicht aus, daß in diesem Rahmen gleichzeitig die allgemeine Überwachungsaufgabe des § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG wahrzunehmen ist. Auch im Rahmen der Spielräume, die der Normvollzug beläßt, haben nämlich Dienststelle und Personalvertretung darüber zu wachen, daß alle Angehörigen der Dienststelle nach Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, daß jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechtes unterbleibt. Bei dieser Überwachung geht es immer darum, bestimmten verfassungsrechtlichen Grundprinzipien mit Hilfe der Personalvertretungen die Geltung zu verschaffen, die sie für jegliche staatliche Tätigkeit, sowohl beim gebundenen Normvollzug als auch bei nichtgebundenem innerdienstlichen Verwaltungshandeln, gleichermaßen beanspruchen. Daß aber bei der Gewährung der Zulagen für „besondere Leistungen”, auch wenn es sich um reinen Normvollzug handelt, entsprechende Spielräume bestehen, läßt sich nicht ernstlich in Abrede stellen. Sie ergeben sich zwangsläufig aus dem Zusammenhang der Gewährung mit entsprechenden Bewertungen und Beurteilungen der im Dienst erbrachten Leistungen. Dies wird im Grunde von der Rechtsbeschwerde nicht verkannt.

Eine Ausschließlichkeit der Zuordnung zu einem der beiden allgemeinen Aufgabenbereiche läßt sich nicht aus dem Beschluß des Senats vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – Buchholz 238.3 A § 67 Nr. 5 BPersVG herleiten. Dort wird zwar einerseits die Aufgabe der Überwachung der tariflich festgelegten Entlohnung und Vergütung aus § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG hergeleitet und andererseits, soweit über- und außertarifliche Lohn- und Gehaltsanteile zu überwachen sind, dies der Aufgabe nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zugerechnet. Die Zuordnung der erstgenannten Aufgabe zu § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zielt jedoch nicht auf eine Ausschließlichkeit ab. Die Unterscheidung nach beiden Aufgabenbereichen lag im wesentlichen nur darin begründet, daß es in erster Linie darum ging, den Einblick in Bruttolohn- und Gehaltslisten gerade auch hinsichtlich der darin enthaltenen übertariflichen Zulagen zu rechtfertigen. Insoweit bestand ein zusätzlicher Begründungsbedarf, weil die Gewährung solcher Leistungen nicht der Überwachung nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unterliegen kann. Das machte einen ergänzenden Hinweis auf die in § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG genannte Aufgabe erforderlich. Für die tariflichen Zahlungen hingegen ergab sich der Aufgabenbezug ohne weiteres aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG, weil es sich dabei um die Durchführung eines zugunsten der Beschäftigten geltenden Tarifvertrages handelt. Daß eine diesbezügliche Überwachung auch in den Aufgabenbereich des § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG fallen kann, bedurfte deshalb keiner Erörterung.

2. Mit Recht haben das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht auch angenommen, daß es hier an dem konkreten Bezug zu der von der Personalvertretung wahrzunehmenden Aufgabe, der Voraussetzung für den Informationsanspruch ist, nicht fehlt. So darf insbesondere die Vorlage der Namenslisten nicht davon abhängig gemacht werden, daß zuvor die Besorgnis einer Rechtsverletzung dargelegt wird. Dies ergibt sich daraus, daß es der Personalvertretung zwar nicht obliegt, die Aufgabenerfüllung und den inneren Betrieb der Dienststelle allgemein und unabhängig von den ihr zugewiesenen Aufgaben zu überwachen (Beschluß vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 24.90 – Buchholz 251.7 § 75 NWPersVG Nr. 1). Ihre Aufgaben erschöpfen sich aber nicht darin, den ihr zugestandenen rechtlichen oder tatsächlichen Einfluß in sachlich abgrenzbaren Zusammenhängen oder gar nur in Einzelfällen zur Geltung zu bringen. Sie hat als Kollektivorgan der Beschäftigten auch – und zwar vorrangig – Sorge dafür zu tragen, daß die gemeinsamen rechtlichen und sozialen Belange aller Beschäftigten sowie der Gruppen und letztlich auch der einzelnen Beschäftigten untereinander nach Recht und Billigkeit gewahrt werden. Über Einzelinformationen hinaus benötigt sie daher den Überblick über alle diese Belange berührenden Fakten und Vorhaben, um Rechtsverstößen und Unbilligkeiten nach Möglichkeit bereits im Vorfeld entgegenwirken zu können (Beschluß vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – a.a.O.).

Die Grenze zwischen dem, was nach diesem Kollektivauftrag an Information noch verlangt werden kann, und dem, was bereits in eine unzulässige allgemeine Überwachung fiele, ist nach dem Maßstab der Erforderlichkeit zu ermitteln. Er folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 Satz 2 BPersVG und ist wie folgt anzuwenden:

In Sachzusammenhängen, bei denen davon ausgegangen werden kann, daß dem Personalrat Verstöße und Unbilligkeiten ihren Anlässen nach wenigstens in Anhaltspunkten erkennbar sind oder ihm doch Anlässe zu entsprechender Besorgnis von den betroffenen Beschäftigten regelmäßig mitgeteilt werden, läßt es sich rechtfertigen, den Informationsanspruch der Personalvertretungen an das Vorliegen eines bestimmten, ein konkretes Informationsbedürfnis sachlich rechtfertigenden Anlasses zu binden; entsprechende Anhaltspunkte sind regelmäßig (vgl. zu einer sachlich gerechtfertigten Ausnahme: BVerwGE 85, 36) im Zusammenhang mit dem Informationsbegehren der Dienststellenleitung auf Verlangen mitzuteilen (Beschluß vom 29. August 1990 – BVerwG 6 P 30.87 – Buchholz 251.8 § 68 RhPPersVG Nr. 3). Im Regelfall sind dabei jedoch an die Erforderlichkeit keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. Anders verhält es sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch hier anzuwenden ist (BVerwGE 84, 58 ≪63, 65≫), wenn entweder das Informationsbedürfnis nur mit erheblichem Aufwand erfüllt werden kann oder aber der Persönlichkeitsschutz dies nach der Intensität der Betroffenheit erfordert (vgl. Beschluß vom 29. August 1990 – BVerwG 6 P 30.87 – a.a.O.). Der Maßstab ist dann entsprechend strenger zu handhaben.

Handelt es sich hingegen um Sachzusammenhänge, die sich dem Blickfeld des Personalrats und der Beschäftigten regelmäßig entziehen, und ist daher eine Information durch die Dienststelle der einzige Weg, um die Personalvertretung überhaupt in den Stand zu versetzen, ihre Aufgabe wahrzunehmen, so verhält es sich anders (vgl. auch dazu die Beschlüsse vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – und vom 29. August 1990 – BVerwG 6 P 30.87 – a.a.O.). Der Personalrat muß auch diese Aufgaben wirkungsvoll wahrnehmen können und bedarf dazu der nach der konkreten Aufgabenstellung erforderlichen Informationen. Sie sind ihm zur Verfügung zu stellen. Dies gilt vor allem für diejenigen Bereiche, in denen der vorbeugenden Überwachung durch die Personalvertretung eine besondere Bedeutung zukommt.

Zu diesen Bereichen zählt namentlich die Entlohung bzw. Vergütung der Beschäftigten (vgl. Beschluß vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – a.a.O.), und zwar vor allem in den Fällen, in denen bei der Festsetzung Entscheidungsfreiräume, und sei es auch nur in der Form eines Bewertungs- oder Beurteilungsraumes, bestehen. Dies läßt sich nicht zuletzt daran verdeutlichen, daß selbst Eingruppierung, Höhergruppierung und Rückgruppierung, obwohl es sich dabei einerseits um rechtlich determinierte, andererseits aber nicht konstitutive Akte handelt, nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz der Mitbestimmung unterliegen (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG). Die tiefere Rechtfertigung dieser Mitbestimmungsregelung liegt vor allem in den auch diesen Maßnahmen innewohnenden Beurteilungs- und Bewertungsspielräumen. Hier ist der kollektiv-rechtliche Schutz der Beschäftigten gefordert, weil in diesen Fällen einerseits auch dem individuellen Rechtsschutz Grenzen gesetzt sind und andererseits der Personalrat noch am ehesten in der Lage ist, dienststelleninterne Unstimmigkeiten vergleichend zu erkennen.

Kaum weniger bedeutsam erscheint die Aufgabe der Überwachung bei der nicht mitbestimmungspflichtigen Festsetzung von Leistungszulagen im Einzelfall (auf sie erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG nicht – vgl. Beschluß vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – a.a.O.). Ohne ausreichende Unterrichtung könnte der Personalrat seiner ihm durch § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG übertragenen Überwachungsaufgabe, die bei den gerade hier bestehenden Spielräumen besonders gefordert ist, insoweit nicht nachkommen. Den für die vergleichende Bewertung erforderlichen Überblick könnte er auf andere Weise nicht gewinnen. Eine diesbezügliche umfassende (§ 68 Abs. 2 Satz 2 BPersVG) Information darf daher nicht davon abhängig gemacht werden, daß zuvor die Besorgnis einer Rechtsverletzung dargelegt wird. Auch hier erfordert die Überwachungsaufgabe einen breiten, jedenfalls über Konfliktfälle hinausgehenden Kenntnisstand und muß auch in diesen Fällen auf die Vermeidung von Konflikten und damit auf die Erhaltung des Friedens in der Dienststelle abzielen.

3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde läßt sich die Erforderlichkeit der vom Antragsteller begehrten Information nicht damit verneinen, daß ihre Eignung zur sachgerechten Wahrnehmung der Überwachungsaufgaben nach § 67 Abs. 1 Satz 1, § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG in Frage zu stellen wäre. Die Namen der Empfänger von Leistungszulagen vermögen dem Personalrat zumindest Anhaltspunkte dafür zu liefern, ob die Zulagenpraxis dem auch an die Dienststelle gerichteten Auftrag des § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG gerecht wird. Der Personalrat kann ihnen beispielsweise Hinweise entnehmen, ob es angezeigt ist, der Frage nachzugehen, ob eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Gruppen unter den Beschäftigten unterblieben ist, wie etwa einer solchen von Frauen und Männern, Deutschen und Ausländern, Angehörigen von Gewerkschaften und nicht gewerkschaftlich gebundenen Beschäftigten, Angehörigen verschiedener Gewerkschaften, aber auch früherer und gegenwärtiger Personalratsmitglieder im Verhältnis zu den übrigen Beschäftigten.

Auch der Umstand, daß es der Personalvertretung verwehrt ist, eine Beurteilung der Leistungen der Beschäftigten durch die Dienststelle ein eigenes Leistungsurteil entgegenzusetzen, läßt die geforderte Information nicht als zur Aufgabenwahrnehmung entbehrlich oder untauglich erscheinen. Ergibt sich aus dem Vergleich der Leistungsempfänger im Ergebnis ein unterschiedliches Ausmaß der Zulagengewährung, so kann ihr schon allein das Veranlassung geben, dem weiter nachzugehen, indem sie sich etwa eine nachvollziehbare Begründung dafür geben läßt.

4. Es fehlt auch nicht deshalb an der Erforderlichkeit der begehrten Information über die Namen der Empfänger von Leistungszulagen, weil sich der Zweck auf eine für die betroffenen Beschäftigten schonungsvollere Weise erreichen ließe. Beispielsweise könnte eine anonymisierte Vorlage der für die Leistungszulagen im Einzelfall maßgeblich gewesenen Gründe zwar eine Überprüfung aller schriftlich fixierten Begründungen auf deren Konsistenz ermöglichen. Dies kann aber den Informationswert von Namenslisten nur ergänzen, nicht ersetzen. Letztere haben gegenüber den anonymisierten Begründungen für die Leistungszulagen den Vorzug, eine gezielt gruppenspezifische Bewertung der Zulagenpraxis auch nach ihren Ergebnissen zu ermöglichen. Sie eröffnen damit einen an anderen Zusammenhängen oritierten Beurteilungsstandpunkt. Dies kann die anonymisierte Vorlage nicht leisten.

5. Gesichtspunkte des Persönlichkeitsschutzes schließlich stehen dem Anspruch ebenfalls nicht entgegen. So ist nicht etwa § 68 Abs. 2 Satz 4 BPersVG entsprechend anzuwenden. Bei ihm handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, was gegen eine erweiternde Rechtsanwendung spricht. Auch fehlt es an der Vergleichbarkeit der Interessenlage. Die Beschränkung auf die Einsicht in dienstliche Beurteilungen in § 68 Abs. 2 Satz 4 BPersVG rechtfertigt sich aus dem umfassenden Charakter derartiger Beurteilungen, die mit Blick auf die auch zu würdigende Eignung regelmäßig über das reine Leistungsbild erheblich hinausgehen und damit in viel stärkerem Maße das allgemeine Persönlichkeitsrecht berühren. Für die Leistungsbewertungen, die der Gewährung der Zulagen vorausgehen, gilt dies nicht. Vor allem aber geht es hier nicht um diese Leistungsbewertungen im einzelnen. Es geht nur um die Mitteilung, wer eine Leistungszulage erhält. Eine solche Mitteilung läßt nur mittelbar einen groben Schluß auf das Ergebnis der Leistungsbewertung zu, nämlich dahin, daß die erbrachten Leistungen für eine Leistungszulage würdig befunden worden sein müssen. Unter diesem Gesichtspunkt können daher individualisierte Angaben über Leistungszulagen kaum stärkeren Restriktionen unterliegen, als dies bei Beförderungen der Fall ist. Lediglich als Bestandteil der individuellen Bezüge bedürfen sie der vertraulichen Behandlung. Auch insoweit aber können sie keinen höheren Grad an Vertraulichkeit beanspruchen, als dies bei Bruttolohn- und Gehaltslisten ansonsten der Fall ist.

Wie der Senat bereits entschieden hat, dürfen derartige Listen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes vom Personalrat nur innerhalb der Dienststelle eingesehen werden. Dabei darf er sich zwar bei der Einsichtnahme Notizen machen, er darf sie aber weder vollständig abschreiben noch fotokopieren, auch sind ihm lückenlose Kopien nicht zeitweise zur Verfügung zu stellen (Beschlüsse vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 –, vom 29. August 1990 – BVerwG 6 P 30.87 – und vom 4. September 1990 – BVerwG 6 P 28.87 – a.a.O.). Im übrigen aber geht das an die schon genannten Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 BPersVG gebundene Informationsrecht des Personalrats als bereichspezifische Regelung des Dienstrechts einem weiterreichenden Datenschutz vor (vgl. insbesondere Beschluß vom 4. September 1990 – BVerwG 6 P 28.87 – a.a.O.; ferner BAGE 42, 113 ≪116≫; 60, 311 ≪320≫).

 

Unterschriften

Niehues, Ernst, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1214143

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