Entscheidungsstichwort (Thema)
Öffentlichen Zwecken dienende Telekommunikationslinien. Benutzung von Verkehrswegen. Unterhaltung des Verkehrsweges. Erschwerung der Unterhaltung. Änderung des Verkehrsweges. Verlegung der Telekommunikationslinie. Aufwendungsersatzanspruch des Unterhaltungspflichtigen. Verbindlichkeit gegenüber dem bauausführenden Unternehmen. Befreiung von einer Verbindlichkeit. Begleichung der Verbindlichkeit. Kostenerstattung. Verjährung. Beginn der Verjährung. Aufwendungsersatz für die Verlegung von Telekommunikationsleitungen
Leitsatz (amtlich)
Ist der Ersatzanspruch des zur Unterhaltung des Verkehrsweges Verpflichteten gegen den Träger der öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinie nach § 71 Abs. 2 TKG zunächst auf die Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber dem bauausführenden Unternehmer gerichtet, entsteht mit der Begleichung dieser Verbindlichkeit durch den Unterhaltungsverpflichteten kein anderer auf Kostenerstattung gerichteter Anspruch, sondern wandelt sich nur der Anspruchsinhalt, ohne dass dies an einer einmal eingetretenen Verjährung des Anspruchs als solchen etwas ändern könnte.
Normenkette
TKG § 71 Abs. 2, § 72 Abs. 1, 3; BGB §§ 199, 257
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 02.07.2013; Aktenzeichen 6 A 10310/13) |
VG Trier (Entscheidung vom 28.11.2012; Aktenzeichen 5 K 617/12.TR) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 22 347,12 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde, mit der sich der Kläger allein auf den Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), hat keinen Erfolg. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer höchstrichterlich bisher noch nicht geklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Kosten begehrt, die ihm im Rahmen von Sicherungsarbeiten an Telekommunikationskabeln entstanden sind, mit zwei selbstständig tragenden Begründungen abgelehnt: Zum einen hat es schon die tatbestandlichen Voraussetzungen eines aus § 71 Abs. 2 TKG abgeleiteten Zahlungsanspruchs verneint; unabhängig davon hat es zum anderen einen auf diese Vorschrift gestützten Zahlungsanspruch des Klägers als jedenfalls verjährt angesehen. Im Fall einer mehrfachen, die Entscheidung jeweils selbstständig tragenden Begründung des angefochtenen Urteils bedarf es für die Zulassung der Revision eines Zulassungsgrundes in Bezug auf jede dieser Begründungen (vgl. Beschluss vom 15. August 2011 – BVerwG 6 B 9.11 – Buchholz 442.066 § 150 TKG Nr. 4 Rn. 3). Daran fehlt es hier jedenfalls in Bezug auf die zweite Begründung des Oberverwaltungsgerichts.
Der Kläger will in diesem Zusammenhang geklärt wissen, ob „sich die Entstehung, die Fälligkeit und die hieran anknüpfende Verjährung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 52 Abs. 2 TKG 1996 und § 71 Abs. 2 TKG nach dem Entstehungs- und Fälligkeitszeitpunkt eines nach § 257 BGB bestehenden Befreiungsanspruchs” richtet oder „bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 52 Abs. 2 TKG 1996 und § 71 Abs. 2 TKG für die Entstehung, die Fälligkeit und eine hieran anknüpfende Verjährung zwischen dem unmittelbaren Aufwendungsersatzanspruch und dem Befreiungsanspruch nach § 257 S.1 BGB zu unterscheiden” ist. Hiermit wird keine grundsätzlich klärungsfähige Rechtsfrage aufgeworfen. Für den Fall, dass die Unterhaltung eines Verkehrsweges aufgrund der Mitbenutzung durch eine Telekommunikationslinie erschwert wird, sieht § 71 Abs. 2 TKG – wortgleich mit der Vorgängervorschrift des § 52 Abs. 2 TKG 1996 – vor, dass der Nutzungsberechtigte dem Unterhaltungspflichtigen die aus der Erschwerung erwachsenden Kosten zu ersetzen hat.
Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Lauf der Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 BGB in diesem konkreten Einzelfall spätestens mit dem Schluss des Jahres 2007 begonnen habe, nachdem der Kläger mit Schreiben vom 27. April 2007 den von ihm behaupteten Ersatzanspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht hatte. Zu diesem Zeitpunkt sei auch nach seiner Auffassung ein eventuell bestehender Anspruch nach § 71 Abs. 2 TKG auf Ersatz der ihm aus der Erschwerung der Verkehrswegeunterhaltung erwachsenen Kosten bereits entstanden und fällig gewesen. Er sei in seinem Fall konkret auf die Befreiung von einer gegenüber einem Dritten bestehenden Verbindlichkeit im Sinne des § 257 Satz 1 BGB gerichtet gewesen, da der Kläger ausdrücklich von der Beklagten die Anweisung der festgestellten Rechnung an die bauausführende Firma verlangt habe. Zwar habe er im weiteren Verlauf mit Schreiben vom 21. April 2008 die Überweisung des geforderten Gesamtbetrags unmittelbar auf sein Konto verlangt. Dies habe aber nichts an der Rechtsnatur des von ihm verfolgten Anspruchs geändert, da auch zu diesem Zeitpunkt eine Zahlung seitens des Klägers an die bauausführende Firma noch nicht erfolgt gewesen sei. Dieser Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit sei mit Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist Ende des Jahres 2010 verjährt.
Das Oberverwaltungsgericht hat sich dabei zur Auslegung der zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften, die nach § 77 TKG entsprechend anzuwenden sind, der Rechtsansicht des Bundesgerichtshofes angeschlossen, wonach für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist des Befreiungsanspruchs gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht auf den Schluss des Jahres abzustellen sei, in dem der Freistellungsanspruch fällig geworden sei, sondern auf den Schluss des Jahres, in dem die Drittforderungen fällig würden, von denen zu befreien sei (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 – III ZR 209/09 – BGHZ 185, 310 Rn. 22). Die Beschwerde zieht nicht die vom Oberverwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Verjährungsbeginn bei gesetzlichen Befreiungsansprüchen aus § 257 Satz 1 BGB in Zweifel.
Der Kläger meint lediglich, dass seine Zahlung auf die Verbindlichkeit gegenüber dem Unternehmer einen Kostenerstattungsanspruch begründet hat, der von dem zunächst geltend gemachten Befreiungsanspruch zu unterscheiden sei und auf den sich deshalb die Verjährung des Befreiungsanspruchs nicht auswirken könne. Das Berufungsgericht hat hingegen angenommen, dass die vom Kläger im März 2010 geleistete Zahlung des geforderten Rechnungsbetrages an die bauausführende Firma deshalb nicht zu Änderungen an dem beschriebenen Ablauf der Verjährungsfrist geführt habe, weil sich der bis dahin bestehende Befreiungsanspruch aufgrund der Zahlung lediglich in einen Erstattungsanspruch umgewandelt habe. Mit Erfüllung der Drittforderung sei kein auf unmittelbaren Aufwendungsersatz gerichteter weiterer Ersatzanspruch im Sinne des § 71 Abs. 2 TKG entstanden. Vielmehr hätten dem Kläger die durch das von ihm beauftragte Bauunternehmen abgerechneten Gesamtkosten nur einmal im Sinne des § 71 Abs. 2 TKG erwachsen können. Er habe es deshalb nicht in der Hand gehabt, den Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 77 TKG bezogen auf dieselbe Unterhaltungsmaßnahme mehrfach in Lauf zu setzen.
Diese Annahme des Oberverwaltungsgerichts wirft keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Sie entspricht vielmehr der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, durch welche die damit aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt ist. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich in dem vom Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang angeführten Urteil entschieden, dass sich ein Aufwendungsersatzanspruch, der ursprünglich auf die Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtet ist, in einen Anspruch auf Kostenerstattung umwandelt, wenn der Gläubiger des Befreiungsanspruchs die Verbindlichkeit begleicht, ohne dass sich durch diese Umwandlung des Anspruchs etwas am Lauf der Verjährung ändert (BGH, Urteil vom 28. April 1993 – VIII ZR 109/92 – NJW-RR 1993, 1227 ≪1228≫). Hiervon ist der Bundesgerichtshof ersichtlich auch in seiner späteren Entscheidung ausgegangen, welche das Oberverwaltungsgericht ebenfalls angeführt hat. Dort hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, die Vorschrift des § 257 BGB erweitere das sich aus anderen Vorschriften ergebende Recht auf Ersatz von Aufwendungen dahin, dass dann, wenn die Aufwendung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestehe, der Ersatzberechtigte Befreiung von der lediglich übernommenen, aber noch nicht erfüllten Pflicht verlangen könne (BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 a.a.O. Rn. 20). Damit hat der Bundesgerichtshof deutlich gemacht, dass nur ein einheitlicher Aufwendungsersatzanspruch besteht, sich lediglich der Anspruchsinhalt danach unterscheidet, ob die Verbindlichkeit getilgt ist oder nicht. Dieses Verständnis gilt, ohne dass es hierfür einer Entscheidung in einem Revisionsverfahren bedarf, auch für den Ersatzanspruch nach § 71 Abs. 2 TKG. Ist er zunächst auf die Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Bauunternehmer gerichtet, entsteht mit der Begleichung dieser Verbindlichkeit durch den Unterhaltungspflichtigen kein anderer auf Kostenerstattung gerichteter Anspruch, sondern wandelt sich nur der Anspruchsinhalt, ohne dass dies an der einmal eingetretenen Verjährung des Anspruchs als solchen etwas ändern könnte.
Da der Kläger einen grundsätzlichen Klärungsbedarf in Bezug auf den Gesichtspunkt der Verjährung nicht aufgezeigt hat, ist die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene weitere Frage nicht entscheidungserheblich, ob „der einen Kostenerstattungsanspruch nach § 71 Abs. 2 TKG ausschließende Anwendungsbereich des § 72 Abs. 1 und 3 TKG bereits dann gegeben (ist), wenn eine Telekommunikationslinie bei Wegeänderungen nach den üblichen Baumethoden entsprechend den anerkannten Regeln der Technik Probleme bereitet oder (…) für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der §§ 71 Abs. 2 und 72 Abs. 1 u. 3 TKG darauf abzustellen (ist), ob es sich entweder um durch Erschwernisse im Zusammenhang mit einer in ihrer Lage nicht veränderten Telekommunikationslinie ausgelöste Maßnahmen oder um Maßnahmen handelt, die aus dem Erfordernis der Änderung oder Beseitigung einer Telekommunikationslinie resultieren”.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Neumann, Dr. Graulich, Hahn
Fundstellen
JZ 2014, 590 |
ZUM-RD 2014, 706 |