Verfahrensgang
Thüringer OVG (Urteil vom 04.11.2003; Aktenzeichen 7 F 320/02) |
Tenor
Die Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Flurbereinigungsgericht) über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 4. November 2003 wird aufgehoben, soweit darin Ziffer 2 des Änderungsbeschlusses Nr. 5 des Flurneuordnungsamtes Gera vom 9. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 15. April 2002 aufgehoben worden ist.
Die Revision wird insoweit zugelassen.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Flurbereinigungsgericht) vom 4. November 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Hälfte mit Ausnahme etwaiger Kosten der Beigeladenen. Im Übrigen folgt die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet. Soweit der Beklagte durch das anzufechtende Urteil beschwert ist, ist die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG zuzulassen. Sie kann dem Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens auch eine Neuregelung der Bodenordnung gemäß § 64 LwAnpG mit dem Ziel der Zusammenführung von getrenntem Boden- und Gebäudeeigentum getroffen werden kann.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde des Klägers kann dagegen keinen Erfolg haben. Die zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunke rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
1. Aus dem Beschwerdevorbringen des Klägers ergibt sich nicht, dass die Rechtssache, soweit der Kläger durch das anzufechtende Urteil beschwert ist, grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn für die Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). Die vom Kläger in seiner Beschwerdebegründung bezeichneten Fragen erfüllen diese Anforderungen nicht.
a) Soweit der Kläger für grundsätzlich bedeutsam hält, “dass eine Behörde nicht willkürlich begünstigende Bescheide erteilen kann und sie anschließend wieder aufhebt”, ist schon zweifelhaft, ob er damit eine Rechtsfrage formulieren oder nur eine Feststellung treffen will. Selbst wenn man ersteres annimmt, war die sich daraus ergebende Frage für die Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts nicht von Bedeutung. Denn dieses hat nicht angenommen, dass der durch den angefochtenen Beschluss aufgehobene Änderungsbeschluss Nr. 4 willkürlich erlassen worden war.
b) Die vom Kläger des Weiteren sinngemäß gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Änderung des Flurbereinigungsgebietes “geringfügig” i.S. von § 8 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt. Für die Abgrenzung, ob es sich bei der hinzugenommenen Fläche um eine geringfügige oder erhebliche Änderung handelt, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die Änderung so wesentlich ist, dass das förmliche Verfahren nach den §§ 4 bis 6 FlurbG als notwendig erscheint, wobei es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 FlurbG und das Interesse der Beteiligten ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 1959 – BVerwG I B 141.59 – Buchholz 424.01 § 8 FlurbG Nr. 1). Diese Frage lässt sich nur anhand der Umstände und Verhältnisse des einzelnen Verfahrens entscheiden. Dabei ist in erster Linie die Größe der hinzugenommenen Fläche mit der Größe des bisherigen Verfahrensgebietes zu vergleichen. Neben diesem Größenvergleich kann es auch auf andere Gesichtspunkte ankommen, z.B. welcher Zweck mit der Änderung verfolgt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. April 1971 – BVerwG IV C 36.68 –, Buchholz 424.01 § 8 FlurbG Nr. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat in Anwendung dieser Grundsätze eine Geringfügigkeit der streitgegenständlichen Änderung des Flurbereinigungsgebietes bejaht. Die Beschwerde greift in Wahrheit die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, ohne eine darüber hinausgehende grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage aufzuwerfen.
2. Soweit die Beschwerde eine Abweichung des anzufechtenden Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geltend macht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), weil das anzufechtende Urteil davon ausgehe, dass “der angefochtene Bescheid keinen begünstigenden Verwaltungsakt aufhebe bzw. wegen Geringfügigkeit der Änderung i.S. des § 8 des Flurbereinigungsgesetzes zulässig sei”, fehlt es an der hinreichenden Darlegung dieses Zulassungsgrundes, namentlich an der genauen Bezeichnung einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von der das Oberverwaltungsgericht abgewichen sei, und an der Gegenüberstellung voneinander abweichender Rechtssätze im anzufechtenden Urteil und in einer dazu in Bezug zu setzenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712).
3. Soweit sich die Beschwerdebegründung unter Punkt 1b mit den Ausführungen im Urteil (dort S. 15) zur Frage des Gebäudeeigentums beschäftigt, können diese schon deshalb keine Grundlage für eine Zulassung der Revision sein, weil es sich erkennbar um die Entscheidung nicht tragende Hinweise handelt (sog. obiter dictum), die das Gericht lediglich “im Hinblick auf das über den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens hinausgehende Interesse der Beteiligten an der Klärung der Eigentumsverhältnisse” gemacht hat.
4. Die von der Beschwerde “rein vorsorglich” gerügte “Verletzung formellen und materiellen Rechts” ist ein unzulässiger, keinem Revisionszulassungsgrund zuzuordender Pauschalangriff auf das anzufechtende Urteil. Ebenso unzulässig ist die Rüge eines angeblichen Verfahrensmangels; auch insoweit fehlt die erforderliche Darlegung dieses Zulassungsgrundes (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1, § 14 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG n.F.
Unterschriften
Dr. Storost, Vallendar, Domgörgen
Fundstellen