Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 03.02.2000; Aktenzeichen 1 B 98.1603) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 DM festgesetzt.
Gründe
Der Kläger betreibt eine aus zwei Häusern bestehende Hotelanlage in B.… W.… Er wendet sich aus Lärmschutzgründen gegen die Nutzung eines benachbarten und ohne Baugenehmigung betriebenen Parkplatzes der Beklagten, der der auf dem Nachbargrundstück errichteten Spielbank als Abstellplatz für die Kraftfahrzeuge der Besucher dient. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verurteilt, diese Benutzung zu unterlassen, soweit durch sie zur Nachtzeit ein Immissionswert von 49 dB(A) an den Hotelgebäuden überschritten wird. Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Wert auf 45 dB(A) herabgesetzt. Der beschließende Senat hat das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs wegen eines Verstoßes gegen § 116 Abs. 2 VwGO aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (Beschluss vom 6. Mai 1998 – BVerwG 7 B 437.97 – BVerwGE 106, 366 = NVwZ 1998, 1176). In dem darauf erlassenen Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof den von der Beklagten beim Betrieb des Parkplatzes zur Nachtzeit zu beachtenden höchstzulässigen Immissionswert mit 42,5 dB(A) – gemessen nach Nr. 2.9 TA Lärm – angenommen und in diesem Umfang der ansonsten erfolglosen Berufung des Klägers stattgegeben; die Revision gegen sein Urteil hat er nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg; das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, dass ein Zulassungsgrund vorliegt.
1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
a) Die Beschwerde möchte geklärt wissen, “ob die Änderung der Rechtsauffassung des Gerichts in selbständigen Prozessen … dann ausgeschlossen sein muss”, wenn für den Fall einer derartigen Änderung “ein überwölbender Sachzusammenhang zu einem schlechthin unerträglichen Ergebnis führen würde”.
Diese sehr abstrakt formulierte, das bisherige Prozessgeschehen nur andeutungsweise einbeziehende und damit aus sich heraus kaum verständliche Fragestellung zielt offenbar auf den Umstand ab, dass der Verwaltungsgerichtshof in einem Vorprozess den mit dem unwirksamen Prozessvergleich aus dem Jahre 1968 verbundenen materiellrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu Lasten des Klägers als wirksam, nunmehr aber die behauptete nicht protokollierte Verpflichtung der Beklagten, keinen Parkplatz auf dem Kurhausbauplatz zu betreiben, als unwirksam, weil gegen die Formvorschriften des Art. 38 Abs. 2 BayGO verstoßend, ansieht. Den daran anknüpfenden Überlegungen der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof könnte angesichts dieser Vorgeschichte wegen einer bestehenden “rechtlichen Verpflichtung zur Folgerichtigkeit” an einer solchen Betrachtungsweise gehindert sein, ist nicht weiter nachzugehen. Es fehlt – von allem anderen abgesehen – bereits an jedem Hinweis, dass der Kläger in dem die Baugenehmigung für die Spielbank betreffenden Vorprozess auf die genannte Abrede hingewiesen hat. Des Weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof im Vorprozess sein die Berufung des Klägers zurückweisendes Urteil vom 25. Juni 1993 keineswegs allein auf die Wirksamkeit des zwischen den Parteien abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrages gestützt, sondern unabhängig davon im Blick auf die besonderen Umstände des Falles und das Verhalten des Klägers dessen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens als unbegründet angesehen. Schließlich hat es der Verwaltungsgerichtshof in dem jetzt angegriffenen Urteil durchaus für möglich gehalten, dass die Berufung einer Gemeinde auf die Formnichtigkeit eines Vertrages wegen Verstoßes gegen die gesetzlichen Formerfordernisse in Art. 38 Abs. 2 BayGO im Einzelfall wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig sein könne, einen solchen Ausnahmefall aber hier deswegen als nicht gegeben erachtet, weil der Kläger selbst nicht alles getan habe, um eine Berichtigung des unvollständigen Protokolls zu erreichen. Hierzu bemerkt die Beschwerde ebenfalls nichts und blendet damit aus ihrer Fragestellung gerade die Umstände aus, die die hierzu beurteilende Problemlage im Hinblick auf ihre tatsächlichen Besonderheiten als in einem hohen Maße einzelfallbezogen erweist. Angesichts dessen führt der Hinweis der Beschwerde nicht weiter, der Verwaltungsgerichtshof habe erstmals in dem hier angegriffenen Urteil erkannt, dass die in Rede stehende Verpflichtung der Beklagten im Blick auf die Vorschrift des Art. 38 Abs. 2 BayGO unwirksam ist. Dieser Rechtserkenntnis durfte er sich jedenfalls nicht mit Blick auf das von der Beschwerde behauptete “Konsequenzgebot” verschließen.
b) Auch die beiden weiteren Fragen, die die Beschwerde für klärungsbedürftig hält, rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Soweit das Vorbringen die vorinstanzliche Beurteilung der Spielbank als einer die Eigenart der näheren Umgebung mitprägenden Anlage betrifft, fehlt es bereits an der erforderlichen Darlegung einer höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO); die Beschwerde begnügt sich, ohne sich mit der einschlägigen Rechtsprechung zur Unbeachtlichkeit von “Fremdkörpern” (vgl. Urteil vom 15. Februar 1990 – BVerwG 4 C 23.86 – BVerwGE 84, 322 ≪325 ff.≫) auseinander zu setzen, mit Angriffen auf die Sachverhaltswürdigung im Einzelfall, die die Grundsatzrevision nicht eröffnen. Möglicherweise will die Beschwerde aber auch auf die Frage abheben, ob im Rahmen des § 34 BauGB die gebietsprägende Bedeutung von Baukörpern davon beeinflusst sein könne, dass mit deren Errichtung “illegale Sachverhalte” entstanden seien, die nicht “durch die Berufung auf die Macht des Faktischen überspielt” werden dürften. Fragen dieser Art würden sich in einem Revisionsverfahren schon deshalb nicht stellen, weil die Spielbank nicht “illegal”, sondern auf Grund einer Baugenehmigung errichtet worden ist; davon abgesehen hat der Verwaltungsgerichtshof zudem ausgeführt, der Kläger habe mit dem Abschluss des Vergleichs im Jahre 1968 “seinen Widerstand gegen die Spielbank als solche aufgegeben und damit … notwendigerweise auch eine zumindest städtebauliche Veränderung des Umfelds seines Hotelbetriebs akzeptiert” (vgl. S. 34 der Urteilsabschrift).
Die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Frage, wie der Begriff des “Kurhotels” auszulegen sei, ist ebenfalls nicht von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung. Die Beschwerde verkennt, dass es sich dabei nicht um einen Rechtsbegriff handelt, dessen Auslegung im vorliegenden Fall entscheidungserheblich wäre. Es geht vielmehr allein darum, ob der vom Kläger als Kurhotel bezeichnete Beherbergungsbetrieb anders als sonstige Hotelbetriebe gegenüber Lärmimmissionen in gesteigertem Maße schutzbedürftig ist. Diese Frage lässt sich unter Berücksichtigung der gebietstypischen Merkmale der Baunutzungsverordnung einerseits und der auf die städtebaulichen Gebietstypen Bezug nehmenden Vorschriften der TA Lärm andererseits nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles beantworten. Angesichts der hierbei erforderlichen situationsbezogenen Bewertung entzieht sich das Maß der immissionsschutzrechtlichen Schutzbedürftigkeit des Hotelbetriebs des Klägers der rechtsgrundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren. Da es hiernach nicht darauf ankommt, wie der Begriff des “Kurhotels” aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht zu verstehen ist, liegt auch kein Verfahrensfehler darin, dass der Verwaltungsgerichtshof den in diese Richtung zielenden Beweisantrag abgelehnt hat.
2. Die Revision ist auch nicht wegen den von der Beschwerde gerügten Abweichungen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
a) Unbegründet ist die Abweichungsrüge, soweit sie die Grundsätze zur Bildung eines “Mittelwerts”, die Berücksichtigung des Prioritätsprinzips und die Bedeutung eines Flächennutzungsplans für das maßgebliche Lärmschutzniveau betrifft. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Rechtssätze aufgestellt, die der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den genannten Rechtsfragen widersprechen.
Dem Gebot, das nach § 3 Abs. 1 BImSchG erforderliche Lärmschutzniveau in städtebaulichen Gemengelagen unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles durch wertenden Ausgleich festzulegen (Beschluss vom 29. Oktober 1984 – BVerwG 7 B 149.84 – NVwZ 1985, 186; Beschluss vom 28. September 1993 – BVerwG 4 B 151.93 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119), widerspricht nur scheinbar die freilich missverständliche Formulierung in dem angegriffenen Urteil, dass sich “rein rechnerisch … als Grenze der Zumutbarkeit ein Immissionswert von nachts 42,5 dB(A) ergibt”; denn aus den anschließenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs wird deutlich, dass er bei der Bemessung der zumutbaren Lärmbelastung entsprechend der durch die vorhandene Situation geforderten gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme einzelfallbezogene Umstände – namentlich die konkrete Betriebsart des Hotels und die Auslösung des Nutzungskonflikts durch die später errichtete Spielbank – berücksichtigt, sich also nicht schematisch an das arithmetische Mittel der in Rede stehenden Immissionsrichtwerte gebunden gesehen hat.
Wie sich aus seinen Erwägungen zum Prioritätsprinzip ergibt, hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle auch nicht verkannt, dass es darauf ankommen kann, welche der beiden miteinander unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht wurde (Urteil vom 19. Januar 1989 – BVerwG 7 C 77.87 – BVerwGE 81, 197 ≪206≫); wenn er diesem Gesichtspunkt nicht die ihm zukommende Bedeutung beigemessen haben sollte, läge ein Rechtsanwendungsfehler vor, der die Divergenzrevision nicht eröffnet. Dass der Verwaltungsgerichtshof die Darstellungen des Flächennutzungsplans bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht für maßgeblich gehalten hat, entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 6. August 1982 – BVerwG 7 B 67.82 – NVwZ 1983, 155); danach ist Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt.
b) Zu Unrecht sieht die Beschwerde eine Abweichung darin, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Ermittlung und Bewertung des Baugebietscharakters und der ihm entsprechenden Lärmschutzanforderungen die Spielbank berücksichtigt hat. Es mag offen bleiben, ob sich der Verwaltungsgerichtshof damit über die Bedenken hinweggesetzt hat, die der Senat in seinem Beschluss vom 6. Mai 1998 (a.a.O., NVwZ 1998, 1176 f.; in BVerwGE nicht abgedr.) dagegen geäußert hat, dem Kläger bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit seines Betriebs eine verkehrslärmbezogene Gebietsprägung durch die bestandskräftig genehmigte Spielbank entgegenzuhalten. Selbst wenn dies mit der Beschwerde angenommen wird, liegt darin keine Abweichung im Sinne des Revisionszulassungsgrunds, weil die entsprechenden Bemerkungen des Senats nicht entscheidungstragend waren (vgl. Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 132 Rn. 81 m.w.N.).
Das angegriffene Urteil weicht auch von dem Urteil des Senats vom 24. September 1992 – BVerwG 7 C 6.92 – BVerwGE 91, 92 nicht ab. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der dem Hotelbetrieb des Klägers nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d TA Lärm zustehende Lärmschutz “durch die Nachbarschaft der Spielbank relativiert” werde, widerspricht nicht dem in der Divergenzentscheidung aufgestellten Rechtssatz, wonach eine baurechtswidrige Nutzung gegenüber einer in ihrer Nachbarschaft rechtmäßig betriebenen Anlage nicht schutzwürdig ist (a.a.O., S. 96 f.). Abgesehen davon, dass die Nutzung der Spielbank durch eine bestandskräftige Baugenehmigung gedeckt ist, verhält sich die Divergenzentscheidung nicht zur Frage lärmbezogener Nachbarschaftskonflikte in einer städtebaulichen Gemengelage. Sie sagt daher nicht aus, dass eine materiell baurechtswidrige, aber bestandskräftig genehmigte vorhandene Anlage rechtlich nicht geeignet ist, gebietsprägend zu wirken und damit die immissionsschutzrechtliche Erheblichkeitsschwelle (§ 3 Abs. 1 BImSchG) heraufzusetzen.
c) Der beschließende Senat hat erwogen, ob sich einzelne der von der Beschwerde erhobenen Divergenzrügen in Grundsatzrügen umdeuten lassen. Als Grundsatzrüge umgedeutet würde das Vorbringen, das sich mit der Gebietsprägung durch die bestandskräftig genehmigte Spielbank und der Zumutbarkeit des von dem Parkplatz ausgehenden Lärms verbindet, jedoch gleichfalls die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Der Verwaltungsgerichtshof stand vor der Frage, welche immissionsschutzrechtliche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass mit der Errichtung der Spielbank inmitten einer wohngebietsähnlichen Umgebung eine städtebauliche Gemengelage entstanden ist. Er hat diese Frage dahin beantwortet, dass von der tatsächlich vorhandenen baulichen Nutzung in der maßgeblichen Umgebung auszugehen und die immissionsschutzrechtliche Erheblichkeitsschwelle nach der konkreten Situation der betroffenen Grundstücke sowie ihrer tatsächlichen Zweckbestimmung zu beurteilen sei. In diesem Zusammenhang hat er im Einzelnen geprüft, in welchem Maße das vom Kläger in seinem Beherbergungsbetrieb für anspruchsvolle Hotelgäste bereitgehaltene Angebot in besonderem Maße störanfällig und welche Schutzwürdigkeit ihm demgemäß zuzubilligen ist. Hieraus wird deutlich, dass die vom Verwaltungsgerichtshof ermittelte Zumutbarkeitsschwelle im Wesentlichen auf tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen beruht, die sich angesichts ihres Bezugs auf den konkreten Einzelfall der rechtsgrundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren entziehen.
3. Die Revision ist auch nicht wegen der behaupteten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
a) Das angegriffene Urteil leidet nicht an dem gerügten Verstoß gegen die gerichtliche Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) oder gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beschwerde hält für verfahrensfehlerhaft, dass der Verwaltungsgerichtshof einen Beweisantrag des Klägers abgelehnt und in diesem Zusammenhang eine Behauptung als wahr unterstellt hat. Beide Rügen sind unbegründet.
Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 1998 beantragt, zum Beweis seiner Behauptung, dass dem formunwirksamen Prozessvergleich aus dem Jahre 1968 der materiellrechtlich vereinbarte Verzicht der Beklagten auf die Errichtung eines oberirdischen Parkplatzes zugrunde lag, zwei namentlich benannte Zeugen zu vernehmen und die Akten über die im Zeitraum von 1966 bis 1980 gefassten Beschlüsse des Gemeinderats der Beklagten zum Thema “Spielbank und Kurhaus” beizuziehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Beweisantrag als unerheblich abgelehnt. Ein Unterlassungsanspruch aus der außergerichtlichen Vereinbarung komme nicht in Betracht, weil die behauptete und unstreitig nicht protokollierte Abrede – sollte sie getroffen worden sein – mangels Wahrung der Formerfordernisse des Art. 38 Abs. 2 BayGO unwirksam und die Beklagte nicht gehindert sei, sich auf die Formnichtigkeit zu berufen; da die Geschäftsgrundlage der Vereinbarung – Errichtung eines Kurhauses mit Tiefgarage – entfallen sei und damit ein entsprechender Erfüllungsanspruch ausscheide, könnte der Kläger selbst dann, wenn die Beklagte nach Treu und Glauben an der Abrede festhalten würde, nicht die Unterlassung des Betriebs eines oberirdischen Parkplatzes, sondern allenfalls Schadenersatz beanspruchen.
Die Anforderungen an die Sachaufklärungspflicht des Gerichts bestimmen sich nach seiner materiellrechtlichen Auffassung. Da der Verwaltungsgerichtshof Vereinbarungen der Beteiligten im Zusammenhang mit dem Prozessvergleich für gegenstandslos gehalten hat, hat er nicht dadurch gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, dass er nicht geklärt hat, welchen Lärmschutz der Vergleichsvertrag aus dem Jahre 1968 und das ihm zugrunde liegende “Verkehrskonzept” verwirklichen sollten. Ebenso wenig liegt ein Verfahrensfehler darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe in der seinerzeit getroffenen Vereinbarung auf die Errichtung eines oberirdischen Parkplatzes verzichtet, als wahr unterstellt hat. Denn der Inhalt dieser Vereinbarung, die nach der Lehre von der Doppelnatur des Prozessvergleichs unabhängig von dessen Formunwirksamkeit Bestand haben konnte, wenn der hypothetische Wille der Beteiligten auf eine verbindliche materiellrechtliche Regelung ihrer Rechtsbeziehungen gerichtet war (vgl. Beschluss vom 27. Oktober 1993 – BVerwG 4 B 175.93 – Buchholz 310 § 106 VwGO Nr. 17), war nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs wegen Verstoßes gegen das Formerfordernis des Art. 38 Abs. 2 BayGO und wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gleichfalls nicht entscheidungserheblich.
b) Unbegründet ist auch die Rüge, der Entscheidungsausspruch des angegriffenen Urteils sei nicht hinreichend bestimmt, weil der Verwaltungsgerichtshof entgegen der Zielrichtung des vom Kläger gestellten Antrags keinen Teilbeurteilungspegel, sondern einen Summenpegel festgelegt habe, der zur Nachtzeit nicht überschritten werden dürfe. Abgesehen davon, dass der Entscheidungsausspruch dem in der Vorinstanz gestellten einschlägigen Klageantrag (Nr. IV) mit Ausnahme des festgelegten Immissionswerts entspricht, geht der Vorwurf der Beschwerde schon deswegen fehl, weil sowohl nach dem Tenor als auch nach den Gründen der Entscheidung (vgl. S. 35 des Urteilsabdrucks) an der Bestimmtheit der festgelegten Unterlassungspflicht keine Zweifel bestehen. Die Beschwerde verkennt, dass eine Urteilsformel selbst dann hinreichend bestimmt ist, wenn zu ihrem Verständnis die Entscheidungsgründe herangezogen werden müssen (Urteil vom 28. Oktober 1981 – BVerwG 8 C 4.81 – Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 21 m.w.N.). Danach ist im vorliegenden Falle jedenfalls klar, dass der Beklagte gegen die ihm durch das angefochtene Urteil auferlegte Pflicht zur Unterlassung verstößt, wenn der am bezeichneten Immissionsort auftretende Lärm – gleichgültig aus welcher Quelle er stammt – den in der Urteilsformel genannten Grenzwert am Immissionsort infolge der Parkplatznutzung übersteigt. Daraus folgt, dass die aus anderen Lärmquellen stammenden Immissionen nach Maßgabe ihrer Intensität die Möglichkeit einer Nutzung des Parkplatzes einschränken, die nach der Urteilsformel dem Beklagten noch verbleibt.
c) Ohne Erfolg bleibt die Verfahrensrüge des Klägers auch, soweit der Verwaltungsgerichtshof der Beklagten für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld angedroht hat, ohne nähere Voraussetzungen festzulegen, unter denen eine solche Zuwiderhandlung anzunehmen ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Einklang mit der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (vgl. VGH Bad.-Württ., VBlBW 1993, 52 m.w.N.) davon ausgegangen, dass die Vollstreckung der Unterlassungspflicht nicht nach § 172 VwGO, sondern auf der Grundlage des § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 890 ZPO zu regeln sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Rechtsauffassung zutrifft (vgl. dazu Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 167 Rn. 25 f., § 172 Rn. 18 ff.); denn die entsprechende Verpflichtung der Beklagten, die bei einer Vollstreckung nach § 172 VwGO ebenso zugrunde zu legen wäre, ist entgegen der Ansicht der Beschwerde hinreichend bestimmt und geeignet, eine wirkungsvolle Vollstreckung sicherzustellen. Eine weitergehende Präzisierung der Verpflichtung in der Weise, wie sie im Klageantrag Nr. VI formuliert ist, war rechtlich nicht geboten.
d) Unzulässig ist die Rüge, dass der Verwaltungsgerichtshof Verfahrensrecht verletzt habe, weil er über die in der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 1998 gestellten Beweisanträge des Klägers erst durch Beschluss vom 15. März 1999 entschieden habe. Die Beschwerde hält die Regelung des § 116 Abs. 2 VwGO, wonach bei verkündungsersetzender Zustellung das aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene Urteil binnen zwei Wochen der Geschäftsstelle zu übergeben ist, auf Beweisbeschlüsse für entsprechend anwendbar und meint, dass der absolute Revisionsgrund einer nicht mit Gründen versehenen Entscheidung anzunehmen sei (§ 138 Nr. 6 VwGO), wenn über einen Beweisantrag fast fünf Monate nach der mündlichen Verhandlung entschieden werde. Es kann offen bleiben, ob der Rechtsauffassung der Beschwerde zu folgen wäre. Über diese Frage ist hier nicht zu entscheiden, da die Beschwerde nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise dargelegt hat, dass das angegriffene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruhen kann. Einer solchen Darlegung bedurfte es namentlich deshalb, weil der Verwaltungsgerichtshof über den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag gemäß § 86 Abs. 2 VwGO durch begründeten Beschluss entschieden hat und die Beteiligten in den anschließenden mündlichen Verhandlungen vom 14. Oktober 1999, 14. Dezember 1999 und 25. Januar 2000 Gelegenheit hatten, der durch die Ablehnung des Beweisantrags entstandenen prozessualen Lage durch entsprechendes Vorbringen Rechnung zu tragen; daran fehlt es. Unter diesen Umständen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass in einem Revisionsverfahren die Klärung der Frage zu erwarten ist, ob § 116 Abs. 2 VwGO auf Beweisbeschlüsse entsprechend anzuwenden ist; darum kommt insoweit auch die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Kley, Herbert
Fundstellen