Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 12.11.2002; Aktenzeichen 2 B 384/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. November 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 296 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO sind nicht gegeben.
Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das erstrebte Revisionsverfahren zur Beantwortung entscheidungserheblicher konkreter Rechtsfragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedürfen (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫).
Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen haben keine grundsätzliche Bedeutung. Gemäß § 15 Abs. 4 SächsBG kann die Ernennung nur innerhalb einer Frist von zwölf Monaten zurückgenommen werden, nachdem die Stelle, die für die Ernennung zuständig wäre, von dem Grund der Rücknahme Kenntnis erlangt hat. Nach dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift reichen einzelne Anhaltspunkte, Vermutungen oder die Kenntnis einzelner Umstände nicht aus. Erforderlich ist vielmehr die gesicherte Kenntnis aller subjektiven und objektiven Gegebenheiten, die die Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung rechtfertigen (vgl. z.B. Urteil vom 18. September 1985 – BVerwG 2 C 30.84 – Buchholz 237.5 § 14 LBG Hessen Nr. 2 S. 4 f.; Beschluss vom 16. Oktober 1979 – BVerwG 2 B 61.79 – Buchholz 237.1 Art. 15 BayBG Nr. 3). Es bestehen keine Zweifel, dass diese Bestimmung verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.
Dass das Berufungsgericht die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme nach Maßgabe einer anderen gesetzlichen Bestimmung geprüft und bestätigt hat als das Verwaltungsgericht, wirft keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Im Anfechtungsrechtsstreit ist die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts zu kontrollieren. Das Berufungsgericht ist nicht auf die Prüfung beschränkt, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutreffend ist oder nicht. Vielmehr hat es ohne Bindung an die Sachverhaltsfeststellung und an die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts eigenständig zu entscheiden, ob das Klagebegehren berechtigt ist.
Die Ausführungen der Beschwerde zum Begriff „arglistige Täuschung” in § 15 Abs. 1 Nr. 1 SächsBG werfen ebenso wenig Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Das Berufungsgericht ist der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt. Danach liegt eine arglistige Täuschung vor, wenn der zu Ernennende durch unrichtige Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei der Ernennungsbehörde einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, sie durch Täuschung zu einer für den zu Ernennenden günstigen Entschließung zu bestimmen (vgl. z.B. Urteile vom 18. September 1985 a.a.O. und vom 24. Oktober 1996 – BVerwG 2 C 23.96 – BVerwGE 102, 178 ≪180 f.≫). Ob eine Rücknahme auf Grund der zwingenden Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 SächsBG erfolgen musste, ist grundsätzlich – anders als die Entlassung des Beamten wegen einer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit nach den Bestimmungen des Einigungsvertrags – nicht von einer weiteren „Gewichtung” oder „Interessenabwägung” abhängig.
Die weiteren Rügen der Beschwerde rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Da das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für die Rücknahme der Ernennung gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 SächsBG vorliegen, war es nicht gehalten, die behördliche Maßnahme zusätzlich nach den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. zu prüfen. Die gesetzlichen Rücknahmegründe bestehen unabhängig voneinander (stRspr; vgl. z.B. Beschluss vom 14. November 1996 – BVerwG 2 B 16.96 – Buchholz 237.93 § 15 SächsLBG Nr. 1 S. 2). Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, die den Zusammenhang der gesetzlichen Bestimmungen berühren, wirft die Beschwerde nicht auf.
Die Rüge einer Abweichung des angegriffenen Urteils von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 1999 – BVerwG 2 C 26.98 – (BVerwGE 109, 59 ff.) geht schon deshalb ins Leere, weil § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. nicht Grundlage der rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe b GKG.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Groepper, Dr. Bayer
Fundstellen