Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 25.03.2009; Aktenzeichen 3d A 1009/08.BDG) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. März 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Rz. 1
Die 1954 geborene Beklagte steht seit August 1970 als Angestellte und seit 1975 als Beamtin im Dienst der Klägerin. Sie ist als Fernmeldebetriebsinspektorin im Bereich der Deutschen Telekom AG eingesetzt und unter Berufung auf privatärztliche Bescheinigungen dem Dienst seit dem 25. September 2003 ferngeblieben. Den auf die Ergebnisse amtsärztlicher Untersuchungen gestützten Weisungen der Klägerin vom 26. Oktober 2005 und 2. Dezember 2005, sich zur Vorbereitung eines Wiedereingliederungsversuchs in den Arbeitsprozess einer stationären Behandlung zu unterziehen, ist sie nicht nachgekommen. Seit März 2008 ist die Beklagte vorläufig ihres Dienstes enthoben, seitdem wird ein Teil ihrer Dienstbezüge einbehalten.
Rz. 2
Der von der Klägerin im Juni 2007 erhobenen Klage auf Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Es sei erwiesen, dass die von der Klägerin geforderte Sanatoriumsbehandlung der Beklagten erforderlich sei. Die entsprechenden Stellungnahmen sowohl des ärztlichen Dienstes der Klägerin als auch des Amtsarztes stünden auch nicht mit den Aussagen des die Beklagte behandelnden Arztes in Widerspruch. Die Weigerung der Beklagten, sich einer solchen Behandlung zu unterziehen, begründe einen Verstoß gegen die Verpflichtung des Beamten, seine Gesundheit wiederherzustellen; zudem habe die Beklagte eine rechtmäßige Weisung missachtet. Die Beklagte habe dabei mindestens bedingt vorsätzlich und schuldhaft gehandelt. Dies rechtfertige die Entlassung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
Rz. 3
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete, auf den Zulassungsgrund der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz gestützte Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg.
Rz. 4
Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung nach § 69 BDG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor. Die Beschwerde lässt nicht erkennen, wodurch das angefochtene Urteil von tragenden Rechtssätzen der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Oktober 2006 – BVerwG 1 D 10.05 – (Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30), vom 8. März 2001 – BVerwG 1 DB 8.01 – (Buchholz 235 § 121 BDO Nr. 15) und vom 11. März 1997 – BVerwG 1 D 68.95 – (juris) abweicht. Eine Abweichung ist nur gegeben, wenn das Berufungsgericht in einer die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift einen Rechtssatz aufgestellt hat, der einem abstrakten, die genannten Divergenzentscheidungen tragenden Rechtssatz widerspricht. Von der Beschwerde wird ein solcher Rechtssatzwiderspruch nicht vorgetragen. Sie wendet sich vielmehr dagegen, dass das Berufungsgericht der amtsärztlichen sowie der Stellungnahme des arbeitsmedizinischen Dienstes, die eine stationäre Behandlung für erforderlich erachtet haben, mehr Gewicht beigemessen hat als der privatärztlichen Stellungnahme, welche hinsichtlich der Therapie nach Auffassung des Berufungsgerichts mit den sonstigen ärztlichen Stellungnahmen jedenfalls nicht in Widerspruch stand. Das Berufungsgericht hat die privatärztliche Stellungnahme ausweislich der Urteilsgründe ausführlich gewürdigt. Wenn diese Würdigung nicht in dem von der Beklagten erwarteten Sinne ausfiel, belegt dies allein noch keine Abweichung des Berufungsgerichts von den Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht zur Gewichtung von amtsärztlichen Stellungnahmen und zur Würdigung privatärztlicher Atteste aufgestellt hat, selbst unter der Voraussetzung nicht, dass die Würdigung des Berufungsgerichts fehlerhaft gewesen sein sollte.
Rz. 5
Sollte die Beschwerde in diesem Zusammenhang sinngemäß außerdem einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen, würde ihr Vorbringen auch insoweit nicht zur Zulassung der Revision führen. Die tatrichterliche Beweiswürdigung ist in aller Regel dem materiellen Recht zugeordnet. Einen Verfahrensfehler, der die Revisionszulassung eröffnet, kann nur eine solche Sachverhaltswürdigung ergeben, die auf einer unzutreffenden oder unzureichenden Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen oder auf einem Verstoß gegen die Denkgesetze beruht. Keine dieser Voraussetzungen ist von der Beschwerde dargelegt worden. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nur vor, wenn eine Schlussfolgerung aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann. Es reicht nicht aus, dass das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen. Dies gilt selbst dann, wenn die von diesem favorisierte Schlussfolgerung näher liegen sollte als diejenige des Gerichts (Beschluss vom 26. Februar 2008 – BVerwG 2 B 122.07 – ZBR 2008, 257 ≪260≫ insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 2). Einen derartigen Verstoß hat die Beklagte nicht dargelegt. Vielmehr setzt sie der Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts ihre eigene Beweiswürdigung entgegen, indem sie aus den Aussagen des sie behandelnden Arztes ihr günstigere Schlussfolgerungen zieht.
Rz. 6
Die Zulassung der Revision wegen Grundsätzlichkeit (§ 69 BDG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist auch nicht im Hinblick auf die von der Beklagten aufgeworfenen Fragen, ob
- der Dienstherr selbst bei Bestehen einer ambulanten Behandlungsmöglichkeit ohne Angabe von besonderen Gründen die Durchführung einer stationären Heilbehandlung anordnen und ihre Verweigerung disziplinarrechtlich ahnden darf, wenn die Meinungen des privaten Facharztes und des nicht fachspezifisch gebildeten Amtsarztes über die Gleichwertigkeit der Behandlungen auseinander gehen und der Dienstherr kein fachmedizinisches Gutachten eingeholt hat,
- ein gesundheitlich eingeschränkter Beamter von sich aus seinem Dienstherrn Vorschläge zu unterbreiten hat, wie die Dienstzeit leidenskonform abgeleistet werden kann,
gerechtfertigt. Beide Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren schon nicht stellen. Die erste Frage deshalb nicht, weil das Berufungsgericht in einer für das Revisionsgericht bindenden Weise (§ 137 Abs. 2 VwGO) gerade festgestellt hat, dass eine stationäre Behandlung erforderlich war, mithin gerade (besondere) Gründe für deren Anordnung vorlagen. Die zweite Frage würde sich deshalb nicht stellen, weil sie nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt, der einem Revisionsverfahren zugrunde zu legen wäre, nicht entscheidungserheblich sein würde. Die Klägerin hat die Beklagte nicht angewiesen, die in der aufgeworfenen Frage unterstellten Vorschläge zu unterbreiten. Die Beklagte ist vielmehr nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts den Weisungen der Klägerin, sich der amtsärztlich als erforderlich erachteten stationären Behandlung zu unterziehen, schuldhaft nicht nachgekommen und stattdessen – trotz Belehrung durch die Klägerin über die möglichen disziplinarischen Folgen – dem Dienst jahrelang ferngeblieben. Die Fragen, ob die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme und die prognostische Würdigung der Persönlichkeit durch das Berufungsgericht den gesetzlichen Anforderungen genügen, hat die Beschwerde nicht aufgeworfen.
Rz. 7
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 77 BDG.
Unterschriften
Herbert, Dr. Burmeister, Dr. Maidowski
Fundstellen