Die auf die Verfahrens- (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) (a) und Abweichungsrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) (b) gestützte Beschwerde hat Erfolg.
a) Das angefochtene Urteil leidet an einem Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Beschwerde rügt zu Recht eine Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nämlich nicht ohne vorherige Vernehmung des Klägers als Partei zu seinen Gewissensgründen abweisen dürfen.
Der Kläger hat während des Verwaltungsverfahrens um seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer keine ausreichende schriftliche Begründung für seine Gewissensentscheidung vorgelegt, sondern dies erst während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens getan. Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung mit dem Kläger die Sach- und Rechtslage erörtert sowie ihn zu einer Reihe von Einzelfragen betreffend seine Einstellung zu Notwehr und Nothilfe angehört. Am Ende hat es die Klage ohne “Vollprüfung”, d.h. Parteivernehmung des Klägers, abgewiesen. Damit hat es gegen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts über die Grundsätze verstoßen, unter denen allein die Klage eines Kriegsdienstverweigerers auf Anerkennung ohne “Vollprüfung” abgewiesen werden kann.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf die Klage eines Wehrpflichtigen, mit der er seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer erstrebt, nachdem sein Antrag im Verwaltungsverfahren wegen unvollständiger Unterlagen ohne Sachprüfung erfolglos geblieben ist, in der Regel nicht abgewiesen werden, wenn er nicht zuvor zu den Gründen der geltend gemachten Gewissensentscheidung förmlich als Partei vernommen worden ist (vgl. etwa Urteil vom 19. August 1992 – BVerwG 6 C 25.90 – Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 5 = NVwZ-RR 1993, 88; Beschluss vom 7. September 1995 – BVerwG 6 B 32.95 – Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 7). Eine Ablehnung der Anerkennung ohne förmliche Vernehmung des Klägers als Partei ist in diesen Fällen nur ausnahmsweise dann möglich, wenn schon das eigene Vorbringen des Klägers ergibt, dass er sich aus anderen als Gewissensgründen um die Anerkennung bemüht oder sich nicht i.S. des § 1 KDVG der Beteiligung an jeder Waffenanwendung zwischen den Staaten widersetzt oder wenn sonst die gesamten Umstände des Falles den Schluss rechtfertigen, dass der Kläger keine ernsthafte Gewissensentscheidung getroffen hat; Letzteres kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Kläger nicht nur das Verwaltungsverfahren, sondern darüber hinaus auch das Klageverfahren nicht ernstlich, sondern uninteressiert und ohne den gebotenen Nachdruck betrieben hat und insbesondere unentschuldigt dem Verhandlungstermin fernbleibt (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1986 – BVerwG 6 CB 91.84 – Buchholz 310 § 102 VwGO Nr. 11; Beschluss vom 29. April 1991 – BVerwG 6 B 40.90 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 231 = NVwZ-RR 1991, 568; Beschluss vom 2. Oktober 2000 – BVerwG 6 B 46.00 – Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 9 = NVwZ-RR 2001, 167). Den zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ist zu entnehmen, dass eine auf das Verwaltungsverfahren beschränkte Nachlässigkeit des Wehrpflichtigen seine spätere Anerkennung im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht hindert. Hat der Wehrpflichtige die Unterlagen gemäß § 2 Abs. 2 KDVG im gerichtlichen Verfahren vollständig nachgereicht, so ist ihm in aller Regel Gelegenheit zu geben, die Gründe für seine Kriegsdienstverweigerung im Rahmen einer förmlichen Parteivernehmung darzulegen, sofern seine Anerkennung nicht bereits aufgrund des schriftlichen Vortrags oder nach Ausräumung konkreter Zweifel in der ersten Stufe des “eingehenderen Prüfungsverfahrens” zulässig ist. Der Ablehnung des Anerkennungsgesuchs geht in diesen Fällen stets die gerichtliche “Vollprüfung” voraus. Besonderheiten, die im vorliegenden Fall eine abweichende Verfahrensweise gerechtfertigt hätten, sind nicht gegeben. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht nicht auf der Erwägung solcher Besonderheiten, sondern vermisst eine ernsthafte Gewissensentscheidung des Klägers gegen den Kriegsdienst mit der Waffe aufgrund seiner schriftlichen Äußerung sowie seiner mündlichen Anhörung im Gerichtsverfahren. Daraus wird deutlich, dass das Verwaltungsgericht das Anerkennungsbegehren des Klägers nicht bereits als “unschlüssig” eingestuft hat. Daher war angesichts der besonderen Bedeutung des Vorbringens des Wehrpflichtigen in Kriegsdienstverweigerungssachen eine Aufklärung des Sachverhalts im Wege der Parteivernehmung des Klägers unvermeidlich (vgl. Beschluss vom 29. April 1991 a.a.O. S. 60).
Indem das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts über die notwendig durchzuführende Vollprüfung die Klage abgewiesen hat, hat es seine gesetzliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt (vgl. Urteil vom 29. April 1991 – BVerwG 6 B 40.90 – a.a.O.). Die im Kriegsdienstverweigerungsrecht gründende “Vollprüfung” als Voraussetzung der Ablehnung einer Klage auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer markiert nämlich zugleich die vom Verwaltungsgericht zu beachtende Pflicht zur Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 VwGO. Das Urteil beruht auch auf diesem Verfahrensverstoß, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Falle einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Verweigerungsgründen des Klägers, unter Einschluss der Darstellung bei seiner Vernehmung als Partei, das Verwaltungsgericht anders entschieden haben würde.
b) Ist somit bereits die Verfahrensrüge begründet, so kann auf sich beruhen, ob auch die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) durchgreift. In diesem Falle bezöge sich die festzustellende Abweichung von der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nur auf das bei der gerichtlichen Prüfung von Anerkennungsbegehren einzuhaltende Verfahrensrecht, so dass sich eine zusätzliche Aussage, welche über die mit dem Erfolg der Verfahrensrüge verbundene hinausgeht, damit nicht gewinnen ließe (vgl. Beschluss vom 7. September 1995 – BVerwG 6 B 32.95 – Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 7).