Verfahrensgang

Hessischer VGH (Aktenzeichen 8 UE 2548/93)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 10.12.2004; Aktenzeichen 2 BvR 890/00, 2 BvR 235/01)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. November 1998 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 528 298,46 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO liegen sämtlich nicht vor.

1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Sache nur, wenn sie eine über den Einzelfall hinausgehende klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufwirft, deren Klärung in einem Revisionsverfahren zur Wahrung der Rechtseinheit oder zur Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist. Daran fehlt es, wenn sich die aufgeworfenen Rechtsfragen aus dem Übergangsstadium der Wiedervereinigung ergeben und wenn sie nur noch einen überschaubaren Personenkreis betreffen und sich in absehbarer Zeit nicht mehr stellen (vgl. Beschlüsse vom 5. Dezember 1995 – BVerwG 11 B 87.95 – Buchholz 442.041 § 7 Nr. 2 und vom 5. Juni 1998 – BVerwG 11 B 45.97 – Buchholz 310 VwGO § 132 Abs. 2 Ziff. 1 Nr. 18). So liegt die Sache hier.

Alle von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Fragen betreffen die Abwicklung des Transferrubelverkehrs mit den RGW-Staaten. Die Grundlagen für diese Art der Wirtschaftsbeziehungen sind, wie im angefochtenen Urteil dargelegt und von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wird, jedenfalls am 31. März 1991 entfallen. Probleme im Zusammenhang mit der Transferrubel-Konvertierung können sich daher in Zukunft nicht mehr ergeben.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die grundsätzliche Bedeutung auch nicht daraus hergeleitet werden, daß die aufgeworfenen Fragen für eine Vielzahl weiterer anhängiger Verfahren von Bedeutung seien. In ihrer Beschwerdeerwiderung hat die Beklagte am 14. Juni 1999 dargelegt, daß seinerzeit noch insgesamt 16 Verfahren im Zusammenhang mit der Transferrubel-Konvertierung offenstanden, an denen fünf Firmen beteiligt waren. Diese Zahl hat sich zum einen dadurch weiter reduziert, daß der Senat durch Beschlüsse vom 8. September 1999 – BVerwG 3 B 73.99 – und vom 10. September 1999 – BVerwG 3 B 72.99 – jeweils Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in derartigen Verfahren zurückgewiesen hat. Darüber hinaus ist entscheidend, daß die in den verschiedenen Verfahren relevanten Rechtsfragen ganz unterschiedlich sind. So hat das Berufungsgericht in dem hier angefochtenen Urteil entscheidend darauf abgestellt, daß der Lieferung von Lederschuhen durch die Klägerin keine entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen zwischen der DDR und den Empfängerländern zugrunde gelegen hätten. Die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage, ob die Transferrubel-Konvertierung von einer solchen Voraussetzung ab-hängig gemacht werden dürfe, kann sich nach der von der Beklagten vorgelegten und von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Aufstellung über den Gegenstand der noch anhängigen Verfahren allenfalls noch in einem weiteren von der Klägerin selbst anhängig gemachten Rechtsstreit stellen. Die Aufgabe des Revisionsverfahrens, die Rechtseinheit zu wahren und das Recht fortzuentwickeln, kann mit der Beantwortung derartiger Fragen nicht erfüllt werden.

2. Das angefochtene Urteil weicht auch nicht von dem in der Beschwerde bezeichneten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. September 1973 – BVerwG II C 13.73 – BVerwGE 44, 72, 75 ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG im Ermessensbereich die Behörden verpflichtet, alle in einer Verwaltungsvorschrift angesprochenen Fälle nach dieser Vorschrift zu behandeln, und daß sie nur davon abweichen können, wenn eine wesentliche Besonderheit des Einzelfalls die Abweichung rechtfertigt. Das angefochtene Urteil enthält keine Aussage, die dem widerspricht. Das Berufungsgericht hat nicht die ermessensleitende Bedeutung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 1990 in der geänderten Fassung vom 5. Dezember 1990 in Abrede gestellt, sondern deren Voraussetzungen verneint (UA S. 20/21). Die Ansicht der Klägerin, dies sei zu Unrecht geschehen, begründet nicht den Vorwurf der Divergenz.

3. Fehl geht schließlich auch die Rüge, das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Der als Gehörsrüge deklarierte aber wohl als Aufklärungsrüge gemeinte Vorwurf, das Berufungsgericht habe der Klägerin nicht die Darlegungslast für das Vorhandensein zwischenstaatlicher Vereinbarungen über den Export von Lederschuhen auferlegen dürfen, verkennt den Inhalt des angefochtenen Urteils. Das Berufungsgericht nimmt in diesem Punkt (UA S. 24) in erster Linie Bezug auf das erstinstanzliche Urteil, in dem ausdrücklich festgestellt worden war, daß ausweislich der vorliegenden Verträge traditionelle Lieferbeziehungen hinsichtlich des Produkts Lederschuhe zu Polen nicht bestanden (Urteil des VG S. 37). Mit der Aussage, die Klägerin habe diese zutreffenden Feststellungen nicht entkräften können, hat sich das Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung insoweit zu eigen gemacht, ohne auf die etwaige Darlegungslast abzustellen.

b) Fehl geht auch die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Klägerin, das Berufungsgericht hätte die angebotenen Zeugen zur Frage früherer Lederschuhlieferungen vernehmen müssen. Nach der insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts kam es darauf an, ob zwischen der DDR und Polen Verträge über Lederschuhexporte im Rahmen des Transferrubelverkehrs bestanden. Da die tatsächliche Lieferung von Lederschuhen nach den Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht den Schluß auf das Vorliegen derartiger Vereinbarungen zuließ, bestand keine Notwendigkeit, die angebotenen Zeugen zu vernehmen.

c) Zu Unrecht sieht die Klägerin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darin, daß das Berufungsgericht nicht auf alle Einzelheiten ihres Vortrages ausdrücklich eingegangen sei. Das angefochtene Urteil erwähnt die von der Klägerin neben den hier einschlägigen Vorschriften angezogenen Anspruchsgrundlagen, wie Enteignung und öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, ausdrücklich im Tatbestand und verneint deren Vorliegen pauschal auf S. 24 der Entscheidungsgründe. Eine differenziertere Behandlung erübrigte sich in diesem Zusammenhang schon deshalb, weil dem zentralen Argument der Klägerin, die Beklagte habe das Transferrubelguthaben der Klägerin für sich vereinnahmt, bereits auf S. 23 des Urteils widersprochen worden war. Dort ist ausgeführt, in den Vereinbarungen mit Polen seien Guthaben aus der unberechtigten Inanspruchnahme des Transferrubel-Verrechnungsverkehrs – wozu das Berufungsgericht auch Lieferungen ohne zwischenstaatliche Vertragsgrundlage rechnete – ausgesondert worden. Eine ausdrückliche Erörterung zur Bedeutung der Valutaplanträgernummer erübrigte sich, weil es darauf angesichts des Fehlens des vom Berufungsgericht für unverzichtbar gehaltenen zwischenstaatlichen Vertrages offenkundig nicht ankam.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Kimmel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI566092

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