Verfahrensgang
OVG des Saarlandes (Urteil vom 14.09.2017; Aktenzeichen 2 A 216/16) |
VG des Saarlandes (Urteil vom 18.05.2016; Aktenzeichen 1 K 1074/15) |
Gründe
Rz. 1
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt.
Rz. 2
Der Kläger ist Jäger. Er will festgestellt wissen, dass er nicht verpflichtet ist, der Landesdatenschutzbeauftragten den Betrieb von Kameras zu melden, die er zur Videoüberwachung von Kirrungen aufgestellt hat. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Das Oberverwaltungsgericht hat die datenschutzrechtliche Meldepflicht im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen bejaht: Durch die Videoüberwachung würden personenbezogene Daten erhoben und gespeichert. Die Kameras dienten zwar der Tierbeobachtung und damit der Ausübung der Jagd. Sie seien aber auch geeignet, unbemerkt Personen zu erfassen, die sich im Bereich einer Kirrung bewegten oder aufhielten. Es komme nicht darauf an, ob Kirrungen als jagdliche Einrichtungen grundsätzlich einem bußgeldbewehrten Betretungsverbot unterlägen. Für die datenschutzrechtliche Beurteilung sei maßgebend, dass diese Orte tatsächlich für jedermann frei zugänglich seien. Bei der Videoüberwachung zum Zwecke der Tierbeobachtung handele es sich auch nicht um eine ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit, die von der Anwendung des Datenschutzrechts ausgenommen sei (sog. Haushaltsausnahme).
Rz. 3
Der Kläger hält die Geltung der datenschutzrechtlichen Meldepflicht für Tierbeobachtungskameras im Bereich von Kirrungen für generell klärungsbedürftig. Er wirft sinngemäß die Rechtsfragen auf, ob Orte mit einem allgemeinen Betretensverbot und die Jagd als Freizeitbeschäftigung den Beschränkungen des Datenschutzrechts unterliegen.
Rz. 4
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhängt, wie eine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, d.h. über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung beantwortet wird (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫ und vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:270115B6B43.14.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8). Die Grundsatzrevision ist dazu bestimmt, die Rechtseinheit zu erhalten und das Recht weiterzuentwickeln. Sie soll eine für die Zukunft richtungsweisende Klärung der Rechtslage herbeiführen. Aufgrund dessen haben Rechtsfragen regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Auslegung von ausgelaufenen oder in absehbarer Zeit auslaufenden Rechtsvorschriften betreffen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Rechtsvorschrift, etwa aufgrund einer Übergangsregelung, für einen nicht überschaubaren Personenkreis weiterhin Bedeutung hat oder die Nachfolgeregelung dieselben Rechtsfragen aufwirft. Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist es Sache des Beschwerdeführers, einen derartigen Ausnahmefall darzulegen (stRspr; vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 1975 - 4 B 60.74 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 129; vom 21. Dezember 1977 - 7 B 109.77 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 160; vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 11 f. und vom 23. April 1996 - 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 S. 14).
Rz. 5
Das Oberverwaltungsgericht hat die Meldepflicht für die Videoüberwachung von Kirrungen mit Kameras auf § 4d BDSG gestützt. Nach Absatz 1 und 2 dieser Vorschrift sind Verfahren automatisierter Verarbeitungen personenbezogener Daten vor ihrer Inbetriebnahme von nichtöffentlichen verantwortlichen Stellen der zuständigen Aufsichtsbehörde zu melden, wenn die Stelle keinen Datenschutzbeauftragten bestellt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass § 4d BDSG am 25. Mai 2018 außer Kraft tritt (UA S. 21). Eine Nachfolgeregelung gibt es nicht. Weder die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung; ABl. L 119 S. 1) noch das Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097), die jeweils am 25. Mai 2018 in Kraft treten, enthalten eine derartige Meldepflicht. Dieser Verzicht wird in Erwägungsgrund 89 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) damit begründet, dass die Meldepflicht für Verarbeitungen personenbezogener Daten nach der - durch § 4d BDSG umgesetzten - Richtlinie 95/46/EG mit einem bürokratischen und finanziellen Aufwand verbunden ist, aber nicht in allen Fällen zu einem besseren Schutz personenbezogener Daten geführt hat. Die unterschiedslose allgemeine Meldepflicht soll daher abgeschafft und durch wirksame Verfahren und Mechanismen ersetzt werden, die sich stattdessen vorrangig mit denjenigen Arten von Verarbeitungsvorgängen befassen, die aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs, ihrer Umstände und Zwecke wahrscheinlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen mit sich bringen. Ab dem 25. Mai 2018 sind die datenschutzrechtlich Verantwortlichen nach Art. 30 DSGVO verpflichtet, ihre Verarbeitungsvorgänge in einem Verzeichnis zu dokumentieren; nach Absatz 4 der Vorschrift ist das Verzeichnis der Aufsichtsbehörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen (vgl. auch Raum, in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, Kommentar, 5. Aufl. 2017, § 4d BDSG, Rn. 58 f.).
Rz. 6
Obwohl das Oberverwaltungsgericht deutlich gemacht hat, dass es sich bei der Meldepflicht nach § 4d BDSG um auslaufendes Recht handelt, ist der Kläger darauf in der Beschwerdebegründung nicht eingegangen. Davon abgesehen liegt kein Ausnahmefall vor, der die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigen könnte. Die Rechtsvorschrift des § 4d BDSG hat nach ihrem Außerkrafttreten am 25. Mai 2018 keine Bedeutung mehr. Ab diesem Zeitpunkt müssen Jäger die von ihnen angebrachten Tierbeobachtungskameras zur Videoüberwachung von Kirrungen nicht mehr melden. Wegen des ersatzlosen Wegfalls der gesetzlichen Grundlage der Meldepflicht könnten sich die Rechtsfragen, die für die Berufungsentscheidung über das Bestehen der Meldepflicht entscheidungserheblich gewesen sind, in einem Revisionsverfahren nicht mehr stellen. Eine revisionsgerichtliche Prüfung, ob der Kläger in Bezug auf die Tierbeobachtungskameras im Bereich von Kirrungen der ab dem 25. Mai 2018 geltenden Dokumentationspflicht nach Art. 30 DSGVO unterliegt, ist ausgeschlossen. Sie würde eine Klageänderung, d.h. eine Änderung des Streitgegenstandes der Feststellungsklage notwendig machen, die im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässig ist.
Rz. 7
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11760036 |