Verfahrensgang

VG Schwerin (Aktenzeichen 2 A 3612/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 27. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen führt nicht auf einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO.

1. Soweit die Beschwerde rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend macht, kann offen bleiben, ob insoweit den Darlegungsvoraussetzungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt ist. Denn entgegen der Annahme der Beschwerde kommt der vorliegenden Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

Grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne hat eine Rechtssache nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss insbesondere einer revisionsgerichtlichen Klärung bedürftig sein. Jedenfalls daran fehlt es hier.

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Voraussetzungen für eine Zuordnung nach § 1 b VZOG seien vorliegend erfüllt; das in Rede stehende Grundstück sei Gegenstand einer in § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG bezeichneten Vereinbarung, nämlich des Abkommens zwischen der Regierung des Königreichs Schweden und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung vermögensrechtlicher Fragen vom 24. Oktober 1986, und es seien die in dieser Vereinbarung bestimmten Zahlungen geleistet worden. Auf die vom Kläger problematisierte Frage der Staatsbürgerschaft seiner verstorbenen Ehefrau und deren Eltern komme es nicht an. Demgegenüber macht die Beschwerde jedenfalls sinngemäß geltend, grundsätzliche Bedeutung vermittele der Rechtssache die Tatsache, dass der Vater der verstorbenen Ehefrau des Klägers neben der schwedischen Staatsangehörigkeit auch die deutsche und soweit eine doppelte Staatsbürgerschaft besessen habe. Das ist indes nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Belang; zur Klärung dieser Frage bedarf es deshalb nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens.

Wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist es Zweck der Vorschrift in § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG (vgl. auch § 11 c Satz 1 VermG) und damit auch in § 1 b Abs. 1 Satz 1 VZOG, einen nochmaligen Ausgleich von Vermögensschädigungen, die der Deutschen Demokratischen Republik zuzurechnen und bereits durch Gewährung einer Entschädigung ausgeglichen sind, zu vermeiden (vgl. grundlegend – für Schweden – Urteil vom 28. September 1995 – BVerwG 7 C 50.94 – BVerwGE 99, 276, 281). Damit setzt die Rechtmäßigkeit eines Vorgehens gemäß § 1 b Abs. 1 Satz 1 VZOG (ebenso wie bei § 11 c Sätzen 2 und 3 VermG) nur voraus, dass der betroffene Vermögenswert in ein zwischenstaatliches Entschädigungsabkommen im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG wirksam einbezogen worden ist; unter dieser Voraussetzung ist der Vermögenswert „Gegenstand” des Abkommens im Sinne des § 1 b Abs. 1 Satz 1 VZOG geworden, und der vermögensrechtliche Anspruch (hier: der Rechtsvorgängerin des Klägers) ist bereits seitens der Deutschen Demokratischen Republik „geregelt” worden im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG.

Sind mithin die individuell Geschädigten auf den Einwand beschränkt, dass der Vermögenswert tatsächlich nicht Gegenstand der jeweiligen zwischenstaatlichen Vereinbarung geworden sei, so sind dem Kläger mit dem Eingeständnis, dass im Jahre 1986 die vermögensrechtlichen Ansprüche (mit dem Willen des damaligen Rechtsinhabers) in das Abkommen einbezogen worden sind, sämtliche weiteren Einwände abgeschnitten. Insbesondere kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Vermögensgegenstand mit Blick auf die jeweilige Staatsangehörigkeit des Geschädigten rechtmäßigerweise in das Abkommen hat einbezogen werden dürfen oder nicht und ob womöglich ein Vertragspartner nach den Vorschriften des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (1969) deswegen oder aus anderen Gründen hätte anfechten können (vgl. zum gesamten Vorstehenden: Urteil vom 31. Juli 1997 – BVerwG 7 C 43.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 115).

Was den Einwand der Verfassungswidrigkeit anlangt, so hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen (vgl. nochmals Urteil vom 31. Juli 1997, a.a.O. S. 361 f.). Maßgeblich ist insoweit, dass die Deutsche Demokratische Republik bereits vor dem Abschluss der zwischenstaatlichen Abkommen die Verfügungsbefugnisse der ausländischen Vermögensinhaber faktisch derart ausgehöhlt hatte, dass vom Fortbestand eines materiellen Eigentumsrechts schon damals keine Rede mehr sein konnte. Wegen des in den Abkommen bestimmten Erlöschens auch der individuellen vermögensrechtlichen Ansprüche (hier Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des vorgenannten Abkommens) bestanden seit Vertragsschluss die einbezogenen Eigentumspositionen endgültig rechtlich nicht mehr, selbst wenn in den Grundbüchern noch die alten Buchpositionen verzeichnet waren.

2. Unbegründet ist auch die Verfahrensrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Zutreffend weist die Beschwerdeerwiderung darauf hin, dass es von dem vom Verwaltungsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkt ausgehend auf die Frage nicht ankam, ob der frühere Eigentümer im Jahre 1945 schwedischer oder deutscher Staatsangehöriger oder Doppelstaatler war. Insoweit könnte allenfalls ein Irrtum der Vertragsparteien Deutsche Demokratische Republik und Schweden über die erste der beiden in Art. 2 Abs. 1 des vorgenannten Abkommens enthaltenen Voraussetzungen („…, dass die vermögensrechtlichen Ansprüche ihnen am 8. Mai 1945 zustanden …”) vorliegen, der unbeachtlich wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Driehaus, Kimmel, Dr. Brunn

 

Fundstellen

Dokument-Index HI566112

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge