Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 09.12.2013; Aktenzeichen 1 KN 215/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2013 wird verworfen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf sämtliche Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Das Beschwerdevorbringen ist durchgängig unsubstantiiert (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
1. Verfahrensmängel, auf denen die angegriffene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), sind nicht in einer den Darlegungsanforderungen entsprechenden Weise dargetan.
a) Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht die Firma „W. GmbH & Co. KG, Zweigniederlassung H.”, beigeladen, weil die Antragsgegnerin den städtebaulichen Vertrag mit der „W. GmbH & Co., Zweigniederlassung H.” geschlossen habe. Die Rüge geht schon deshalb ins Leere, weil diese Behauptung nicht zutrifft. Die Darstellung der Antragstellerin, Vertragspartnerin sei eine „W. GmbH & Co., Zweigniederlassung H.”, ist falsch. Der entsprechenden Bezeichnung im Rubrum der Vertragsurkunde liegt erkennbar ein Schreibfehler zugrunde. Die Gesellschaftsform einer GmbH & Co. gibt es nicht; der Firmenstempel im Unterschriftenfeld der Vertragsurkunde lautet auf die Firma der Beigeladenen.
b) Unsubstantiiert ist auch der Vorwurf eines offensichtlichen Widerspruchs zwischen tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Oberverwaltungsgerichts und der Aktenlage.
Die Verfahrensrüge der Aktenwidrigkeit verlangt die konkrete Angabe von Textstellen aus dem vorinstanzlichen Verfahren, aus denen sich der Widerspruch ergeben soll. Mit dem Vortrag, das Oberverwaltungsgericht sei ungeprüft davon ausgegangen, dass ein wirksamer städtebaulicher Vertrag vorliege, obwohl ihm die Vertragsurkunde vorgelegen habe, verfehlt die Beschwerde diese Substantiierungsanforderungen. In der Sache übt sie lediglich Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung, die als solche nicht der Verfahrensrüge zugänglich ist (Beschluss vom 2. November 1999 – BVerwG 4 BN 41.99 – UPR 2000, 226). Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht bleibt ohne jegliche weitere Begründung.
2. Unsubstantiiert ist auch der Vortrag zum Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26; stRspr). Daran fehlt es hier.
Soweit die Beschwerde vorträgt, das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Beschluss vom 6. Oktober 2011 – BVerwG 4 BN 19.11 – (BauR 2012, 222 = ZfBR 2012, 38) den Grundsatz aufgestellt, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nur dann zulässig sei, wenn der Durchführungsvertrag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses schriftlich vorliegt, und dass das förmliche Zustandekommen des Durchführungsvertrages nur noch von der Zustimmungsentscheidung der Gemeindevertretung abhängen dürfe, bezeichnet sie keinen die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem das Oberverwaltungsgericht von diesen höchstrichterlichen Rechtssätzen abgewichen wäre. Sie macht vielmehr geltend, dass die Vorinstanz die Voraussetzungen dieses Rechtssatzes verkannt habe, weil auch beim erneuten Satzungsbeschluss ein wirksamer Durchführungsvertrag nicht vorgelegen habe. Der Sache nach macht sie damit eine unzutreffende Rechtsanwendung geltend. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz ist hiermit nicht dargetan (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.).
Gleiches gilt, soweit die Beschwerde vorträgt, das Oberverwaltungsgericht habe zwar zu Recht erkannt, dass ein Satzungsbeschluss dann rechtswidrig sei, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden habe, es habe jedoch diesen Rechtssatz auf den vorliegenden Fall nicht übertragen und (für den im Jahre 2013 erneut gefassten Satzungsbeschluss) die Abwägungsentscheidung im Zeitpunkt des ersten Satzungsbeschlusses im Jahre 2011 ausreichen lassen. Auch insoweit macht die Beschwerde lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung geltend, die nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht zur Zulassung der Revision führt. Die in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, ob eine Kommunalwahl zwischen dem ersten und zweiten Satzungsbeschluss, die zur Folge habe, dass beim zweiten Satzungsbeschluss neue Ratsmitglieder mitgewirkt hätten, nicht eine erneute Abwägung der dann entscheidenden Ratsmitglieder erfordere, wäre in einem durchzuführenden Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Denn die Beschwerde geht insoweit von einem Sachverhalt aus, den das Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil nicht festgestellt hat (vgl. z.B. Beschluss vom 28. Dezember 1998 – BVerwG 9 B 197.98 – juris); Verfahrensrügen sind insoweit nicht erhoben.
3. Die von der Beschwerde erhobene Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) verfehlt ebenfalls die Substantiierungsanforderungen.
Rechtsgrundsätzliche Bedeutung nimmt die Beschwerde an, weil das Oberverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes abgewichen sei, das in seinem Urteil vom 31. Oktober 2000 – 2 N 4/99 – (BRS 63 Nr. 78) den Rechtssatz aufgestellt habe, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit einer Anlage grundsätzlich gegen einen nicht wesentlich störenden Charakter eines Vorhabens spreche. Die behauptete Abweichung liegt nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 12 f.) hat die zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes ausdrücklich als zutreffend bezeichnet. Es ist jedoch – wie die Beschwerde selbst einräumt – von einer atypischen Eigenart des grundsätzlich im Mischgebiet unzulässigen Betriebes der Beigeladenen ausgegangen. Aufgrund dieser Atypik hat es den auch nach dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes nur im Grundsatz anzunehmenden indiziellen Charakter der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit für einen störenden Betrieb im vorliegenden Fall ausnahmsweise verneint. Weitere Gründe für die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit sowie für die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage, unter welchen Voraussetzungen ein nach § 16 BImSchG genehmigungspflichtiges Vorhaben in einem Mischgebiet planungsrechtlich zulässig ist und ob und gegebenenfalls welche „atypischen Eigenarten” eines immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtigen Vorhabens in einem Mischgebiet berücksichtigungsfähig sind, benennt die Beschwerde nicht. Darüber hinaus ist die Frage so unbestimmtoffen gestellt, dass sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich ist. Der Senat könnte sie daher nur in der Art eines Lehrbuchs beantworten. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Gatz, Petz, Dr. Decker
Fundstellen