Verfahrensgang
OVG Berlin (Urteil vom 30.10.1997; Aktenzeichen 5 B 15.96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 30. Oktober 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 600 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann dahingestellt bleiben, ob die als Zulassungsgrund allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ausreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) ist; jedenfalls rechtfertigen die geltend gemachten Gründe nicht die Zulassung der Revision.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, daß die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (BVerwGE 13, 90 ≪91≫). Um das Vorliegen dieser Voraussetzungen im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen, bedarf es der Formulierung einer konkreten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und der Angabe, worin ihre allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫).
Die Beschwerde greift die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an, wonach die Klägerin mit dem Betrieb der Tagesgroßpflegestelle ein eigenes erwerbswirtschaftliches Interesse verfolgt (S. 9 des Urteils), sondern wendet sich gegen die ermessensbindenden Verwaltungsvorschriften des Beklagten, welche bei Vorliegen erwerbswirtschaftlicher Interessen die Erhebung einer Ausgleichsabgabe nach § 12 Abs. 3 Satz 2 WoBindG vorsehen: eine Ausführungsvorschrift, die auch bei den geringsten privatwirtschaftlichen Interessen kein Ermessen im Einzelfall mehr zulasse und “zwangsläufig im hiesigen Zusammenhang stets dazu führen” müsse, daß eine Ausgleichsabgabe festgesetzt werden müsse, sei nicht nur unverhältnismäßig, sondern stehe “in klarem Widerspruch zu den Grundgedanken des Kinder- und Jugendhilferechts”; ermessensbindende Ausführungsvorschriften könnten nur dann rechtmäßig das Ermessen beschränken, wenn bei ihrem Erlaß “die gesamte Rechtsordnung ausreichend berücksichtigt und allen wesentlichen Rechtsgedanken Rechnung getragen wurde”; die Beschränkung des Ermessens nur unter Berücksichtigung wohnungsrechtlicher Vorschriften führe zu unbilligen Ergebnissen, wie der vorliegende Fall grundsätzlich deutlich mache.
Eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung ist damit nicht dargetan, denn es bedarf nicht eines Revisionsverfahrens um zu klären, daß Verwaltungsvorschriften das vorrangige Gesetzesrecht nicht zu verdrängen und die Behörde nicht von der Verpflichtung zu entbinden vermögen, gegebenenfalls auch abweichend von den Richtlinien zu entscheiden (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 4. Oktober 1988 – 1 A 93.88 – und 24. April 1989 – 1 A 36.89 – ≪Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 93 und 98≫), und daß die Beachtung von (fehlerhaften) Verwaltungsrichtlinien die Ermessensfehlerhaftigkeit darauf beruhenden Verwaltungshandelns nicht auszuschließen vermag. Der Hinweis auf die Notwendigkeit einer Berücksichtigung der “gesamten Rechtsordnung” und aller “wesentlichen Rechtsgedanken” und der behauptete Widerspruch der Verwaltungsvorschriften “zu den Grundgedanken des Kinder- und Jugendhilferechts” können daher die rechtsgrundsätzliche Bedeutung ebensowenig begründen wie die weiter aufgeworfene und ohne weiteres zu verneinende Frage, “ob durch Ausführungsvorschriften das Ermessen der Behörde soweit eingeschränkt werden kann, daß nach der Rechtsordnung zu beachtende Rechtsvorschriften aus anderen Rechtsgebieten bei der Entscheidung durch die entscheidende Behörde nicht mehr berücksichtigt werden müssen”.
Die von der Beschwerde gerügte Fehlerhaftigkeit der Verwaltungsvorschriften und Unbilligkeit des Ergebnisses der Ermessensausübung betreffen demnach keine Rechtsfragen von grundsätzlicher, über den konkreten Einzelfall hinausgehender Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Säcker, Schmidt, Dr. Franke
Fundstellen