Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Beschluss vom 05.12.2006; Aktenzeichen 4 LB 306/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Beschwerde ist weder hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31. Dezember 1998 noch hinsichtlich des Zeitraums ab 1. Januar 1999 begründet.
1. Die Revision kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden. Den von der Beschwerde angeführten Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.
1.1 Bereits durch das Urteil des Senats vom 4. August 2006 – BVerwG 5 C 13.05 – (BVerwGE 126, 295) ist geklärt, dass Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG F. 1994 rückwirkend abgeschlossen werden können und auch Schiedsstellenentscheidungen Festsetzungen rückwirkend bis zum Tag des Antragseingangs bei der Schiedsstelle treffen können. Als Grenze bestimmt § 93 Abs. 4 Satz 3 BSHG F. 1994 lediglich, dass ein jeweils vor den Zeitpunkt des Antragseingangs bei der Schiedsstelle rückwirkendes Vereinbaren oder Festsetzen von Entgelten nicht zulässig ist.
Die Frage,
“ob § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG in den Fassungen 1994 und 1999 die Festsetzung eines Pflegesatzes/einer Vergütung ohne Bestehen einer förmlichen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zulässt oder ob nur beim Bestehen förmlicher Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen für den entsprechenden Vereinbarungszeitraum die Festsetzung eines Pflegesatzes/einer Vergütung in Betracht kommt”,
bedarf im Streitfall um die Übernahme des höher vereinbarten Heimentgeltes keiner Klärung, weil es nach derzeitigem Sachstand noch tatsächlich und rechtlich möglich ist, dass bezogen auf die Vereinbarungszeiträume bis 1998 die Parteien Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F. 1994 über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte abschließen bzw. die Schiedsstelle rückwirkend Festsetzungen zu Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen trifft und bezogen auf die Vereinbarungszeiträume ab 1999 die Parteien Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F. 1999 abschließen. Durch das Urteil vom 4. August 2006 – a.a.O. – ist zudem der Sache nach geklärt, dass sich § 93b Abs. 2 Satz 3 BSHG allein auf die rückwirkende Vereinbarung einer Vergütung bezieht und auch § 93b Abs. 1 Satz 1 BSHG einer rückwirkenden Leistungsvereinbarung nicht entgegensteht (s.a. Senatsbeschluss vom 24. September 2007 – BVerwG 5 B 77.06 –).
Die Frage,
“ob die Festsetzung einer ‘isolierten Vergütung’ ohne gleichzeitiges Bestehen einer förmlichen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung ausreicht, um für die Vereinbarungszeiträume 1995 bis 1998 zur Anwendung der ersten Alternative von § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. BSHG F 1994 zu kommen und gleichzeitig die 2. Alternative, also den ‘anderen Fall’, auszuschließen”,
bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Denn zum einen ergibt sich unmittelbar aus § 93 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BSHG F. 1994, dass eine isolierte Entgeltfestsetzung ohne Vereinbarung über oder Festsetzung zu Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen nicht ausreicht, weil diese Norm eine Vereinbarung über bzw. eine vereinbarungsgestaltende Festsetzung zu “Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen sowie die dafür zu entrichtenden Entgelte” voraussetzt. Zum anderen ist aber durch das Urteil des Senats vom 4. August 2006 – a.a.O. – auch geklärt, dass bereits vor dem Abschluss einer Vereinbarung mit dem Antrag auf Abschluss einer Vereinbarung eine Sperrwirkung für eine Sozialhilfegewährung ohne Bezug zu einer Vereinbarung (sog. “anderer Fall” im Sinne von § 93 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BSHG F. 1994) eintritt, die andauert, solange der angestrebte Abschluss einer Vereinbarung bzw. eine vereinbarungsgestaltende Schiedsstellenentscheidung rechtlich und tatsächlich möglich ist.
Die Frage,
“ob die vom Senat im Urteil vom 04.08.2006 angenommene Sperrwirkung für die Durchsetzung von Ansprüchen des Hilfeempfängers auf Übernahme der Unterbringungskosten auch dann möglich ist, wenn feststeht, dass es für bestimmte Vereinbarungszeiträume jedenfalls keine förmliche Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geben wird”,
bedarf im Streitfall um die Übernahme des höher vereinbarten Heimentgeltes keiner Klärung, weil es nach derzeitigem Sachstand noch tatsächlich und rechtlich möglich ist, dass bezogen auf die Vereinbarungszeiträume bis 1998 die Parteien Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F. 1994 über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte abschließen bzw. die Schiedsstelle rückwirkend Festsetzungen zu Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen trifft und bezogen auf die Vereinbarungszeiträume ab 1999 die Parteien Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F. 1999 abschließen.
1.2 Die Fragen,
“ob nach dem 01.01.1999 nur vereinbarte oder festgesetzte Vergütungen nach Ablauf des jeweiligen Vereinbarungszeitraumes weitergelten, die aufgrund der ab 01.01.1999 in Kraft getretenen Gesetzesfassung festgesetzt oder vereinbart waren, oder ob § 93b Abs. 2 Satz 4 BSHG F. 1999 auch für Vergütungen anzuwenden ist, die nach der am 31.12.1998 außer Kraft getretenen Fassung 1994 vereinbart oder festgesetzt worden war”,
“ob ab 01.01.1999 die Fortgeltung von Vergütungsvereinbarungen/-festsetzungen nur auf der Grundlage von § 93b Abs. 2 Satz 4 BSHG F. 1999 in Betracht kommt oder auch noch auf der Grundlage von § 93 Abs. 4 Satz 4 BSHG F. 1994 möglich ist”,
“ob die Fortgeltungsregelung in § 93 Abs. 4 Satz 4 BSHG F. 1994 und § 93b Abs. 2 Satz 4 F. 1999 nur für Vergütungen anzuwenden ist oder ob sie auch für das gesamte ‘Vertragssystem’ des § 93 Abs. 2 BSHG F. 1994 und F. 1999 gilt”,
stellten sich in einem Revisionsverfahren nicht. Denn das Berufungsgericht hat die Sperrwirkung für eine Sozialhilfegewährung ohne Bezug zu einer Vereinbarung tragend nicht auf die Weiter- bzw. Fortgeltung von Entgeltvereinbarungen oder -festsetzungen aus früheren Vereinbarungszeiträumen, sondern darauf gestützt, dass der Abschluss von Vereinbarungen bzw. vereinbarungsgestaltenden Schiedsstellenfestsetzungen auch in rechtlicher Hinsicht noch möglich ist (BA S. 13 Abs. 2). Dazu hat es in tatsächlicher Hinsicht von der Beschwerde nicht angegriffen festgestellt, dass auch für die Zeit ab 1. Januar 1999 weder das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben bzw. das seit dem 1. Januar 2005 zuständige Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie noch die Klinikum Wahrendorff GmbH rechtswirksam erklärt haben, vom Abschluss dieser Vereinbarungen endgültig abzusehen, und sie dementsprechend auch die diesbezüglich beim Berufungsgericht anhängigen Verfahren weiterbetreiben. Die rechtliche Möglichkeit des Abschlusses der einer Vergütungsvereinbarung bzw. einer diese gestaltenden Schiedsstellenfestsetzung vorgelagerten Leistungs- und Prüfungsvereinbarung folgt – wie bereits oben ausgeführt – daraus, dass ein zurückwirkender Abschluss von Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen rechtlich und tatsächlich möglich und insbesondere nicht durch § 93b BSHG ausgeschlossen ist.
1.3 Die Frage,
“ob die vom Senat im Urteil vom 04.08.2006 angenommene Sperrwirkung von Vertragsverhandlungen für den streitigen Vereinbarungszeitraum auch dann anzunehmen ist, wenn für eine Zeit vor dem streitigen Zeitraum mit dem Zustandekommen der Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG zu rechnen ist”,
stellte sich vorliegend in einem Revisionsverfahren nicht. Denn wenn die Sperrwirkung schon dadurch eintritt, dass es – wie zu einer früheren Frage ausgeführt – noch tatsächlich und rechtlich möglich ist, dass bezogen auf die Vereinbarungszeiträume bis 1998 die Parteien Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F. 1994 über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte abschließen bzw. die Schiedsstelle rückwirkend Festsetzungen zu Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen trifft und bezogen auf die Vereinbarungszeiträume ab 1999 die Parteien Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F. 1999 abschließen bzw. die Schiedsstelle rückwirkend Festsetzungen zur Vergütung trifft, bedarf es keiner Klärung, ob auch, also zusätzlich Sperrwirkung eintritt, wenn eine Vereinbarung für eine Zeit vor dem streitigen Zeitraum möglich ist.
Die weitere Frage,
“ob die Sperrwirkung nach dem Senatsurteil vom 04.08.2006 auch dann eintritt, wenn für den streitigen Zeitraum oder einen Zeitraum davor nur mit der Vereinbarung/Festsetzung von Pflegesätzen/Vergütungen ohne Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu rechnen ist”,
ist nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig. Diese Frage fasst nur die früheren Fragen zum streitigen Vereinbarungszeitraum und einen Zeitraum davor zusammen und ist bereits mit den Ausführungen dazu beantwortet.
1.4 Auch soweit die Beschwerde Rechtsfragen zur Auslegung des Senatsurteils vom 4. August 2006 – a.a.O. – durch das Berufungsgericht als von grundsätzlicher Bedeutung anführt, kann die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden.
Die Frage,
“ob der nach dem BSHG zu deckende Bedarf des Hilfeempfängers im Falle seiner Unterbringung daraus entsteht, dass er mit dem Einrichtungsträger in Befolgung von § 4 Abs. 1 Heimgesetz (a.F.) einen Heimvertrag mit Regelung eines Heimentgeltes abschließt und damit Forderungen des Einrichtungsträgers auf Erfüllung einschließlich der Gefahr einer Kündigung des Heimvertrages ausgesetzt ist”,
lässt sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten. Der Bedarf des Hilfeempfängers entsteht mit der erforderlichen Unterbringung und dem dafür erforderlichen Heimentgelt; sozialhilferechtlich besteht aber ein Anspruch auf Übernahme von Aufwendungen in der streitgegenständlichen Zeit bis Ende 1998 nur nach Maßgabe der §§ 93 f. BSHG F. 1994 und in der streitgegenständlichen Zeit ab Anfang 1999 nur nach Maßgabe der §§ 93 ff. BSHG F. 1999 (siehe dazu § 5 Abs. 6 HeimG in der vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Durch das Urteil vom 4. August 2006 – a.a.O. – ist geklärt, dass auch bei bestehendem Heimvertrag der sozialhilferechtliche Bedarfsdeckungsgrundsatz keinen Leistungsanspruch unabhängig von den in §§ 93 ff. BSHG geregelten Voraussetzungen gewährt und der Hilfeempfänger auch dann, wenn er die erforderliche Versorgung tatsächlich erhalten hat, nicht in jedem Fall beanspruchen kann, das hierfür mit dem Einrichtungsträger vereinbarte Entgelt erstattet zu erhalten; insoweit ergibt sich aus der Begrenzung der Leistungen auf das nach §§ 93 ff. BSHG eröffnete Maß auch, dass gegebenenfalls lediglich ein Teil des vereinbarten Heimentgeltes zu übernehmen ist. Nach den von der Beschwerde nicht bestrittenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat zudem ebenso wie im vorliegenden Fall in keinem der zahlreichen dem Berufungsgericht bekannten Parallelfälle dem Heimbewohner die Kündigung im Hinblick darauf konkret gedroht, dass der Sozialhilfeträger das vom Einrichtungsträger verlangte Heimentgelt nur in Höhe von Abschlagszahlungen übernommen und die Übernahme des darüber hinausgehenden Heimentgeltes vom Ausgang der Verhandlungen zwischen Einrichtungsträger und (überörtlichem) Sozialhilfeträger abhängig gemacht hat (BA S. 15 Abs. 1).
Die Frage,
“wie lange dem Hilfeempfänger/Bewohner wegen Vertragsverhandlungen zwischen Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger zugemutet werden kann, auf die Durchsetzung der ihm durch § 39 BSHG gegebenen Ansprüche auf Übernahme der vollständigen Unterbringungskosten zu verzichten, wie hoch seine Rückstände auf das vereinbarte Heimentgelt gegenüber dem Einrichtungsträger auflaufen müssen, bevor die Sperrwirkung von Verhandlungen zwischen Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger beendet ist”,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn mit ihr könnte keine auch für die Zukunft richtungsweisende Klärung erreicht werden. Denn nach § 5 Abs. 6 HeimG in der ab 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung müssen in Heimverträgen mit Personen, denen Hilfe in Einrichtungen nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt wird, Art, Inhalt und Umfang der in Absatz 3 genannten Leistungen sowie die jeweiligen Entgelte den aufgrund des Abschnitts 7 des Bundessozialhilfegesetzes getroffenen Vereinbarungen entsprechen und haben Hilfeempfänger dann, wenn Art, Inhalt oder Umfang der Leistungen oder Entgelte nicht den aufgrund der §§ 93 ff. BSHG getroffenen Vereinbarungen entsprechen, einen Anspruch auf entsprechende Anpassung ihres Heimvertrages.
Die Frage,
“ob der vom Senat im Urteil vom 20.10.1994 (aaO, S. 682) aufgestellte Grundsatz nicht mehr gilt, dass der Bedarfsdeckungsgrundsatz nicht erfüllt werden kann, wenn der Sozialhilfeträger die Unterbringungskosten nur teilweise übernimmt, denn: ‘was der Hilfesuchende aus sozialhilferechtlicher Sicht benötigt, ist ihm zu gewähren; muss zur Behebung der Notlage die Hilfe eines bestimmten Dritten in Anspruch genommen werden, so sind die dadurch entstehenden Kosten im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen, wobei die tatsächlich entstehenden, notwendigen Kosten maßgeblich sind’”,
bedarf für den Streitfall keiner weiteren revisionsgerichtlichen Klärung. Vielmehr ist mit dem Senatsurteil vom 4. August 2006 – a.a.O. – geklärt, dass nach §§ 93 f. BSHG F. 1994 und §§ 93 ff. BSHG F. 1999 bereits vor dem Abschluss einer Vereinbarung mit dem Antrag auf Abschluss einer Vereinbarung eine Sperrwirkung für eine Sozialhilfegewährung ohne Bezug zu einer Vereinbarung eintritt (BVerwGE 126, 295 ≪299≫). Die herangezogenen Grundsätze sind durch die Änderungen der §§ 93 ff. BSHG überholt.
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
2.1 Zu Unrecht erblickt die Beschwerde einen Verfahrensmangel darin, dass das Oberverwaltungsgericht über die Berufung gemäß § 130a VwGO entschieden hat.
Nach § 130a VwGO kann das Oberverwaltungsgericht über die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Von weiteren Voraussetzungen ist die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im vereinfachten Berufungsverfahren nicht abhängig. Die Möglichkeit, nach § 130a VwGO zu verfahren, wird dem Berufungsgericht nicht dadurch genommen, dass das Verwaltungsgericht im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (Beschlüsse vom 26. Februar 1998 – BVerwG 9 B 169.98 – und vom 9. Juni 1999 – BVerwG 9 B 257.99 –; siehe für den Fall einer erstinstanzlichen Entscheidung durch Gerichtsbescheid aber Urteil vom 14. März 2002 – BVerwG 1 C 15.01 – BVerwGE 116, 123). Die Verfahrensbeteiligten sind in angemessener Weise zur beabsichtigten Art der Entscheidung anzuhören, wobei das Oberverwaltungsgericht die Beteiligten regelmäßig nicht im Unklaren über das Ergebnis des beabsichtigten Beschlusses lassen darf. Das Oberverwaltungsgericht ist allerdings nicht gehalten, bereits bei der Anhörung gewissermaßen eine Kurzfassung der Gründe der beabsichtigten Entscheidung zu leisten (Beschluss vom 19. Januar 2001 – BVerwG 3 B 113.00 –). Allein der Widerspruch eines Verfahrensbeteiligten gegen eine beabsichtigte Entscheidung nach § 130a VwGO macht diese noch nicht fehlerhaft (Beschluss vom 11. Dezember 1997 – BVerwG 2 B 117.97 –). Werden die Voraussetzungen des § 130a VwGO beachtet, kann das Berufungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Bei seiner Ermessensentscheidung kann das Gericht unterschiedliche Gesichtspunkte erwägen. Dazu gehört auch die rechtliche oder tatsächliche Komplexität des Streitfalles (vgl. Beschlüsse vom 12. März 1999 – BVerwG 4 B 112.98 – Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 35 S. 5 und vom 11. Dezember 2003 – BVerwG 6 B 60.03 – Buchholz 442.066 § 43 TKG Nr. 3); das Berufungsgericht ist bei Ausübung seines Ermessens nach § 130a VwGO verpflichtet, Art. 6 Abs. 1 EMRK mit dem Inhalt, den die Vorschrift in der Entscheidungspraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gefunden hat, vorrangig zu beachten (vgl. Urteil vom 16. Dezember 1999 – BVerwG 4 CN 9.98 – BVerwGE 110, 203 ≪210 ff.≫; Beschlüsse vom 25. September 2003 – BVerwG 4 B 68.03 – Buchholz 140 Art. 6 EMRK Nr. 9 und vom 4. August 2005 – BVerwG 4 B 42.05 – Buchholz 140 Art. 6 EMRK Nr. 10). Das Ermessen des Oberverwaltungsgerichts, unter den vorgenannten Voraussetzungen eine Entscheidung nach § 130a Satz 1 VwGO zu treffen, ist nur auf sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzung überprüfbar (Beschluss vom 3. Februar 1999 – BVerwG 4 B 4.99 – Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 33 S. 2 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen lässt sich kein Verfahrensfehler des Berufungsgerichts feststellen. Das Berufungsgericht hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss angehört und das Ergebnis des beabsichtigten Beschlusses durch die Hinweise auf seine – dem Prozessbevollmächtigten des beschwerdeführenden Beteiligten bekannten – Urteile vom 12. Juli 2006 in den Verfahren 4 LC 309/02 und 4 LB 312/05 sowie das Urteil des Senats vom 4. August 2006 – BVerwG 5 C 13.05 – klar angekündigt. Selbst wenn das Berufungsgericht mit seiner Gleichsetzung von vorläufigen und endgültigen Vereinbarungen in den Urteilen vom 12. Juli 2006 von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. August 2006 – a.a.O. – abgewichen sein sollte, so war diese Gleichsetzung für den Ausschluss der Anwendung des § 93 Abs. 3 BSHG in der Berufungsentscheidung nicht tragend (Beschluss vom 15. Februar 2007 – BVerwG 5 C 121.06 –), so dass der Hinweis auf beide Entscheidungen in der Anhörung nicht zu der geltend gemachten “Verwirrung” führen konnte.
Angesichts des entscheidungserheblichen Sach- und Streitstoffes und der hierzu ergangenen Entscheidungen des Berufungsgerichts und des Senats hat das Berufungsgericht durch die Entscheidung im Beschlusswege auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK verstoßen. Nach der auch von dem Berufungsgericht erwogenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welche auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 6 EMRK gründet, muss in Fällen einer erstinstanzlichen öffentlichen mündlichen Verhandlung (auf welche die Beteiligten hier verzichtet hatten) nicht stets und unabhängig von der Art der zu entscheidenden Fragen in der folgenden zweiten Instanz eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung stattfinden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung kann vielmehr entbehrlich sein, wenn die Tatsachen- und die Rechtsfragen aufgrund der Aktenlage angemessen entschieden werden können. Diese Voraussetzung war im vorliegenden Fall aufgrund der Vorentscheidungen des Berufungsgerichts und nach der Entscheidung des Senats vom 4. August 2006 – a.a.O. – auch in Ansehung des Vorbringens der Beschwerdeführerin, welches dem Berufungsgericht der Sache nach weitgehend bereits auf die Anhörung zur beabsichtigten Entscheidung nach § 130a VwGO hin unterbreitet worden war, erfüllt. Die Ausführungen zur Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage greifen der Sache nach die rechtliche Bewertung des Berufungsgerichts an, dass für die streitbefangenen Zeiträume der Abschluss der erforderlichen Vereinbarungen rechtlich oder tatsächlich noch möglich ist, welche im Einklang mit dem Urteil des Senats vom 4. August 2006 – a.a.O. – steht; insoweit hat sich auch gegenüber diesem Urteil des Senats auch keine entscheidungserhebliche Veränderung der Sachlage oder ein besonderer, zusätzlicher Sachaufklärungsbedarf ergeben. Er wird auch nicht dadurch indiziert, dass das Berufungsgericht letztlich offengelassen hat, welche der von ihm aufgezeigten Möglichkeiten für die – im Anschluss an den Senat getroffene – Bewertung maßgeblich ist, dass der angestrebte Abschluss einer Vereinbarung bzw. einer vereinbarungsgestaltenden Schiedsstellenentscheidung rechtlich noch möglich ist. Für das gefundene Ergebnis fortdauernder Sperrwirkung ist entscheidungserheblich allein der Umstand, dass dies der Fall ist.
Mit Blick auf die durch die Rechtsprechung des Senats bewirkte Klärung der Rechtslage erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts für die Durchführung eines vereinfachten Berufungsverfahrens auch nicht deswegen als ermessensfehlerhaft, weil die Rechtssache einen außergewöhnlich hohen Schwierigkeitsgrad aufwiese (Urteil vom 30. Juni 2004 – BVerwG 6 C 28.03 – BVerwGE 121, 211). Auch sonst ist nicht aus den Umständen des Einzelfalles erkennbar, dass durch eine mündliche Verhandlung ein höheres Maß an Sicherheit in der Entscheidungsfindung erreichbar gewesen wäre (vgl. Beschluss vom 12. März 1999 – BVerwG 4 B 112.98 – Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 35 S. 8), weil der tatsächliche Streitstoff bereits durch das Urteil des Verwaltungsgerichts aufbereitet war und im Berufungsverfahren auf der genannten Grundlage lediglich noch über Rechtsfragen gestritten wurde.
Nicht festzustellen ist schließlich, dass das Berufungsgericht gänzlich verkannt hätte, dass ihm auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 130a VwGO ein Ermessen eingeräumt ist, statt aufgrund mündlicher Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Berufungsgericht – was es hier zudem getan hat – weder schon in der Anhörungsmitteilung noch in dem die Berufung zurückweisenden Beschluss darlegen, dass und warum es die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 130a VwGO als erfüllt angesehen hat (Beschluss vom 16. Dezember 1994 – BVerwG 11 B 182.94 –). Dass die Ermessensbetätigung, nach § 130a VwGO durch Beschluss zu entscheiden, nicht unter detaillierter Mitteilung der Für und Wider streitenden Gesichtspunkte gesondert begründet worden ist, weist hier auch deswegen nicht auf einen Ermessensausfall hin oder darauf, dass das Berufungsgericht von seinem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, weil das Berufungsgericht an dieser Entscheidung in Ansehung des ausweislich der neuerlichen Anhörungsmitteilung vom 28. November 2006 ersichtlich zur Kenntnis genommenen Vorbringens der Beschwerdeführerin zur ersten Anhörungsmitteilung festgehalten hat. Aus den Gründen zu 1. ergibt sich, dass der Entscheidung des Berufungsgerichts auch keine grobe Fehleinschätzung der Rechtslage zugrunde lag.
2.2 Zu Unrecht macht die Beschwerde geltend, der Ergebnisfindung des Berufungsgerichts liege eine verfahrensfehlerhafte Sachverhaltswertung zugrunde. Dabei verkennt sie, dass das Berufungsgericht die Verpflichtung der Schiedsstelle, “Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung sowie die dafür zu entrichtenden Entgelte für die Jahre 1995 bis 1998 erneut festzusetzen” (BA S. 10 Abs. 1), nicht den Urteilen des Verwaltungsgerichts und den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts zu den Aufhebungen der Schiedssprüche für die Jahre 1995 bis 1998 entnommen hat, sondern als Folge der rechtskräftigen Aufhebungen (BA S. 10 Abs. 1 letzter Satz: “Daher”) unmittelbar auf das Gesetz (BA a.a.O.: “nach § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG Fassung 1994”) gestützt hat. Auch ist weder von der Beschwerde aufgezeigt noch sonst ersichtlich, dass der Berufungsbeschluss auf dieser Aussage zur Verpflichtung der Schiedsstelle beruhen kann. Im Übrigen geht das Beschwerdevorbringen von der für die Beurteilung der Verfahrensrüge unerheblichen, weil von der vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsauffassung aus, dass es bereits für die Zeit bis zum 31. Dezember 1998 einer gesonderten, von der Vergütungsvereinbarung zu trennenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung bedürfte, und dass eine Schiedsstelle, die für diese Zeiträume (erstmals oder erneut) über eine Vergütungsvereinbarung zu befinden hat, in der Entscheidungsformel verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen dazu verurteilt worden sein muss, neben der Vergütung auch gesonderte Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen festzusetzen. Diese Rechtsauffassung ist aber, was für die Zeit bis zum 31. Dezember 1998 unmittelbar aus dem Gesetz folgt (s.o. 1.), unzutreffend. Über welche Gegenstände und Entscheidungsdimensionen die Schiedsstelle – als Entscheidungsgegenstand oder Vorfrage – zu befinden hat, folgt unmittelbar aus § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG (in der für diese Zeiträume anzuwendenden Fassung).
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Hund, Schmidt, Dr. Brunn
Fundstellen