Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.12.1998; Aktenzeichen 13 S 3121/96) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
II. Der Antrag der Klägerin, ihr Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Die Beschwerde wird auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Frage, ob die Regelversagungsgründe des § 7 Abs. 2 AuslG uneingeschränkt auch in den Fällen des § 30 Abs. 3 und 4 AuslG anwendbar sind, bedarf, soweit es auf sie im vorliegenden Fall ankommt, keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie ist ohne weiteres aus dem Gesetz zu beantworten und zudem revisionsgerichtlich geklärt. § 7 AuslG trifft (allgemeine) Regelungen über die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung. Die Aufenthaltsbefugnis ist eine Art der Aufenthaltsgenehmigung (§ 5 Nr. 4 AuslG). Demgemäß gilt § 7 AuslG grundsätzlich auch für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Die hier angewendeten Vorschriften der §§ 31, 30 Abs. 3 AuslG schließen die Anwendung des § 7 Abs. 2 AuslG anders als die des § 8 Abs. 1 AuslG nicht aus (vgl. auch § 30 Abs. 1 AuslG; dazu Urteil vom 24. November 1998 – BVerwG 1 C 33.97 – Urteilsabdruck S. 18 f.). Der beschließende Senat hat dementsprechend bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 3 AuslG an den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AuslG zu messen ist (vgl. Urteile vom 8. April 1997 – BVerwG 1 C 12.94 – BVerwGE 104, 210 ≪219≫ = Buchholz 402.240 § 30 AuslG 1990 Nr. 4 S. 11 = NVwZ 1997, 1112, vom 4. Juni 1997 – BVerwG 1 C 9.95 – BVerwGE 105, 35 ≪43 f.≫ = Buchholz 402.240 § 28 AuslG 1990 Nr. 8 S. 14 = NVwZ 1997, 1114, und vom 9. Dezember 1997 – BVerwG 1 C 20.97 – Buchholz 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 14 S. 38 f. = NVwZ 1998, 748).
Die Beklagte wirft weiter sinngemäß die Frage auf, ob bereits das Vorliegen eines dauerhaften Abschiebungshindernisses, also einer tatbestandlichen Voraussetzung des § 30 Abs. 3 AuslG, einen Ausnahmefall im Sinne des § 7 Abs. 2 AuslG begründet. Sie ist der Ansicht, diese vom Berufungsgericht vertretene Auffassung lasse die Regelversagungsgründe des § 7 Abs. 2 AuslG in den Fällen des § 30 Abs. 3 und 4 AuslG leerlaufen und führe dazu, daß den Ausländerbehörden kein Ermessensspielraum in bezug auf die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis verbleibe. Der vorliegende Fall führt indes nicht auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage und rechtfertigt daher nicht die Zulassung der Revision.
Das Berufungsgericht hat einen Ausnahmefall vom gesetzlichen Regelversagungsgrund des § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 i.V.m. § 46 Nr. 6 AuslG aus Gründen des Familienschutzes gemäß Art. 6 Abs. 1 GG für gegeben erachtet. Dies entspricht im rechtlichen Ansatz der Rechtsprechung des beschließenden Senats. Danach liegt ein Ausnahmefall u.a. vor, wenn der Versagung der Aufenthaltsgenehmigung höherrangiges Recht entgegensteht, insbesondere die Versagung mit verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen nicht vereinbar ist (vgl. Urteile vom 27. August 1996 – BVerwG 1 C 8.94 – BVerwGE 102, 12 ≪17≫ = Buchholz 402.240 § 13 AuslG 1990 Nr. 3 S. 6 = NVwZ 1997, 1116, vom 4. Juni 1997, a.a.O., und vom 9. Dezember 1997, a.a.O.). Als solche Wertentscheidung kommt insbesondere Art. 6 Abs. 1 GG in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist aufgrund einer Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden, ob die gegen den Aufenthalt sprechenden öffentlichen Interessen so gewichtig sind, daß sie die bei Ablehnung der Aufenthaltsgenehmigung zu erwartende Beeinträchtigung für Ehe und Familie des Ausländers eindeutig überwiegen; ist dies der Fall, so ist die Versagung mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. Urteil vom 27. August 1996, a.a.O., S. 19 bzw. S. 8, für die Aufenthaltserlaubnis). Für den Familiennachzug eines mit einer Deutschen verheirateten Ausländers hat der beschließende Senat in Anwendung dieser Grundsätze entschieden, daß die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nicht bereits an dem Regelversagungsgrund des § 7 Abs. 2 AuslG scheitert (vgl. Urteil vom 4. Juni 1997, a.a.O.). Dem Beschwerdevorbringen läßt sich nicht entnehmen, inwiefern dieser Fragenkreis weiterer rechtsgrundsätzlicher Klärung bedarf. Insbesondere ist nicht erkennbar, daß über den Einzelfall hinaus verallgemeinerbare Aussagen im Hinblick auf unterschiedliche Duldungsgründe möglich oder geboten wären, die der Aufenthaltsbefugnis des Ehegatten oder Familienangehörigen zugrunde liegen, zu dem die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Gemeinschaft besteht.
Im übrigen gibt die Beschwerde Anlaß, darauf hinzuweisen, daß in den von der Regel abweichenden Fällen bei der Ermessensausübung sämtliche für und gegen den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet sprechenden öffentlichen und privaten Belange gegeneinander abzuwägen und dabei auch die Regelversagungsgründe nach § 7 Abs. 2 AuslG mit dem ihnen nach der Entscheidung des Gesetzgebers zukommenden Gewicht einzubeziehen sind (vgl. Urteil vom 29. Juli 1993 – BVerwG 1 C 25.93 – BVerwGE 94, 35 ≪45≫ = Buchholz 402.240 § 7 AuslG 1990 Nr. 1 S. 9 = NVwZ 1994, 381). Davon geht auch das Berufungsgericht unbeschadet seiner Erwägungen dazu aus, daß hier bestimmte Belange gegen eine Versagung der Aufenthaltsbefugnis im Ermessenswege sprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
II. Der Antrag, der Klägerin – der beschließende Senat geht davon aus, daß es sich bei der Erstreckung des Antrags auf den Kläger, dessen Rechtsstreit in der Berufungsinstanz beendet worden ist, um ein offensichtliches Versehen handelt – Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, ist abzulehnen, weil das Beschwerdeverfahren keinen Stand erreicht hat, in dem die Klägerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf (vgl. Beschluß vom 17. Januar 1995 – BVerwG 4 B 1.95 – Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 29; ferner BGH NJW 1982, 446; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., vor § 114 III, Rn. 43 m.w.N.).
Unterschriften
Meyer, Mallmann, Gerhardt
Fundstellen