Verfahrensgang
VG Greifswald (Urteil vom 21.09.2006; Aktenzeichen 1 A 1650/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf Grund mündlicher Verhandlung vom 21. September 2006 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene zu 2 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 37 400 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Die behauptete Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2001 – BVerwG 8 C 10.00 – (Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 14) ist nicht gegeben. Die Beschwerde versäumt es schon, einander widersprechende Rechtssätze aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Begründung des angegriffenen Urteils herauszuarbeiten.
Die Beschwerde beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen differenzierten Prüfungsschritte zur Feststellung der Redlichkeit i.S.v. § 4 Abs. 2 VermG missachtet hat und die Beweislast zu Lasten der Beigeladenen zu 2 umgekehrt habe. Damit wendet sich die Beschwerde gegen eine vermeintlich fehlerhafte Anwendung der Verteilung der Beweislast. Daraus folgt jedoch keine Abweichung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Dieser Vorwurf ist im Übrigen auch unbegründet. Ausgangspunkt war für das Verwaltungsgericht die Grundannahme der Redlichkeit. Den objektiven Tatbestand des § 4 Abs. 2, Abs. 3 Buchst. a VermG hat das Verwaltungsgericht bejaht, weil die im Jahre 1976 erfolgte Enteignung und damit einhergehend die Überführung des Grundstücks in Volkseigentum lediglich die Sicherung der bereits bis dahin getätigten Investitionen der Beigeladenen zu 2 und ihrer Familie bezweckt habe. Die Voraussetzungen der angegebenen Rechtsgrundlage – § 14 Aufbaugesetz – hätten nicht vorgelegen. Bezüglich des subjektiven Tatbestands hat das Verwaltungsgericht greifbare tatsächliche Anhaltspunkte einer möglichen Unredlichkeit festgestellt. Die Grundannahme der Redlichkeit war für das Verwaltungsgericht daher erschüttert. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Antrag der Beigeladenen zu 2 beim Rat der Gemeinde auf Erwerb eines sog. Westgrundstücks im August 1975, der erfolgten unlauteren Überführung des Grundstücks in Volkseigentum zum 1. April 1976 sowie der Verleihung des Nutzungsrechts am Grundstück an die Beigeladene zu 2 und ihren damaligen Ehemann zum 10. Mai 1976 sieht das Verwaltungsgericht den Erwerb als anstößig an. Aus Sicht von rechtlich nicht besonders bewanderten Personen habe es ungewöhnlich erscheinen müssen, dass der Staat allein auf bloßen Kaufwunsch eines Nutzers und ohne einen Zusammenhang mit einer noch nicht gesicherten Finanzierung für ein weiteres notwendiges oder auch nur geplantes Bauvorhaben die angestrebte Eigentumsverschaffung nicht etwa durch einen vom staatlichen Verwalter veranlassten Verkauf vorgenommen habe, sondern stattdessen den Umweg über eine Enteignung nach dem Aufbaugesetz gegangen sei. Das Verwaltungsgericht hat im weiteren Verlauf im Einzelnen die Indizien aufgeführt, die zu einer Erschütterung der Grundannahme der Redlichkeit geführt haben.
Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde mit den Beteiligten die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Beweislastverteilung auch erörtert.
2. Dem Verwaltungsgericht ist auch kein Verfahrensfehler unterlaufen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Es hat weder gegen den Grundsatz der Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen, § 86 Abs. 1 VwGO, noch gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs, § 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG, verstoßen. Nach seiner für die Beurteilung eines Verfahrensmangels maßgeblichen Rechtsauffassung kam es auf die Verwaltungspraxis im Ostseebad Z.… nicht entscheidungserheblich an. Entscheidungserheblich war für das Verwaltungsgericht, dass die enteignende Maßnahme keine Rechtsgrundlage in § 14 Aufbaugesetz und der Zweiten Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz vom 29. September 1972 hatte und die Beigeladene zu 2 unabhängig von der Verwaltungspraxis wegen ihrer aktiven Beteiligung an dem Geschehen hätte erkennen können, dass der Staat seine Machtmittel ausschließlich dafür eingesetzt hat, bestehendes Privateigentum in die Hände eines anderen Privateigentümers gelangen zu lassen. Von einem Überraschungsurteil kann daher keine Rede sein.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und Abs. 4 GKG. Der Kläger hat als Mitglied einer aus ursprünglich fünf Miterben bestehenden Erbengemeinschaft die Rückübertragung des Grundstücks an die Erbengemeinschaft beantragt. In diesem Fall bemisst sich der Streitwert nach dem dem jeweiligen Erbanteil entsprechenden Teil des Verkehrswertes (Beschluss vom 2. August 1999 – BVerwG 8 KSt 12.99 – Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 105).
Unterschriften
Gödel, Postier, Dr. Hauser
Fundstellen