Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 20.03.2003; Aktenzeichen 3 S 2028/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. März 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 € festgesetzt.
Gründe
Die – sinngemäß – auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
1. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.
a) Das Berufungsgericht war ordnungsgemäß besetzt. Das Berufungsurteil ist am 20. März 2003 unter Beachtung des § 112 VwGO von den Richtern gefällt worden, die an der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2003 teilgenommen haben. Dass an der Ortsbesichtigung vom 18. Juni 2002 ein Richter beteiligt war, der in der mündlichen Verhandlung nicht mitgewirkt hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dieser Richter war an das Berufungsgericht abgeordnet. Er war im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und der Urteilsverkündung wegen Ablaufs seiner Abordnungszeit nicht mehr Mitglied des Spruchkörpers. Der eingetretene Richterwechsel hinderte das Berufungsgericht nicht daran, in der neuen Besetzung zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1988 – BVerwG 4 B 100.88 – Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 34).
b) Die Aufklärungsrüge geht fehl. Der Kläger räumt selbst ein, dass sein im Rahmen der Ortsbesichtigung gestellter Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2003 förmlich abgelehnt worden ist. Im Sitzungsprotokoll ist festgehalten, dass diese Entscheidung begründet wurde. Unschädlich ist, dass die Niederschrift keine Aufschlüsse über die Einzelheiten der Begründung gibt. Nach § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 ZPO sind in das Protokoll die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen. Dazu gehört die Angabe, dass die Ablehnung eines Beweisantrages i.S. des § 86 Abs. 2 VwGO begründet worden ist. Der Inhalt der Begründung zählt indes nicht zu den Vorgängen, auf deren Feststellung in der Niederschrift nach § 160 Abs. 3 ZPO nicht verzichtet werden darf.
c) Soweit der Kläger beanstandet, dass bei der Ortsbesichtigung am 18. Juni 2002 nicht außer den Örtlichkeiten vor seinem Grundstück auch sein Grundstück in Augenschein genommen wurde, legt er nicht dar, welcher zusätzlichen Erkenntnismöglichkeiten sich das Berufungsgericht durch das von ihm gerügte Unterlassen begeben haben soll. Im Übrigen macht er selbst nicht geltend, unter Einsatz der prozessualen Mittel, die ihm zu Gebote standen, darauf hingewirkt zu haben, dass auch sein Grundstück in die Ortsbesichtigung einbezogen wurde.
d) Die Gehörsrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Der Kläger hält dem Berufungsgericht vor, ihm nicht die Unterlagen über die Beweisaufnahme zugeleitet zu haben. Er stellt aber selbst nicht in Abrede, in die Akten Einsicht genommen und bei dieser Gelegenheit auch Kenntnis von diesen Schriftstücken erlangt zu haben. Sein Vorbringen lässt nicht darauf schließen, dass es ihm verwehrt oder auch nur erschwert gewesen wäre, sich zu den ihm bis dahin verborgen gebliebenen Vorgängen im weiteren Verlauf des Verfahrens ausreichend Gehör zu verschaffen.
2. Die sinngemäß erhobenen Divergenzrügen genügen nicht den formellen Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Soweit der Kläger das Berufungsurteil mit der Begründung angreift, es stehe nicht im Einklang mit Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Koblenz, des Verwaltungsgerichtshofs Kassel und des Oberverwaltungsgerichts Münster, scheidet eine Zulassung der Revision schon deshalb aus, weil als Zulassungsgrund i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nur eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts in Betracht kommt.
Auch für eine Abweichung von den Senatsurteilen vom 7. Dezember 2000 – BVerwG 4 C 3.00 – (NVwZ 2001, 813) und vom 25. Februar 1977 – BVerwG 4 C 22.75 – (BVerwGE 55, 122; richtig; BVerwGE 52, 122) bietet das Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte. Im Urteil vom 7. Dezember 2000 hat sich der Senat nicht zur Anwendbarkeit der TA-Lärm oder der VDI-Richtlinie 2058 geäußert. Im Urteil vom 25. Februar 1977 hat er dem Gebot der Rücksichtnahme unter bestimmten Voraussetzungen drittschützende Wirkung zuerkannt. Das Berufungsgericht hat diese Aussage nicht in Frage gestellt. Es hat sie im Gegenteil ausdrücklich zur Grundlage seiner eigenen rechtlichen Beurteilung gemacht. Der Kläger bestätigt selbst, dass die Vorinstanz die Grundsätze, die im Urteil vom 25. Februar 1977 zum Nachbarschutz entwickelt worden sind, übernommen hat.
3. Die sinngemäß erhobenen Grundsatzrügen werden den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ebenfalls nicht gerecht.
Der Kläger zeigt nicht auf, inwiefern sich im anhängigen Rechtstreit Rechtsfragen stellen, die über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl weiterer Fälle von Bedeutung sein können. Insbesondere hätte der Senat in dem erstrebten Revisionsverfahren keinen Anlass, das Problem zu erörtern, ob bei der Beurteilung von Lärmbelästigungen, die durch betriebsbedingten Zu- und Abfahrtsverkehr hervorgerufen werden, die TA-Lärm als Orientierungsmaßstab in Betracht kommt. Zu dieser Frage hat sich das Bundesverwaltungsgericht bereits mehrfach geäußert. Das Berufungsgericht zitiert in diesem Zusammenhang das Senatsurteil vom 27. August 1998 – BVerwG 4 C 5.98 – (NVwZ 1999, 523), in dem auf weitere Entscheidungen nicht zuletzt auch des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts Bezug genommen wird. Das Beschwerdevorbringen lässt nicht ansatzweise erkennen, weshalb diese Rechtsprechung korrektur- oder fortentwicklungsbedürftig sein sollte. Ob mit dem Kläger die Nr. 6.1 und mit dem Berufungsgericht die Nr. 7.4 der TA-Lärm einschlägig ist, ist eine Frage der Einzelfallwürdigung.
Ansonsten beschränkt der Kläger sich darauf, am Berufungsurteil inhaltliche Kritik zu üben. Er hält dem Berufungsgericht vor, nicht zu dem rechtlichen Ergebnis gelangt zu sein, das sich nach seiner Einschätzung aufgedrängt hätte. Selbst wenn es – wofür keine Anhaltspunkte gegeben sind – zuträfe, dass das Berufungsurteil aus den von ihm genannten Gründen Rechtsfehler aufweist, würde dies, für sich genommen, noch nicht den Schluss rechtfertigen, dass die Rechtssache grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufwirft.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Halama, Rojahn
Fundstellen