Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalratsvorstand, Wahl zum – Akt der Geschäftsführung des Personalrats. Geschäftsführung des Personalrats, Wahl zum Personalratsvorstand Akt der –. Gewerkschaft, Antragsbefugnis. Wahl von Ergänzungsmitgliedern des Personalratsvorstands, Verfassungsmäßigkeit des § 33 Satz 2 BPersVG. Verhältniswahlrecht, kein verfassungsrechtliches Gebot der Übernahme bei Wahl zum Personalratsvorstand
Leitsatz (amtlich)
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gültigkeit des § 33 Satz 2 BPersVG, wonach in Personalräten mit elf oder mehr Mitgliedern auch starke Wahlminderheiten nur dann Anspruch auf einen Sitz im Vorstand haben, wenn ihre Liste die zweitgrößte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel der abgegebenen Stimmen bei der Personalratswahl erhalten hat.
Es gibt kein die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers einengendes Verfassungsgebot, bei der Wahl zum Personalratsvorstand den Minderheitenschutz ausschließlich über die Grundsätze des Verhältniswahlrechts zu berücksichten; das gilt auch dann, wenn die Personalratswahl nach diesen Prinzipien erfolgt.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1; BPersVG § 19 Abs. 3, §§ 25, 32 Abs. 1, §§ 33, 34 Abs. 3, § 46 Abs. 3
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 25.10.1988; Aktenzeichen CB 19/86) |
VG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 03.10.1986; Aktenzeichen PVB 9/86) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 25. Oktober 1988 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller zu 1), der Personalratsmitglied beim Fernmeldeamt E. ist, und die Antragstellerin zu 2), die Christlich-demokratische Postgewerkschaft, Bezirksverband D., machen aus Anlaß einer Personalratswahl verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit des § 33 Satz 2 BPersVG wegen fehlender Chancengleichheit kleiner Gewerkschaften bei der Wahl von weiteren Vorstandsmitgliedern des Personalrates geltend.
Die Antragstellerin zu 2) erhielt bei der Personalratswahl beim Fernmeldeamt E. im Jahre 1985 etwa 22 % der abgegebenen Stimmen. In der konstituierenden Sitzung des Personalrates am 15. Mai 1985 wurden außer den Gruppensprechern zwei weitere Mitglieder des Vorstands des örtlichen Personalrates gewählt. Der Antragsteller zu 1), der der Christlich-demokratischen Postgewerkschaft angehört, stellte sich zur Wahl, erhielt aber nicht die erforderliche Stimmenmehrheit. Gewählt wurden die beiden Kandidaten der Deutschen Postgewerkschaft, so daß dem Vorstand ausschließlich Mitglieder dieser Gewerkschaft angehörten.
Die Antragsteller sahen sich hierdurch in ihrer Chancengleichheit beeinträchtigt. Sie haben das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,
festzustellen, daß die am 15. Mai 1985 beim Fernmeldeamt E. abgehaltene Wahl der beiden weiteren Mitglieder des Vorstands des Personalrates ungültig ist.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragsteller hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen, im wesentlichen mit folgender Begründung:
Die Antragstellerin zu 2) sei nicht antragsbefugt. Den Gewerkschaften sei im BPersVG nicht das Recht eingeräumt worden, die Wahl von Vorstandsmitgliedern des Personalrates anzufechten. § 25 BPersVG, der ein Wahlanfechtungsrecht von Gewerkschaften zuläßt, sei nicht auf Vorstandswahlen auszudehnen. Die Gewerkschaften seien in diesem Falle nicht unmittelbar in ihrer personalvertretungsrechtlichen Stellung betroffen, da sie an der Bildung des Personalratsvorstands nicht beteiligt seien. Der zulässige Antrag des Antragstellers zu 1) sei unbegründet. Die Christlich-demokratische Postgewerkschaft habe die im Interessse des Minderheitenschutzes in § 33 Satz 2 BPersVG enthaltenen Voraussetzungen für die Wahl weiterer Vorstandsmitglieder nicht erfüllt, weil sie statt der notwendigen Ein-Drittel-Anzahl der Stimmen lediglich 22 % der abgegebenen Stimmen bei der Personalratswahl erhalten habe. Gegen die Gültigkeit des § 33 Satz 2 BPersVG bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Bildung des Vorstands gehöre nicht mehr zur Personalratswahl, sondern zur Geschäftsführung des Personalrates. Deshalb seien die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze zur Verhältniswahl für die Wahlen im Arbeits- und Sozialbereich nicht anwendbar. Abgesehen davon habe der Gesetzgeber bei den Vorschriften über die Bildung des Personalratsvorstands aus zwingenden Gründen von den Grundsätzen der Verhältniswahl abweichen müssen, um das im Personalvertretungsrecht geltende Gruppenprinzip zu beachten. § 33 Satz 2 BPersVG stelle bereits ein Zugeständnis an das davon abweichende Fraktionsprinzip dar. Verfassungsrechtliche Gründe für eine noch weitergehende Berücksichtigung des Fraktionsprinzips seien nicht ersichtlich. Die Zugehörigkeit von Personalratsmitgliedern zu unterschiedlichen Gewerkschaften müsse nicht auch bei der Bildung des Vorstands und der Geschäftsführung des Personalrates berücksichtigt werden.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der beiden Antragsteller, mit der sie sinngemäß beantragen,
das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des § 33 Satz 2 BPersVG einzuholen.
Die Antragsteller machen geltend, der in § 33 BPersVG vollzogene Wechsel vom Verhältnis- zum Mehrheitswahlrecht sei ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit der Gewerkschaften bei Personalratswahlen und gegen den Minderheitenschutz. Die Erweiterungswahlen von Vorstandsmitgliedern gemäß § 33 Satz 2 BPersVG seien kein Akt der Geschäftsführung des Vorstands. Sie seien noch Teil der gesamten Personalratswahl, die erst mit der Konstituierung des gesamten Vorstands abgeschlossen sei. Die Repräsentanz der Minderheiten müsse im Prinzip nicht nur im Personalrat, sondern auch im Vorstand im größtmöglichen Maße sichergestellt werden, weil die kleineren Gewerkschaften in erster Linie dort Einfluß auf die laufenden Geschäfte nehmen könnten. Die in § 33 Satz 2 BPersVG errichtete Hürde, daß ein Drittel der abgegebenen Stimmen erforderlich sei, um als Vertreter einer Minderheitenliste im Vorstand berücksichtigt zu werden, könne von diesen in der Praxis meist nicht übersprungen werden, weil es unmöglich sei, so viele Stimmen zu erreichen.
Der Beteiligte zu 1), der Personalrat beim Fernmeldeamt E. beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Zwar haben die Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren einen anderslautenden Antrag als in den beiden Vorinstanzen gestellt, wo sie die Feststellung beantragt haben, daß die am 15. Mai 1985 abgehaltene Wahl der beiden weiteren Mitglieder des Vorstands des Personalrates ungültig ist, während sie sich mit der Rechtsbeschwerde auf einen Antrag gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 33 Satz 2 BPersVG beschränkt haben. Dies ist aber keine Antragsänderung, die im Rechtsbeschwerdeverfahren unzulässig wäre (vgl. Beschlüsse vom 28. Juli 1989 – BVerwG 6 P 1.88 – ≪Buchholz 251.6 § 68 NdsPersVG Nr. 1≫ und vom 5. Oktober 1989 – BVerwG 6 P 2.88 – ≪Buchholz 250 § 19 BPersVG Nr. 5≫ m.w. Nachw.). Ginge man nur vom Wortlaut des im Rechtsbeschwerdeverfahren gestellten Aussetzungsantrags aus, so hätte dieser zwar einen anderen Streitgegenstand als der in den Vorinstanzen gestellte Feststellungsantrag. Das tatsächliche Begehren der Antragsteller, das sich aus der Begründung der Rechtsbeschwerde ergibt, geht aber dahin, festzustellen, daß die Wahl der beiden weiteren Vorstandsmitglieder ungültig war, weil nach ihrer Auffassung die der Wahl zugrundeliegende Vorschrift des § 33 Satz 2 BPersVG verfassungswidrig ist. Der Antrag, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen, um die Verfassungswidrigkeit des § 33 Satz 2 BPersVG feststellen zu lassen, ist bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens als Anregung an das Gericht zu verstehen, um auf dem Weg über die Erklärung der Verfassungswidrigkeit der Norm ihr ursprüngliches Antragsziel, die Feststellung der Ungültigkeit der Vorstandswahl, zu erreichen. Damit halten die Antragsteller bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens den in den Vorinstanzen gestellten Antrag aufrecht.
Ein solcher Feststellungsantrag ist gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG zulässig. Da die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Vorstandswahl keine Wahlanfechtung im Sinne des § 25 BPersVG ist, kann ein entsprechender Antrag grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung gestellt werden (vgl. Beschlüsse vom 3. Oktober 1958 – BVerwG 7 P 12.57 – ≪BVerwGE 7, 253≫ und vom 23. Oktober 1970 – BVerwG 7 P 5.70 – ≪BVerwGE 36, 174≫). Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Bestimmung des Personalratsvorsitzenden keine Wahl, sondern ein Akt der Geschäftsführung des Personalrates ist, der im Rahmen der Konstituierung des Personalrates ergeht (vgl. Beschlüsse vom 13. Juni 1957 – BVerwG 2 CO 3.56 – ≪BVerwGE 5, 118≫ und vom 3. August 1983 – BVerwG 6 P 15.81 – ≪Buchholz 238.38 § 31 BPersVG Nr. 1≫). Entsprechendes gilt für die Wahl der weiteren Vorstandsmitglieder.
Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet.
Zutreffend haben das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht schon die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 2) verneint. Als eine in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft kann sie nur dann Verfahrensbeteiligte und damit Antragsbefugte sein, wenn ihr das Bundespersonalvertretungsgesetz ein solches Recht ausdrücklich zubilligt (vgl. Beschlüsse vom 8. Juli 1977 – BVerwG 7 P 28.75 – ≪BVerwGE 54, 172≫ und vom 18. Januar 1990 – BVerwG 6 P 8.88 – ≪Buchholz 251.0 § 9 BaWüPersVG Nr. 5≫ m.w. Nachw.). Das ist hier nicht der Fall. Im Gegensatz zum Wahlanfechtungsverfahren (§ 25 BPersVG) sehen die §§ 32 und 33 BPersVG, die die Bildung des Personalratsvorstands zum Gegenstand haben, ein Anfechtungsrecht der Gewerkschaften nicht vor. Der Antragstellerin zu 2) steht auch kein „mittelbares”, aus § 33 BPersVG abgeleitetes Antragsrecht des Inhalts zu, daß die in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften ein rechtlich geschütztes Interesse daran hätten, daß der Personalrat ordnungsgemäß organisiert ist (so Dietz/Richardi, BPersVG, §§ 32/33 Rdnrn. 41, 67). Das Bundespersonalvertretungsgesetz sieht ein allgemeines Kontrollrecht der Gewerkschaften über die Tätigkeit des Personalrates, insbesondere über dessen Geschäftsführung, nicht vor. Die Gewerkschaften sind keine Organe der Personalvertretung im Rahmen des Personalvertretungsgesetzes (BVerfGE 19, 303 ≪312≫; Beschluß vom 11. Mai 1962 – BVerwG 7 P 6.61 – ≪BVerwGE 14, 153≫). Die Antragsbefugnis läßt sich auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 25 BPersVG herleiten. Der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts, die Wahl der Mitglieder des Betriebsausschusses könne in entsprechender Anwendung des § 18 BetrVerfG angefochten werden (vgl. BAGE 2, 182; 18, 319; 25, 60), ist das Bundesverwaltungsgericht für den Bereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes nicht gefolgt, weil jedenfalls nach diesem Gesetz die Bestimmung des Vorsitzenden und seines Stellvertreters zum Beginn der Geschäftsführung des Personalrates gehört (vgl. Beschluß vom 13. Juni 1957 – BVerwG 2 CO 3.56 – ≪a.a.O.≫). Entsprechendes gilt für die Wahl der weiteren Vorstandsmitglieder.
Die Rechtsbeschwerde ist auch hinsichtlich des Antrags des Antragstellers zu 1) unbegründet.
Die Bestellung der beiden weiteren Mitglieder des Personalratsvorstands bei der Wahl am 15. Mai 1985 ist gemäß den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes erfolgt. Der Antragsteller hat nicht die danach erforderliche Anzahl der Stimmen bei der Vorstandswahl erhalten. Eine Verpflichtung, ihn als Angehörigen der Listenverbindung des Deutschen Postverbandes/Christlich-demokratische Postgewerkschaft in den Vorstand zu wählen, bestand nicht. Diese Listenverbindung hat nicht die gemäß § 33 Satz 2 BPersVG erforderliche Anzahl der abgegebenen Stimmen bei der Personalratswahl (mindestens ein Drittel) erhalten.
Entgegen der Meinung des Antragstellers zu 1) bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gültigkeit des § 33 Satz 2 BPersVG. Zwar hat der Gesetzgeber bei der Wahl des Personalratsvorstands das für die Personalratswahl gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 BPersVG vorgeschriebene Verhältniswahlsystem nicht übernommen, sondern sich für einen Modus entschieden, bei dem die Mitglieder des „normalen” Vorstands allein von den im Personalrat vertretenen Gruppen bestellt werden (§ 32 Abs. 1 BPersVG), die Wahl der beiden Ergänzungsmitglieder bei größeren Personalräten (elf oder mehr Mitglieder) von dem Plenum des Personalrates nach dem Mehrheitsprinzip erfolgt (§ 33 Satz 1 BPersVG) und nur für den Fall, daß eine starke Minderheit bei der Personalratswahl mindestens ein Drittel der abgegebenen Stimmen erhalten hat, eines der Ergänzungsmitglieder des Vorstands aus dieser Liste zu wählen ist (§ 33 Satz 2 BPersVG). Diese von den Grundsätzen der Personalratswahl abweichende Regelung des Verfahrens bei der Bestellung des Personalratsvorstands ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit der Personalratswahl bzw. im Zusammenhang mit Wahlen im Arbeits- und Sozialwesen ausgeführt, durch das Verhältniswahlsystem solle – ähnlich wie im Parlamentswahlrecht – sichergestellt werden, daß der Anteil an den Sitzen in der Personalvertretung in möglichst genauer Übereinstimmung mit dem Stimmenanteil der verschiedenen berufsständischen und gewerkschaftlichen Organisationen und der von ihnen vertretenen Auffassungen stehe (BVerfGE 60, 162 ≪171≫; 71, 81 ≪95≫). Wenn der Gesetzgeber sich für das Verhältniswahlsystem entschieden habe, verbiete der Grundsatz der formalen Chancengleichheit jede Verschiedenbehandlung der Gewerkschaften und sozial- und berufspolitischen Vereinigungen, die sich nicht ausnahmsweise durch einen besonderen Grund rechtfertigen lasse (BVerfGE 60, 162 ≪171≫; 71, 81 ≪95≫).
Aus diesen Ausführungen zu den verfassungsrechtlichen Konsequenzen des für die Wahlen zum Personalrat vorgesehenen Verhältniswahlrechts läßt sich aber kein Verfassungsgebot herleiten, das Verhältniswahlsystem auch für die Bestellung des Personalratsvorstands vorzuschreiben. Die Bestellung des Personalratsvorstands gehört, wie oben dargelegt wurde, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr zur Personalratswahl, sondern sie ist ein Akt der Geschäftsführung. Die Wahlen zum Personalrat und die Bestellung des PersonalratsVorstands unterscheiden sich auch grundsätzlich voneinander. Durch die Personalratswahl soll eine alle Beschäftigten repräsentierende Vertretung gebildet werden. Dies legt es nahe, den Personalrat nach dem Verhältniswahlsystem entsprechend dem Anteil der abgegebenen Stimmen zu bilden. Der Personalratsvorstand hingegen wird aus der Mitte des Personalrates bestellt. Er soll als das geschäftsführende Organ des Personalrates in die Lage versetzt werden, die laufenden Geschäfte zu führen (§ 32 Abs. 1 Satz 4 BPersVG). Er ist ein Organ des Personalrates und ihm zur Rechenschaft verpflichet. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber bei der Zusammensetzung des Personalratsvorstands dem Gruppenprinzip, von dem das Personalvertretungsgesetz beherrscht wird, den Vorrang gegeben hat (BVerfGE 51, 77 ≪91≫; BVerwGE 5, 118). Dies ermöglicht es, die Vertretung der unterschiedlichen Interessen der Beschäftigten bei den laufenden Geschäften angemessen zu berücksichtigen. Angesichts dieser Zielsetzung hat der Gesetzgeber die Grenzen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit nicht überschritten, wenn er nur bei Erreichen von einem Drittel der abgegeben Stimmen auch einer starken Wahlminderheit einen Vorstandssitz zwingend einräumt. Dem steht auch nicht das Anliegen des Minderheitenschutzes entgegen, das beispielsweise im Parlamentsrecht, so bei der Einsetzung parlamentarischer Untersuchungsausschüse (Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG) und in den Geschäftsordnungsregelungen der Parlamente, seinen Ausdruck gefunden hat. Diesem Bedürfnis ist im Personalvertretungsgesetz an mehreren Stellen, beispielsweise in § 34 Abs. 3 BPersVG, entsprochen worden. Danach ist auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Personalrates eine Sitzung anzuberaumen, bei der die Angelegenheiten der Minderheiten zur Sprache gebracht werden können. Auch mit der Bestimmung des § 33 Satz 2 BPersVG hat der Gesetzgeber – unter Durchbrechung des für die Vorstandswahlen geltenden Gruppen- und Mehrheitsprinzips – sichergestellt, daß starke Wahlminderheiten, die Über die Gruppengrenzen hinweg eine einheitliche gewerkschaftliche oder verbandspolitische Interessenausrichtung erkennen lassen, bei Erreichen von mindestens einem Drittel der Stimmen einen Sitz im Vorstand erhalten. Schließlich handelt es sich auch bei dem Gruppenprinzip um eine Form des Minderheitenschutzes. Angesichts der vom Gesetzgeber vorgegebenen Notwendigkeit des Minderheitenschutzes in der Gestalt des Gruppenprinzips bei der Zusammensetzung des Wahlvorstands ist die Hürde von mindestens einem Drittel der abgegebenen Stimmen auch nicht sachwidrig, weil bei einem noch stärkeren Fraktions- und Minderheitenschutz die Gruppeninteressen entsprechend zurücktreten müßten. Es ist aber nicht möglich, jedes dieser Anliegen gleichermaßen optimal zu berücksichtigen.
Die Zusammensetzung des Vorstands nach den Grundsätzen des Verhältniswahlsystems oder eine günstigere Regelung zugunsten kleinerer Gewerkschaften bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern ist auch nicht aufgrund der gemäß Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Betätigung von Koalitionen geboten. Art. 9 Abs. 3 GG schützt einen Kernbereich der Koalitionsbetätigung (BVerfGE 28, 295 ≪305≫; 51, 77 ≪88≫). Ausgestaltung und nähere Regelung des Rechts der Gewerkschaften, bei der Personalvertretung tätig zu werden, sind Sache des Gesetzgebers (BVerfGE 19, 303 ≪321≫; 28, 295 ≪306≫). Dabei kann er den Erfordernissen des jeweils zu regelnden Sachbereichs Rechnung tragen. Art. 9 Abs. 3 GG schließt zwar Regelungen über die Beteiligung von gewählten Vertretungen der Belegschaft an der Regelung von innerdienstlichen, persönlichen und sozialen Angelegenheiten der Beschäftigten nicht aus. Das bedeutet aber nicht, daß die Einrichtung solcher Vertretungen und ihre Tätigkeit für die Belange der Beschäftigten sowie die Rechtsstellung der einzelnen Mitglieder der Vertretung ihrerseits in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG einbezogen sind. Die Personalvertretungen werden zur Wahrung der Rechte und Interessen aller in der Dienststelle Beschäftigten, nicht aber zur Unterstützung der spezifischen Ziele der Koalitionen tätig (BVerfGE 28, 314 ≪323≫; 51, 77 ≪89≫).
Der Gesetzgeber hat durch die in den §§ 32 und 33 BPersVG getroffene Regelung ferner nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen. Zwar kann diese Regelung – wie in dem hier zu entscheidenden Fall – vielfach dazu führen, daß kleinere Gewerkschaften trotz einer beachtlichen Stimmenzahl bei der Personalratswahl nicht im Vorstand vertreten sind, weil die von einer großen Gewerkschaft getragene Mehrheit in den Gruppen und im Plenum des Personalrates nur ihre Vertreter wählt. Dies ist aber Folge der Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten des Gruppenprinzips. Der Gesetzgeber hat damit die Grenzen, die seiner Gestaltungsfreiheit gesetzt sind, nicht überschritten.
Diese rechtliche Bewertung muß auch nicht mit Blick auf die Neuregelung des § 46 Abs. 3 BPersVG aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 10. Juli 1989 (BGBl. I S. 1380, 1473) anders ausfallen. Danach sind gemäß § 46 Abs. 3 Satz 3 BPersVG bei weiteren Freistellungen in großen Personalräten die auf die einzelnen Wahlvorschlagslisten entfallenden Stimmen im Wege des Höchstzahlverfahrens zu berücksichtigen, wenn die Wahl des Personalrates nach den Grundsätzen der Verhältniswahl durchgeführt wurde. Damit ist in begrenztem Umfange das Verhältniswahlsystem bei der Freistellung von Personalratsmitgliedern zu berücksichtigen. Abgesehen davon jedoch, daß der Gesetzgeber bei der Neuregelung den in §§ 32 und 33 BPersVG enthaltenen Modus zur Bestellung von Vorstandsmitgliedern nicht geändert und im übrigen diesen auch weiterhin bei der Freistellung Vorrang eingeräumt hat, war in diesem Zusammenhang allein über die Verfassungsmäßigkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung und nicht über die Sach- und Zweckmäßigkeit des von ihm gewählten Verfahrens zu entscheiden. Darüber, ob es im Hinblick auf die begrenzte Berücksichtigung des Höchstzahlverfahrens bei der Freistellung sinnvoller und sachgerechter wäre, dieses auch bei der Vorstandsbestellung einzuführen, hatte der Senat nicht zu befinden.
Nach alledem war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Ernst, Dr. Seibert, Albers, Dr. Vogelgesang
Fundstellen