Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 22.02.2011; Aktenzeichen 10 A 1200/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die Klägerin begehrt Förderung für eine im Zeitraum von November 2005 bis Februar 2008 geplante Ausbildung zur Fachwirtin für Finanzberatung.
Rz. 2
Das Berufungsgericht hat das Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz-AFBG) in der Fassung vom 10. Januar 2002 (BGBl I S. 402), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. März 2005 (BGBl I S. 931 – im Folgenden: AFBG 2005), angewandt und die Klage aus zwei Gründen abgewiesen. Zum einen habe die Klägerin entgegen § 6 Abs. 1 Satz 3 AFBG 2005 nicht glaubhaft gemacht, dass sie bereits von Anfang an die Absicht gehabt habe, nicht nur die Ausbildung zur Fachberaterin, sondern auch die Ausbildung zur Fachwirtin für Finanzberatung abzuschließen. Sie habe sich zunächst nur für den Fachberaterlehrgang, nicht aber für den Fachwirtslehrgang angemeldet. Zum anderen habe die Klägerin nicht – wie von § 9 Satz 3 AFBG 2005 gefordert – nach dem planmäßigen Ende der Vorbereitungskurse im Februar 2008 zur Prüfung zugelassen werden können, weil es ihr nach ihrer eigenen Fortbildungsplanung an der erforderlichen Berufspraxis gefehlt hätte. Anderenfalls scheitere die Förderung an der gesetzlich geforderten Mindeststundenzahl.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 3
Die auf den Zulassungsgrund der Grundsatzbedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.
Rz. 4
1. Soweit sich die Klägerin gegen die auf § 9 Satz 3 AFBG 2005 gestützte Argumentation des Berufungsgerichts wendet, wird der Zulassungsgrund schon nicht in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise dargelegt. Eine ausreichende Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Frage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO ≪n.F.≫ Nr. 26 = NJW 1997, 3328 und vom 9. August 2011 – BVerwG 5 B 15.11 – juris Rn. 2). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.
Rz. 5
Für die Fragen:
“Ist es bei der Ermittlung der persönlichen Eignungsvoraussetzung nach § 9 Satz 3 AFBG, ob der Antragsteller bis zum Abschluss seiner fachlichen Vorbereitung bzw. bis zum letzten Unterrichtstag der Maßnahme die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung erfüllen kann, erforderlich, dass der Antragsteller auch tatsächlich zur Prüfung zugelassen wird oder ist es allein maßgebend, ob der Antragsteller jedenfalls prospektiv aus der Sicht der Antragstellung die Voraussetzungen für die Zulassung (theoretisch) hätte erfüllen können. Ist er dabei auf die im Fortbildungsplan gewählte in der Prüfungsordnung eröffnete Zulassungsmöglichkeit festgelegt oder ist es ausreichend, dass er prospektiv aus der Sicht der Antragstellung nach irgendeiner in der Prüfungsordnung eröffneten Zulassungsmöglichkeit hätte zugelassen werden können.”
behauptet die Beschwerde zwar deren Entscheidungserheblichkeit, ohne sie aber im Einzelnen darzulegen. Es ist auch nicht ohne Weiteres erkennbar, dass die beiden von der Beschwerde formulierten Fragen zu § 9 Satz 3 AFBG 2005 für eine Revisionsentscheidung erheblich wären.
Rz. 6
Denn das Berufungsgericht hat sich hinsichtlich der ersten Frage für die – wohl auch von der Beschwerde favorisierte – prospektive Sicht ab Antragstellung entschieden und ausgeführt, dass schon nach dem bei Antragstellung vorgelegten Fortbildungsplan der Klägerin eine Zulassung zur Prüfung nicht – wie von § 9 Satz 3 AFBG 2005 gefordert – nach Abschluss der fachlichen Vorbereitung möglich gewesen wäre. Eine für die Klägerin günstigere Entscheidung hätte nicht ergehen können, wenn es darauf ankäme, ob die Klägerin retrospektiv betrachtet tatsächlich die Prüfung abgelegt hätte. Denn nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Prüfung zur Finanzwirtin auch tatsächlich nicht abgelegt.
Rz. 7
Auch bei der zweiten Frage nach der Maßgeblichkeit der im Fortbildungsplan gewählten Prüfungszulassungsmöglichkeit fehlt es an der erforderlichen Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, dass die im Fortbildungsplan von der Klägerin angestrebte Zulassungsmöglichkeit maßgeblich sei und dass die Klägerin am geplanten Ende der Vorbereitungszeit im Februar 2008 die nach ihrer eigenen Konzeption erforderliche zweijährige Berufspraxis als Fachberaterin nicht erreicht haben würde. Das Berufungsgericht hat aber zusätzlich ausgeführt, dass die Klage auch bei Berücksichtigung der anderen in Betracht kommenden Zulassungsmöglichkeit keinen Erfolg haben könne. Auch wenn man unterstelle, dass die Klägerin im Februar 2008 eine mindestens sechsjährige fachbezogene Berufspraxis erworben hätte, bestehe kein Förderungsanspruch. Bei dieser Gestaltung der beruflichen Fortbildung werde die erforderliche Mindeststundenzahl nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a AFBG 2005 nicht erreicht (UA S. 18). Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass die sechsjährige Berufspraxis nur unter Verzicht auf den Fachberaterlehrgang erreicht werden könnte und dass der Fachwirtlehrgang für sich genommen keine 400 Stunden umfasst. Mit dieser Alternativbegründung des Berufungsgerichts befasst sich die Beschwerde nicht, so dass die Entscheidungserheblichkeit auch der zweiten Frage zu § 9 Satz 3 AFBG 2005 nicht ausreichend dargelegt ist.
Rz. 8
2. Soweit sich die Beschwerde gegen die auf § 6 Abs. 1 Satz 3 AFBG 2005 gestützte Argumentation des Oberverwaltungsgerichts wendet, fehlt es an der von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorausgesetzten rechtsgrundsätzlichen Bedeutung.
Rz. 9
Die Beschwerde hält in diesem Zusammenhang folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:
“Ist bei einer aus mehreren Abschnitten bestehenden Maßnahme (Maßnahmeabschnitte) der durch eine verbindliche Anmeldung zu erbringende Nachweis der Absicht zur Durchführung einer einheitlichen Gesamtmaßnahme bzw. die Glaubhaftmachung, dass ein übergeordnete(s) Fortbildungsziel von Beginn an angestrebt wurde, zwingend bei Antragstellung zu erbringen und führt eine Verabsäumung dieses Nachweises bzw. dieser Glaubhaftmachung bei Antragstellung zum irreversiblen dauerhaften Verlust des Förderungsanspruchs.”
Rz. 10
Diese Fragen rechtfertigen schon deshalb nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), weil es sich um Fragen ausgelaufenen Rechts handelt. Denn sie beziehen sich auf die Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 3 AFBG 2005, d.h. auf die nach der Rechtsauffassung der Vorinstanzen hier maßgebliche, bis zum 30. Juni 2009 geltende Fassung des Gesetzes vom 31. Oktober 2006 (BGBl I S. 2407). Diese Fassung der Vorschrift ist – wie auch die Beschwerde nicht in Abrede stellt – im Rahmen der Novellierung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes durch das am 1. Juli 2009 in Kraft getretene Gesetz vom 18. Juni 2009 (BGBl I S. 1314 – im Folgenden: AFBG 2009) durch eine Neufassung ersetzt worden und damit ausgelaufen.
Rz. 11
Fragen auslaufenden oder ausgelaufenen Rechts verleihen einer Rechtssache jedoch regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil dieser Zulassungsgrund die Revision eröffnen soll, um Fragen zur Auslegung des geltenden Rechts mit Blick auf die Zukunft richtungweisend zu klären (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 8. Oktober 2007 – BVerwG 3 B 16.07 – juris Rn. 2 f., vom 5. Mai 2009 – BVerwG 3 B 14.09 – juris Rn. 3, vom 5. Oktober 2009 – BVerwG 6 B 17.09 – Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 4, vom 27. Oktober 2010 – BVerwG 5 B 18.10, 5 PKH 5.10 – juris Rn. 5 ff. und vom 29. Dezember 2010 – BVerwG 5 B 42.10 – juris Rn. 3).
Rz. 12
Etwas anderes kann zwar dann gelten, wenn sich die als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage bei den gesetzlichen Bestimmungen, die den außer Kraft getretenen Vorschriften nachgefolgt sind, in gleicher Weise stellt. Dies muss jedoch offensichtlich sein, weil es nicht Aufgabe des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist, in diesem Zusammenhang mehr oder weniger komplexe Fragen des jetzt geltenden Rechts zu klären und die frühere mit der geltenden Rechtslage zu vergleichen (Beschluss vom 5. Oktober 2009 a.a.O. m.w.N.).
Rz. 13
Von einer offensichtlichen Parallelität der alten und neuen Rechtslage kann hier keine Rede sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in seinem Urteil vom 3. März 2011 (BVerwG 5 C 6.10 – juris Rn. 12) offengelassen, ob ein Betroffener nach der hier maßgeblichen älteren Gesetzesfassung im Fall einer aus mehreren Maßnahmeabschnitten bestehenden (Gesamt-)Maßnahme verpflichtet war, neben der entsprechenden Angabe in einem Fortbildungsplan nach § 6 Abs. 1 Satz 3 AFBG 2005 auch seine Absicht glaubhaft zumachen, die gesamte Maßnahme tatsächlich durchführen zu wollen. Der Senat hat jedoch der Ansicht der Vorinstanz (VGH Mannheim, Urteil vom 5. November 2009 – 12 S 662/07 – juris Rn. 51) nicht widersprochen, dass durch die Neufassung des § 6 Abs. 1 AFBG 2009 für die Zukunft eine Klarstellung erfolgt ist. Für ein solches Verständnis spricht der Wortlaut des neuen § 6 Abs. 1 Satz 6 AFBG 2009, in dem von einem “glaubhaft gemachten übergeordneten Fortbildungsziel” die Rede ist. Ferner legen die Gesetzgebungsmaterialien dieses Verständnis nahe, weil dort mit Blick auf die vorliegenden Gesamtmaßnahmen ausgeführt wird, dass das übergeordnete Fortbildungsziel, d.h. die Gesamtqualifikation, von Beginn an angestrebt werden müsse und dass dies glaubhaft zu machen sei. Die Antragsteller und Antragstellerinnen müssten sich zu allen zur Erreichung des übergeordneten Fortbildungsziels notwendigen Lehrgängen angemeldet haben (BTDrucks 16/10996 S. 24). Daher liegt die Annahme nahe, dass sich die von der Klägerin aufgeworfenen Auslegungszweifel zu § 6 Abs. 1 Satz 3 AFBG 2005 nur auf die alte Rechtslage beschränken und keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung mehr für die Zukunft haben.
Rz. 14
Ausgelaufenes Recht kann ferner auch dann ausnahmsweise von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn es noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage, für die die Beschwerdeführerin darlegungspflichtig ist (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 m.w.N.), ist nichts vorgetragen und ersichtlich.
Rz. 15
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Rz. 16
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Unterschriften
Hund, Dr. Häußler, Dr. Fleuß
Fundstellen