Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 2 A 12126/99) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. April 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für die mit ihr begehrte Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wegen Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind nicht gegeben.
1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine grundsätzliche, höchstrichterlich bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren im erstrebten Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. u.a. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫).
a) Die vom Kläger als vermeintlich rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage, „ob bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Versetzungsverfügung auf den Kenntnisstand des letzten Verwaltungshandelns oder auf die letzte mündliche Verhandlung abzustellen ist”, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits entschieden. Die Versetzung eines Beamten ist ein belastender Verwaltungsakt, dessen Rechtmäßigkeit das Gericht im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 27. März 1998, überprüft. Denn das materielle Recht gebietet auch unter dem von der Beschwerde hervorgehobenen Gesichtspunkt der Dauerhaftigkeit der Maßnahme keine Abweichung von der prozessrechtlichen Regel, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung bei einer Anfechtungsklage die letzte Verwaltungsentscheidung ist (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 7. März 1968 – BVerwG 2 C 137.67 – Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 9 S. 51 und vom 16. Oktober 1997 – BVerwG 2 C 7.97 – BVerwGE 105, 267 ≪269≫ jeweils m.w.N.).
b) Die weitere Frage, „ob der Kläger bei Störungen des Betriebsfriedens im Amt, die erkennbar und unstreitig ihre Ursachen nicht nur in seiner Person hatten, noch versetzt werden durfte und konnte, wenn sich umgekehrt abzeichnete, dass der Mitverursacher vorzeitig in den Ruhestand tritt”, würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Das Berufungsgericht hat ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung des Klägers nicht allein wegen des gestörten Vertrauensverhältnisses zu dem damaligen Behördenleiter bejaht. Es hat vielmehr im Einzelnen dargelegt, der Dienstherr habe auch für die Zeit nach der Versetzung des Finanzamtsleiters in den Ruhestand von langwährenden erheblichen personellen und organisatorischen Nachwirkungen der Konfliktsituation in der Behörde ausgehen müssen und deshalb zu Recht eine im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung fortbestehende dienstliche Notwendigkeit der Versetzung des Klägers angenommen.
c) Keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist, „ob ein Beamter mit einer Dienstzugehörigkeit von ca. 18 Jahren auf einen Dienstposten versetzt werden kann, der nach internen Dienstregelungen Regierungsräten zur Anstellung vorbehalten ist”. Der Dienstherr kann aus jedem sachlichen Grund den dienstlichen Aufgabenbereich eines Beamten ändern, solange diesem ein seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechender Dienstposten verbleibt (stRspr; vgl. u.a. BVerwGE 89, 199 ≪201≫ m.w.N.). Besonderheiten des bisherigen Aufgabenbereichs, insbesondere einer Vorgesetzten- oder Leitungsfunktion, kommt keine das Ermessen des Dienstherrn einschränkende Bedeutung zu (vgl. u.a. BVerwGE 89, 199 ≪201≫). Der Beamte hat lediglich einen Anspruch darauf, „amtsgemäß”, d.h. entsprechend seinem Amt im statusrechtlichen und abstrakt-funktionellen Sinne beschäftigt zu werden, und kann die Übertragung eines entsprechenden Amtes im konkret-funktionellen Sinne, d.h. eines amtsangemessenen Aufgabenbereichs verlangen (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 27. Februar 1992 – BVerwG 2 C 45.89 – Buchholz 237.8 § 56 RhPLBG Nr. 1 S. 3 f. m.w.N.; Beschluss vom 10. November 1998 – BVerwG 2 B 91.98 – Buchholz 237.9 § 33 SaarLBG Nr. 1 S. 2). Das Berufungsgericht hat angenommen, der dem Kläger bei dem Finanzamt W. übertragene Dienstposten sei amtsangemessen. Ob dies zutrifft, ist keine rechtsgrundsätzliche Frage.
d) Nicht zur Zulassung der Revision führen die Fragen, ob eine Versetzungsmaßnahme mit objektiv diskriminierender Wirkung für den Kläger als Strafsanktion verstanden werden müsse, die nur im Rahmen eines Disziplinarverfahrens zulässig sei, und ob durch eine Versetzung in solcher Weise das Disziplinarrecht auf unabsehbare Dauer umgangen werde. Denn diese Fragen beruhen auf der Prämisse eines objektiv diskriminierenden Versetzungsakts, für den nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die nicht mit begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind, keine Anhaltspunkte bestehen.
e) Sofern die Beschwerde die rechtliche Bewertung des Hilfsantrags des Klägers durch das Berufungsgericht als neuen Antrag auf Versetzung an das Finanzamt M.-Mitte im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beanstandet, hat sie weder eine konkrete Rechtsfrage, die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird, bezeichnet noch auf den Grund hingewiesen, der die Anerkennung der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll.
2. Zu Unrecht rügt die Beschwerde, das angefochtene Urteil weiche von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Januar 1967 – BVerwG 6 C 58.65 – (BVerwGE 26, 65) ab. Eine Abweichung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur vor, wenn das Berufungsgericht in einer entscheidungserheblichen abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift anderer Rechtsauffassung ist als das Bundesverwaltungsgericht (vgl. u.a. BVerwGE 27, 155 ≪156 f.≫; Beschluss vom 30. Juni 1988 – BVerwG 2 B 89.87 – Buchholz 421.20 Hochschulpersonalrecht Nr. 38 S. 20 m.w.N.). Diesen Rechtssatzwiderspruch zeigt die Beschwerde nicht auf.
3. Ohne Erfolg bleiben schließlich die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Einen vermeintlichen Verstoß des Berufungsgerichts gegen seine Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) legt die Beschwerde nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dar. Eine Aufklärungsrüge erfordert zum einen die substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände aus der materiellrechtlichen Sicht des Berufungsgerichts Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. u.a. BVerwGE 55, 159 ≪169 f.≫). Zum anderen muss dargelegt werden, dass bereits im Berufungsverfahren, insbesondere in der mündlichen Berufungsverhandlung, auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit der bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. u.a. BVerwGE 74, 222 ≪223 f.≫).
Diesen Darlegungsanforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Es lässt zunächst außer Acht, dass für den Umfang der verfahrensrechtlichen Aufklärungspflicht des Tatsachengerichts dessen materielle Rechtsauffassung maßgebend ist; ob diese Rechtsauffassung zutrifft, ist keine Frage der Aufklärungspflicht, sondern des anzuwendenden materiellen Rechts (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 22. Februar 1996 – BVerwG 2 C 12.94 – Buchholz 237.6 § 86 NdsLBG Nr. 4 S. 10 m.w.N.). Einen aus der materiellrechtlichen Sicht des Berufungsgerichts bestehenden Aufklärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Soweit sie geltend macht, das Berufungsgericht habe den Hilfsantrag des Klägers in einen Antrag auf Versetzung vom Finanzamt W. zum Finanzamt M.-Mitte umgedeutet und dabei die Prüfung unterlassen, ob die ursprüngliche Versetzungsverfügung wegen der im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bestehenden Tatsachenlage noch aufrechterhalten werden durfte, wird ein Verstoß gegen materielles Recht geltend gemacht.
Dies gilt ebenso für die Rüge, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, eine Versetzung beider Kontrahenten hätte zu weiteren Belastungen des Dienstbetriebs geführt, wie für die Rüge, das Berufungsgericht habe die Fürsorgeverpflichtung des Beklagten angesichts der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht hinreichend gewürdigt. Auf das bevorstehende Ausscheiden des Behördenleiters kam es nach der materiellen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ebenfalls nicht an.
b) Kein Aufklärungsmangel wird mit dem Vorbringen bezeichnet, dass das Berufungsgericht von der mangelnden Bereitschaft des Klägers zu seiner Umsetzung von der Rechtsbehelfsstelle in ein Körperschaftssachgebiet ausgegangen sei, obwohl der Kläger im Schriftsatz vom 28. Januar 2000 vorgetragen habe, mit dieser Umsetzung einverstanden gewesen zu sein. Denn der Kläger hat in diesem Schriftsatz selbst eingeräumt, dass er mit Blick auf eine bevorstehende Regelbeurteilung Bedenken gegen seinen Einsatz in einem anderen Sachgebiet geäußert habe.
Im Übrigen lässt die Beschwerde unberücksichtigt, dass § 86 Abs. 1 VwGO es dem Tatsachengericht nicht verwehrt, für seine tatsächlichen Feststellungen das Vorbringen der Beteiligten zu verwerten, soweit es ihm überzeugend erscheint und nicht durch anderweitiges Parteivorbringen schlüssig in Frage gestellt worden ist (vgl. u.a. Beschluss vom 18. Juli 1997 – BVerwG 5 B 156.96 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 281 S. 27 m.w.N.). Die Beschwerde räumt ausdrücklich ein, dass dem in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz selbst erschienenen und anwaltlich vertretenen Kläger vom Berufungsgericht Gelegenheit gegeben worden ist, zu dem im angefochtenen Urteil verwerteten Sachvortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen. Dass der Kläger den Vortrag des Beklagten durch substantiiertes Gegenvorbringen schlüssig in Frage gestellt hat, legt sie nicht dar. Nach dem Beschwerdevorbringen hat der Kläger lediglich das dienstliche Bedürfnis für seine Versetzung bezweifelt, während seine Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz keinen eigenen Sachbeitrag zur Sachaufklärung erbracht hat. Die Beschwerde bezeichnet auch keine Beweismittel, deren das Berufungsgericht sich hätte bedienen sollen. Ein zu erwartendes konkretes Aufklärungsergebnis wird ebenfalls nicht angegeben. Dass und aus welchen Gründen sich dem Berufungsgericht gleichwohl ohne einen Beweisantrag des anwaltlich vertretenen Klägers und ohne dessen sonstiges Hinwirken auf die von ihm nunmehr nachträglich vermisste weitere Sachaufklärung deren Notwendigkeit hätte aufdrängen sollen, ist danach weder dargetan noch sonst wie erkennbar.
Ebenso wenig ist die gerügte vermeintliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör schlüssig dargelegt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele
Fundstellen