Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die hier allein erhobene und statthafte Abweichungsrüge greift nicht durch (§ 86 BaWüPersVG i.V.m. § 108 Abs. 1 BPersVG und § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 92 a Satz 1 ArbGG). Der angefochtene Beschluss weicht nicht von den in der Beschwerdebegründung bezeichneten Senatsbeschlüssen vom 10. August 1987 – BVerwG 6 P 22.84 – (BVerwGE 78, 65) und vom 26. Januar 1994 – BVerwG 6 P 21.92 – (BVerwGE 95, 73) ab.
Zwar verhalten sich die zitierten Beschlüsse zu Art und Umfang der Unterrichtungspflicht des Dienststellenleiters im Zusammenhang mit der Mitbestimmung des Personalrates bei personellen Einzelmaßnahmen, während es in der vorliegenden Sache um den Spezialfall der Zustimmung des Personalrats zur außerordentlichen Kündigung eines Personalratsmitgliedes nach der in allen Bundesländern unmittelbar geltenden Vorschrift des § 108 Abs. 1 BPersVG geht. Gleichwohl sind die zitierten Beschlüsse einschlägig, soweit sie Aussagen zum allgemeinen Informationsanspruch der Personalvertretung enthalten. Denn § 68 Abs. 2 BPersVG bzw. § 68 Abs. 2 BaWüPersVG nimmt Bezug auf alle Aufgaben der Personalvertretung, also auch auf ihre Befugnisse bei der außerordentlichen Kündigung eines ihrer Mitglieder. Hingegen ist in der Senatsrechtsprechung geklärt, dass entgegen der – insoweit übereinstimmenden – Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs und der Beteiligten die Bestimmungen über die außerordentliche Kündigung von Beschäftigten ohne personalvertretungsrechtliche Funktionen – hier § 77 Abs. 3 BaWüPersVG – neben der Spezialvorschrift des § 108 Abs. 1 BPersVG nicht zur Anwendung kommen (vgl. Beschluss vom 30. April 1998 – BVerwG 6 P 5.97 – Buchholz 251.51 § 40 MVPersVG Nr. 1 S. 8 f.).
1. Der angefochtene Beschluss steht zunächst nicht im Widerspruch zu den in der Beschwerdebegründung angeführten Senatsentscheidungen, soweit es um den Adressaten der Unterrichtungspflicht des Dienststellenleiters geht. In den zitierten Beschlüssen wird – in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Grundregel – davon ausgegangen, dass die Informationspflicht gegenüber „der Personalvertretung” zu erfüllen ist. Einen davon abweichenden Rechtssatz hat der Verwaltungsgerichtshof weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt. Insbesondere lässt sich dem angefochtenen Beschluss keine Aussage des Inhalts entnehmen, dass es genügt, wenn einzelne Mitglieder des Personalrats unter Ausschluss der anderen unterrichtet werden. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof die Anwesenheit eines Personalratsmitgliedes im Gesprächstermin vom 17. Oktober 2000 ersichtlich in der Erwartung genügen lassen, dieses Personalratsmitglied werde das einzige noch in Betracht kommende weitere Personalratsmitglied über Verlauf und Inhalt des Gesprächstermins unterrichten und damit den notwendigen Informationsstand der Personalvertretung insgesamt sicherstellen. Dass nicht auch auf diese Weise der Informationspflicht nach § 68 Abs. 2 BaWüPersVG Rechnung getragen werden kann, lässt sich den zitierten Senatsbeschlüssen nicht entnehmen. Dass die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, ergibt sich aus der bei den Gerichtsakten befindlichen Niederschrift über die Sitzung des Beteiligten zu 1 vom 26. Oktober 2000.
2. Wie sich aus der in der Beschwerdebegründung zitierten Senatsrechtsprechung gleichfalls ergibt, muss die dem Dienststellenleiter obliegende Unterrichtung so umfassend erfolgen, dass der Personalrat alle entscheidenden Gesichtspunkte kennt, die für die Ausübung des Beteiligungsrechts von Bedeutung sein können (vgl. Beschluss vom 10. August 1987 a.a.O. S. 68; Beschluss vom 26. Januar 1994 a.a.O. S. 76). Einen davon abweichenden Rechtssatz hat der Verwaltungsgerichtshof nicht aufgestellt. Solches ergibt sich nicht mittelbar daraus, dass er es ersichtlich als unschädlich angesehen hat, dass der Aktenvermerk des für die Antragstellerin handelnden Personalamts der Stadt Baden-Baden über den Gesprächstermin vom 17. Oktober 2000 dem Beteiligten zu 1 nicht zugeleitet worden ist. Denn dieser Aktenvermerk vom 18. Oktober 2000, welchen die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 25. Juni 2001 zu den Gerichtsakten gereicht hat, enthält lediglich die Wiedergabe der anwesenden Personen, die Feststellung, dass die Kündigungsgründe ausführlich dargelegt wurden, die Ablehnung des angebotenen Auflösungsvertrages durch den Beteiligten zu 2 sowie die Ankündigung des Bescheides der Hauptfürsorgestelle. Hingegen fehlt eine inhaltliche Darstellung der Kündigungsgründe sowie der Diskussion dazu, sodass der Aktenvermerk für die erneute Meinungsbildung des Beteiligten zu 1 keine Bedeutung erlangen konnte.
Die weitere Annahme in der Beschwerdebegründung, die Antragstellerin habe trotz der Erkenntnisse aus dem Gesprächstermin vom 17. Oktober 2000 den Beteiligten zu 1 nicht erneut um Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ersucht, trifft nicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat Gegenteiliges festgestellt (BA S. 11 unten/12 oben: „wiederholte Gelegenheit zur Stellungnahme”). Der Senat kann die Richtigkeit dieser Feststellung anhand der Gerichtsakten bestätigen: Danach hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. Oktober 2000 dem Beteiligten zu 1 unter Bezugnahme auf das Gespräch vom 17. Oktober 2000 erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (Anlage zum Schriftsatz der Beteiligten vom 24. November 2000).
Freilich hat die bereits erwähnte Sitzung des Beteiligten zu 1 vom 26. Oktober 2000, in welcher die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2 erneut abgelehnt wurde, erst stattgefunden, nachdem – ein Tag zuvor – der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung bereits beim Verwaltungsgericht eingegangen war. Dass der Antrag allein deswegen abweisungsreif war, ist den in der Beschwerdebegründung zitierten Senatsbeschlüssen schon deswegen nicht zu entnehmen, weil sich diese nicht zum speziellen Verfahren nach § 47 Abs. 1 bzw. § 108 Abs. 1 BPersVG verhalten. Der Beschluss vom 26. Januar 1994 hat ausschließlich den Informationsanspruch selbst zum Streitgegenstand, und zwar im Zusammenhang mit der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten. Aus dem Beschluss vom 10. August 1987 ergibt sich, dass die Erklärungsfrist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BaWüPersVG erst mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Personalrat ausreichend unterrichtet worden ist (a.a.O. S. 68). Dieser Grundsatz kann jedoch auf das Verfahren wegen Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Personalratsmitgliedes nicht übertragen werden. Dessen Zustimmung gilt auch dann nicht als erteilt, wenn er sich nicht oder nicht fristgemäß äußert. Fehlt es an der Zustimmung, so bedarf es in jedem Fall der gerichtlichen Entscheidung (§ 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG).
Im Übrigen ist in der Senatsrechtsprechung geklärt, dass der Ersetzungsantrag des Dienststellenleiters nicht schon deswegen unzulässig ist, weil es für die Beurteilung der Frage, ob die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist, noch weiterer gerichtlicher Ermittlungen bedarf. Rechte der Personalvertretung und des von der Kündigungsabsicht betroffenen Personalratsmitgliedes werden dadurch nicht berührt. Sie erhalten im gerichtlichen Verfahren rechtliches Gehör (vgl. Beschluss vom 3. Mai 1999 – BVerwG 6 P 2.98 – Buchholz 250 § 108 BPersVG Nr. 3 S. 5).
Unterschriften
Bardenhewer, Gerhardt, Büge
Fundstellen