Verfahrensgang
VG Halle (Saale) (Urteil vom 24.08.2006; Aktenzeichen 2 A 371/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 24. August 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Mit Bescheid vom 25. November 2005 stellte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt – Nebenstelle Dessau – fest, dass der Kläger politisch Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG sei und die Verfolgungszeit vom 1. September 1974 bis zum 30. Juni 1980 gedauert habe. Der darüber hinausgehende Antrag auf Erteilung einer Rehabilitierungsbescheinigung nach § 17 Abs. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) wurde unter Verweis auf § 4 BerRehaG abgelehnt. Der Kläger habe zum einen in der Zeit vom 7. November 1984 bis zum 16. Mai 1988 aufgrund handschriftlicher Verpflichtung freiwillig für das Arbeitsgebiet I der Kriminalpolizei unter dem Decknamen “…” konspirativ gearbeitet. Zum anderen habe er sich am 12. Oktober 1988 freiwillig handschriftlich zu einer konspirativen Tätigkeit unter dem Decknamen “…” für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR verpflichtet und bis zu dessen Auflösung ausführlich zur Person und Familie der Operativen Personenkontrolle (OPK) “…” berichtet; für seine guten Tätigkeiten habe er 1988/1989 Prämien und Präsente im Gesamtwert von 960 M/DDR erhalten.
Das Verwaltungsgericht hat die gegen diesen Bescheid erhobene Klage zurückgewiesen, da Ausschließungsgründe nach § 4 BerRehaG vorlägen.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg. Ein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf dem das Urteil beruht, liegt nicht vor.
Die Beschwerde hält dem Verwaltungsgericht eine Verletzung der Aufklärungs- und Ermittlungspflicht sowie die Verletzung rechtlichen Gehörs vor. Der Kläger habe im Vorverfahren keine vollständige Akteneinsicht erhalten und erst in der mündlichen Verhandlung von einem Rundschreiben seines früheren Arbeitgebers erfahren, woraus sich nach Ansicht des Beklagten ergeben habe, dass der Kläger nach dem 30. Juni 1980 keine Benachteiligung im Sinne des Rehabilitierungsgesetzes erlitten habe. Nach entsprechender Akteneinsicht während einer Sitzungsunterbrechung habe er dann sinngemäß ausführt, auch nach dem 30. Juni 1980 sei er im Hydrierwerk lediglich als Arbeitsnormer eingesetzt gewesen und aufgrund von Warnungen gezwungen gewesen, die kriminellen Vorgänge der Kriminalpolizei zur Anzeige zu bringen. Diese Erklärung habe das Gericht nicht zur Kenntnis genommen, sondern ausgeführt (S. 5 des Urteils), der Kläger habe die Zusammenarbeit ohne erkennbaren Zwang fortgeführt und ausgedehnt. Bei der Prüfung der Ausschließungsgründe nach § 4 BerRehaG hätte das Gericht im Einzelnen die Situation des Klägers würdigen und die von ihm vorgetragene und sich aus den Akten ergebende Zwangssituation berücksichtigen müssen.
Soweit der Kläger seine Rügen mangelnder Sachverhaltsaufklärung und Verletzung rechtlichen Gehörs auf die Behauptung stützt, auch nach dem 30. Juni 1980 noch keine gleichwertige Tätigkeit ausgeübt zu haben, geht die Rüge ins Leere. Denn nach der Feststellung der Dauer seiner Verfolgungszeit vom 1. September 1974 bis zum 30. Juni 1980 beschränkte sich der Streitgegenstand seiner Klage nach dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag auf die Frage, ob in seiner Person Ausschließungsgründe gemäß § 4 BerRehaG vorliegen.
Auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag zur mangelnden Freiwilligkeit der konspirativen Zusammenarbeit mit dem Arbeitsgebiet I der Kriminalpolizei und dem MfS nicht zur Kenntnis genommen und gewürdigt, geht fehl. Dieser Vortrag bezog sich im Wesentlichen auf die Situation bei seiner Anwerbung durch das Arbeitsgebiet I der Kriminalpolizei im Jahre 1984. Das Gericht hat ihn zusammenfassend dahin gewürdigt, es verkenne nicht die schlechte betriebliche Situation, die sich besonders belastend auf den Kläger und seine Frau ausgewirkt habe. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem klägerischen Vorbringen war insoweit nicht geboten, weil es nach den weiteren Ausführungen des Urteils darauf nicht ankam. Dieses stellt nämlich entscheidend darauf ab, dass der Kläger die Zusammenarbeit später ohne erkennbaren Zwang fortgeführt und ausgedehnt habe. Dazu weist es insbesondere auf die Berichte des Klägers über Person und Familie “…” hin. Dieser Vorgang stand im Zusammenhang mit der im Oktober 1988 abgegebenen handschriftlichen Verpflichtungserklärung als Inoffizieller Mitarbeiter (IMS) des Ministeriums für Staatssicherheit. Dies hat das Gericht zu Recht als gravierende Ausdehnung der Spitzeltätigkeit des Klägers gewertet. Der Kläger hat weder in der Vorinstanz noch mit der Beschwerde geltend gemacht, dass er sich dabei – noch – in einer unausweichlichen Zwangslage befunden habe.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Kley, van Schewick, Dr. Dette
Fundstellen