Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 30.07.2015; Aktenzeichen 29 K 96.13) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 28 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Sie ist weder wegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (a) noch wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts noch wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (b) zuzulassen.
Rz. 2
a) Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch aus § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt, dass es Tatsachen, die die Kläger mit ihrer Klage vom 20. April 2013 und mit nachfolgendem Schriftsatz vom 10. Mai 2013 vorgetragen haben, „nicht zur Kenntnis genommen bzw. völlig unzutreffend bewertet” hat.
Rz. 3
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen sich jedoch nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas anderes gilt nur, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juli 2003 – 2 BvR 624/01 – NVwZ-RR 2004, 3; BVerwG, Beschlüsse vom 15. September 2011 – 5 B 23.11 – juris Rn. 9 und vom 30. Juni 2015 – 5 B 43.14 – juris Rn. 7). Daran gemessen liegt der angebliche Verfahrensfehler nicht vor.
Rz. 4
Die Kläger rügen, das Verwaltungsgericht habe in dem angegriffenen Urteil rechtsfehlerhaft angenommen, die von der Beigeladenen des vorausgegangenen Verfahrens im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung an die damaligen Kläger ausschließlich für die Hausgrundstücke M.straße 86 – 89 gezahlten 800 000 EUR seien „auch auf die bebauten Hausgrundstücke B. Straße 28b und 28c aus dem Klagantrag vom 20.04.2013 zugunsten des Landes Berlin, der Beklagten, als Entschädigung anzurechnen” (S. 8 der Beschwerdebegründungsschrift). Es treffe nicht zu, dass die sachverständigen Ausführungen – wie von Seiten des Verwaltungsgerichts angenommen – auch so hätten verstanden werden können, dass der Wert des gesamten Grundstücks unabhängig von der Frage, inwieweit der Restitutionsausschluss greife, lediglich unter Abzug der nicht vom Alteigentümer errichteten Bauten habe ermittelt werden sollen (UA S. 6). Fehl gehe die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der in dem vorausgegangenen Rechtsstreit außergerichtlich zustande gekommenen Einigung habe eine „Wertermittlung” zugrunde gelegen, „wonach das Gebäude M.straße 86 – 89 (Altbebauung) nebst der Gesamtfläche des Flurstückes … einen Ertragswert von 666 000 EUR gehabt habe” (UA S. 3). Das Gericht habe insoweit übersehen, dass die in dem Vorverfahren seitens der seinerzeitigen Beigeladenen allein mit der Erstellung einer internen Kalkulationsgrundlage beauftragte Sachverständige mehrfach erklärt habe, dass auftragsgemäß nur das restituierbare Teilgrundstück M.straße 86 – 89 bewertet werden solle und die Objekte B. Straße 28a, 28b und 28c bei der Wertermittlung außen vor blieben. Der Grundstückswert von 666 000 EUR habe sich nach dem Willen der damaligen Beteiligten ausschließlich auf die Teilflächen im Bereich der Gebäude M.straße 86 – 89 und nicht auf die gesamten Grundstücksflächen der „dort” genannten Flurstücke und des späteren Flurstücks … bezogen (S. 5 ff. der Beschwerdebegründungsschrift).
Rz. 5
Der gerügte Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht ist ausgehend von der ausdrücklich als entscheidungserheblich angesehenen Frage, ob die Vergleichszahlung den Vermögensverlust vollständig oder nur zum Teil ausgeglichen hat, und unter Einbeziehung der Unterlagen des außergerichtlichen Vergleichs „[e]ntgegen der Auffassung der Kläger” davon ausgegangen, dass „das prozessuale Verhalten im Vorprozess VG 22 A 200.02 nicht so verstanden werden [könne], dass die Vergleichssumme nur auf den Altbauanteil des Grundstücks geleistet worden wäre”. Zwar habe der Vergleichsschluss darauf beruht, „dass eine teilweise Naturalrestitution des Grundstücksteils mit der Altbebauung und dementsprechend Entschädigung nur für den nicht restituierbaren Grundstücksteil mit der Neubebauung im Raum” gestanden habe; zu einer entsprechenden Regelung sei es „im Vergleich jedoch nicht gekommen”. „Aus dem Sachverständigengutachten [ergebe] sich nicht, dass dort nur der (angenommen) restituierbare Grundstücksteil bewertet worden wäre”. Zwar seien die Plattenbauten ausdrücklich von der Bewertung ausgenommen worden; als Bodenwert sei jedoch die gesamte Fläche des Flurstücks von 3 095 m² angesetzt worden und in diesem Umfang auch in die Wertberechnung eingeflossen. Hinzu komme, dass das Gutachten nicht Gegenstand des Vergleichs, sondern lediglich Grundlage für die Ermittlung der Vergleichszahlung gewesen sei. Schließlich sei dem Vergleich selbst nicht zu entnehmen, dass sich die Zahlung lediglich auf den Altbauanteil habe beziehen sollen (UA S. 6). Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass sich das Verwaltungsgericht ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt mit dem zentralen Vorbringen der Kläger auseinandergesetzt und dieses im Rahmen seiner Entscheidungsfindung gewürdigt hat.
Rz. 6
Im Kern wendet sich die Beschwerde dagegen, dass das Verwaltungsgericht dem Vortrag der Kläger nicht gefolgt ist und eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat. Damit kann eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs indes nicht begründet werden (BVerwG, Beschluss vom 6. August 2012 – 5 B 55.12 – juris Rn. 3).
Rz. 7
Soweit die Beschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs der Erbengemeinschaft C. D. u.a. wohl im Wege der Prozessstandschaft beanstandet, kann dahingestellt bleiben, ob dies überhaupt zulässig ist (BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1986 – 1 BvR 857/85 – BVerfGE 72, 122 ≪131≫). Der gerügte Verstoß liegt aus den aufgezeigten Gründen jedenfalls nicht vor.
Rz. 8
b) Soweit sich die Kläger des Weiteren auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO berufen und die Nichtzulassung der Revision durch das Verwaltungsgericht mit der Begründung angreifen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und die Sache weise besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf, hat die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg, weil die Gründe, die zur Zulassung der Revision führen können, in § 132 Abs. 2 VwGO abschließend geregelt sind. Zu diesen gehören die von der Beschwerde genannten Gründe nicht. Die Vorschriften über die Zulassung der Berufung sind insoweit nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2012 – 5 B 10.12 – juris Rn. 2).
Rz. 9
2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Rz. 10
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG.
Unterschriften
Vormeier, Dr. Fleuß, Dr. Harms
Fundstellen