Entscheidungsstichwort (Thema)
Hundesteuer. örtliche Aufwandsteuer. Halterbegriff. Steuerpflicht für den Hund eines Haushaltsmitglieds
Leitsatz (amtlich)
Der bundesverfassungsrechtliche Begriff der Aufwandsteuer (Art. 105 Abs. 2a GG) steht einer satzungsrechtlichen Bestimmung nicht entgegen, die als Hundehalter und damit als Schuldner der Hundesteuer denjenigen bezeichnet, der einen Hund im Interesse seiner Haushaltsangehörigen in seinen Haushalt aufgenommen hat.
Normenkette
GG Art. 105 Abs. 2a
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Beschluss vom 14.07.1997; Aktenzeichen 4 B 96.3575) |
VG München (Entscheidung vom 29.08.1996; Aktenzeichen 10 K 96.358) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juli 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren sowie – unter Änderung der Streitwertfestsetzung in dem angefochtenen Beschluß – für die beiden vorangegangenen Rechtszüge auf jeweils 750 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung in der mit der Beschwerde innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO bezeichneten Richtung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
1. Die Beschwerde macht zunächst die vermeintliche Ungültigkeit des § 2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 der Hundesteuersatzung der Beklagten wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot geltend. Dieser Rüge ist nicht weiter nachzugehen, weil die Beschwerde insoweit die für die Revisionszulassung erforderliche Klärungsbedürftigkeit einer bundesrechtlichen Frage nicht in prozeßordnungsgemäßer Weise (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) dargelegt hat. Umfang und Bedeutung des bundesverfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) sind – soweit dies in abstrakter und genereller Weise möglich ist – durch eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen näher umrissen. Die Beschwerde hätte unter diesen Umständen unter Erörterung der bereits vorliegenden Rechtsprechung dartun müssen, inwiefern weiterer Klärungsbedarf mit Blick auf das Bundesrecht besteht. Der bloße Hinweis darauf, daß landesrechtliche Bestimmungen mit dem – in seiner Bedeutung unstreitigen – Bundesrecht nicht in Einklang stünden und die gegenteilige Entscheidung des Berufungsgerichts deshalb falsch sei, genügt hierfür nicht (stRspr, vgl. Beschluß vom 3. Mai 1995 – BVerwG 1 B 222.93 – Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 2 S. 1 ≪5≫ m.w.N.). Im übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern die maßgebliche Satzungsbestimmung (“Hundehalter ist, wer einen Hund im eigenen Interesse oder im Interesse seiner Haushalts- oder Betriebsangehörigen aufgenommen hat”) gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen sollte; sie hat einen zumindest im Wege der Auslegung hinreichend bestimmbaren Inhalt.
2. Die mit Schriftsatz vom 18. November 1997 ausgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO vorgebracht worden sind. Sie sind deshalb ohne weiteres unbeachtlich.
3. Die bereits innerhalb der Frist sinngemäß aufgeworfene und in dem verspäteten Schriftsatz vom 18. November 1997 lediglich präzisierte Frage nach der Vereinbarkeit der satzungsrechtlichen Steuerschuldnerbestimmung mit dem bundesverfassungsrechtlichen Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG vermittelt der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist mit dem Berufungsgericht zu bejahen, ohne daß es hierzu der Vertiefung durch ein Revisionsverfahren bedürfte.
a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, daß die Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern (Urteile vom 10. Oktober 1995 – BVerwG 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303 ≪304 f.≫ und vom 6. Dezember 1996 – BVerwG 8 C 49.95 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 12 S. 15 ≪16≫; BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325 ≪349≫). Die Hundesteuer ist eine derartige örtliche Aufwandsteuer, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen – wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen – zusätzlichen Vermögensaufwand erfordert; Aufwandsteuern beziehen sich nicht notwendigerweise auf “Luxusgegenstände”. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls bereits entschieden (vgl. Beschluß vom 31. Oktober 1990 – BVerwG 8 B 72.90 – Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 16 S. 2 f. ≪zur Hundesteuer≫ und Urteil vom 29. November 1991 – BVerwG 8 C 107.89 – Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 17 S. 3 ≪5≫).
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, daß der bundesverfassungsrechtliche Begriff der Aufwandsteuer einer Satzungsbestimmung nicht entgegensteht, die als Hundehalter und damit als Schuldner der Hundesteuer denjenigen bezeichnet, der einen Hund im eigenen Interesse oder im Interesse seiner Haushaltsangehörigen in seinen Haushalt aufgenommen hat. Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof haben dem Begriff der “Aufnahme” in den Haushalt das Merkmal des Einvernehmens, zumindest der Duldung beigemessen. Damit scheidet die Begründung der Steuerpflicht durch den bloßen – ohne Wissen oder gegen den Willen des herangezogenen Haushaltsmitglieds stattfindenden – Aufenthalt eines Hundes im Haushalt des in Anspruch genommenen Steuerschuldners aus. Die danach verbleibenden Sachverhalte lassen typischerweise den Schluß zu, daß das herangezogene Haushaltsmitglied an den Aufwendungen, die die Hundehaltung in einem gemeinsamen Haushalt notwendigerweise erfordert, zumindest in gewissem Umfang beteiligt und deshalb auch ihm – unabhängig von der für den steuerrechtlichen Halterbegriff unerheblichen Eigentumsfrage – die Haltung des Tieres zuzurechnen ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. November 1991 – 2 S 1370/91 – VBlBW 1992, 221 ≪222≫). Auch er betreibt insoweit dann einen über den allgemeinen Lebensbedarf hinausgehenden Aufwand; diese Regel gilt um so mehr, wenn – wie hier – die mit dem herangezogenen Steuerpflichtigen zusammenlebende Eigentümerin des Hundes zeitweilig nur über ein geringes eigenes Einkommen verfügte. Aus welchen Gründen sich der Kläger an den erforderlichen Aufwendungen für deren Hund beteiligt oder beteiligt hat, ist unerheblich (vgl. Beschluß vom 31. Oktober 1990, a.a.O.).
Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht – allerdings in erster Linie unter dem Blickwinkel der Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG – landesrechtliche Regelungen für verfassungsgemäß erachtet, die die Steuerpflicht für Hunde, die in einem Haushalt gehalten werden, unabhängig davon vorsahen, ob der Hund von dem herangezogenen Haushaltsmitglied, dessen Ehepartner, sonstigen Familienangehörigen oder einer in den Haushalt aufgenommenen nicht familienzugehörigen Person – wie zum Beispiel der Lebensgefährtin in einem eheähnlichen Verhältnis – angeschafft worden ist (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1959 – BVerwG VII C 97.58 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 2 S. 2 ≪3 f.≫; Beschluß vom 7. Juli 1975 – BVerwG VII B 44.74 – Buchholz, a.a.O., Nr. 3 S. 1 f.).
c) Der Einwand der Beschwerde, mit dieser Bestimmung des Halterbegriffs werde in unzulässiger Weise ein tatsächlich nicht betriebener Aufwand des herangezogenen Steuerpflichtigen “unterstellt”, greift nicht durch. Der Satzungsgeber kann sich nämlich im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit für eine generalisierende Satzungsregelung entscheiden. Da es sich bei der Erhebung von Steuern um ein Massengeschäft handelt, sind typisierende und generalisierende Regelungen grundsätzlich zulässig, solange die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu den mit ihr notwendig verbundenen Nachteilen stehen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1982, a.a.O., S. 354 f. m.w.N.). Das ist hier ersichtlich der Fall, zumal – wie dargelegt – die Hundehaltung in einem gemeinsamen Haushalt die Duldung oder das Einvernehmen des herangezogenen Haushaltsmitglieds voraussetzt.
In diesem Sinne hat bereits das Preußische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 1911 (PrOVGE 59, 107 ≪111≫) als Hundehalter denjenigen angesehen, der einen Hund “in seinen Haushalt … eingestellt hat, um ihn auf diese Weise seinen Zwecken oder denen seiner Haushaltsangehörigen … während eines Zeitraums von einer gewissen Dauer dienstbar zu machen”. Vergleichbare landesrechtliche Regelungen sind in Rechtsprechung und Literatur bisher nicht in Zweifel gezogen worden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 28. Januar 1982 – 2 S 1373/81 – ZKF 1983, 34 und vom 27. November 1991, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Januar 1997 – 22 A 2455/96 – JURIS-DOK Nr. 509192 = MittNWStGB 1997, 130; vgl. a. Hatopp, KStZ 1982, 145 ≪146≫ und Eigenthaler, KStZ 1987, 61 ff. jeweils m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 und 25 GKG, wobei der Senat dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Neufassung Januar 1996 folgt (NVwZ 1996, 563, vgl. Ziff. 2.1) und den Wert nach dem fünffachen Jahresbetrag bemißt.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Sailer, Golze
Fundstellen
ZKF 1998, 179 |
KStZ 1999, 36 |