Tenor
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
Gründe
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Verfahrenskosten zu entscheiden. Billigem Ermessen im Sinne dieser Vorschrift entspricht es, der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen. Denn die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hätte voraussichtlich keinen Erfolg gehabt.
Die Divergenzrügen hätten nicht durchgegriffen.
Die Vorinstanz hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der im Widerspruch zu der im Senatsurteil vom 18. September 2003 – BVerwG 4 CN 20.02 – (BVerwGE 119, 54) getroffenen Aussage steht, dass es sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst richtet und nicht von der Bezeichnung abhängt, ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat. Das Normenkontrollgericht hat zwar u.a. der “Gestaltung des Drucks”, insbesondere der fehlenden Hervorhebung “durch Fett- und Kursivdruck”, entnommen, dass die Nummer 7.4-1 des Regionalplans Südhessen 2000 “in der von der Regionalversammlung beschlossenen Fassung keinerlei Zielqualität” hat (BA S. 18). Bei dieser Feststellung ist es indes nicht stehen geblieben. Vielmehr hat es der Nr. 7.4-1 die Zielqualität maßgeblich deshalb abgesprochen, weil die dort getroffenen Aussagen lediglich allgemein programmatischen Charakter haben und künftige Prüfungsschritte beschreiben, ohne selbst Anpassungs- oder Beachtensvorschriften zu enthalten. Zudem hat es dargelegt, dass der Regionalplan in diesem Punkt “durch die Nebenbestimmung Nr. 3 der Genehmigung der Landesregierung vom 14. November 2000 inhaltlich verändert” worden ist (BA S. 18). Allerdings hat es auch den in diese Nebenbestimmung aufgenommenen Satz “Hierzu ist eine Erweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren.” nicht als eine an die Antragstellerin gerichtete Zielbestimmung qualifiziert.
Das Normenkontrollgericht hat nicht den im Senatsurteil vom 20. November 2003 – BVerwG 4 CN 5.03 – aufgestellten Rechtssatz infrage gestellt, dass Ziele der Raumordnung den Charakter von Außenrechtsvorschriften haben. Es hat der Formulierung “Hierzu ist eine Erweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren” nicht von vornherein die Außenwirksamkeit abgesprochen. Wenn es den Rechtssatzcharakter dennoch verneint hat, dann beruht dies auf seiner Auffassung, dass der Antragstellerin durch diese Vorgabe “keine unmittelbar wirksamen Beachtenspflichten im Hinblick auf den Flughafenausbau auferlegt” werden (BA S. 19). Diese Wertung mag der Antragstellerin verfehlt erscheinen. Dem Grundtenor des Urteils vom 20. November 2003 läuft sie nicht zuwider. Der Senat hat in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass Ziele der Raumordnung durch die Besonderheit gekennzeichnet sind, nicht gegenüber jedermann unmittelbare Geltung zu beanspruchen. Ob eine kommunale Gebietskörperschaft einer Beachtenspflicht im Sinne des § 4 Abs. 1 ROG unterliegt, hängt davon ab, ob sie zum Adressatenkreis der von ihr angegriffenen Zielvorgabe gehört. Wer von der Bindungswirkung erfasst wird, ist anhand des Aussagegehalts der jeweiligen Zielfestlegung zu ermitteln.
Soweit die Antragstellerin geltend gemacht hat, das Normenkontrollgericht sei in dem angefochtenen Beschluss bei der Beurteilung der Reichweite der Zielbindung von der Auffassung abgewichen, die es im Urteil vom 16. August 2002 – 4 N 455/02 – vertreten habe, war die Divergenzrüge unzulässig. Auf der Grundlage des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn ein Normenkontrollgericht seine eigene Rechtsprechung ändert.
Der Senat hätte die Revision nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Frage, ob es Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG gibt, aus denen für Gemeinden nicht die in § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG postulierte Außenwirkung folgt, hätte keiner Klärung in einem Revisionsverfahren bedurft. Gemeinden unterliegen nicht deshalb, weil sie als Gebietskörperschaften öffentliche Stellen im Sinne des § 3 Nr. 5 ROG sind, durchweg einer Beachtenspflicht. Ob ein bestimmtes Ziel der Raumordnung für sie mit Verbindlichkeitsanspruch ausgestattet ist, hängt davon ab, ob sie zum Adressatenkreis gehören. Richten sich Zielvorgaben an die Träger der Regionalplanung oder der Fachplanung, so erzeugen sie ausschließlich auf diese Behörden beschränkte Außenwirkungen. Von derartigen Zielfestlegungen werden Gemeinden nicht betroffen.
Auch die Verfahrensrügen der Antragstellerin hätten nicht zu einer Revisionszulassung oder zu einer Zurückverweisung der Sache an das Normenkontrollgericht geführt.
Ein Verstoß gegen § 144 Abs. 6 VwGO liegt nicht vor. Der Senat hat im Urteil vom 20. November 2003 (BVerwG 4 CN 5.03) festgestellt, dass Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG Rechtsnormcharakter auch dann haben, wenn der Regionalplan, in dem sie enthalten sind, keine Rechtssatzform vorgibt. Er hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Nr. 7.4-1 des Regionalplans allein oder in Verbindung mit der Auflage Nr. 3 der Genehmigung der Landesregierung Zielqualität hat (vgl. UA S. 18).
Das Normenkontrollgericht brauchte den Sachverhalt nicht in der von der Antragstellerin bezeichneten Richtung weiter zu erforschen, denn von seinem für den Umfang der prozessualen Aufklärungspflicht maßgeblichen materiellrechtlichen Ansatz her scheiterte der Normenkontrollantrag bereits daran, dass die Nr. 7.4-1 des Regionalplans mangels Zieleigenschaft nicht der Normenkontrolle unterliegt.
Der Verwaltungsgerichtshof brauchte keine mündliche Verhandlung durchzuführen. § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO schreibt dies nicht zwingend vor. Die Entscheidung da-rüber, ob eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist, liegt im richterlichen Ermessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1988 – BVerwG 7 NB 3.88 – BVerwGE 81, 139). Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nötigte hier zu keiner anderen Beurteilung. Dahinstehen kann, ob sich die Antragstellerin als Gebietskörperschaft auf diese Bestimmung berufen kann. Der Verwaltungsgerichtshof ist in keine Sachprüfung eingetreten. Er hat den Normenkontrollantrag als unzulässig abgelehnt. Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin war nicht geeignet, der Abwehr einer unmittelbaren Beeinträchtigung des Grundeigentums im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK zu dienen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 – BVerwG 4 CN 9.98 – BVerwGE 110, 203; Beschluss vom 30. Juli 2001 – BVerwG 4 BN 41.01 – Buchholz 140 Art. 6 EMRK Nr. 8).
Der Beschluss vom 26. Juli 2004 weist nicht die Merkmale einer Überraschungsentscheidung auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Prozess keine Wendung gegeben, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 1983 – BVerwG 4 C 20.83 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 135; Beschluss vom 23. Dezember 1991 – BVerwG 5 B 80.91 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 241 und vom 9. Dezember 1999 – BVerwG 6 B 60.99 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 16). Die Formulierung “Hierzu ist eine Erweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren.” taucht sowohl im Landesentwicklungsplan als auch im Regionalplan Südhessen 2000 auf. Wie aus dem Urteil vom 16. August 2002 – 4 N 455/02 – erhellt, hat der Verwaltungsgerichtshof diesem Satz im Landesentwicklungsplan Zielqualität beigemessen. Er hat sich zu dieser Einstufung nicht dadurch in Widerspruch gesetzt, dass er der Nr. 7.4-1 des Regionalplans in der Gestalt der Nebenbestimmung Nr. 3 der Landesregierung im Beschluss vom 26. Juli 2004 einen anderen rechtlichen Standort zugewiesen hat. Aus dem Urteil vom 16. August 2002 ließ sich nicht automatisch ableiten, dass die landesplanerische Vorgabe auch auf der Ebene der Regionalplanung als eine – an die Antragstellerin adressierte – Zielbestimmung durchschlägt. Der Verwaltungsgerichtshof weist auf die unterschiedliche Funktion hin, die der Satz im Landesentwicklungsplan einerseits und im Regionalplan Südhessen 2000 andererseits erfüllt. Nach seiner Wertung enthält der Satz “Hierzu ist eine Erweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren.” den an die Organe der Regionalplanung gerichteten Auftrag, “ein Änderungsverfahren zu dem gerade fertig gestellten Regionalplan durchzuführen und dabei ein bestimmtes Ziel des im Zeitpunkt der Genehmigung noch nicht geltenden Landesentwicklungsplans Hessen 2000 zu beachten.” (BA S. 18). Hieraus folgert er, dass sich “in Bezug auf die Antragstellerin die Wirkung der Nebenbestimmung Nr. 3 der Genehmigung vom 14. November 2000 in dem bloßen Hinweis (erschöpft), dass Nr. 7.4-1 des Regionalplans Südhessen 2000 keinen dauerhaften Bestand haben soll, und dass der Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main in einem Änderungsverfahren zum Regionalplan erarbeitet und verbindlich festgelegt werden soll” (BA S. 19). Aus dieser Begründungsstruktur ergibt sich, dass der Verwaltungsgerichtshof die von ihm im Urteil vom 16. August 2002 vertretene Auffassung im Beschluss vom 26. Juli 2004 nicht aufgegeben, sondern im Gegenteil bekräftigt hat.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und § 72 Nr. 1 GKG.
Unterschriften
Halama, Prof. Dr. Rojahn, Gatz
Fundstellen