Entscheidungsstichwort (Thema)

Astbestsanierung von Schulräumen. Mitbestimmung des Lehrerpersonalrats, keine – bei Asbestsanierung von Schulräumen. organisatorische Angelegenheiten, keine Mitbestimmung bei –. Beteiligteneigenschaft im Beschlußverfahren. keine Rechtsmittelbefugnis eines zu Unrecht am Verfahren Beteiligten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Personalvertretung steht ein Initiativrecht zur Einleitung von Maßnahmen zur Asbestsanierung von Schulräumen nicht zu, weil solche die Aufgabenerfüllung nach außen berührenden Maßnahmen als organisatorische Angelegenheit nach § 104 Satz 3 BPersVG nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung unterliegen.

 

Normenkette

HePersVG § 74 Abs. 1 Nr. 6, § 69 Abs. 3 S. 1, § 111 Abs. 3; BPersVG § 104 S. 3; ArbGG § 83 Abs. 3 S. 1; HeSchG § 158 Abs. 1 S. 1, § 133 Abs. 1, § 147 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 3; HeSchVG § 30 Abs. 1 S. 1, § 32 Abs. 1, §§ 49, 68 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessischer VGH (Beschluss vom 05.11.1992; Aktenzeichen HPV TL 1187/90)

VG Frankfurt am Main (Beschluss vom 07.12.1989; Aktenzeichen I/V L 2940/88)

 

Tenor

Der Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. November 1992 – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – wird aufgehoben, soweit er feststellt, daß dem Antragsteller ein Initiativrecht hinsichtlich der Entfernung sämtlicher asbesthaltiger Stoffe aus der Friedrich-Ebert-Schule in Frankfurt am Main zustehe.

Die Beschwerde des Antragstellers und des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) –, vom 7. Dezember 1989 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 wird verworfen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob hinsichtlich der Entfernung von asbesthaltigen Stoffen in einer Schule ein personalvertretungsrechtliches Initiativ- und Mitbestimmungsrecht besteht.

Bei der Errichtung der F.-E.-Schule in Frankfurt am Main war asbesthaltiges Material verbaut worden, so daß es zu Immissionen in Form von Asbestfasern bzw. Asbeststäuben kam. Bei baulichen Sanierungsmaßnahmen wurden nicht alle asbesthaltigen Materialien entfernt, sondern die verbliebenen Materialien „versiegelt”, u.a. erfolgte die Versiegelung durch einen Überzug mit Silicon. Mit Schreiben vom 19. April 1988 begehrte der antragstellende Personalrat bei dem beteiligten Schulleiter die Entfernung aller asbesthaltigen Baustoffe. Diesen Initiativantrag lehnte der Schulleiter ab. Zur Begründung führte er an, dem Antragsteller fehle die rechtliche Möglichkeit, Maßnahmen gegenüber dem Magistrat der Stadt Frankfurt am Main durchzusetzen, da ihm die Einleitung eines Stufenverfahrens gegenüber dem Schulträger nicht erlaubt sei. In der Folgezeit lehnten auch das Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main und der Regierungspräsident in Darmstadt die Durchführung eines Stufenverfahrens ab.

Am 17. Oktober 1988 hat der Antragsteller das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren eingeleitet. Er hat beantragt, festzustellen, daß ihm erstens ein Initiativ- und Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Entfernung sämtlicher in der Schule verbauten Baustoffe zustehe und daß zweitens gegen die Ablehnung seines Initiativantrages durch den Dienststellenleiter das Stufenverfahren gemäß § 70 HePersVG durchgeführt werden könne. Der Bezirkspersonalrat für Lehrer beim Regierungspräsidium in Darmstadt, der Beteiligte zu 1, hat sich diesen Anträgen angeschlossen. Der als Beteiligter zu 3 aufgeführte Regierungspräsident in Darmstadt hat Zurückweisung des Antrags beantragt.

Das Verwaltungsgericht hat die Anträge mit Beschluß vom 7. Dezember 1989 als unbegründet abgelehnt. Hiergegen haben der Antragsteller und der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren haben der Antragsteller und sämtliche Beteiligte übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit in dem zweiten Teil des Antrags die Feststellung zur Durchführung des Stufenverfahrens begehrt worden war. Insoweit wurde das Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof eingestellt und der Beschluß des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Mai für unwirksam erklärt. Den Antrag hinsichtlich des Mitbestimmungs- und Initiativrechts hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren aufrechterhalten. Der Schulleiter als Beteiligter zu 2 und der Beteiligte zu 3 haben Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Mit Beschluß vom 5. November 1992 hat der Verwaltungsgerichtshof den erstinstanzlichen Beschluß abgeändert und festgestellt, daß dem Antragsteller das begehrte Initiativrecht zustehe. Der Verwaltungsgerichtshof führte zur Begründung aus, bei den beantragten Maßnahmen handle es sich um solche nach § 74 Abs. 1 Nr. 6 HePersVG, nämlich um Maßnahmen zur Verhütung von sonstigen Gesundheitsschädigungen. Dem danach bestehenden Mitbestimmungs- und Initiativrecht des Antragstellers stünde nicht entgegen, daß allein der Schulträger entscheidungsbefugt sei. Ein Mitbestimmungsrecht bestehe, wenn ein gesetzlicher Mitbestimmungstatbestand erfüllt sei. Es entfalle nicht dadurch, daß eine andere Behörde oder ein anderes Organ als der Dienststellenleiter zuständig sei. Das Hessische Personalvertretungsrecht stelle nicht auf die Kompetenz des Dienststellenleiters oder der Körperschaft ab, der dieser angehöre. Aus § 69 Abs. 2 und 3 HePersVG ergebe sich, daß der Dienststellenleiter Ansprechpartner des Personalrats sei. Er habe die Einwände des Personalrats an die zur Entscheidung berufene Stelle weiterzuleiten und umgekehrt den Personalrat über dessen Vorstellungen zu informieren. Komme es nicht zur Einigung, so sei das Stufenverfahren einzuleiten. Stufenvertretung sei hier der Bezirkspersonalrat der Lehrer bei dem Regierungspräsidenten, auf der nächsten Stufe dann der Hauptpersonalrat der Lehrer beim Kultusminister. Eine entgegen dem personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsrecht von der zuständigen Stelle getroffene Entscheidung sei rechtswidrig. Dies gelte auch, wenn diese Stelle am personalvertretungsrechtlichen Verfahren nicht unmittelbar beteiligt sei und ihr Leiter die Beteiligung nicht nach § 83 Abs. 1 Satz 2 HePersVG durchführe. Mitbestimmungsrechte seien auch dann zu beachten, wenn es um die Mitbestimmungsrechte von Personalräten anderer Behörden gehe. Entsprechendes gelte für Initiativrechte.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 und 3. Zu ihrer Begründung tragen sie im wesentlichen vor, daß die Personalvertretung grundsätzlich nur bei Maßnahmen zuständig sei, für die der Dienststellenleiter die Entscheidungsbefugnis besitze und die zum dienstlichen Aufgabenbereich der Dienststelle und der ihr übergeordneten Behörden gehörten. Bei der Asbestsanierung gehe es hingegen allein um Aufgaben des Schulträgers, der die „Baulast” trage.

Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragen sinngemäß,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Beschwerde des Antragstellers und des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) –, vom 7. Dezember 1989 zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt im wesentlichen den angefochtenen Beschluß.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er ist der Auffassung, ein Mitbestimmungsrecht im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 6 HePersVG müsse hier im Hinblick auf die für den Landesgesetzgeber verbindliche Rahmenvorschrift des § 104 Satz 3 BPersVG entfallen. Denn die Asbestsanierung diene der Abwehr von Gesundheitsgefahren für alle Nutzer des Gebäudes. Sie dienten damit zwar auch dem Schutz der Beschäftigten, im Vordergrund stünde aber der Schutz der Außenstehenden, insbesondere der Schutz der Schüler. Es handele sich deshalb um Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt seien und insofern nicht den Stellen entzogen werden dürften, die der Volksvertretung verantwortlich seien. Die Mitbestimmung habe sich allein auf den innerdienstlichen Bereich zu beschränken.

In seiner Stellungnahme hierzu vertritt der Antragsteller die Meinung, dies werfe allenfalls die Frage auf, ob § 74 Abs. 1 Nr. 6 HePersVG verfassungskonform dahin auszulegen sei, daß das Mitbestimmungsverfahren nicht bei der Einigungsstelle ende, sondern die Letztentscheidungsbefugnis bei der obersten Dienstbehörde liege. Diese Frage sei aber zu verneinen. Daß Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der in bestimmten Räumlichkeiten ständig Beschäftigten sich auch auf Außenstehende auswirkten, sei eine zwangsläufig eintretende Folge solcher Maßnahmen. Dies lasse das Initiativrecht nicht entfallen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 ist unzulässig. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 ist hingegen zulässig und auch begründet.

1. Der als Beteiligter zu 3 aufgeführte Regierungspräsident ist zur Rechtsbeschwerde nicht befugt, da er materiell nicht mehr Beteiligter ist und er durch den angefochtenen Beschluß auch nicht beschwert ist.

a) Rechtsmittel können im Beschlußverfahren nur von Personen und Stellen eingelegt werden, die am Verfahren beteiligt sind. Der Beteiligte zu 3 war zwar hinsichtlich des in der Beschwerdeinstanz für erledigt erklärten Antrags auf Feststellung, daß nach Ablehnung des Initiativantrags durch den Dienststellenleiter ein Stufenverfahren durchgeführt werden könne, Beteiligter. Hinsichtlich des in der Rechtsbeschwerdeinstanz allein noch verfahrensgegenständlichen Antrags auf Feststellung des Initiativ- und Mitbestimmungsrechts hinsichtlich der Entfernung sämtlicher asbesthaltiger Baustoffe in der F.-E.-Schule ist er hingegen nicht Beteiligter.

Dem nach § 111 Abs. 3 HePersVG entsprechend anzuwendenden § 83 Abs. 3 Satz 1 ArbGG ist zu entnehmen, daß in dem Beschlußverfahren neben Arbeitgeber und Arbeitnehmer diejenigen Stellen zu hören sind, die nach dem Personalvertretungsgesetz und den dazu ergangenen Rechtsverordnungen zu beteiligen sind. Die Beteiligung ergibt sich somit aus dem materiellen Recht. Sie liegt vor, wenn die im Beschlußverfahren begehrte Entscheidung unmittelbar die sich aus dem materiellen Recht ergebende Rechtsstellung einer Person oder einer Stelle berührt (vgl. Beschlüsse vom 15. Dezember 1978 – BVerwG 6 P 13.78 – ZBR 1980, 59 = PersV 1980, 145; vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – ZBR 1979, 310, insoweit in BVerwGE 58, 54 unvollständig abgedruckt; vom 27. April 1983 – BVerwG 6 P 3.81 – BVerwGE 67, 135 ≪138 f.≫). Das Gericht hat dabei von Amts wegen festzustellen, ob einem bisher an dem Verfahren formal Beteiligten die Beteiligtenstellung (weiterhin) zukommt. Der Beteiligte zu 3 wird durch die mit der Beschwerdeentscheidung getroffene Feststellung nicht unmittelbar in einer ihm zustehenden personalvertretungsrechtlichen Stellung berührt.

Die durch Rechte und Pflichten begründeten Rechtsbeziehungen zwischen den Personalvertretungen und der öffentlichen Verwaltung beruhen auf der Partnerschaft des jeweiligen Personalrats mit der Dienststelle, bei der er gebildet ist. Das ergibt sich aus den §§ 1, 2 und 82 BPersVG. Aus dieser Zuordnung ergibt sich weiter, daß in einem vom Personalrat eingeleiteten Beschlußverfahren grundsätzlich die Dienststelle in ihrer personalvertretungsrechtlichen Stellung unmittelbar berührt ist, wenn der Personalrat bestimmte Rechte geltend macht oder die Erfüllung bestimmter Pflichten fordert. In diesen Fällen ist sie allein und nicht die übergeordnete Dienststelle zu beteiligen. Danach ist „Partner” des Personalrats am Beschlußverfahren der Dienststellenleiter (§§ 7, 6670 und 72 BPersVG). Er ist in erster Linie zuständiger Adressat des geltend gemachten Initiativrechts.

Im vorliegenden Fall ergibt sich keine Abweichung von der grundsätzlich dem Partnerschaftsprinzip entsprechenden Verfahrenslage. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Beteiligte zu 3 selbst personalvertretungsrechtliche Befugnisse gegenüber dem Antragsteller auszuüben oder bestimmte Pflichten ihm gegenüber zu erfüllen hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn der Beteiligte zu 3 wäre als übergeordnete Dienststelle des Beteiligten zu 2 grundsätzlich erst mit der Einleitung eines Stufenverfahrens über § 69 Abs. 3 Satz 1 BPersVG unmittelbar in der ihm personalvertretungsrechtlich eingeräumten Stellung berührt. Die erforderliche unmittelbare Rechtsbetroffenheit ergibt sich auch nicht aus etwa allein ihm zustehenden, eigenen Entscheidungsbefugnissen hinsichtlich der begehrten Maßnahme. Zuständig für die Unterhaltung des Schulgebäudes und damit auch für die Durchführung von zusätzlichen Sanierungsmaßnahmen zur Asbestentfernung ist der Schulträger (s. inzwischen § 158 Abs. 1 Satz 1 Hessisches Schulgesetz – SchG – vom 17. Juni 1992 – GVBl I S. 233, geändert durch ÄndG v. 28. November 1994 – GVBl I S. 695 und zuvor § 30 Abs. 1 Satz 1, § 32 Abs. 1, § 49 Gesetz über die Unterhaltung von Schulen und die Schulaufsicht ≪Schulverwaltungsgesetz – SchVG≫ i.d.F. vom 4. April 1978 – GVBl I S. 232, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. April 1992 – GVBl I S. 121). Der Schulträger, hier die Stadt Frankfurt a.M., übt die ihm übertragenen Rechte und Pflichten als Selbstverwaltungsangelegenheit aus (vgl. § 133 Abs. 1, § 147 Abs. 1 SchG bzw. zuvor § 49 SchVG). Dem Beteiligten zu 3 steht lediglich die Rechtsaufsicht über die Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Schulen durch die Schulträger zu (s. § 92 Abs. 2 Nr. 3 SchG, zuvor § 68 Abs. 1 SchVG). Diese Rechtsaufsicht aber ist nicht Gegenstand von Mitbestimmungs- und Initiativrechten der einzelnen Schulpersonalräte. Sie betreffen nur Maßnahmen und Dienstvereinbarungen.

b) Der Beteiligte zu 3 ist durch die angefochtene Entscheidung auch nicht beschwert. Als ein zu Unrecht Beteiligter ist er von der getroffenen Feststellung materiell nicht betroffen und infolgedessen auch nicht beschwert. Eine Beschwer ergibt sich auch noch nicht daraus, daß nach der angefochtenen Entscheidung ein Stufenverfahren zur Durchsetzung des dort angenommenen Initiativrechts des Antragstellers möglich wäre. Denn diese Möglichkeit berührt die personalvertretungsrechtliche Position des Beteiligten zu 3 derzeit nur mittelbar.

2. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 ist begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat rechtsfehlerhaft angenommen, daß dem Antragsteller ein Initiativrecht hinsichtlich der Entfernung asbesthaltiger Stoffe in der Schule zustehe. Seine Entscheidung war deshalb aufzuheben. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluß war als unbegründet, und die des Beteiligten zu 1 als unzulässig zurückzuweisen.

a) Maßnahmen zur Asbestsanierung von Schulgebäuden unterliegen nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung. Dem Antragsteller steht deshalb das beantragte Initiativrecht nicht zu.

aa) Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend angenommen, daß es sich bei der beantragten Maßnahme der Entfernung asbesthaltiger Materialien nach § 74 Abs. 1 Nr. 6 HePersVG grundsätzlich um eine „Maßnahme zur Verhütung von sonstigen Gesundheitsschädigungen” handelt. Entscheidend dafür, daß eine solche Maßnahme dennoch nicht der Mitbestimmung unterliegt, ist ihre Tragweite und ihre erhebliche Bedeutung für die Aufgabenstellung der staatlichen Schulverwaltung. Hierzu hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 2. Oktober 1995 (BVerwG 6 P 27.93 – zur Veröffentlichung vorgesehen) ausgeführt, daß die Mitbestimmung der Personalvertretung an derartigen Sanierungsmaßnahmen deshalb ausgeschlossen ist, weil sie nicht nur und auch nicht in erster Linie zum Schutz der Dienstkräfte vorgenommen würden. Dem ist auch für den vorliegenden Fall zu folgen. Solche Sanierungsmaßnahmen dienen vor allem der Aufrechterhaltung des Schulbetriebes. Die Mitbestimmung der Personalvertretung bei einer derartigen Maßnahme ginge über den der Personalvertretung zugewiesenen innerdienstlichen Bereich weit hinaus. Sie würde auf die nach außen gerichtete Aufgabenerfüllung der Dienststelle erheblichen Einfluß nehmen. Daher ist die Mitbestimmung bei Sanierungsmaßnahmen dieser Art ausgeschlossen (vgl. auch Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 8. Aufl. 1995, § 75 Rn. 156; VG Hamburg, PersR 1991, 67).

Die Beschränkung der Mitbestimmungsbefugnisse der Personalvertretung folgt aus der verbindlichen rahmenrechtlichen Vorschrift des § 104 Satz 3 BPersVG, wonach Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, den verantwortlichen Stellen nicht entzogen werden dürfen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Personalvertretung auf den innerdienstlichen Bereich, d.h. auf die Beteiligung an den sie betreffenden Angelegenheiten, beschränkt ist und nicht auf die Erfüllung der der Dienststelle nach außen obliegenden Aufgaben einwirken darf. Dies hat der Senat u.a. in seinen Beschlüssen vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 36.79 – (ZBR 1983, 307) zur Aufstellung der Lehrerstundenpläne, vom 7. März 1983 – BVerwG 6 P 27.80 – (DVBl 1983, 808) zur Einführung eines schulfreien Samstages und vom 24. September 1991 – BVerwG 6 P 6.90 – (BVerwGE 89, 65, 67) zur Einführung eines neuen Verfahrens gegenüber den „Kunden” einer Dienststelle näher ausgeführt.

Maßgebend für diese Begrenzung der Mitbestimmung ist, daß die Aufgaben der Dienststelle durch den Gesetzgeber und den von diesem ermächtigten Verordnungsgeber festgelegt sind und auch hinsichtlich ihrer Art und Erledigung nicht zur Disposition von Stellen stehen, die nicht der Volksvertretung verantwortlich sind (so insbesondere Beschlüsse vom 11. März 1983 – BVerwG 6 P 25.80 – BVerwGE 67, 61, 63 sowie vom 18. März 1981 – BVerwG 6 P 27.79 – BVerwGE 62, 55, 61, 63). Mit dieser Zweckbestimmung mag zwar im Einzelfall die durch den Wortlaut des § 104 Satz 3 BPersVG nicht ausgeschlossene eingeschränkte Mitbestimmung der Personalvertretung ohne Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle in organisatorischen Angelegenheiten vereinbar sein. In Fällen, in denen – wie hier – eine Trennung der Maßnahme in bezug auf ihren innerdienstlichen Wirkungsbereich gegenüber den Dienstkräften und ihren Wirkungsbereich nach außen gegenüber den „Kunden”, also insbesondere den Schülern, nicht möglich ist und die Aufgabenerfüllung durch die Maßnahme mehr als nur unerheblich beeinflußt wird, muß aber eine Mitbestimmung der Personalvertretung gänzlich entfallen.

Der Ausschluß der Personalvertretung von Entscheidungen mit Außenwirkung läßt sich wie der Ausschluß von Entscheidungen im Sinne des § 104 Satz 3 BPersVG darauf zurückführen, daß das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip verlangen, daß Entscheidungen, die letztlich die Bürger in ihrer Gesamtheit betreffen, auch von Stellen getroffen werden, die den Bürgern in ihrer Gesamtheit verantwortlich sind (vgl. inzwischen auch Beschluß des BVerfG vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – DÖV 1996, 74 ff.). Darüber hinaus betrifft die Regelung des § 104 Satz 3 BPersVG nicht nur Entscheidungen mit erheblicher Außenwirkung, sondern alle staatlichen Entscheidungen, die wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind und deshalb nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen werden dürfen.

Zu den Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, gehören nach § 104 Satz 3 BPersVG insbesondere Entscheidungen „in organisatorischen Angelegenheiten”. Hierunter sind nicht nur Angelegenheiten zu verstehen, die sich auf die Errichtung oder Gliederung von Dienststellen beziehen, sondern auch arbeitsorganisatorische Maßnahmen, die für den Ablauf des Dienstbetriebs und für die Art und Weise der Erledigung der der Dienststelle übertragenen Aufgaben von erheblicher Bedeutung sind und über den innerdienstlichen Bereich hinaus Außenwirkung haben (vgl. Beschlüsse vom 17. Juli 1987 – BVerwG 6 P 3.84 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 51 und vom 8. Mai 1992 – BVerwG 6 P 22.91 – Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 4; Grabendorff u.a., a.a.O., § 104 Rn. 2; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 104 Rn. 21). Bei einer Schule ist in diesem Sinne wesentlich, inwieweit eine Maßnahme die sich aus schulrechtlichen Bestimmungen ergebenden Verflichtungen im Verhältnis zu den Schülern und ihren Eltern beeinflußt. Dabei kommt es auch auf die Wertung aller möglichen – unmittelbaren oder mittelbaren – Auswirkungen der Maßnahme auf dieses Rechtsverhältnis an.

Die hier verlangten Maßnahmen der Asbestsanierung sind sowohl für die Gesundheit der in der Dienststelle Beschäftigten als auch für die Gesundheit der Außenstehenden, nämlich der Schüler, der Eltern und der sonstigen Nutzer der Schule von großer Bedeutung. Sie sind unmittelbar auf den Schutz der Gesundheit aller gerichtet. Es ist nicht zu verkennen, daß die Beschäftigten verständlicherweise an der Beteiligung bei solchen Maßnahmen interessiert sind. Die Art und Weise der Asbestsanierung muß jedoch wegen ihrer Folgewirkungen (z.B. Schließung oder Teilschließung der Schule) vorrangig als eine Maßnahme angesehen werden, die zur nach außen gerichteten Aufgabenerfüllung der Schule gehört. Die Schule hat gegenüber den Schülerinnen und Schülern die Aufgabe zur sach- und fachgerechten Unterrichtung. Diese Aufgabe obliegt ihr nach außen (vgl. Beschluß vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 36.79 – Buchholz 238.31 § 79 BaWüPersVG Nr. 2). Teil dieser Aufgabe ist die Verpflichtung, Gesundheitsschädigungen der Schüler während des Schulbesuchs zu verhindern. Dabei handelt es sich um eine Amtspflicht.

Für den Ausschluß des Mitbestimmungsrechts der Personalvertretung ist nicht entscheidend, ob die Asbestsanierung in erster Linie den Schülern dient. Ihr Schutz tritt jedenfalls nicht hinter den der Bediensteten zurück. Hinzu kommt noch, daß die Frage, ob und wie saniert wird, für den Unterrichtsbetrieb von großer Bedeutung ist; eine Mitbestimmung der Personalvertretung hätte zur Folge, daß sie die Aufgabenerfüllung der Schule nach außen in nicht unerheblicher Weise beeinflussen könnte. In einem solchen Falle muß sowohl die Frage, ob eine Maßnahme durchgeführt wird, als auch die Frage, wie dies geschehen soll, von der Beeinflussung durch die Personalvertretung ausgeschlossen werden. Dies ergibt sich auch aus den Besonderheiten des Schulwesens. Die Schüler unterliegen der gesetzlichen Schulpflicht und haben in der Regel keine Alternative zum Besuch der Schule. Die staatlichen Stellen sind zu einer ausreichenden Versorgung dieser Jugendlichen verpflichtet. Die Personalvertretungen der Beschäftigten dürfen diese Versorgung nicht in Frage stellen. Maßnahmen, die unmittelbar die Schüler und den ihnen dienenden Schulbetrieb betreffen, dürfen verantwortlich nur von dem jeweiligen Schulträger bzw. den Schulbehörden getroffen werden.

Sanierungsarbeiten der geforderten Art sind auch wegen ihrer mittelbaren Auswirkungen als organisatorische Angelegenheit im Sinne des § 104 Satz 3 BPersVG anzusehen. Von der Entscheidung über die Sanierung oder Teilsanierung hängt ab, ob, wie lange und wann eine Schule geschlossen werden muß. Eine derartige Schließung der Schule hätte u.U. zur Folge, daß die Schüler auf verschiedene Schulstandorte verteilt werden müssen. Bei einer Ganztagsschule wären die Folgen wegen der Betreuungsprobleme noch schwerwiegender. Daher ist die Entscheidung über die Sanierung in ihren Folgen durchaus mit denen einer rein innerbehördlichen Organisationsentscheidung vergleichbar. Die Funktionsfähigkeit der Schule und die Verpflichtung der Schule zur sach- und fachgerechten Unterrichtung der Schüler wird durch jede Entscheidung über eine Asbestsanierung, die die Möglichkeit der Schulschließung beinhaltet, in erheblicher Weise betroffen und ist von erheblichem Gewicht für das politische Gemeinwesen. Sie ist deshalb eine organisatorische Angelegenheit im Sinne des § 104 Satz 3 BPersVG.

bb) Der Senat sieht durchaus, daß die Asbestsanierung auch dem Schutz der Beschäftigten der Schule in erheblicher Weise herausfordert. Es ist dashalb darauf hinzuweisen, daß die Beschäftigten trotz der fehlenden Mitbestimmung nicht rechtlos sind. Es bleibt ihnen unbenommen, ihre Auffassung auf anderen Wegen zu vertreten. Insbesondere können die Lehrer über die schulverfassungsrechtliche Beteiligung in der Schulkonferenz (§§ 128 ff. SchG) und in Schulkommisionen (§ 148 SchG) ihre Vorstellungen einbringen. Daneben kann die Personalvertretung von den ihr nach § 76 Abs. 1 HePersVG bestehenden Befugnissen der Personalvertretung bei der Bekämpfung von Gesundheitsgefahren Gebrauch machen. Die Tatsache, daß es um Gesundheitsfragen der Beschäftigten geht, kann den auf Verfassungsgrundsätzen beruhenden Ausschluß der Personalvertretung von der Mitbestimmung an Entscheidungen der Dienststelle, welche die Aufgabenerfüllung betreffen, nicht aufheben.

Im Unterschied zur Auffassung des Antragstellers hat der aus § 104 Satz 3 BPersVG folgende Ausschluß des Mitbestimmungsrechts nichts mit einer Frage der Verfassungsgemäßheit der Auslegung des Mitbestimmungstatbestandes des § 74 Abs. 1 Nr. 6 HePersVG zu tun. Deshalb stellt sich auch die Frage einer verfassungkonformen Auslegung hinsichtlich einer Letztentscheidungsbefugnis der Einigungsstelle nicht. Sie wäre überdies gegen den Wortlaut des Gesetzes nicht möglich.

cc) Da das Initiativrecht nach § 69 Abs. 3 Satz 1 HePersVG lediglich eine spezifische Form der Ausübung des Mitbestimmungsrechts ist (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 6. Oktober 1992 – BVerwG 6 P 25.90 – PersR 1993, 77, 78 f.; vom 25. Oktober 1983 – BVerwG 6 P 22.82BVerwGE 68, 137, 139 f.; vom 13. Februar 1976 – BVerwG 7 P 9.74 – BVerwGE 50, 176, 183), führt das Fehlen des Mitbestimmungsrechts dazu, daß dem Antragsteller das begehrte Initiativrecht nicht zusteht. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluß des Verwaltungsgerichts, das im Ergebnis zutreffend entschieden hat, war deshalb zurückzuweisen.

b) Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den erstinstanzlichen Beschluß hätte hingegen vom Verwaltungsgerichtshof schon als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Denn der Beteiligte zu 1 war nur hinsichtlich des in der Beschwerdeinstanz für erledigt erklärten Antrags auf Feststellung, daß nach Ablehnung des Initiativantrags durch den Dienststellenleiter ein Stufenverfahren durchgeführt werden könne, Beteiligter. Ihm fehlt hingegen die Beteiligteneigenschaft hinsichtlich des in der Rechtsbeschwerdeinstanz allein noch verfahrensgegenständlichen Antrags auf Feststellung des Initiativ- und Mitbestimmungsrechts hinsichtlich der Entfernung sämtlicher asbesthaltiger Baustoffe in der F.-E.-Schule. Insoweit gilt entsprechendes wie bereits zu dem Beteiligten zu 3 ausgeführt wurde (s.u. II 1 a). Auch der Beteiligte zu 1 wäre durch die begehrte Entscheidung nicht unmittelbar in seiner sich aus dem Personalvertretungsrecht ergebenden Rechtsstellung berührt. Als Bezirkspersonalrat wäre er bei einem Initiativantrag erst einzuschalten, wenn es nach § 70 HePersVG zu einem Stufenverfahren käme. Hierin liegt aber allenfalls eine mittelbare Betroffenheit seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsstellung.

Nach alledem war der Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 stattzugeben. Sein Antrag war dahin auszulegen, daß er die Zurückweisung der Beschwerde des Antragstellers lediglich insoweit begehrt, als das Verfahren nicht zwischenzeitlich eingestellt wurde.

3. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Niehues, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1200501

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge