Entscheidungsstichwort (Thema)
Verselbständigung von Dienststellen Voraussetzungen der – nach Personalvertretungsrecht. Befugnisse des Dienststellenleiters Personalvertretungsrechtlich relevante – Keine Voraussetzung der Verselbständigung gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG. Räumlich weite Entfernung Begriff und Voraussetzungen der –
Leitsatz (amtlich)
(Parallelsache zu BVerwG 6 P 12.89)
Normenkette
BPersVG § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1-3, § 12 Abs. 1, §§ 55, 82 Abs. 2-3; BetrVG §§ 1, 4
Verfahrensgang
Tenor
Der Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 10. Januar 1990 wird aufgehoben.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Darmstadt – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 25. Juli 1989 wird zurückgewiesen.
Unter Ergänzung des am 29. Mai 1991 verkündeten Beschlusses wird der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist der Kommandeur eines Unterstützungskommandos der Bundeswehr mit dem Standort in Mainz. Zu diesem Kommando gehört das Krankentransportbataillon 441; dies ist eine Geräteeinheit mit dem Sitz in Friedberg-Ockstadt. Die Funktion des Dienststellenleiters für diese Geräteeinheit wird von einem Kompaniefeldwebel wahrgenommen. Im übrigen liegt die truppendienstliche Verantwortung bei dem Kommandeur des Unterstützungskommandos, das die „kalenderführende Dienststelle” für die zu ihm gehörenden Einheiten ist. Dem Kompaniefeldwebel bei dem Krankentransportbataillon 441 ist die Dienstaufsicht innerhalb der Geräteeinheit übertragen worden, üblich ist es, daß er die jährlichen Urlaubspläne aufstelle und die Urlaubsgesuche abzeichnet und dann nach Mainz weiterleitet. Aufgrund eines bei einer Personalversammlung am 21. Oktober 1987 von den Beschäftigten des Krankentransportbataillons gefaßten Verselbständigungsbeschlusses gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG wurde am 14. Dezember 1907 in Friedberg/Ockstadt eine Personalratswahl durchgeführt. Diese Wahl hat der Antragsteller mit einem am 22. Dezember 1987 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag mit der Begründung angefochten, es fehle an der notwendigen Regelungskompetenz der verselbständigten Teileinheit und auch an der von § 6 Abs. 3 BPersVG verlangten „weiten räumlichen Entfernung”.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Auf die dagegen erhobene Beschwerde des Antragstellers hob der Verwaltungsgerichtshof den Beschluß des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 1989 auf und erklärte die Wahl vom 14. Dezember 1987 für ungültig. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus: Das Verwaltungsgericht hätte nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, ohne die Zustimmung des Beteiligten zu 2, des Kompaniefeldwebels als des Leiters der verselbständigten Nebenstelle, eingeholt zu haben. Im übrigen sei die Anfechtung der Wahl deshalb begründet, weil es an einem wirksamen Verselbständigungsbeschluß im Sinne des § 6 Abs. 3 BPersVG gefehlt habe. Zwar sei eine räumlich weite Entfernung zwischen Mainz und Friedberg/Ockstadt zu bejahen. Es fehle aber an den für eine Verselbständigung erforderlichen personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnissen des Leiters der Teileinheit.
Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1, des Personalrats des Krankentransportbataillons 441, mit dem er eine Verletzung des § 6 Abs. 3 BPersVG rügt. Er beantragt, den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 10. Januar 1990 aufzuheben und die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Darmstadt – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 25. Juli 1989 zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und macht geltend, das Krankentransportbataillon 441 sei nicht im Sinne des § 6 Abs. 3 BPersVG von Mainz „räumlich weit entfernt”.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich an dem Verfahren. Er neigt der Auffassung zu, daß Voraussetzung für einen wirksamen Verselbständigungsbeschluß gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG personalvertretungsrechtlich relevante Befugnisse des Dienststellenleiters sind. In diesem Falle könne zwischen dem Leiter der Teildienststelle und dem zu wählenden Personalrat der notwendige Dialog geführt werden. Der damit verbundene Nachteil, daß die Regelungskompetenz des Leiters der Dienststelle durch die Hauptdienststelle abgeändert werden könne, müsse personalvertretungsrechtlich hingenommen werden, weil anerkanntermaßen die Personalverfassung der Dienststellenverfassung folge und nicht umgekehrt.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 ist begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Unrecht die Wahl des örtlichen Personalrats beim Krankentransportbataillon 441 in Friedberg-Ockstadt vom 14. Dezember 1987 für ungültig erklärt. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Verselbständigung gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG, die Grundlage der angefochtenen Wahl war, waren entgegen der Meinung des Beschwerdegerichts erfüllt.
Der Senat hat in seinem zur Veröffentlichung bestimmten Beschluß vom 29. Mai 1991 – BVerwG 6 P 12.89 – unter Aufhebung der Entscheidung eines anderen Beschwerdegerichts zur Auslegung des § 6 Abs. 3 BPersVG ausgeführt:
„Nach dieser Bestimmung gelten Nebenstellen und Teile einer Dienststelle, die räumlich weit von dieser entfernt liegen, als selbständige Dienststellen, wenn die Mehrheit ihrer wahlberechtigten Beschäftigten dies in geheimer Abstimmung beschließt. Gemäß § 12 Abs. 1 BPersVG werden dann in diesen Dienststellen Personalräte gebildet, wenn darin wenigstens fünf Wahlberechtigte beschäftigt sind.
Die Möglichkeit der Verselbständigung ist nicht – wie das Oberverwaltungsgericht meint – davon abhängig, daß neben den ausdrücklich gesetzlich aufgeführten Bedingungen als weitere ‚ungeschriebene’ Voraussetzung hinzutreten muß, daß der Leiter der Nebenstelle irgendwelche personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnisse hat. Für diese weitergehende Auslegung bieten weder der Wortlaut des § 6 Abs. 3 BPersVG noch Sinn und Zweck des Bundespersonalvertretungsgesetzes Anhaltspunkte. Dies ergibt sich auch nicht aus den allgemeinen Grundsätzen dieses Gesetzes.
§ 6 Abs. 3 BPersVG nennt nur zwei Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Nebenstellen oder Teile einer Dienststelle als selbständige Dienststellen ‚gelten’. Dies sind deren räumlich weite Entfernung von der Hauptdienststelle und der Verselbständigungsbeschluß der Beschäftigten. Ein Minimum an personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnissen wird nicht gefordert. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, weshalb diese weitere Voraussetzung – wäre sie vom Gesetzgeber gewollt gewesen – nicht in den Gesetzestext aufgenommen worden ist. Dadurch, daß in § 6 Abs. 3 BPersVG das Wort ‚gelten’ verwendet wird, wird ersichtlich, daß an Nebenstellen oder Teile einer Dienststelle, die durch Beschluß der Beschäftigten verselbständigt werden sollen, nicht die strengen organisatorischen Maßstäbe angelegt werden, die sonst gemäß § 6 Abs. 1 BPersVG für die Personalratsfähigkeit von Dienststellen zu beachten sind (vgl. zu den notwendigen Anforderungen an die Selbständigkeit einer Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne: Beschluß vom 18. Januar 1990 – BVerwG 6 P 8.88 – Buchholz 251.0 § 9 BaWüPersVG Nr. 5).
Auch aus der Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes kann nicht der Wille des Gesetzgebers hergeleitet werden, den Eintritt der Fiktion in § 6 Abs. 3 BPersVG mit Mindestanforderungen an die Kompetenz des jeweiligen Leiters einer Nebenstelle oder eines Dienststellenteils zu verknüpfen. In der Begründung der Regierungsvorlage zum Personalvertretungsgesetz vom 4. Juli 1952 (BT-Drucks. 1/3552, S. 16) findet sich lediglich ein Hinweis auf die örtliche Trennung zwischen Hauptdienststelle und Nebendienststelle, die eine Verselbständigung ‚zweckmäßig’ machen könne. Ob diese Zweckmäßigkeit von weiteren Voraussetzungen abhängen sollte, blieb unerwähnt. Der Regierungsentwurf (§ 7 Abs. 2) sah nur insoweit eine Zweckmäßigkeitsprüfung durch die oberste Dienstbehörde vor, als bei dieser die eigentliche Entscheidung über die Verselbständigung liegen sollte, die der Mitbestimmung durch den Personalrat unterliegen sollte (§ 74). Dem ist jedoch der Unterausschuß Personalvertretung nicht gefolgt. Er hat den Vorschlag der Regierungsvorlage gestrichen und sich für eine Alleinentscheidung der Beschäftigten über die Verselbständigung entschieden, deren Zulässigkeit ausschließlich vom Vorliegen einer weiten räumlichen Entfernung abhängig gemacht wurde (BT-Drucks. 2/1189, S. 3). Diesem Vorschlag entspricht das dann in Kraft getretene Gesetz, das in seinem § 7 bereits die auch in § 6 Abs. 2 und 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes von 1974 übernommene Aufteilung enthält. Damit hat bereits das Personalvertretungsgesetz von 1954 zwischen Dienststellen unterschieden, die wegen ihrer organisatorischen Selbständigkeit als personalratsfähige Dienststellen einzuordnen sind und den Dienststellenteilen und Nebenstellen, die wegen ihrer räumlichen Entfernung zur Hauptdienststelle auf den Beschluß der Beschäftigten hin wie personalratsfähige Dienststellen zu behandeln sind. Eine Kontrolle der Zweckmäßigkeit oder Effektivität der Arbeit des dort gewählten Personalrats ist somit erkennbar nicht beabsichtigt gewesen.
Auch Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 BPersVG sprechen gegen die einengende Auslegung des Oberverwaltungsgerichts. Mit dieser Vorschrift sollen die Fälle erfaßt werden, in denen zwar keine den Anforderungen des § 6 Abs. 1 und 2 BPersVG genügende Dienststelle vorhanden ist, aber eine Nebenstelle oder ein Dienststellenteil räumlich weit von der Hauptdienststelle liegt und die Beschäftigten die Verselbständigung wünschen. Bei räumlich entfernt liegenden Nebenstellen ist die Kommunikation der Beschäftigten untereinander und der Kontakt zur Hauptdienststelle und zum Personalrat, der seinen Sitz bei der Hauptdienststelle hat, erheblich erschwert. Mit der Verselbständigung auf Wunsch der Beschäftigten sollen diese Mängel verringert werden. Durch die danach geschaffene räumliche Nähe zwischen Personalrat und Beschäftigten sollen nicht nur die Kontaktmöglichkeiten untereinander verbessert werden, sondern es soll auch eine gute und ausreichende Betreuung der Beschäftigten gewährleistet werden (vgl. Fischer/Göres in Fürst, GKÖD V, K § 6 Rz 13; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, § 6 Rdnr. 22).
Entgegen der Meinung des Oberverwaltungsgerichts wird durch die Verselbständigung von Nebenstellen und Teilen einer Dienststelle nicht die ‚Auffangfunktion’ des Gesamtpersonalrats beseitigt. Der Gesamtpersonalrat ist gemäß § 55 BPersVG dort zu bilden, wo es Dienststellen gibt, die sich gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG verselbständigt haben. Er ist in allen Angelegenheiten zu beteiligen, in denen der Leiter der verselbständigten Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist, weil diese der Leiter der Hauptdienststelle zu treffen hat. Damit kommt dem Gesamtpersonalrat eine Auffangfunktion zu. Diese ist aber in ihrem Umfang und ihrer Bedeutung nicht von vornherein auf ein bestimmtes Maß festgelegt, weil sie von den jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten und Zuständigkeiten des Leiters der Nebendienststellen abhängt. Sie muß sich deshalb flexibel nach der jeweiligen Zuständigkeit des Personalrats der verselbständigten Dienststelle ausrichten, dessen Kompetenzen wiederum – bestimmt durch das Partnerschaftsprinzip – allein von den Befugnissen des Leiters dieser Nebenstelle abhängen (vgl. Beschlüsse vom 14. April 1961 – BVerwG 7 P 4.60 – BVerwGE 12, 194 und vom 15. August 1983 – BVerwG 6 P 18.81 – BVerwGE 67, 353). Je mehr Zuständigkeiten beim Leiter der verselbständigten Dienststelle und damit bei dem dortigen Personalrat liegen, um so weniger Kompetenzen hat der Gesamtpersonalrat und umgekehrt, ohne daß diese von Fall zu Fall unterschiedlichen Befugnisse Einfluß auf die rechtliche Stellung und Notwendigkeit des Personalrats hätten. Außerdem verbleiben dem örtlichen Personalrat – unabhängig von den jeweiligen Befugnissen des Dienststellenleiters – im Vorfeld der Beteiligung wichtige Aufgaben, z.B. Besprechungen der örtlichen Besonderheiten. Kontrolle der Gestaltung der Arbeitsplätze usw. Die Auffangfunktion des Gesamtpersonalrats wird deshalb durch die Verselbständigung einer Nebenstelle mit geringen personalvertretungsrechtlich relevanten Zuständigkeiten nicht aufgehoben.
Auch in den Landespersonalvertretungsgesetzen finden sich keine Regelungen, die die Zulässigkeit der Verselbständigung einer Nebenstelle von einem Minimum an personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnissen der Nebenstellenleiter oder von einer garantierten Mindestzuständigkeit des Personalrats abhängig machen.
Die weitgehend anders strukturierte Vorschrift des § 4 BetrVG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lassen sich entgegen der Meinung des Oberverwaltungsgerichts gleichfalls nicht für die weitergehende Auslegung des § 6 Abs. 3 BPersVG heranziehen. Eine in ihrer Systematik dem § 6 Abs. 3 BPersVG entsprechende Regelung enthält das Betriebsverfassungsgesetz nicht. Gemäß § 4 BetrVG gelten Betriebsteile als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 (fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer) erfüllen und räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind. Soweit Nebenbetriebe die Voraussetzungen des § 1 nicht erfüllen, sind sie dem Hauptbetrieb zuzuordnen. Die Möglichkeit eines Verselbständigungsbeschlusses der Beschäftigten sieht das Betriebsverfassungsgesetz nicht vor.
Zu Unrecht meint das Oberverwaltungsgericht, ohne das Vorhandensein personalvertretungsrechtlich relevanter Befugnisse des Leiters der Dienststelle werde der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Leiter und ihm zugeordneter Personalvertretung (§ 2 Abs. 1 BPersVG) aufgegeben. Wie bereits oben dargelegt wurde, werden die beschränkten Mitwirkungsmöglichkeiten des Personalrats der verselbständigten Dienststelle – entsprechend den eingeschränkten Kompetenzen des Leiters – durch den Einsatz des Gesamtpersonalrats ausgeglichen. Damit wird auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalrat nicht eingeschränkt, weil – verteilt auf örtlichen Personalrat und Gesamtpersonalrat – insgesamt die Mitwirkungsmöglichkeiten der Personalvertretung nicht beschnitten werden. Die Erfüllung der Pflichten und die Wahrnehmung der Rechte eines Personalrats zum direkten und ungehinderten Kontakt mit den Beschäftigten werden andererseits durch die größere räumliche Nähe des Personalrats der verselbständigten Nebenstelle zu deren Beschäftigten erleichtert. Die gesetzlich nicht im einzelnen festgelegten Aufgaben, engen Kontakt zu den Beschäftigten zu halten, verbleiben der Personalvertretung auch bei verringerten Zuständigkeiten des Dienststellenleiters. Die vor Ort in der unmittelbaren Nähe zu den Beschäftigten gewonnenen Erkenntnisse können bei der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung des Personalrats der verselbständigten Dienststelle durch den Gesamtpersonalrat (§ 82 Abs. 3 BPersVG) eingebracht werden. Durch die räumliche Nähe zwischen Personalrat und Beschäftigten wird in der Regel auch das Verhältnis der Beschäftigten untereinander und das zwischen ihnen und der Dienststelle positiv beeinflußt, auch wenn der Personalrat nur begrenzte Befugnisse hat. Dadurch können mögliche Streitpunkte schneller und unkomplizierter bereinigt werden als im Kontakt zur ‚entfernten’ Hauptdienststelle.
Die Zulässigkeit der Verselbständigung kann auch deshalb nicht von personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnissen des Leiters abhängig gemacht werden, weil dies Auswirkungen der jeweiligen Verwaltungsorganisation sind, die wegen der in § 6 Abs. 3 BPersVG enthaltenen Fiktion nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit der Verselbständigung sein soll.
Die gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG verselbständigte Dienststelle wird personalvertretungsrechtlich wie eine Dienststelle mit originärer Selbständigkeit behandelt. Dies bedeutet, daß die Auswirkungen der Verselbständigung sich nicht darin erschöpfen, daß dort ein Personalrat gewählt werden kann. Vielmehr setzt dies voraus, daß die Bedingungen erfüllt sein müssen, die für die Tätigkeit eines Personalrats in einer Dienststeile unabdingbar sind. Beispielsweise müssen in der Dienststelle mindestens fünf Wahlberechtigte beschäftigt sein (§ 12 Abs. 1 BPersVG). In diesen Kleindienststellen, die nicht die gesetzlich geforderte Anzahl wahlberechtigter Beschäftigter haben, schließt die geringe Zahl wahlberechtigter und/oder wahlfähiger Beschäftigter eine Personalratswahl praktisch aus; die eigenständige und umfassende Wahrnehmung der Aufgaben einer Personalvertretung ist hier sinnvoll nicht möglich (Beschluß vom 14. Juli 1987 – BVerwG 6 P 9.86 – BVerwGE 78. 34). Das Personalvertretungsrecht beruht des weiteren auf der Partnerschaft von Personalrat und Dienststelle, die gemäß § 7 BPersVG von dem Dienststellenleiter repräsentiert wird. Die Wahl eines Personalrats für eine Dienststelle ohne Dienststellenleiter als Verhandlungspartner des Personalrats widerspräche der gesetzgeberischen Vorstellung (Beschluß vom 22. Juni 1962 – BVerwG 7 P 9.61 – BVerwGE 14. 287).”
Diese Auslegung des § 6 Abs. 3 BVerwG ist auch für die Entscheidung in dieser Sache maßgebend. Das Vorbringen des Antragstellers und der übrigen Beteiligten gibt keinen Anlaß, die Rechtslage anders zu beurteilen. Für die Rechtsanwendung im einzelnen folgt daraus:
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs sind die genannten Mindestbedingungen personalvertretungsrechtlicher Tätigkeit beim Krankentransportbataillon 441 erfüllt. Diese Geräteeinheit hat in der Person des „Kompaniefeldwebels”, des Beteiligten zu 2, einen Dienststellenleiter als Verhandlungspartner. Auf den Umfang seiner Befugnisse kommt es nicht an.
Nach den weiteren tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts ist das Krankentransportbataillon 441 in Friedberg-Ockstedt entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers auch „räumlich weit” von der Hauptdienststelle, dem Unterstützungskommando 4 mit dem Standort in Mainz, entfernt. Der Senat hat in dem erwähnten Beschluß in der Sache BVerwG 6 P 12.89 grundsätzlich ausgeführt:
„Der Begriff der räumlich weiten Entfernung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nach objektiven Maßstäben auszufüllen ist und der uneingeschränkten richterlichen Nachprüfung unterliegt (Beschlüsse vom 17. Dezember 1957 – BVerwG 7 P 3.57 – BVerwGE 6, 60 und vom 14. Juli 1987 – BVerwG 6 P 9.86 – a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, daß es bei der Bewertung, ob eine Dienststelle räumlich weit entfernt ist, nicht allein auf die reine Kilometerentfernung ankommt, sondern darauf, ob es angesichts der Entfernung und der bestehenden Verkehrsverhältnisse gewährleistet ist, daß sich der Personalrat tatsächlich mit den personellen Angelegenheiten der von ihm zu betreuenden Beschäftigten genügend zu befassen vermag (Beschlüsse vom 17. Dezember 1957 – BVerwG 7 P 3.57 – a.a.O., vom 15. Oktober 1975 – BVerwG 7 P 18.75 – PersV 1976, 421, vom 11. Juli 1977 – BVerwG 7 P 31.77 – Dok. Ber. B 1977, 295 und vom 14. Juli 1987 – BVerwG 6 P 9.86 – a.a.O.).
Ob eine räumlich weite Entfernung gegeben ist, die es nicht mehr gewährleistet, daß der Personalrat sich genügend mit den personellen Angelegenheiten der von ihm zu betreuenden Beschäftigten befassen kann, wird in der Regel von mehreren für die Einzelbeurteilung maßgebenden Aspekten abhängen. Hierbei sind im Einzelfall die zwischen der Dienststelle und Nebenstelle bestehenden Verkehrsverbindungen, die Verkehrsdichte, die verkehrsmäßige Selbständigkeit der Beschäftigten und der Personalratsmitglieder ebenso zu berücksichtigen wie der benötigte Zeitaufwand. Es spricht eine allgemeine Vermutung dafür, daß die Entfernung zwischen zwei Dienststellen räumlich weit ist, wenn sie sich in verschiedenen, mehr als 20 km von einander entfernten Dienstorten befinden und nicht besondere Umstände dafür vorliegen, die eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Fischer/Göres in Fürst, GKÖD V, K § 6 Rz 16). Bei dieser Entfernung ist außerhalb von Ballungsgebieten im allgemeinen der notwendige Kontakt zwischen Personalrat, und Beschäftigten nicht in dem gebotenen Umfang möglich, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die eine Ausnahme rechtfertigen. Beispielsweise können die besonderen Verkehrsverhältnisse eine Überschreitung oder Unterschreitung dieser Grenze begründen, je nachdem ob sie im Einzelfall besonders günstig oder besonders schlecht sind.”
Nach diesen Maßstäben ist die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, das Krankentransportbataillon 441 sei wegen der Entfernung von rund 70 Autobahnkilometern und der ungewöhnlichen Verkehrsdichte des Rhein-Main-Gebietes räumlich weit von der Hauptdienststelle in Mainz entfernt (S. 13 des angefochtenen Beschlusses), rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit sich der Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren demgegenüber auf seinen Schriftsatz vom 25. Oktober 1989 (Bl. 128 ff. d.A.) und seine Erklärung berufen hat, für die Fahrt zur Erledigung von Personalvertretungsangelegenheiten von Ockstadt nach Mainz könne grundsätzlich jederzeit ein Dienstfahrzeug eingesetzt werden (Bl. 134 d.A.), ändert das angesichts der Entfernung von 70 Autobahnkilometern selbst bei Berücksichtigung der geringen Beschäftigtenzahl der verselbständigten Dienststelle hieran nichts. Da nach den Feststeilungen des Verwaltungsgerichtshofs die von ihm angenommenen formellen Mängel des Verfahrens bei der Verselbständigung und bei der Wahl zum örtlichen Personalrat auf das Wahlergebnis keinen Einfluß gehabt haben können, hat er zu Unrecht die Wahl für ungültig erklärt. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben, und die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts war zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Dr. Niehues, Nettesheim, Ernst, Albers, Dr. Vogelgesang
Fundstellen