Verfahrensgang
VG Dresden (Urteil vom 14.05.2004; Aktenzeichen 4 K 2535/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 14. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beklagten beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Beschluss vom 9. März 1993 – BVerwG 3 B 105.92 – Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 11). Auf die Frage, ob und in welcher Beziehung von der Revision ein solcher Erfolg zu erwarten ist, muss im Rahmen der Darlegungspflicht wenigstens durch die Bezeichnung der konkreten Rechtsfrage, die sowohl für die Entscheidung des Berufungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich sein wird, eingegangen werden. Die von der Beklagten bezeichneten Fragen werden sich im erstrebten Revisionsverfahren jedoch voraussichtlich nicht stellen.
Mit Bescheid vom 19. September 2001 stellte das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen eine vermögensrechtliche Berechtigung der Klägerin hinsichtlich 95,12 % der Geschäftsanteile an der ehemaligen GEWOG (Gemeinnützige Wohnungs- und Heimstättengesellschaft für Arbeiter, Angestellte und Beamte mbH, Dresden) fest (Nr. 1 des Bescheides), verneinte dagegen einen Anspruch auf Einräumung von Bruchteilseigentum am streitigen Grundstück (Nr. 2 des Bescheides) ebenso wie das Bestehen eines gesonderten Entschädigungsanspruchs – offenbar gemeint: für dieses Grundstück – (Nr. 3 des Bescheides). Das Verwaltungsgericht Dresden hat die von der Klägerin allein angefochtene Nr. 3 des Bescheides aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, zugunsten der Klägerin eine Entschädigung für dieses Grundstück in Höhe der ihr an den Geschäftsanteilen des Unternehmens zustehenden Quote festzusetzen. Die Voraussetzungen von § 2 Satz 4 NS-VEntschG seien erfüllt; das Grundstück werde nicht in der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung des Unternehmens berücksichtigt.
Die Beklagte hält es für im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, ob das Verwaltungsgericht § 2 Satz 4 NS-VEntschG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG zutreffend angewendet habe. Über die von ihr in diesem Zusammenhang als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Rechtsfragen,
“ob ein nach Schädigung des Unternehmens erworbenes Grundstück, das aus Mitteln des Unternehmens angeschafft wurde und wegen festgestellter Ausschlussgründe nicht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 ff. VermG zurückübertragen werden kann, neben der Unternehmensentschädigung gesondert zu entschädigen ist, weil dieses Grundstück zum Zeitpunkt der Vermögensentziehung nicht Bestandteil dieses Vermögens gewesen sei”
sowie
“ob die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG – welcher die Vermutung, dass Gegenstände aus den Mitteln des Unternehmens angeschafft wurden, gesetzlich festlegt – den Ausschluss einer gesonderten Entschädigung des Betriebsgrundstücks nach sich zieht, weil dann die dazu benötigten Anschaffungsmittel in der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung des Unternehmens berücksichtigt werden müssen (§ 2 Satz 4 NS-VEntschG)”,
würde in dem erstrebten Revisionsverfahren aber voraussichtlich nicht zu entscheiden sein.
Diese Fragen betreffen die Voraussetzungen für den Ausschluss einer gesonderten Entschädigung für das Grundstück nach § 2 Satz 4 NS-VEntschG. Die Entscheidung hierüber ist jedoch erst bei der noch ausstehenden Festsetzung der Höhe des Entschädigungsanspruchs für die Anteile am Unternehmen und das Grundstück zu treffen.
Im vorliegenden Verfahren stand – schon nach den erstinstanzlichen Anträgen, die auf eine Entscheidung nur dem Grunde nach gerichtet waren, und ebenso aufgrund der nur begrenzten Zuständigkeit des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen – allein die Frage inmitten, ob die Klägerin dem Grunde nach einen gesonderten Entschädigungsanspruch für das Grundstück geltend machen kann. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich nach § 1 NS-VEntschG, nicht nach § 2 Abs. 4 NS-VEntschG. §1 NS-VEntschG setzt aber für den Entschädigungsanspruch dem Grunde nach nur voraus, dass ein Fall des § 1 Abs. 6 VermG vorliegt und die Rückgabe des Vermögenswertes ausgeschlossen ist. Dabei sind die Restitutionsausschlussgründe des § 5 VermG auch gegenüber einem Anspruch auf Einräumung von Bruchteilseigentum nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG beachtlich (vgl. Urteil vom 20. Dezember 1999 – BVerwG 7 C 34.98 – Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 32 = VIZ 2000, 345). Ein solcher Restitutionsausschluss wurde hinsichtlich des streitgegenständlichen Grundstückes in Nr. 2 des Bescheides vom 19. September 2001 bestandskräftig festgestellt; er wird von den Beteiligten auch ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen.
§ 2 NS-VEntschG enthält demgegenüber, wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat (vgl. Urteil vom 19. Januar 2005 – BVerwG 8 C 20.03 – ZOV 2005, 112 ≪113≫), ausschließlich Regelungen zur Höhe der Entschädigung. Dies ergibt sich bereits aus der amtlichen Überschrift der Norm und gilt – ebenso wie für die bisherigen Sätze 1 bis 3 – auch für den durch das Entschädigungsrechtsänderungsgesetz vom 10. Dezember 2003 (BGBl I S. 2471) eingefügten Satz 4. Bei dieser Regelung handelt es sich der Sache nach um eine Anrechnungsvorschrift. Dies wird aus dem Zusammenhang mit dem voranstehenden Satz 3 ebenso deutlich wie durch die Worte “Bemessungsgrundlage für die Entschädigung”. Die Anrechnung wird davon abhängig gemacht, ob die für die Festsetzung der Höhe der Unternehmensentschädigung heranzuziehende Bemessungsgrundlage das Grundstück bereits mit umfasst.
Eine behördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung steht indes noch aus. Für die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung war bis zum In-Kraft-Treten des Entschädigungsrechtsänderungsgesetzes vom 10. Dezember 2003 nach § 4 NS-VEntschG in der bis dahin geltenden Fassung ohnehin nicht das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, sondern die Oberfinanzdirektion (Bundesvermögensverwaltung) Berlin zuständig. Seitdem ist zuständige Behörde das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, Liebler, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen