Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretung für Soldaten in militärischen Dienststellen. mobile Einheit. ortsfeste Anlage der Fernmelde- und elektronischen Aufklärung
Leitsatz (amtlich)
Eine ortsfeste Anlage der Fernmelde- und elektronischen Aufklärung der Luftwaffe ist keine Einheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG, sofern die sie prägenden Aufgaben nicht aus militärischen Gründen von Soldaten wahrgenommen werden müssen.
Normenkette
SBG §§ 2, 49
Verfahrensgang
OVG Berlin (Beschluss vom 12.02.2002; Aktenzeichen 70 PV 1.01) |
VG Berlin (Entscheidung vom 08.01.2001; Aktenzeichen 71 A 7.00) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Fachsenats für Personalvertretungssachen Bund des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 12. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 4 000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Am 10. und 11. Mai 2000 fand die Wahl zum Personalrat des Fernmeldesektors D der Luftwaffe unter Ausschluss der diesem angehörenden Soldaten statt; am 11. Mai 2000 wurde das Wahlergebnis bekannt gegeben. Den rechtzeitig gestellten Wahlanfechtungsantrag hat das Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragsteller hat das Oberverwaltungsgericht die Wahl für ungültig erklärt, soweit die Soldaten nicht teilnehmen durften. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Fernmeldesektor D sei keine Einheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG), sondern eine Dienststelle bzw. Einrichtung nach § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG, in welcher die Soldaten Personalvertretungen wählten. Er habe keinen Kontakt zu den fliegenden bzw. beweglichen Teilen der Luftwaffe. Er agiere ortsfest. Häufig wiederkehrende und wechselnde Ausbildungsphasen gebe es nicht. Die personelle Fluktuation sei normal. Die Pflicht zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften halte sich im unteren Rahmen der Dienstvorschrift. Soldaten und Zivilbeschäftigte verrichteten in den Kernbereichen des Sektors, dem Erfassen und Vorauswerten, dieselbe Tätigkeit. Dass die Soldaten eine relativ geringe Zahl von Stunden mit Schießen, Sport und politischer Bildung zu verbringen hätten, sei ohne Bedeutung. Dass die Tätigkeit in fensterlosen, in einem Hangar untergebrachten Containern verrichtet werde, sei gleichfalls nicht militäreigentümlich. Ebenso wenig seien Schichtdienst und Arbeitsbelastung Indizien dafür, den Sektor als Einheit zu bewerten.
Der Beteiligte zu 2 trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Der Fernmeldesektor D befasse sich ausschließlich mit der Suche und Erfassung von Signalen militärischer Bereiche. Er habe daher jederzeit – auch in Friedenszeiten – Kontakt zu potentiellen Gegnern. Mit Hilfe der Aufklärungsarbeit des Sektors könnten militärische Strategie- und Taktiküberlegungen entwickelt werden. Der Auftrag sei geprägt von dem Bestreben nach ständiger effektiver Einsatz- und Abwehrbereitschaft und bedürfe deshalb der Gewährleistung allgemein zügiger Entscheidungsabläufe. Die Ortsfestigkeit des Sektors beruhe nicht auf von ihm wahrzunehmenden administrativen Tätigkeiten, sondern auf technischen Voraussetzungen. Da die große Mehrzahl der Erfasser und Vorauswerter Soldaten seien, überwiege das soldatische Element eindeutig.
Der Beteiligte zu 2 beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerde der Antragsteller gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen.
Die Antragsteller beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren; er nimmt zur Abgrenzung von Einheiten einerseits und für Soldaten personalratsfähigen Dienststellen und Einrichtungen andererseits grundsätzlich Stellung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 ist zulässig; insbesondere genügt die Rechtsbeschwerdebegründung den Anforderungen nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG).
1. Der Wahlanfechtungsantrag gemäß § 25 BPersVG ist zulässig.
a) Das Rechtsschutzbedürfnis ist mit Blick auf die in Gang befindliche Bundeswehrreform derzeit noch nicht entfallen. Der Senat entnimmt den Schriftsätzen der Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren, dass die Dienststelle “Fernmeldesektor D” bislang noch unverändert fortbesteht. Allerdings gibt die Luftwaffe – ebenso wie die anderen Teilstreitkräfte – ihre Fernmeldedienste an die neu errichtete Streitkräftebasis ab. Deren zweigliedrige Führungsorganisation besteht aus dem Streitkräfteamt und dem Streitkräfteunterstützungskommando (vgl. § 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung über die Bildung von Bezirkspersonalräten bei militärischen Dienststellen vom 8. Februar 1991, BGBl I S. 424, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. August 2001, BGBl I S. 2289). Letzterem untersteht truppendienstlich das Kommando Strategische Aufklärung, welchem wiederum drei Fernmeldebereiche unterstehen, die jeweils einen ortsfesten Fernmeldeaufklärungsabschnitt und ein mobiles Bataillon für den elektronischen Kampf führen werden (vgl. Luftwaffe online, Chronik von 2000 bis heute; Bundeswehr online, Streitkräftebasis). Dementsprechend wird aus dem Fernmeldesektor D künftig – bei im Wesentlichen unveränderter Aufgabenstellung – der Fernmeldeaufklärungsabschnitt 921. Mit dem Abschluss der Umstrukturierung ist in der Zeit zwischen Juli 2003 und Juli 2004 zu rechnen (vgl. das Schreiben des Luftwaffenführungsdienstkommandos vom 18. Juli 2001 an das Oberverwaltungsgericht). Angesichts dessen braucht der Senat der Frage nicht weiter nachzugehen, ob und inwieweit der Abschluss der Neustrukturierung Existenz und Amtszeit des beteiligten Personalrats berührt.
b) Rechtlich bedenkenfrei ist, dass die Antragsteller ihre Wahlanfechtung im Hauptantrag darauf beschränkt haben, die Personalratswahl für ungültig zu erklären, soweit die Soldaten nicht an der Wahl teilnehmen durften. Durch die fehlerhaft unterbliebene und daher nachzuholende Teilnahme der Soldaten wird die Rechtmäßigkeit der Personalratswahl in den übrigen Beschäftigtengruppen – auch in Bezug auf die ihnen jeweils zustehenden Personalratssitze – nicht berührt (§ 51 Abs. 2 des Soldatenbeteiligungsgesetzes – SBG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. April 1997, BGBl I S. 766, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 4013).
2. Die Wahlanfechtung ist begründet. Die Nichtbeteiligung der Soldaten an der Wahl zum Personalrat des Fernmeldesektors D am 10. und 11. Mai 2000 stellt einen wesentlichen Wahlrechtsverstoß im Sinne von § 25 BPersVG dar, so dass die Wahl in diesem Umfang für ungültig zu erklären ist.
Nach § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG wählen Soldaten in anderen als den in § 2 Abs. 1 SBG genannten Dienststellen und Einrichtungen Personalvertretungen. Nur wenn sie einem der in § 2 Abs. 1 SBG aufgeführten Wahlbereiche angehören, wählen sie Vertrauenspersonen. Die Soldaten des Fernmeldesektors D gehören jedoch keinem Wahlbereich nach § 2 Abs. 1 SBG an.
a) In Betracht zu ziehen ist hier allein § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG, wonach Soldaten in Einheiten Vertrauenspersonen wählen. Alle anderen Wahlbereiche scheiden aus. Dies gilt auch für denjenigen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 SBG. Diese Bestimmung setzt einen Verband voraus, der Einheiten führt (vgl. zum systematischen Zusammenhang von § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SBG: Beschluss vom 23. Januar 2002 – BVerwG 6 P 2.01 – PersR 2002, 205, 206). Der Fernmeldesektor D ist in der Übersicht militärischer Gliederungsformen nach Anlage 2 der ZDv 1/50 der Strukturebene 7 zuzuordnen, welche im Bereich der Luftwaffe – neben Staffel, Kompanie, Batterie und Inspektion – den “Sektor” enthält. Er untersteht dem Fernmeldebereich 70, welcher zur Strukturebene 5 (Regimentsebene) zählt. Als unterste militärische Gliederungsform führt er jedoch selbst keine Einheit.
b) Der Fernmeldesektor D ist keine Einheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG.
aa) Nach Nr. 109 der ZDv 1/50 ist die Einheit die unterste militärische Gliederungsform, deren Führer grundsätzlich Disziplinargewalt hat; die Kompanie wird als die Grundform der Einheit bezeichnet. Dass der Fernmeldesektor D zu den untersten militärischen Gliederungsformen zählt, wurde bereits dargelegt. Sein Leiter, ein Oberstleutnant, hat Disziplinargewalt (vgl. § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WDO ZDv 14/3 B 110 Abschn. 3 Nr. 6.1.4 sowie die Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung vom 29. Januar 2002 an das Oberverwaltungsgericht). Die Bezeichnung als Kompanie spielt keine Rolle. In Nr. 109 der ZDv 1/50 ist sie nur als “Grundform” der Einheit bezeichnet. Dementsprechend zählt die Anlage 2 der ZDv 1/50 in Strukturebene 7 – insbesondere auch für den Bereich der Luftwaffe – neben der Kompanie noch eine Reihe von anderen militärischen Dienststellen auf.
Nr. 109 der ZDv 1/50 trifft freilich eine Aussage nur zur Stellung der Dienststelle innerhalb der militärischen Hierarchie. Materielle Eigenschaften, die Einheiten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG gegenüber Dienststellen und Einrichtungen nach § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG auszeichnen, benennt sie nicht.
bb) Militärische Dienststellen sind Einheiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG, wenn sie beweglich sind. Ist Mobilität gegeben, so ist unerheblich, ob der Kampfauftrag unmittelbar erfüllt oder nur unterstützt wird (vgl. im Einzelnen Beschluss vom 23. Januar 2002, a.a.O., S. 209 f.).
Auf den Gesichtspunkt der Mobilität lässt sich die Annahme, es liege eine Einheit vor, hier nicht stützen. Der Fernmeldesektor D ist laut Teil I Nr. 2 der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung (STAN) vom 1. August 1996 in der Fassung vom 3. August 2000 eine ortsfeste Einrichtung. Dieser Festlegung entspricht die Realität, wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat und im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
cc) Durch ihre Mobilität stehen Einheiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG im Gegensatz zu stationären Einrichtungen mit administrativer, technischer oder sonstiger fachlicher Aufgabenstellung, die unter § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG fallen (vgl. Beschluss vom 23. Januar 2002, a.a.O., S. 210). Derartige Einrichtungen sind demnach nicht nur dann für Soldaten personalratsfähig, wenn sie administrative Aufgaben in Gestalt einer verwaltungsförmigen, büromäßigen Art der Tätigkeit erfüllen. Vielmehr sind stationäre technische Einrichtungen ebenso zu beurteilen. Insofern hat der Senat im zitierten Beschluss auf Fernmelde- und Instandsetzungseinrichtungen des Heeres verwiesen, welche das Bundesministerium der Verteidigung im Abschnitt 3 des “Verzeichnisses der Dienststellen und Einrichtungen der Streitkräfte im Sinne von § 49 SBG” (Anlage 4 der ZDv 10/2) aufgeführt hat. Entsprechendes lässt sich für den hier in Rede stehenden Luftwaffenbereich feststellen. So sind im einschlägigen Abschnitt 4 des zitierten Verzeichnisses u.a. Werften aufgeführt. Allein wegen seiner technischen Aufgabenstellung kann dem Fernmeldesektor D die Personalratsfähigkeit nach § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG somit nicht abgesprochen werden.
dd) Den Gesichtspunkt der Einsatznähe hat der Senat nicht als geeignet für die Abgrenzung von Stäben der Verbände nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 SBG und Dienststellen und Einrichtungen nach § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG angesehen (Beschluss vom 23. Januar 2002, a.a.O., S. 211). Für die hier in Rede stehende Beurteilung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG kann schon wegen des Sachzusammenhangs zwischen Einheiten und Verbänden nichts anderes gelten. Die Verwendung dieses unscharfen Kriteriums ist hier wie dort mit nicht hinnehmbaren Nachteilen für die Rechtssicherheit verbunden.
Abgesehen davon gebietet es der Gesichtspunkt der Einsatznähe auch aus tatsächlichen Gründen nicht, den Fernmeldesektor D als Einheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG zu qualifizieren. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Fernmeldesektor D keinen direkten Kontakt zu den fliegenden Verbänden der Luftwaffe oder zu mobilen Truppenteilen der anderen Teilstreitkräfte. Seine Aufgabe besteht vielmehr im Gewinnen und Übermitteln grundsätzlich noch überarbeitungsbedürftiger Daten an vorgesetzte Dienststellen, und zwar in der Regel an den Stab des Fernmeldebereichs 70. Er steuert daher nicht den Einsatz der fliegenden Verbände durch direkte Weiterleitung zuvor empfangener und gegebenenfalls ausgewerteter Informationen an diese.
ee) Ebenso wenig gebietet es die Bedeutung seines militärischen Auftrages, den Fernmeldesektor D als Einheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG zu bewerten. Teil I Nr. 1.2 der STAN beschreibt dessen Aufgaben grundlegend mit “Besetzen, Betreiben und Unterhalten einer Luftwaffenkampfführungsanlage der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung der Luftwaffe in Frieden, Krise und Krieg im Dauereinsatz”. Es soll nicht bezweifelt werden, dass mit Hilfe der auftragsgemäß gewonnenen Informationen militärische Strategie- und Taktiküberlegungen entwickelt werden können. Für die hier in Rede stehende Abgrenzung ist die Art und Weise der Tätigkeit einer militärischen Dienststelle entscheidend. Andernfalls wäre die in § 53 Abs. 2 SBG i.V.m. § 1 der Verordnung vom 8. Februar 1991 angeordnete Personalratslösung gerade für höhere militärische Dienststellen nicht verständlich. Zudem lässt sich nur sehr schwer abschätzen, in welchem Umfang und mit welchem Gewicht die einzelne Dienststelle im Rahmen einer komplexen arbeitsteiligen Militärorganisation zum Gelingen des Gesamtauftrages beiträgt.
ff) Der Fernmeldesektor D ist ferner nicht wegen seines unmittelbaren Feindkontaktes als Einheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG anzusehen. Der Kontakt zu Personen und Einrichtungen eines tatsächlich oder potentiell gegnerischen Staates ist als solcher nicht militäreigentümlich. Er ist typisch sowohl für zivile als auch militärische Nachrichtendienste, welche das Bundesministerium der Verteidigung – wie den militärischen Abschirmdienst (MAD) – im Verzeichnis gemäß Anlage 4 zur ZDv 10/2 als Dienststelle nach § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG bewertet.
gg) Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gehören dem Fernmeldesektor D mehr als 500 Berufs- und Zeitsoldaten, etwa 20 Wehrpflichtige sowie 26 Zivilbedienstete an. Der hohe Soldatenanteil besitzt jedoch für die Beurteilung einer militärischen Dienststelle als Einheit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG keine entscheidende Aussagekraft.
Dem zahlenmäßigen Verhältnis von Soldaten und Zivilbeschäftigten hat der Senat bei der Abgrenzung von Stäben der Verbände nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 SBG und Dienststellen und Einrichtungen nach § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG keine Bedeutung beigemessen (Beschluss vom 23. Januar 2002, a.a.O., S. 211). Der soldatische Personalanteil ist deswegen unerheblich, weil weder die Verfassung noch einfachgesetzliche Bestimmungen materielle Vorgaben zur Höhe dieses Anteils in den technischen Einrichtungen der Streitkräfte enthalten. Dort finden sich daher zahlreiche Funktionen, die – vorbehaltlich haushaltsrechtlicher Festlegungen – wahlweise von Soldaten, Beamten oder Arbeitnehmern wahrgenommen werden können (vgl. Beschluss vom 18. Mai 1994 – BVerwG 6 P 3.93 – BVerwGE 96, 28, 31 f.). Soweit der Senat in dem Beschluss vom 23. Januar 2002 bei der Beurteilung einer militärischen Dienststelle als Einheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG auf das eindeutige Überwiegen des soldatischen Elements hingewiesen hat (a.a.O., S. 212) beruht dies auf den Umständen des Falles und war nicht entscheidungserheblich, weil sich der Charakter der Dienststelle als Einheit bereits aus ihrer Mobilität ergab, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung und mit Blick auf den Einsatzfall festzustellen war.
hh) Anhaltspunkte dafür, dass der Fernmeldesektor D trotz seines stationären Charakters als Einheit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG anzusehen ist, lassen sich den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auch im Übrigen nicht entnehmen. Namentlich ergeben sich aus dem angefochtenen Beschluss keine Hinweise darauf, dass das dominierende soldatische Element in der Dienststelle militärischer Notwendigkeit geschuldet ist. Dies könnte etwa dann anzunehmen sein, wenn die die Dienststelle prägenden Aufgaben – ähnlich denjenigen eines kämpfenden Truppenteils – vernünftigerweise nur von Soldaten wahrgenommen werden könnten. In einem solchen Fall könnte trotz fehlender Mobilität nicht mehr von einer stationären Einrichtung “mit administrativer, technischer oder sonstiger fachlicher Aufgabenstellung” im Sinne des zitierten Senatsbeschlusses vom 23. Januar 2002 (a.a.O., S. 210) gesprochen werden. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Gesichtspunkt bedacht, dazu aber festgestellt, dass Soldaten und andere Beschäftigte (regelmäßig Beamte) in den Kernbereichen der Dienststelle, dem Erfassen und Vorauswerten, dieselbe Tätigkeit verrichten. Der hiergegen gerichtete Einwand des Beteiligten zu 2 ist weder im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge vorgebracht noch schlüssig, weil er im Wesentlichen auf das Überwiegen des soldatischen Elements in der Dienststelle abstellt; letzteres ist aber im Rahmen von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG aus den genannten Gründen nicht entscheidend. Im Übrigen hatte der Beteiligte zu 2 im Anhörungstermin des Oberverwaltungsgerichts erklärt: “Was die Arbeit als solche angeht, gibt es keinen Unterschied. Der Beamte am Arbeitsplatz 1 macht das Gleiche wie der Soldat am Arbeitsplatz 2.” Im Folgenden hat er klargestellt, dass sich diese Aussage auf den Vorgang des Erfassens und Auswertens bezieht, also auf die Hauptaufgaben der Dienststelle.
Eine militärische Notwendigkeit in dem vorbezeichneten engen Sinne ergibt sich ferner nicht aus dem Vorbringen in der Rechtsbeschwerdebegründung, von der Dienststelle würden nur die für den militärischen Auftrag bedeutsamen Daten erfasst, alle übrigen Signale würden ausgeschieden. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen in den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts keine Entsprechung findet und in der Rechtsbeschwerdeerwiderung in Abrede gestellt wird, ist es nicht geeignet, die Unentbehrlichkeit gerade von Soldaten für die Aufgabenerfüllung darzutun. Dass die Aufgabenstellung in den Dienststellen der Streitkräfte militärisch relevant ist, gilt unabhängig davon, ob es sich um Wahlbereiche nach § 2 Abs. 1 SBG oder Dienststellen und Einrichtungen nach § 49 Abs. 1 SBG handelt. Die Erfüllung militärischer Aufträge ist im Bereich der Streitkräfte (Art. 87a GG) allen Dienststellen eigen. Das unterscheidet sie von der für Personalwesen und Beschaffung zuständigen Bundeswehrverwaltung (Art. 87b GG), deren Aufgaben streitkräftebezogen, aber nicht selbst militärisch sind, so dass dort – wie in anderen Bundesverwaltungen auch – nach der Grundregel des § 1 BPersVG Personalvertretungen gebildet werden.
ii) Weitere Gesichtspunkte, auf die das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf den Senatsbeschluss vom 3. Juli 1991 – BVerwG 6 P 3.89 – (BVerwGE 88, 354, 363) eingegangen ist, kommen nicht zum Tragen. Das hat das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Tatsachenfeststellungen zutreffend ausgeführt.
jj) Nach den vorstehenden Ausführungen konzentrieren sich die Wahlbereiche des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG, in welchen Soldaten Vertrauenspersonen wählen, vor allem auf die mobilen Einheiten des Heeres und die fliegenden Einheiten der Luftwaffe. Für die dritte Teilstreitkraft, die Marine, sieht § 2 Abs. 1 Nr. 2 SBG mit den Schiffen und Booten spezielle Wahlbereiche vor, die ebenfalls durch Mobilität gekennzeichnet sind (“schwimmende Einheiten”; vgl. BTDrucks 13/5740 S. 16). Dies entspricht seit langem der Konzeption des Gesetzgebers (vgl. Beschluss vom 23. Januar 2002, a.a.O., S. 210 unter Hinweis auf BTDrucks 7/1968). Gegen die weiterhin vorrangige Berücksichtigung des klassischen Abgrenzungsmerkmals kann nicht eingewandt werden, dass die Bedeutung ortsfest arbeitender technischer Einrichtungen für den Kampfauftrag zunimmt, so dass die Auslegung des § 2 Abs. 1 SBG dieser Tendenz Rechnung tragen müsse. Soweit eine derartige Tendenz namentlich aus Gründen des technischen Fortschritts feststellbar sein und zu einer Verringerung der Zahl der Vertrauenspersonen wählenden Soldaten gegenüber der Zahl der Personalräte wählenden Soldaten führen sollte, würde es sich um eine Entwicklung handeln, die im Ergebnis vom Gesetzgeber gewollt ist.
Mit dem Änderungsgesetz vom 20. Februar 1997, BGBl I S. 298, durch welches das Soldatenbeteiligungsgesetz seine heutige Fassung gefunden hat, bezweckte der Gesetzgeber die vertiefte Integration der Vertreter der Soldaten in die Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes (vgl. BTDrucks 13/5740 S. 1; 13/6148 S. 1). Auch wenn sich die Vermehrung der für Soldaten personalratsfähigen Dienststellen auf das Stammpersonal der Schulen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 6 SBG; BTDrucks 13/5740 S. 16) und die höheren Stäbe gemäß § 49 Abs. 1 Satz 2 SBG beschränkt hat, so wird daraus mit Rücksicht auf die zugleich erreichte Gleichstellung der Soldatenvertreter im Personalrat mit den Vertretern der Beschäftigten gleichwohl die Neigung des Gesetzgebers erkennbar, die beteiligungsrechtliche Benachteiligung insbesondere der Berufs- und Zeitsoldaten gegenüber den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes spürbar zu verringern. Die Entwicklung neuer und zugleich komplexer Abgrenzungskriterien durch die Rechtsprechung, welche das Vertrauenspersonenmodell zu Lasten des Personalratsmodells begünstigte, widerspräche der gesetzgeberischen Tendenz.
c) Durch die Einbeziehung des Fernmeldesektors D und vergleichbarer technischer Einrichtungen der Streitkräfte in den Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG wird deren Einsatzfähigkeit zur Erfüllung ihres speziellen verfassungsrechtlichen Auftrages (vgl. Art. 24 Abs. 2, Art. 35 und Art. 87a GG) nicht infrage gestellt. Der Senat hat – namentlich unter Bezugnahme auf die Regelung in § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG, der zufolge in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, die Soldatenvertreter im Personalrat die Befugnisse der Vertrauensperson haben – wiederholt darauf hingewiesen, dass es für einen erheblichen Teil der Mitbestimmungstatbestände gleichgültig ist, ob Soldaten Vertrauenspersonen oder Personalvertretungen wählen (vgl. Beschluss vom 23. Juni 1999 – BVerwG 6 P 6.98 – Buchholz 252 § 2 SBG Nr. 2 S. 7; Beschluss vom 23. Januar 2002, a.a.O., S. 212). Insbesondere haben die Soldatenvertreter lediglich die Befugnisse der Vertrauensperson in den Fällen, in denen die Maßnahme des Dienststellenleiters ausschließlich die Interessen der Soldaten unmittelbar berührt (vgl. Urteil vom 10. Februar 2000 – BVerwG 2 A 4.99 – Buchholz 236.1 § 24 SG Nr. 18 S. 11; Beschluss vom 1. November 2001 – BVerwG 6 P 10.01 – Buchholz 252 § 52 SBG Nr. 2 S. 4 f.).
Richtet daher der Leiter einer militärischen Dienststelle eine Maßnahme ausschließlich an die Soldaten, so beschränken sich die Beteiligungsrechte der Soldatenvertreter jedenfalls dann auf diejenigen der Vertrauensperson, wenn die Zivilbeschäftigten aus sachlichen Gründen ausgenommen werden (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 1984 – BVerwG 6 P 35.82 – Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 35). Solche Gründe sind namentlich dann anzuerkennen, wenn die unterschiedliche Behandlung von Soldaten und Zivilbeschäftigten zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Streitkräfte geboten ist.
aa) Die Unterschiede zwischen der Personalrats- und der Vertrauenspersonlösung werden weiter dadurch reduziert, dass eine Reihe von Mitbestimmungstatbeständen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz inhaltlich vergleichbare Mitbestimmungsrechte nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz gegenüber stehen (vgl. § 75 Abs. 3 Nr. 3, 5, 10, 11 und 17 sowie § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 BPersVG i.V.m. § 70 Abs. 3 Satz 1 SG einerseits und § 24 Abs. 5 Nr. 2 bis 4, Abs. 6 Nr. 2 und 3, § 25 Abs. 3 Nr. 2 SBG andererseits). Das Mitbestimmungsrecht nach § 25 Abs. 3 Nr. 2 SBG wird häufig auch den Gegenstand der Mitbestimmungstatbestände nach § 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 BPersVG abdecken.
bb) Freilich enthält das Bundespersonalvertretungsgesetz eine Reihe von Mitbestimmungstatbeständen, denen entweder gar keine oder nur schwächere Beteiligungsrechte nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz gegenüber stehen.
(1) Einige dieser Mitbestimmungstatbestände haben für Soldaten in militärischen Dienststellen nur geringe oder gar keine Bedeutung (vgl. § 75 Abs. 3 Nr. 2, 4 und 12 BPersVG).
(2) Eine Reihe dieser Mitbestimmungstatbestände mag auch für Soldaten in militärischen Dienststellen Gewicht haben (§ 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 13, 14, § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 bis 10 BPersVG). Dass die Mitbestimmung des Personalrates mit Rücksicht auf die Einschränkungen aus § 69 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BPersVG die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte beeinträchtigt, ist nicht erkennbar.
(3) Einige Mitbestimmungstatbestände nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz können unter Umständen die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr berühren. Es handelt sich dabei um diejenigen Tatbestände, die thematisch die Gestaltung des Dienstbetriebes im Sinne von § 24 Abs. 1 und 2 SBG betreffen. Hier kommt vor allem der arbeitszeitbezogene Mitbestimmungstatbestand nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG in Betracht, aber auch die Tatbestände in § 75 Abs. 3 Nr. 15 und 16 BPersVG können einschlägig sein. Hinsichtlich des arbeitszeitbezogenen Mitbestimmungstatbestandes erscheint nicht undenkbar, dass sich der Anwendungsbereich der einschränkenden Regelung in § 75 Abs. 4 BPersVG auch auf militärische Dienststellen erstrecken kann. Die Durchführung eilbedürftiger Maßnahmen scheitert im Übrigen schon wegen § 69 Abs. 5 BPersVG nicht an der Mitbestimmung des Personalrats.
Eine auf die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zugeschnittene Regelung über den Ausschluss der Beteiligung, wie sie in § 24 Abs. 3 Nr. 1 SBG getroffen ist, enthält das Bundespersonalvertretungsgesetz freilich nicht. Nach der vorbezeichneten Bestimmung unterbleibt die Beteiligung der Vertrauensperson bei der Gestaltung des Dienstbetriebes bei Anordnungen, durch die in Ausführung eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Einsätze und Einsatzübungen geregelt werden. Hierin lässt sich jedoch auch mit Rücksicht auf eine ähnliche Regelung für den Bundesgrenzschutz in § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG ein allgemeiner Rechtsgedanke erblicken, der letztlich im verfassungsmäßigen Auftrag der Streitkräfte wurzelt (vgl. BTDrucks 13/5740 S. 19). Auf ihn kann in für Soldaten personalratsfähigen Dienststellen bei der die Gestaltung des Dienstbetriebes betreffenden Mitbestimmung zurückgegriffen werden, sofern und soweit die Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes noch nicht hinreichen, um die verfassungsrechtlich gebotene Funktionsfähigkeit der Streitkräfte sicherzustellen.
3. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 8 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 BRAGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Gerhardt, Büge, Vormeier
Fundstellen
Haufe-Index 879764 |
PersR 2004, 4 |
PersV 2003, 135 |
ZfPR 2003, 236 |