Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 30.04.2008; Aktenzeichen 5 S 2858/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. April 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Die von ihr als Zulassungsgrund geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
Grundsätzliche Bedeutung misst die Beschwerde der Frage bei,
“ob beim Nachweis von altrechtlichen Grundstücksbelastungen aufgrund Gewohnheitsrecht, wie es das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung darstellt, der Einfluss und die Bedeutung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG von vornherein mit dem Argument verneint werden kann, die entsprechende Belastung sei ja bereits in früherer Zeit erfolgt, weshalb der erst heutzutage geführte Nachweis den privaten Eigentümer nicht (mehr) belaste”.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn sie ist in der höchstrichterlichen, insbesondere verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bereits – und zwar im Sinne der Beschwerde – geklärt. Danach durfte der Verwaltungsgerichtshof Art. 14 Abs. 1 GG bei seiner Entscheidung nicht unberücksichtigt lassen.
Der Vorinstanz ist allerdings in ihrem Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die von ihr getroffene Feststellung der Tatsachen, auf die sich in Anwendung des Rechtsinstituts der unvordenklichen Verjährung die Beurteilung der Öffentlichkeit der Verkehrsfläche gründet, nicht konstitutiv für die Eigentumsbelastung des Klägers ist (UA S. 18). Dieser Umstand könnte jedoch nicht einmal dann, wenn es sich insoweit ausschließlich um abgeschlossene Vorgänge aus vorkonstitutioneller Zeit handelte (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 – 2 BvR 955/00 u.a. – BVerfGE 112, 1 ≪20 f.≫), zur Unanwendbarkeit des verfassungsrechtlichen Maßstabes des Art. 14 Abs. 1 GG führen. Denn wenn es – wie hier vor dem Verwaltungsgerichtshof – in einem Rechtsstreit um die Feststellung dieser eigentumsbelastenden Vorgänge geht, ist jedenfalls die Verfahrensgewährleistung von Bedeutung, die sich unmittelbar aus der Eigentumsgarantie ergibt und dem Betroffenen einen vom Richter bei der Auslegung und Anwendung des Verfahrensrechts zu beachtenden verfassungskräftigen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verschafft (BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 1999 – 1 BvR 1771/91 – NVwZ 2000, 185 ≪186≫). Dieser verfahrensrechtlichen Ausprägung des Eigentumsgrundrechts entspricht es, wenn – wie es auch die Beschwerde fordert – im Fall der Betroffenheit von privatem Grundeigentum allgemein hohe Anforderungen an den Nachweis der Öffentlichkeit eines Weges gestellt werden, die es ausschließen, dass insoweit verbleibende Zweifel sich zulasten des Privateigentümers auswirken können (vgl. nur Sauthoff, Straße und Anlieger, 2003, Rn. 506 m.w.N.). Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
Die angefochtene Entscheidung lässt – ohne dass es angesichts der fehlenden Klärungsbedürftigkeit hierauf für den Erfolg der Grundsatzrüge noch ankäme – erkennen, dass der Verwaltungsgerichtshof die dargelegten verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG trotz des abweichenden rechtlichen Ansatzes jedenfalls der Sache nach beachtet hat. Entgegen der Ansicht der Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof für den Nachweis der Öffentlichkeit nicht derart auf Vorgänge in der Mitte des 19. Jahrhundert abgestellt, dass die allgemein als maßgeblich angesehene 80-jährige Wartefrist positiver bzw. nicht gegenteiliger Erinnerung an das Bestehen eines öffentlichen Weges “nicht mehr zum Tragen” kam oder kommen konnte. Er hat sich nicht allein auf zeichnerische Darstellungen des Weges aus jener Zeit, sondern zumindest ergänzend auch auf Zeugenaussagen gestützt. Dass Art. 14 Abs. 1 GG insoweit gebieten könnte, Zeugenaussagen als ausschließliche oder jedenfalls maßgebliche Beweismittel heranzuziehen, ist den dargelegten und von der Beschwerde als maßgeblich angesehenen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht zu entnehmen und ist auch nicht ersichtlich, wenn eine hinreichende Gewissheit auf andere Weise erlangt werden kann. Davon ist der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgegangen. Die angefochtene Entscheidung weist auch nicht – wie die Beschwerde meint – darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof Zweifel am Nachweis der Öffentlichkeit zulasten des Klägers gewertet hat. Die Vorinstanz räumt zwar ein, dass für die von ihr als erforderlich angesehene rechtliche Beziehung des Weges zu einem wegebaupflichtigen Verband “wenig ersichtlich” sei, legt aber dar, dass das “Wenige” keine Zweifel rechtfertigt, sondern ausreichende Gewissheit über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Öffentlichkeit des Weges verschafft. Auf dieser Grundlage erweist sich die Kritik der Beschwerde an der Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs in der Sache nicht als Angriff gegen angeblich zu geringe Nachweisanforderungen, sondern als bloße abweichende Tatsachen- und Beweiswürdigung, die zur Begründung eines Revisionszulassungsgrundes ohnehin nichts beitragen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte
Fundstellen