Entscheidungsstichwort (Thema)

Betretungsrecht. Grundstücke der Abfallbesitzer. satzungsrechtliche Regelung des Betretungsrechts. Art und Weise der Überlassungspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

§ 11 Abs. 4 Satz 2 AbfG bietet keine Rechtsgrundlage für ein Betretungsrecht zur Überwachung der dem Abfallbesitzer durch Landesrecht auferlegten Anschluß- und Überlassungspflichten.

 

Normenkette

AbfG § 11 Abs. 4 S. 2; BayAbfAlG Art. 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Beschluss vom 14.07.1993; Aktenzeichen 20 N 93.309)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtvorlage der Rechtssache in dem Normenkontrollverfahren, in dem der Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juli 1993 ergangen ist, wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle gegen die Gültigkeit der Vorschrift des § 7 Abs. 5 der Abfallwirtschaftssatzung (AWS) des Antragsgegners vom 24. Juli 1992. Diese Vorschrift gestattet den Beauftragten des Antragsgegners nach der Auslegung, die ihr der Verwaltungsgerichtshof gegeben hat, die Grundstücke der Anschluß- und Überlassungspflichtigen zur Erfüllung der Entsorgungsaufgabe zu betreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, daß ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers für seinen Normenkontrollantrag nicht bestehe, wenn das in der Satzung geregelte Betretungsrecht nur die durch förmliches Gesetz bereits fixierte Rechtslage wiedergebe. Er hat als ein solches in Betracht kommendes Gesetz allein § 11 Abs. 4 Satz 2 AbfG angesehen, ist jedoch davon ausgegangen, daß das Betretungsrecht nach § 7 Abs. 5 AWS darüber hinausgehe, weil es auch den Zweck habe, die Erfüllung der durch die Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners näher konkretisierten Überlassungspflicht zu überwachen.

Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe die Sache gemäß § 47 Abs. 5 VwGO dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegen müssen; es sei von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung, ob § 11 Abs. 4 Satz 2 AbfG das Betreten der Grundstücke auch solcher Abfallbesitzer gestatte, die gemäß § 3 Abs. 1 AbfG lediglich zur Überlassung ihrer Abfälle an den Entsorgungspflichtigen verpflichtet seien. Nach dem rechtlichen Ansatz, der dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs zugrunde liegt, stellt sich jedoch die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage nicht in dieser Weise. Das Berufungsgericht hat § 7 Abs. 5 AWS dahingehend ausgelegt, daß diese Vorschrift auch und gerade den Zweck verfolge, die Einhaltung derjenigen Satzungsvorschriften zu überwachen, die zur Konkretisierung der den Abfallbesitzer treffenden Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbfG erlassen worden seien. Zu fragen ist daher, ob ein so verstandenes Betretungsrecht sich in dem Rahmen hält, der nach § 11 Abs. 4 Satz 2 AbfG ohnehin Rechtens ist. So gestellt ist die Rechtsfrage jedoch offensichtlich zu verneinen. § 11 Abs. 4 Satz 2 AbfG gestattet ein Betreten der Grundstücke von Abfallbesitzern nur, um die Einhaltung von Verpflichtungen „nach diesem Gesetz”, also nach dem Abfallgesetz des Bundes, zu prüfen. Das Abfallgesetz des Bundes sagt nichts darüber aus, in welcher Weise der Abfallbesitzer seiner Überlassungspflicht nachzukommen hat; insoweit besteht Raum für konkretisierende landesrechtliche Regelungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1983 – BVerwG 7 C 45.80 – BVerwGE 67, 8 ≪11≫). Die satzungsrechtlichen Regelungen hinsichtlich der Art und Weise der Überlassung des Abfalls an den Antragsgegner stützen sich dementsprechend auf die Vorschriften des Art. 7 Abs. 1 BayAbfAlG; beispielsweise ist die vom Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich angesprochene „Pflicht zur getrennten Überlassung von Abfällen” ihren Voraussetzungen nach in Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayAbfAlG geregelt. Zur Überwachung derartiger im Landesrecht wurzelnder Pflichten bietet § 11 Abs. 4 Satz 2 AbfG keine Rechtsgrundlage.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Dr. Paetow, Dr. Bertrams

 

Fundstellen

BB 1994, 316

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