Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit der Erhebung und Bemessung von Beiträgen nach §§ 17, 18 SächsKAG mit Bundesrecht; der Begriff der Vorzugslast

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist der Begriff des Beitrags weder durch das Grundgesetz vorgegeben noch sonst bundesrechtlich vorgeprägt.

2. Vorzugslasten sind gekennzeichnet durch die sie legitimierende Ausgleichsfunktion. Sie werden erhoben zum Ausgleich für die Vorteile, die durch die tatsächliche oder potenzielle Inanspruchnahme staatlicher Leistungen vermittelt werden, bzw. für die Kosten, die mit diesen Leistungen verbunden sind. Hiernach kann nicht zweifelhaft sein, dass der Anschlussbeitrag für die Abwasserbeseitigung nach § 17 SächsKAG eine Vorzugslast darstellt. Denn die erwähnte Ausgleichsfunktion erfüllt er unabhängig davon, dass § 17 Abs. 1 SächsKAG als Verwendungszweck der Abgabe nicht die Herstellung von Anlagen, sondern die Ausstattung öffentlicher Einrichtungen mit Betriebskapital bezeichnet.

3. Die Bemessung einer Gebühr ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn ihre Höhe durch zulässige, vom Gesetzgeber bei der tatbestandlichen Ausgestaltung erkennbar verfolgte Gebührenzwecke legitimiert wird, wobei zulässige Zwecke insbesondere die Kostendeckung und der Vorteilsausgleich sind. Diese Grundsätze sind auf Beiträge als weitere Vorzugslast ohne weiteres übertragbar. Ob die Beitragsregelung im SächsKAG diesen Vorgaben gerecht wird, ist eine Frage, die die Auslegung und Anwendung des Landesrechts betrifft und deshalb keinen revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf schafft. (Leitsätze nicht amtlich)

 

Normenkette

GG Art. 104a; SächsKAG §§ 17-18, 2 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Sächsisches OVG (Urteil vom 29.09.2004; Aktenzeichen 5 B 626/01)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. September 2004 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 18 395 € festgesetzt.

 

Gründe

Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. a) Als grundsätzlich bedeutsam (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wirft die Beschwerde die Frage auf,

ob die Erhebung und Bemessung von Beiträgen nach §§ 17 f. SächsKAG mit dem bundesrechtlichen Beitragsbegriff bzw. den bundesrechtlichen Grenzen der Beitragserhebung vereinbar ist, insbesondere ob

– eine Vorzugslast auch dann vorliegt, wenn das Gesetz die Erhebung der Beiträge für die Ausstattung mit Betriebskapital und nicht für die Finanzierung der öffentlichen Einrichtung vorsieht,

– die Höhe des Beitrags, der zur Ausstattung einer anderweitig zu finanzierenden öffentlichen Einrichtung mit Betriebskapital erhoben wird, aus bundesrechtlicher Sicht alleine auf der Grundlage der Wiederbeschaffungszeitwerte der prognostizierten Anlageinvestitionen ermittelt werden darf oder auf die tatsächlich ersparten Aufwendungen beschränkt bleiben muss.

Diese Fragestellung bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren.

Soweit der Kläger mit ihr auf die Vereinbarkeit von Beiträgen nach §§ 17 f. SächsKAG mit einem bundesrechtlichen Beitragsbegriff abstellt, setzt er voraus, dass es einen einheitlichen bundesrechtlichen Beitragsbegriff gibt. Insoweit ist eingangs klarzustellen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Begriff des Beitrags weder durch das Grundgesetz vorgegeben noch sonst bundesrechtlich vorgeprägt ist (vgl. Urteil vom 21. April 2004 – BVerwG 6 C 20.03 – BVerwGE 120, 311 ≪317≫).

Wie die Spezifizierung der Fragestellung unter den Spiegelstrichen und die erläuternden Ausführungen in der Beschwerdebegründung verdeutlichen, geht es dem Kläger maßgeblich um die Frage, ob die Erhebung und Bemessung von Beiträgen nach dem Sächsischen Kommunalabgabengesetz mit der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a GG) vereinbar ist. Auch insoweit besteht kein Bedarf für eine revisionsgerichtliche Klärung. Die beitragsrechtlichen Bestimmungen der §§ 17 f. SächsKAG und der auf sie gestützten Abwasserabgabensatzung 2002 des Beklagten gehören dem Landesrecht an, das nicht der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Wird die Unvereinbarkeit des Landesrechts mit Bundesrecht gerügt, so kann sich daraus ein Bedarf revisionsgerichtlicher Klärung nur dann ergeben, wenn die Auslegung der bundesrechtlichen Maßstabsnorm ihrerseits ungeklärte Fragen von fallübergreifender Bedeutung aufwirft (BVerwG, Beschluss vom 4. April 2002 – BVerwG 6 B 1.02 – Juris Rn. 4 m.w.N.). Das trifft hier nicht zu.

aa) Soweit es um die Erhebung des Beitrags nach § 17 SächsKAG geht, macht die Beschwerde geltend, der Begriff der Vorzugslast, den das Bundesverfassungsgericht zur Kennzeichnung der mit der Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung als vereinbar erachteten Gebühren und Beiträge im herkömmlichen Sinne verwende, sei bisher nicht genügend präzisiert, um die Zuordnung des Beitrags im Sinne der genannten Vorschrift zu diesem Begriff beurteilen zu können. Dem ist nicht zu folgen. Das Bundesverfassungsgericht sieht Vorzugslasten gekennzeichnet durch die sie legitimierende Ausgleichsfunktion. Sie werden erhoben zum Ausgleich für die Vorteile, die durch die tatsächliche oder potenzielle Inanspruchnahme staatlicher Leistungen vermittelt werden, bzw. für die Kosten, die mit diesen Leistungen verbunden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 1959 – 1 BvL 1,7/58 – BVerfGE 9, 291 ≪297 f.≫; Beschluss vom 24. Januar 1995 – 1 BvL 18/93 u.a. – BVerfGE 92, 91 ≪115≫; Beschluss vom 7. November 1995 – 2 BvR 413/88 u.a. – BVerfGE 93, 319 ≪343 f.≫). Hiernach kann nicht zweifelhaft sein, dass der Anschlussbeitrag nach § 17 SächsKAG eine Vorzugslast darstellt. Denn die erwähnte Ausgleichsfunktion erfüllt er – anders als der Kläger meint – unabhängig davon, dass § 17 Abs. 1 SächsKAG als Verwendungszweck der Abgabe nicht die Herstellung von Anlagen, sondern die Ausstattung öffentlicher Einrichtungen mit Betriebskapital bezeichnet. Die Vorinstanz hat in Auslegung des § 18 Abs. 1 SächsKAG als Vorteil, der mit der Beitragszahlung ausgeglichen werden soll, die durch die Möglichkeit des Anschlusses eines Grundstücks an die öffentliche Abwassereinrichtung vermittelte Nutzungsmöglichkeit gesehen. An diese Auslegung von Landesrecht ist der Senat gebunden, so dass es auf die Ausführungen, mit denen der Kläger die Maßgeblichkeit dieses Vorteils in Zweifel zu ziehen sucht (S. 10 der Beschwerdebegründung), nicht ankommt.

bb) Der Kläger wirft mit seiner oben wiedergegebenen Fragestellung weiterhin die Frage auf, ob neben der Erhebung auch die Bemessung des Beitrags nach dem Sächsischen Kommunalabgabengesetz mit Bundesrecht vereinbar ist; insoweit verweist er ebenfalls auf die Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesrechtlichen Finanzverfassung. Ein diesbezüglicher Klärungsbedarf ist indessen nicht hinreichend dargetan.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19. März 2003 (2 BvL 9/98 u.a. – BVerfGE 108, 1 ≪17 ff.≫) bezogen auf Gebühren die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung als Maßstabsnorm nicht nur für die Erhebung, sondern auch für die Bemessung herangezogen und dazu ausgeführt, Gebühren seien auch der Höhe nach rechtfertigungsbedürftig. Die Bemessung einer Gebühr sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn ihre Höhe durch zulässige, vom Gesetzgeber bei der tatbestandlichen Ausgestaltung erkennbar verfolgte Gebührenzwecke legitimiert werde, wobei zulässige Zwecke insbesondere die Kostendeckung und der Vorteilsausgleich seien. Diese Grundsätze sind – wovon auch der Kläger ausgeht – auf Beiträge als weitere Vorzugslast ohne weiteres übertragbar. Denn für Beiträge gilt in gleicher Weise wie für Gebühren, dass ihre Höhe nicht im Belieben des Normgebers stehen darf, damit die finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln nicht umgangen werden können. Die bundesrechtliche Maßstabsnorm ist mit diesen vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen hinreichend konkretisiert. Ob die Beitragsregelung im Sächsischen Kommunalabgabengesetz den genannten Vorgaben gerecht wird, ist demgegenüber eine Frage, die die Auslegung und Anwendung des Landesrechts betrifft und deshalb keinen revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf schafft.

Um die Notwendigkeit einer weitergehenden Klärung darzutun, macht die Beschwerde allerdings geltend, es stelle sich das Problem, ob die Grundsätze zur Beurteilung der Beitrags- und der Gebührenbemessung auch “im Verhältnis von Beiträgen zu Gebühren” Geltung beanspruchen könnten. So wie es unzulässig sei, Gebührenschuldner durch unterschiedliche Gebühren zur Deckung gleicher Kosten heranzuziehen, so liege es nahe, Gleiches im Verhältnis zwischen Gebühren- und Beitragspflichtigem anzunehmen und es deshalb als unzulässig anzusehen, den Beitragspflichtigen für solche Kosten in Anspruch zu nehmen, die nach der gesetzlichen Konzeption auch vom Gebührenschuldner zu tragen seien. Ein die finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen betreffender Klärungsbedarf wird damit nicht aufgezeigt. Der Kläger missversteht die Schutz- und Begrenzungsfunktion der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln, wenn er in diesem Zusammenhang auf das Verhältnis verschiedener Gebühren zueinander bzw. von Gebühren und Beiträgen zueinander abhebt. Vielmehr geht es bei dem erwähnten verfassungsrechtlichen Maßstab um das Verhältnis zwischen Steuern und nichtsteuerlichen Abgaben; der Finanzverfassung würde es – wie das Bundesverfassungsgericht deutlich hervorgehoben hat (a.a.O. S. 14) – zuwiderlaufen, wenn Gebühren und andere nicht steuerliche Abgaben wegen unzulässiger Überhöhung der Sache nach zu Steuern würden.

Im Übrigen ist es der Beschwerde auch nicht gelungen, die Entscheidungserheblichkeit der zum Verhältnis von Beitrag und Gebühr aufgeworfenen Frage darzulegen. Ob die Erhebung von Beiträgen und Gebühren nach dem Sächsischen Kommunalabgabengesetz wirklich – wie vom Kläger vorausgesetzt – zur Deckung teilweise derselben Kosten und damit insoweit zu einer Doppelfinanzierung führt, hängt von dem landesrechtlich bestimmten und damit irrevisiblen Kostenbegriff (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. September 1997 – BVerwG 8 B 185.97 – ZKF 1998, 62 f.) ab. Dem Urteil der Vorinstanz ist nicht zu entnehmen, dass es nach dessen Auslegung des Landesrechts zu einer entsprechenden Doppelfinanzierung kommt. Für die Vorinstanz stellte sich die Frage der Zulässigkeit einer Doppelfinanzierung durch die Erhebung von Beiträgen und Gebühren also gar nicht. Eine für die Entscheidung des Tatsachengerichts nicht maßgebliche Rechtsfrage aber vermag die Zulässigkeit der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zu rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2003 – BVerwG 9 BN 3.03 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 98 S. 22).

Eine Frage des Landesrechts stellt es schließlich auch dar, wie der Vorteil zu fassen ist, der den Beitragspflichtigen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer kommunalen Abwassereinrichtung geboten wird. Denn in gleicher Weise wie der Kostenbegriff ist auch der Vorteilsbegriff nicht bundesrechtlich vorgeprägt, sondern von seiner landesrechtlichen Ausgestaltung abhängig (BVerwG, Beschluss vom 9. September 1997 a.a.O.).

b) Der von der Beschwerde außerdem aufgeworfenen Frage, ob die vom Bundesverwaltungsgericht (Az.: 9 CN 1.01 – BVerwGE 116, 188) festgestellten Beschränkungen der gerichtlichen Kontrolle von Gebührensatzungen auch dann auf die Festsetzung von Beiträgen übertragbar sind, wenn die Ermittlung der für die Bestimmung des Beitragssatzes maßgeblichen Faktoren in einem selbstständigen Teil des Satzungsverfahrens aufgrund einer besonderen Prognose des Satzungsgebers erfolgt, ohne die ein höchstzulässiger Beitragssatz nicht festgestellt und die Beitragshöhe insoweit auch nicht auf Ergebnisrichtigkeit überprüft werden kann, kommt ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Das Berufungsgericht hat sich bei seiner auf eine Ergebniskontrolle beschränkten Überprüfung des in der Satzung des Beklagten festgelegten Beitragssatzes nicht unmittelbar auf die vom beschließenden Senat in seinem Urteil vom 17. April 2002 (a.a.O. S. 192 ff.) für Gebührensatzungen aus dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht abgeleiteten Grundsätze zum Satzungsermessen und daraus folgenden Einschränkungen der gerichtlichen Kontrolldichte, sondern auf § 2 Abs. 2 SächsKAG gestützt. Fragen, die die Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift einschließlich der Bestimmung ihres Anwendungsbereichs zum Gegenstand haben, betreffen wiederum irrevisibles Recht. Dies gilt unabhängig davon, ob und inwieweit der sächsische Gesetzgeber mit Einfügung dieser Bestimmung in das Sächsische Kommunalabgabengesetz von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte Grundsätze übernehmen wollte. Denn der Umstand, dass ein Landesgesetzgeber aus dem Bundesverfassungsrecht abzuleitende Grundsätze für ein seiner Gesetzgebungskompetenz unterliegendes Rechtsgebiet konkretisiert, ändert nichts am landesrechtlichen Charakter der von ihm gesetzten Norm. Fragen der Anwendung dieser Norm rechtfertigen nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens.

Klärungsbedürftige Fragen des Bundesrechts zeigt die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang nicht auf. Mit ihrem Vortrag zu Art. 28 Abs. 2 GG legt sie nicht nachvollziehbar dar, inwiefern die Beschränkung der gerichtlichen Überprüfung eines Beitragssatzes auf eine Ergebniskontrolle das Selbstverwaltungsrecht eines kommunalen Trägers beeinträchtigen sollte. Soweit dem Satzungsgeber auch bei der Ermittlung des höchstzulässigen Beitragssatzes Wertungs- und Prognosespielräume eröffnet sein sollten, hat die gerichtliche Kontrolle diese zu achten, ist dagegen nicht gehalten, anstatt einer nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 SächsKAG eingeschränkten Kontrolle eine das kommunale Selbstverwaltungsrecht in der Tat berührende volle Überprüfung des in der Satzung festgelegten Beitragssatzes auf Kalkulationsfehler vorzunehmen.

2. Die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greift ebenfalls nicht durch.

Eine Abweichung im Sinne der genannten Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sich das Oberverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat (stRspr; vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 1991 – BVerwG 5 B 68.91 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302). Daran fehlt es hier. Dies gilt schon deshalb, weil der der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entnommene Rechtssatz, Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Abgabenerhebung sei die gruppennützige Abgabenverwendung, sich in den von der Beschwerde benannten Entscheidungen jeweils auf Sonderabgaben (mit Finanzierungsfunktion) bezieht; in der angefochtenen Entscheidung geht es demgegenüber nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts um einen Beitrag. Abgesehen davon leitet die Beschwerde die Divergenz aus einem unzutreffenden Verständnis der herangezogenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ab. Die Beschwerde meint offenbar, das Erfordernis gruppennütziger Verwendung stelle auf die tatsächliche Verwendung im Einzelfall ab (vgl. insbesondere S. 25 und 26 unten der Beschwerdebegründung). Aus der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts zu den Sonderabgaben geht indessen hervor, dass es nicht auf eine etwaige zweckwidrige Verwendung des Beitragsaufkommens im Einzelfall, sondern auf die von der jeweils einschlägigen normativen Regelung intendierte Verwendung ankommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 2 BvL 1/99 u.a. – BVerfGE 108, 186 ≪229≫ – u.a. Hinweis auf § 7 Abs. 1 und 3 AltPflG NRW –; BVerwG, Urteil vom 21. April 2004 – BVerwG 6 C 20.03 – BVerwGE 120, 311 ≪325≫ – Hinweis auf § 8 Abs. 1 Satz 3 EAG –). Damit steht die angefochtene Entscheidung, die darauf abhebt, dass eine zweckwidrige tatsächliche Verwendung die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung unberührt lasse, in keinem erkennbaren Widerspruch.

3. Schließlich muss auch den Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Erfolg versagt bleiben.

Der gerügte Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) liegt nicht vor. Mit der Anregung des Klägers, die Verwendung der erhobenen Beiträge weiter aufzuklären, hat sich die Vorinstanz inhaltlich auseinander gesetzt. Dies zeigt, dass sie seinen Vortrag hierzu nicht übergangen hat. Sein Einwand, die Art der Behandlung lasse erkennen, dass die Vorinstanz “den sachlichen Gehalt des klägerischen Vorbringens missverstanden und also weder seinem Sinn noch seinem Wortlaut nach zur Kenntnis genommen” habe, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Klägervortrag bezog sich ausdrücklich auf die tatsächliche Verwendung des Beitragsaufkommens und nicht auf die der Beitragserhebung zugrunde gelegten Verwendungszwecke. In diesem Sinne hat das Berufungsgericht ihn auch verstanden und behandelt. Von einer haltlosen Umdeutung kann also keine Rede sein. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf Gehör nicht berührt ist, soweit es darum geht, ob ein Gericht bestimmtem tatsächlichen Vorbringen die richtige Bedeutung beigemessen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1969 – 2 BvR 320/69 – BVerfGE 27, 248 ≪251 ff.≫).

Ein Verstoß gegen die gerichtliche Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist ebenfalls zu verneinen. Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, dass es auf eine dem gesetzlichen Verwendungszweck widersprechende tatsächliche Beitragsverwendung für die rechtliche Beurteilung der Beitragserhebung nicht ankomme, brauchte sich dem Oberverwaltungsgericht die angeregte weitere Sachaufklärung nicht aufzudrängen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 52 Abs. 3, § 47 GKG.

 

Unterschriften

Hien, Dr. Nolte, Domgörgen

 

Fundstellen

BFH/NV Beilage 2006, 400

BFH/NV-Beilage 2006, 400

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