Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 19.04.2013; Aktenzeichen 12 B 1.13) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. April 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 178 835,41 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die Klägerin begehrt die Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen für die Handelsperiode 2008 bis 2012 gemäß § 12 des Zuteilungsgesetzes 2012 (ZuG 2012). Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.
Rz. 2
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 3
Die Beschwerde ist unbegründet. Keine der von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Rz. 4
Die Beschwerde hält folgende drei – nach ihren Angaben aufeinander aufbauende – Rechtsfragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:
“Ist der Begriff der ‘Gesamtheit der von demselben Unternehmen betriebenen … Anlagen’ in § 12 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2012 auf die Anlagen bezogen, welche ein Unternehmen im Sinne von § 4 Abs. 1, 6 TEHG 2004 und § 5 Abs. 1, 2 BImSchG betreibt?
Ist der Begriff der ‘nach Maßgabe des Anhangs 2 vergleichbaren Anlagen’ in § 12 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2012 lediglich nach der Zuordnung der betrachteten Anlagen in Anhang 2 ZuG 2012 oder zusätzlich nach der Möglichkeit einer Produktionsverlagerung zwischen den betrachteten Anlagen zu bestimmen?
Ist zur Entscheidung über die Sach- und Rechtslage maßgeblich auf einen Zeitpunkt nach Erlass der Zuteilungsentscheidung abzustellen?”.
Rz. 5
Die beiden zuerst gestellten Fragen können schon deshalb nicht zur Zulassung einer Revision führen, weil sie die Auslegung von ausgelaufenem Recht betreffen. Fragen, die sich nur aufgrund von auslaufendem und ausgelaufenem Recht stellen, verleihen einer Rechtssache regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn die Grundsatzrevision soll Fragen zur Auslegung des geltenden Rechts mit Blick auf die Zukunft richtungweisend klären (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 7. Oktober 2004 – BVerwG 1 B 139.04 – Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12 und vom 5. Oktober 2009 – BVerwG 6 B 17.09 – Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 4).
Rz. 6
Auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Ausnahmen kann die Beschwerdeführerin sich nicht berufen. Weder legt die Beschwerdeführerin dar, dass sich bei einer Nachfolgebestimmung die streitigen Fragen in gleicher Weise stellen, so dass mit der Beantwortung der das ausgelaufene Recht betreffenden Frage gleichzeitig eine das neue Recht betreffende Frage beantwortet wäre (siehe dazu Beschluss vom 8. August 2012 – BVerwG 7 B 29.12 – juris Rn. 2 m.w.N.), noch, dass die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin von Bedeutung ist (vgl. hierzu stRspr, Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 und vom 8. August 2012 – BVerwG 7 B 1.12 – juris Rn. 8). Soweit die Klägerin umfassend darlegt, dass – nach ihrer Rechtsauffassung – ein nicht erfüllter sich aus dem Zuteilungsgesetz 2012 ergebender Zuteilungsanspruch fortbesteht, legt sie vielmehr lediglich dar, dass die Beantwortung der beiden Fragen für sie selbst weiterhin erheblich ist. Dem Vortrag der Beklagten, dass diese beiden von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen zu § 12 ZuG 2012 für keinen anderen anhängigen Fall mehr eine rechtliche Bedeutung haben, ist sie aber nicht substantiiert entgegengetreten.
Rz. 7
Auch für die Beantwortung der dritten Frage gilt nichts anderes. Zwar bezieht sich die Frage nach ihrem Wortlaut nicht speziell auf das Zuteilungsgesetz 2012. Auch behauptet die Klägerin in ihrer Replik auf die Beschwerdeerwiderung der Beklagten, diese Frage sei auch für künftige Fälle bedeutsam. Dem ist aber – soweit sich die Frage nicht ohne Weiteres aufgrund der vorliegenden ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten lässt – nicht so.
Rz. 8
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Prüfung der Begründetheit der Verpflichtungsklage maßgeblicher Zeitpunkt in der Regel der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Aus den im Einzelfall anzuwendenden materiellrechtlichen Vorschriften kann sich jedoch ergeben, dass auf einen früheren Zeitpunkt – insbesondere den Zeitpunkt der Behördenentscheidung – abzustellen ist (stRspr; vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 113 Rn. 217 ff. mit zahlreichen Nachweisen). Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Härtefallzuteilung nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 i.V.m. § 12 ZuG 2012 müssten jedenfalls zum Zeitpunkt des Ablaufs der Antragsfrist des § 14 Abs. 1 ZuG 2012, spätestens jedoch zum Zeitpunkt des Erlasses der Zuteilungsentscheidung vorliegen (UA S. 12). Die Klägerin kritisiert gerade diese Auslegung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes 2004 und des Zuteilungsgesetzes 2012.
Rz. 9
Sie hält also sinngemäß die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob nach dem Zuteilungsgesetz 2012 und dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz 2004 bei Prüfung der Begründetheit einer auf eine Härtefallzuteilung nach § 12 ZuG 2012 gerichteten Verpflichtungsklage (ausnahmsweise) auf den Zeitpunkt der Zuteilungsentscheidung abzustellen ist.
Rz. 10
Diese Frage ist folglich nach den beiden vorgenannten Gesetzen zu beantworten. Wie das Zuteilungsgesetz 2012 ist auch das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz 2004 ausgelaufen. An dessen Stelle ist das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz vom 21. Juli 2011 (BGBl I S. 1475) getreten. Somit betrifft auch die Frage 3 in gleicher Weise wie die Fragen 1 und 2 ausgelaufenes Recht.
Rz. 11
Soweit die Klägerin in der Replik auf die Beschwerdeerwiderung der Beklagten ausführt, angesichts der Willkürlichkeit der im angegriffenen Urteil geschaffenen Stichtagsregelung und der Mehrdeutigkeit des Wortlauts von § 9 Abs. 4 Satz 1 TEHG 2011 bedürfe diese Rechtsfrage des ausgelaufenen Rechts der höchstrichterlichen Klärung, wird kein Sachverhalt prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), aus dem sich ergeben könnte, dass diese Frage des ausgelaufenen Rechts ausnahmsweise grundsätzlich klärungsbedürftig ist. Die Behauptung der Willkürlichkeit des Berufungsurteils ist unsubstantiiert und unzutreffend. Dass für § 9 Abs. 4 TEHG 2011 die Frage nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gleichfalls klärungsbedürftig ist, hat die Beschwerde lediglich behauptet, aber nicht nachvollziehbar dargelegt; erst recht ist ihr nicht zu entnehmen, warum die Klärung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts nach § 12 ZuG 2012 eindeutige Schlüsse auf den nach der andersgearteten Vorschrift des § 9 Abs. 4 TEHG 2011 zulassen sollte.
Rz. 12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 i.V.m. § 52 GKG. Nach der ständigen Praxis des Bundesverwaltungsgerichts ist als Streitwert der Verkehrswert der begehrten Emissionsberechtigungen im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsbehelfs festzusetzen.
Unterschriften
Dr. Nolte, Krauß, Dr. Philipp
Fundstellen