Leitsatz (amtlich)
Verwaltungsvorschriften, die normative Bestimmungen lediglich wiedergeben oder interpretieren, sind keine Grundsatzregelungen, die der Beteiligung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses gemäß § 38 Abs. 3 SBG unterliegen.
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Tatbestand
Rz. 1
Der Antragsteller macht die Verletzung von Beteiligungsrechten nach dem Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz geltend.
Rz. 2
Die Zentrale Dienstvorschrift "Reisen von Mitgliedern der Interessenvertretungen" (ZDv A-2211/3) enthält Vorschriften über die Anwendung des Bundesreisekostengesetzes und der Trennungsgeldverordnung für Mitglieder von Interessenvertretungen. Eine 1. Version trat am 2. Dezember 2014 in Kraft, eine 2. Version war vorläufig gültig ab 28. Juni 2017. Wegen fortbestehender Unklarheiten bei der Auslegung und Anwendung der reisekostenrechtlichen Bestimmungen führte das Bundesministerium der Verteidigung -... - als Erlasshalter am 28. August 2017 eine Besprechung durch, bei der mit den Interessenvertretungen, u.a. dem Antragsteller, die Erarbeitung einer 3. Version der ZDv A-2211/3 vereinbart wurde (Ergebnisprotokoll vom 29. August 2017).
Rz. 3
Unter dem 1. November 2017 und dem 9. Juli 2018 übersandte das Bundesministerium der Verteidigung -... - dem Antragsteller Entwürfe der 3. Version der ZDv A-2211/3 mit der Bitte um Mitprüfung/Mitzeichnung und dem Hinweis, dass die Beteiligung im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit erfolge. Unter dem 18. Juli 2018 nahm der Antragsteller zu der Endfassung des Entwurfs Stellung.
Rz. 4
Mit Schreiben an die Bundesministerin der Verteidigung vom 27. September 2018 wandte sich der Antragsteller dagegen, dass er an der Überarbeitung der ZDv A-2211/3 nicht förmlich beteiligt werde, und forderte seine weitere Beteiligung. Mit Schreiben vom 2. November 2018 teilte Staatssekretär... dem Antragsteller mit, dass die im Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz abschließend aufgeführten Beteiligungstatbestände von der ZDv A-2211/3 nicht berührt seien, weil diese lediglich Hinweise zur bestehenden Rechtslage bei deren Anwendung auf Reisen von Mitgliedern der Interessenvertretungen enthalte. Die Dienstvorschrift richte sich ausschließlich an die Mitarbeiter des Travel-Managements der Bundeswehr und diene der einheitlichen und rechtssicheren Bearbeitung. Sie stelle keine Grundsatzregelung im personellen, sozialen oder organisatorischen Bereich dar.
Rz. 5
Unter dem 3. Dezember 2018 wurde die 3. Version der ZDv A-2211/3 zur Veröffentlichung freigegeben. Sie trat am 4. Dezember 2018 in Kraft.
Rz. 6
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2018 legte der Antragsteller daraufhin einen Rechtsbehelf ein. Diesen wertete das Bundesministerium der Verteidigung als Antrag auf gerichtliche Entscheidung, den es mit seiner Stellungnahme vom 12. Juli 2019 dem Senat vorlegte.
Rz. 7
Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Eine Zentrale Dienstvorschrift zur Abwicklung und Abrechnung von Reisen sei eine Grundsatzregelung über personelle, soziale oder organisatorische Angelegenheiten. Hierbei müsse es sich nicht um eine Maßnahme handeln, die sich an alle Soldaten wende; vielmehr genüge es, wenn - wie hier - eine unbestimmte Vielzahl vor Vorgängen geregelt werde. Bereits § 23 Abs. 2 der früheren GVPA-Verordnung habe in Form eines Beispielkatalogs definiert, welche Vorgänge zu den Grundsatzregelungen gehören sollten. Als Grundsatzregelung im sozialen Bereich habe es dabei "innerdienstliche und soziale Angelegenheiten" genannt und damit auf den Mitwirkungstatbestand des § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG Bezug genommen. Reisekostenerlasse würden nach dem BPersVG als Verwaltungsanordnungen behandelt. Es liege daher hier eine Grundsatzregelung im sozialen Bereich vor. Ferner greife der Beteiligungstatbestand des § 38 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SBG. Die dortige Formulierung "Gestaltung des Dienstbetriebs" stamme aus § 66 Abs. 1 BPersVG. In dieser Vorschrift würden die denkbaren Gegenstände eines Monatsgesprächs zwischen Dienststellenleitung und Personalrat mit der Generalklausel "Gestaltung des Dienstbetriebs" beschrieben. Demgemäß bestehe dieses Beteiligungsrecht in allen Fragen, die Gegenstand eines Monatsgesprächs sein könnten. Das Bundesministerium der Verteidigung sei damit nicht befugt gewesen, sich über seine, des Antragstellers, Stellungnahmen und Änderungsvorschläge einseitig hinwegzusetzen. Ein gehöriger Abschluss selbst einer bloßen Anhörung hätte einer Erörterung und Angabe von Gründen bedurft, was jedoch unterblieben sei.
Rz. 8
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Herausgabe der Zentralen Dienstvorschrift A-2211/3 Version 3 durch das Bundesministerium der Verteidigung -... - seiner Beteiligung nach § 38 SGB unterliegt.
Rz. 9
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Rz. 10
Es sei bereits zweifelhaft, ob der Antrag auf gerichtliche Entscheidung fristgerecht gestellt worden sei. Kenntnis davon, dass eine Beteiligung bei der Überarbeitung der ZDv A-2211/3 nicht in der von ihm geforderten Form erfolgen würde, habe der Antragsteller bereits mit dem Antwortschreiben des Staatssekretärs vom 2. November 2018 erhalten. Allerdings lasse sich nicht feststellen, wann der Antragsteller dieses Schreiben erhalten habe.
Der Antrag sei jedenfalls unbegründet, weil der Antragsteller keinen Anspruch auf Durchführung eines Beteiligungsverfahrens habe. Die ZDv A-2211/3 stelle keine Grundsatzregelung im Sinne vom § 38 Abs. 3 SBG dar. Sie diene vielmehr der Gewährleistung einer einheitlichen Arbeitsweise der Mitarbeiter im Travel-Management der Bundeswehr auf der Basis bereits bestehender rechtlicher Grundlagen und enthalte insoweit zusammenfassende und anleitende Hinweise zu gesetzlich geregelten Ansprüchen. Eigenständige Ansprüche würden weder begründet noch bestehende Ansprüche eingeschränkt. Die Dienstvorschrift falle insgesamt in den Bereich der Gesetzesauslegung und -anwendung, habe jedoch keinen Regelungscharakter und sei deshalb nicht beteiligungspflichtig. Sie unterfalle auch nicht der Vorschrift des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SBG, weil sie keine gestaltende Wirkung aufweise. Die ZDv A-2211/3 fasse lediglich die reisekostenrechtlich relevanten Regelungen für Reisen von Mitgliedern von Interessenvertretungen zusammen und gebe Bearbeitungshinweise für die damit befassten Mitarbeiter. Ein Anhörungs- oder Vorschlagsrecht stehe dem Antragsteller deshalb nicht zu.
Rz. 11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Rz. 12
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Rz. 13
1. Der Antrag ist zulässig.
Rz. 14
a) Der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten ist eröffnet.
Rz. 15
In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass dem Gesamtvertrauenspersonenausschuss als Gremium, wenn dieses sich in der Ausübung seiner Beteiligungsrechte behindert sieht, gemäß § 17 SBG ein Beschwerderecht nach der Wehrbeschwerdeordnung zusteht. Zwar bezieht sich die Anordnung der entsprechenden Anwendung von § 17 SBG in § 42 Abs. 6 SBG seinem Wortlaut nach nur auf die Mitglieder der Vertrauenspersonenausschüsse. Der Senat hat jedoch bereits unter der Geltung der Vorgängervorschriften (§ 36 Abs. 5, § 32 Abs. 7 i.V.m. § 16 SBG a.F.) entschieden, dass dort, wo Beteiligungsrechte nicht einer einzelnen Vertrauensperson, sondern einem Gremium von Vertrauenspersonen zugewiesen sind, dieses Gremium in gleicher Weise wie sonst die Vertrauensperson eine Verletzung ihrer Befugnisse im Beschwerdeweg geltend machen kann; das Verbot gemeinschaftlicher Beschwerden (§ 1 Abs. 4 WBO) steht dem nicht entgegen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. August 1996 - 1 WB 28.96 - BVerwGE 103, 383 ≪384 f.≫ und vom 28. März 2012 - 1 WB 29.11 - juris Rn. 13; zustimmend Höges, in: Wolf/Höges, SBG, Stand Dezember 2019, § 36 SBG a.F. Rn. 30). Da die aktuelle Vorschrift des § 42 Abs. 6 SBG insoweit nur redaktionelle Anpassungen enthält und sich der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. BT-Drs. 18/8298 S. 47) nichts Abweichendes entnehmen lässt, ist nicht anzunehmen, dass mit der Neufassung des Soldatenbeteiligungsrechts zum 2. September 2016 inhaltliche Änderungen eintreten sollten.
Rz. 16
b) Das Bundesverwaltungsgericht ist sachlich zuständig. Die streitgegenständliche Zentrale Dienstvorschrift "Reisen von Mitgliedern der Interessenvertretungen" (ZDv A-2211/3) des Bundesministeriums der Verteidigung -... - stellt eine dem Bundesminister der Verteidigung i.S.v. § 21 Abs. 1 WBO zuzurechnende Maßnahme dar, gegen die unmittelbar das Bundesverwaltungsgericht angerufen werden kann. Das Bundesministerium der Verteidigung hat deshalb den vom Antragsteller mit Schreiben vom 10. Dezember 2018 eingelegten Rechtsbehelf zutreffend als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewertet.
Rz. 17
c) Der Antrag ist fristgerecht gestellt.
Rz. 18
Das Bundesministerium der Verteidigung -... - hat dem Antragsteller mit LotusNotes-Nachricht vom 3. Dezember 2018 die zur Veröffentlichung freigegebene Endfassung der ZDv A-2211/3 übermittelt und dabei erklärt, dass es einer Anhörung des Antragstellers nicht bedurft habe, weil es sich lediglich um eine norminterpretierende Vorschrift handele. Der Antragsteller hat diese Nachricht zum Anlass genommen, mit dem am selben Tag und damit innerhalb der Monatsfrist (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 WBO) beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangenen Schreiben vom 10. Dezember 2018 (siehe dort Bezug 01) die gerichtliche Entscheidung zu beantragen.
Rz. 19
Ob und ggf. wann der Antragsteller bereits früher, insbesondere durch das Schreiben des Staatssekretärs... vom 2. November 2018, Kenntnis vom Beschwerdeanlass hatte, lässt sich nicht aufklären. Weder hat das Bundesministerium der Verteidigung Angaben zum Absendedatum noch der Antragsteller Angaben zum Datum des Erhalts dieses Schreiben gemacht. Zugunsten des Antragstellers ist deshalb davon auszugehen, dass er erst durch die LotusNotes-Nachricht vom 3. Dezember 2018 definitive Gewissheit hatte, dass er an der Überarbeitung der ZDv A-2211/3 nicht (mehr) förmlich beteiligt würde.
Rz. 20
d) Der Antragsteller ist antragsbefugt. Er macht geltend, dass das Bundesministerium der Verteidigung, indem es die 3. Version der ZDv A-2211/3 ohne seine förmliche Beteiligung ausgearbeitet und in Kraft gesetzt habe, sein Anhörungsrecht aus § 38 Abs. 3 Satz 1 SBG und sein Vorschlagsrecht aus § 38 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SBG verletzt habe.
Rz. 21
e) Der zur Entscheidung gestellte Sachantrag (Feststellungsantrag) bedarf der sachgerechten Auslegung (§ 23a Abs. 2 Satz 1 VwGO i.V.m. § 86 Abs. 3 VwGO). Der Antragsteller hat mit seinem Schreiben an die Bundesministerin der Verteidigung vom 27. September 2018 beanstandet, dass er an der Überarbeitung der ZDv A-2211/3 nicht förmlich beteiligt werde, und seine "weitere Beteiligung" eingefordert. Dieses Rechtsschutzziel hat sich mit dem Erlass der 3. Version der ZDv A-2211/3 nicht erledigt. Die Bestimmungen dieser Dienstvorschrift sind weiterhin in Anwendung; ebenso ist eine Anhörung des Antragstellers zu den seiner Auffassung nach verbesserungsbedürftigen Punkten immer noch durchführbar. Der Sachantrag ist deshalb dahingehend zu fassen, dass der Antragsteller beantragt, festzustellen, dass die Überarbeitung der ZDv A-2211/3 zu deren 3. Version mangels Beteiligung gemäß § 38 Abs. 3 SBG rechtswidrig gewesen ist.
Rz. 22
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Rz. 23
Das Bundesministerium der Verteidigung ist nicht verpflichtet, den Antragsteller gemäß § 38 Abs. 3 SBG beim Erlass der 3. Version der ZDv A-2211/3 zu beteiligen, weil es sich hierbei mangels Regelungscharakters nicht um eine Grundsatzregelung im Sinne dieser Bestimmung handelt.
Rz. 24
a) Gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 SBG wird der Gesamtvertrauenspersonenausschuss bei Grundsatzregelungen des Bundesministeriums der Verteidigung im personellen, sozialen und organisatorischen Bereich angehört, sofern diese Grundsatzregelungen Soldatinnen und Soldaten betreffen. Der Gesamtvertrauenspersonenausschuss hat gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 SBG bei Grundsatzregelungen ein Vorschlags- oder Mitbestimmungsrecht, sofern dieses Gesetz Vertrauenspersonen ein solches einräumt.
Rz. 25
aa) Unter Grundsatzregelungen im Sinne des § 38 Abs. 3 SBG sind nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschluss vom 30. November 2017 - 1 WB 24.16 - Buchholz 449.7 § 42 SBG Nr. 2 Rn. 20) insbesondere innerdienstliche Anordnungen zu verstehen, die für eine Vielzahl von Fällen gelten. Das sind vor allem Verwaltungsvorschriften, die die richtige, zweckmäßige und inhaltliche Ausübung der Verwaltungstätigkeit gewährleisten sollen. Hierzu gehören u.a. Durchführungsvorschriften, Richtlinien, Dienstanweisungen und Erlasse. Von dem Beteiligungstatbestand sind damit alle Regelungen erfasst, die das Bundesministerium der Verteidigung in Wahrnehmung seiner Aufgaben und seiner Rechte als Dienstherr gegenüber allen Soldaten, jedenfalls aber einer unbestimmten Anzahl von Soldatinnen und Soldaten trifft, ohne dass es auf ihre Form ankommt. Anordnungen, die sich auf die Aufgaben und Befugnisse bestimmter Soldatinnen und Soldaten eines bestimmten, eng begrenzten Kreises derselben beziehen, fallen nicht unter diesen Begriff (vgl. Höges, in: Wolf/Höges, SBG, Stand Dezember 2019, § 37 SBG a.F. Rn. 18 f.).
Rz. 26
Der Senat hat ferner - in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Personalvertretungsrecht - entschieden, dass eine Anordnung (im konkreten Fall: Uniformtragepflicht für freigestellte Personalratsmitglieder) nicht der Beteiligung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses nach § 37 SBG a.F. (jetzt § 38 SBG) bedarf, wenn sie keinen regelnden Charakter hat, sondern lediglich eine bestehende Dienstvorschrift, bei deren Erlass der Gesamtvertrauenspersonenausschuss ordnungsgemäß beteiligt wurde, konkretisiert und erläutert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 2010 - 1 WB 41.09 - BVerwGE 138, 40 Rn. 46).
Rz. 27
bb) Das Tatbestandsmerkmal der Grundsatzregelung lässt sich - wiederum in Anlehnung an das Personalvertretungsrecht - anhand der Rechtsprechung zum Begriff der Verwaltungsanordnung im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG weiter konkretisieren. Der Begriff der Verwaltungsanordnung beschreibt in seiner personalvertretungsrechtlichen Bedeutung, insoweit ähnlich wie der Begriff der Grundsatzregelung, jede Regelung mit allgemein gültigen Charakter, welche die Dienststelle in Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte als Dienstherr oder Arbeitgeber gegenüber allen ihren Beschäftigten, jedenfalls aber gegenüber einer unbestimmten Anzahl ihrer Beschäftigten trifft, ohne dass es auf die Form ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 6 P 26.10 - Buchholz 251.2 § 90 BlnPersVG Nr. 1 Rn. 10).
Rz. 28
Kennzeichen einer Verwaltungsanordnung ist danach ihre Gestaltungswirkung. Sie muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustands gerichtet sein; nach ihrer Durchführung müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Februar 2012 - 6 P 26.10 - Buchholz 251.2 § 90 BlnPersVG Nr. 1 Rn. 18 und zuletzt vom 25. Juni 2019 - 5 P 3.18 - juris LS und Rn. 13 ff., jeweils m.w.N.). In der so zu verstehenden Gestaltungswirkung ist zugleich das in der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angesprochene Erfordernis einer unmittelbaren Regelung der Belange der Betroffenen der Sache nach aufgegangen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2019 - 5 P 3.18 - juris LS und Rn. 16). Die Gestaltungswirkung bzw. der Regelungscharakter fehlt, wenn die Anordnung lediglich Verwaltungsregeln erläutert, Hinweise auf die Rechtslage gibt, nur allgemeine Weisungen zur Erledigung der Dienstgeschäfte enthält oder bloße Rechtsansichten äußert bzw. bestehende dienstliche Verpflichtungen konkretisiert (vgl. Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 14. Aufl. 2018, § 78 Rn. 6 m.w.N.; siehe auch § 69 Rn. 7).
Rz. 29
In der Rechtsprechung ist insbesondere anerkannt, dass eine Verwaltungsanordnung mit gestaltender bzw. regelnder Wirkung nicht vorliegt, wenn lediglich normative (gesetzliche, verordnungsrechtliche, tarifvertragliche) Bestimmungen wiedergegeben und bekanntgemacht werden (vgl. für tarifvertragliche Regelungen BVerwG, Beschluss vom 22. März 1990 - 6 P 17.88 - Buchholz 251.0 § 80 BaWüPersVG Nr. 3 S. 2). Gleiches gilt für bloß norminterpretierende Verwaltungsvorschriften (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Februar 2012 - 6 P 26.10 - Buchholz 251.2 § 90 BlnPersVG Nr. 1 Rn. 19 und vom 11. Dezember 2012 - 6 P 2.12 - Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr. 24 Rn. 13). Eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift verlangt als eine reine Auslegungsvorgabe aus sich heraus weder den Beschäftigten ein bestimmtes Verhalten ab noch konstituiert sie eine eigenständige Regelung. Sie erschöpft sich in der Feststellung des normativen Gehalts andernorts bereits konstituierter Regelungen und weist insofern Merkmale eines Erkenntnisakts auf. Die Beschäftigungsverhältnisse und die Arbeitsbedingungen werden rechtlich nicht durch sie selbst, sondern wurden bereits durch die mit ihr ausgelegten Normativbestimmungen geändert. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass sie im innerdienstlichen Raum Verbindlichkeit gegenüber denjenigen Mitarbeitern beansprucht, die diese Normativbestimmungen - in der vorgegebenen Auslegung - zu vollziehen haben.
Rz. 30
b) Nach diesen Maßstäben bedurfte es beim Erlass der 3. Version der ZDv A-2211/3 nicht der förmlichen Beteiligung des Antragstellers nach § 38 Abs. 3 SBG, weil es sich hierbei um eine lediglich die Rechtslage und die hierzu ergangene Rechtsprechung wiedergebende und norminterpretierende Verwaltungsvorschrift ohne eigenen Regelungscharakter handelt. Sie stellt deshalb keine Grundsatzregelung dar.
Rz. 31
Die ZDv A-2211/3 gibt in Abschnitt 1 ausschließlich den Text gesetzlicher Bestimmungen wieder, die die Kostentragung für die Tätigkeit der Interessenvertretungen und ihrer Mitglieder regeln. Abschnitt 2 enthält allgemeingehaltene, in der Rechtsprechung anerkannte Grundsätze zur Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen über die Kostentragung mit Blick insbesondere auf Reisen von Mitgliedern der Interessenvertretungen in Wahrnehmung ihrer Aufgaben und auf die dabei verursachten Kosten. Nr. 202 ZDv A-2211/3 deckt sich weitestgehend mit Passagen aus dem in Fußnote 2 angegebenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 26. März 2013 - 20 A 878/12.PVB - (juris Rn. 40 und 42). Abschnitt 2.1 gibt hinsichtlich der (nicht bestehenden) Anordnungs- oder Genehmigungspflicht und der (bestehenden) Anzeigepflicht von Reisen von Mitgliedern der Interessenvertretungen wiederum lediglich die Rechtslage wieder; im Übrigen werden, ohne dass hierdurch die gesetzlichen Kostentragungsregeln verändert würden, das Verfahren der Beschaffung von Reisemitteln und die Beratung durch die zuständige Reisestelle erläutert. Abschnitt 2.2 wiederholt die gesetzlichen Benachteiligungs- und Begünstigungsverbote für Mitglieder der Interessenvertretungen mit einem erläuternden (norminterpretierenden) Zusatz. Abschnitt 3 schließlich befasst sich mit Besonderheiten der Auslegung und Anwendung einzelner reisekostenrechtlicher Bestimmungen im Falle von Reisen von Mitgliedern der Interessenvertretungen. Dazu wird auf den Inhalt der einschlägigen Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften verwiesen und allgemeine Hinweise zu deren Interpretation und Anwendung gegeben; diese orientieren sich größtenteils an personalvertretungsrechtlichen Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Münster, die der ZDv A-2211/3 als Anlagen (bzw. als abrufbare Datei-Dokumente) beigefügt sind.
Rz. 32
c) Da es für eine Beteiligung des Antragstellers bereits an dem Merkmal der Grundsatzregelung fehlt, das eine Voraussetzung in allen hier in Rede stehenden Beteiligungstatbeständen (§ 38 Abs. 3 Satz 1 und 3 SBG) bildet, können die weiteren zwischen den Beteiligten strittigen Fragen dahingestellt bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 13927455 |
BVerwGE 2021, 97 |
JZ 2020, 633 |
PersV 2020, 421 |