Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Beschluss vom 10.01.2008; Aktenzeichen 4 LB 560/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Januar 2008 wird verworfen.
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist gemäß § 133 Abs. 3 VwGO wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 287 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet worden. Auf diese Frist ist in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses hingewiesen worden.
1. Die Beschwerde ist danach innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Beschlusses zu begründen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 16. Januar 2008 zugestellt. Die Beschwerdebegründungsfrist endete damit am Montag, dem 17. März 2008. Die parallel bei der Vorinstanz (unter dem 7. April 2008) und dem Bundesverwaltungsgericht (unter dem 3. April 2008) eingereichte Beschwerdebegründung ging jedoch jeweils erst am 7. April 2008 und somit verspätet ein.
2. Der beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht gestellte Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Verlängerung der Begründungsfrist hat auf die Fristversäumung keinen Einfluss. Die Beschwerdebegründungsfrist kann – wie die Vorinstanz zutreffend entschieden hat – wegen des Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Regelung nicht durch richterliche Verfügung verlängert werden (stRspr; vgl. Beschluss vom 22. Januar 2002 – BVerwG 5 B 105.01 – Juris m.w.N.).
3. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht, wonach sein Prozessbevollmächtigter, dessen Verhalten sich der Kläger nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, ohne Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdebegründungsfrist verhindert war (§ 60 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 VwGO).
3.1. Soweit der Wiedereinsetzungsantrag vom 3. April 2008 (adressiert an das Bundesverwaltungsgericht) bzw. 7. April 2008 (adressiert an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht) ausdrücklich darauf gestützt wird, der Prozessbevollmächtigte habe am 14. März 2008 mit Rücksicht auf familiäre Belange (Ehefrau und drei schulpflichtige Kinder) einen 10tägigen Urlaub angetreten und deshalb nicht innerhalb der Zweimonatsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine den gesetzlichen Anforderungen im Mindestmaß genügende Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einreichen können, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, das mangelnde Verschulden des Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung darzutun.
Übernimmt ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung, ist die Wahrung der prozessualen Fristen eine seiner wesentlichen Aufgaben. Dementsprechend ist er gehalten, alles ihm Zumutbare zur Einhaltung der Fristen zu tun und zu veranlassen. Dies schließt insbesondere die Verpflichtung ein, vor Antritt eines Urlaubs – auch und gerade als Einzelanwalt – geeignete Vorkehrungen zu treffen, um zu gewährleisten, dass während des Urlaubs ablaufende Fristen eingehalten werden können. Um der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht zu genügen, kann es daher auch und gerade für einen Einzelanwalt – unabhängig von der in § 53 Abs. 1 Nr. 2 BRAO angeordneten Bestellung eines allgemeinen Vertreters bei einer länger als eine Woche dauernden Abwesenheit von der Kanzlei – beispielsweise unerlässlich sein, einen vertretungsbereiten Kollegen im Einzelfall um Übernahme des Mandats bzw. Wahrnehmung einer konkreten Prozesshandlung zu bitten (vgl. Beschlüsse vom 22. März 1995 – BVerwG 5 B 10.95 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 195 und 6. Dezember 2000 – BVerwG 2 B 57.00 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 236). Dies gilt umso mehr, wenn im Zeitpunkt des Urlaubsantritts – wie im vorliegenden Fall – das Ende der Frist nicht nur absehbar ist, sondern für den Prozessbevollmächtigten auch kein Zweifel daran bestehen kann, dass der Ablauf der Frist nicht durch eine Fristverlängerung vermieden werden kann, er sich aber zugleich urlaubsbedingt außerstande sieht, die Frist wahrende Prozesshandlung selbst zeit- und ordnungsgemäß vorzunehmen. Unter solchen Umständen darf ein Prozessbevollmächtigter nicht untätig bleiben und auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vertrauen. So war es aber hier.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat nicht dargelegt, alle geeigneten und ihm zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung ergriffen zu haben, nachdem er durch die Vorinstanz innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist zutreffend und unmissverständlich darauf hingewiesen worden war, dass eine Verlängerung dieser Frist nicht möglich ist. Mangels anderslautender Angaben ist vielmehr davon auszugehen, dass er seinen Urlaub nach der formellen Ablehnung seines Fristverlängerungsantrags vom 14. März 2008 angetreten hat, ohne die notwendige anwaltliche Bearbeitung der Fristsache durch einen vertretungsbereiten Kollegen sicherzustellen. Damit hat er die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist sehenden Auges in Kauf genommen und die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt. Dies schließt eine Wiedereinsetzung für den Kläger aus.
3.2 Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst offensichtlich irrtümlich davon ausging, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde sei grundsätzlich verlängerbar (vgl. dazu Beschluss vom 22. Januar 1998 – BVerwG 8 B 9.98 –). Nachdem er durch die Vorinstanz innerhalb der laufenden Beschwerdebegründungsfrist wiederholt auf die Rechtslage hingewiesen worden war, hätte er spätestens dafür Sorge tragen müssen, dass in den verbleibenden vier Tagen gegebenenfalls durch einen vertretungsbereiten Kollegen eine Beschwerdebegründung bei Gericht eingereicht wird.
3.3 Aus demselben Grund vermögen auch die im Schriftsatz vom 13. März 2008 zur Begründung des Antrags auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist angeführten sonstigen Hindernisse, auf die im Rahmen des Wiedereinsetzungsvorbringens nur pauschal Bezug genommen wird, den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zu entlasten. Dabei kann offen bleiben, ob die danach ergänzend in den Blick zu nehmenden Umstände, es habe noch keine abschließende Besprechung mit dem Kläger stattfinden können, die Angelegenheit sei sehr umfangreich, der Prozessbevollmächtigte habe noch ältere Angelegenheiten bearbeiten müssen, er betreibe die Kanzlei allein und könne aufgrund der Teilnahme an auswärtigen Terminen nicht ständig im Büro sein, grundsätzlich geeignet wären, durch sie bedingte Verzögerungen in der Bearbeitung der Fristsache zu entschuldigen.
Hinzu kommt, dass die aufgezählten Gründe nicht hinreichend substantiiert sind. Der Tatsachenvortrag vernachlässigt beispielsweise, ob und in welcher Weise der Prozessbevollmächtigte seiner Obliegenheit, sich rechtzeitig mit dem Kläger zwecks Vereinbarung einer von ihm für notwendig gehaltenen Rücksprache in Verbindung zu setzen, nachgekommen ist. Des Weiteren lässt er unberücksichtigt, dass der Prozessbevollmächtigte den Kläger auch schon in den beiden Vorinstanzen vertreten hat und dementsprechend mit dem Prozessstoff vertraut war. Auch bleibt offen, ob es sich bei den angeblich zu bearbeitenden älteren Angelegenheiten ebenfalls um nicht verlängerbare Fristsachen gehandelt hat.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Brunn, Stengelhofen, Dr. Störmer
Fundstellen