Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 14.02.2013; Aktenzeichen 8 LB 165/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Das Oberverwaltungsgericht hat den Feuerstättenbescheid des Beklagten vom 21. Juni 2010 aufgehoben, soweit darin für den Schornstein und den Kaminofen der Kläger eine zweite jährliche Kehrung festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, Rechtsgrundlage des Bescheides sei § 17 des Gesetzes über das Berufsrecht und die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk (Schornsteinfeger-Handwerksgesetz) – SchfHwG – in seiner nach Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008 (BGBl I S. 2242) am 29. November 2008 in Kraft getretenen Fassung. Hier sei der Bescheid nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG bei Durchführung einer Feuerstättenschau ergangen, denn bei Erlass des Bescheides habe die Feuerstättenschau vom 9. Mai 2008 schon länger zurückgelegen. Er finde auch in den nach § 17 Abs. 2 SchfHwG heranzuziehenden Daten des Kehrbuchs keine hinreichende Grundlage. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Bescheides nach § 17 Abs. 2 SchfHwG erfüllt seien, obwohl bis zum 31. Dezember 2012 noch eine Feuerstättenschau durchzuführen gewesen sei. Die für die Eintragungen im Kehrbuch hier maßgeblichen Jahre 2008 und 2009 wiesen für den Schornstein nur eine einmal jährliche Kehrung aus. Der Beklagte könne die Festsetzungen im Bescheid auch nicht auf tatsächliche Erkenntnisse stützen, die er bei der Durchführung sonstiger Schornsteinfegerarbeiten erlangt haben wolle. Ob er derartige Erkenntnisse erlangt habe, könne daher offenbleiben. Der Senat weise gleichwohl darauf hin, dass hieran erhebliche Zweifel bestünden.
Rz. 2
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 3
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die mit der Beschwerde geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Rz. 4
1. Zum Verhältnis von § 17 Abs. 1 Satz 1 und § 17 Abs. 2 SchfHwG möchte der Beklagte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
ob ein Feuerstättenbescheid für eine Anlage, die bis zum 31. Dezember 2012 noch Gegenstand einer Feuerstättenschau sein konnte, ausschließlich auf § 17 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG hätte gestützt werden dürfen und nicht auf § 17 Abs. 2 SchfHwG,
und
ob die Feuerstättenschau im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG allein die turnusmäßige Feuerstättenschau nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 SchfG meint und ob es bei Ausklammerung einer Anlage oder eines Anlagenteils bei der turnusmäßigen Feuerstättenschau für die ausgeklammerte Anlage oder das ausgeklammerte Anlagenteil eine weitere Feuerstättenschau im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG überhaupt geben kann.
Rz. 5
Diese Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat offengelassen, ob hier die Voraussetzungen für den Erlass eines Feuerstättenbescheides nach § 17 Abs. 2 SchfHwG auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs schon deshalb nicht vorlagen, weil bei den Klägern möglicherweise vor dem 31. Dezember 2012 noch eine Feuerstättenschau hätte durchgeführt werden können. Insoweit hat es die Anwendbarkeit des § 17 Abs. 2 SchfHwG unterstellt. Es hat die Festsetzung der zweiten jährlichen Kehrung allein deshalb beanstandet, weil ein Feuerstättenbescheid nach § 17 Abs. 2 SchfHwG allein auf die im Kehrbuch erfassten Daten gestützt werden könne und sich hier aus den Daten des Kehrbuchs die Notwendigkeit einer zweiten jährlichen Kehrung nicht ergebe.
Rz. 6
2. Zu den Voraussetzungen für den Erlass eines Feuerstättenbescheides auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs möchte der Beklagte geklärt wissen,
ob der Liegenschaftsbericht Teil des Kehrbuchs im Sinne des § 19 Abs. 1 SchfHwG ist und sein Inhalt damit zu den “Daten des Kehrbuchs” gehört, auf deren Grundlage der Feuerstättenbescheid nach § 17 Abs. 2 SchfHwG erlassen wird,
ob zu den Daten des Kehrbuchs im Sinne des § 17 Abs. 2 SchfHwG Erkenntnisse zur Benutzungshäufigkeit eines Kaminofens, die anlässlich einer Kehrung gewonnen worden sind, gehören können und wenn ja, unter welche Nummer des § 19 Abs. 1 SchfHwG sie subsumiert werden können,
ob die Daten/Erkenntnisse aus Kehrungen bei Erstellung des Feuerstättenbescheides berücksichtigt werden dürfen, auch wenn sie nur Eingang in den Liegenschaftsbericht, nicht aber in das Kehrbuch im engen Sinne gefunden haben,
und
ob es dem Beklagten verwehrt ist, bei Erlass des Feuerstättenbescheides auf solche tatsächlichen Erkenntnisse zurückzugreifen, die er bei der Durchführung sonstiger Schornsteinfegerarbeiten erlangt hat.
Rz. 7
Diesen Fragen kommt eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung nicht zu; jedenfalls ist eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargelegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der Auslegung von Übergangsvorschriften und von auslaufendem Recht regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zu; die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO soll nur eine für die Zukunft geltende Klärung der Rechtslage herbeiführen (Beschlüsse vom 8. August 2012 – BVerwG 7 B 1.12 – juris Rn. 8 und vom 31. Juli 1997 – BVerwG 2 B 145.96 – juris Rn. 4, jeweils m.w.N.). Eine Ausnahme von dieser Regel ist dann anerkannt, wenn die Klärung der Rechtsfragen für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin von Bedeutung ist; für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig (Beschluss vom 8. August 2012 a.a.O.).
Rz. 8
§ 17 Abs. 2 SchfHwG in seiner am 29. November 2008 in Kraft getretenen Fassung ist eine Übergangsregelung, die lediglich in der Zeit vom Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 31. Dezember 2012 Wirkung entfaltet hat (OVG Münster, Beschluss vom 12. September 2011 – 4 A 2206/10 – juris Rn. 18; Schira/Schwarz, Schornsteinfeger-Handwerksgesetz, 2009, § 17 Rn. 1). Sie gilt nur für Anlagen, bei denen bis zum 31. Dezember 2012 keine Feuerstättenschau mehr durchzuführen war. Zudem ermächtigt § 17 SchfHwG allein die Bezirksschornsteinfegermeister, Feuerstättenbescheide zu erlassen. Mit Ablauf des 31. Dezember 2012 haben sich Bestellungen zum Bezirksschornsteinfegermeister – unbeschadet der in §§ 8 bis 11 SchfG geregelten Gründe für das Erlöschen der Bestellung – in Bestellungen zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für ihren Bezirk umgewandelt (§ 48 Satz 1 SchfHwG). Seit dem 1. Januar 2013 können Feuerstättenbescheide nicht mehr von Bezirksschornsteinfegermeistern und damit auch nicht mehr auf der Grundlage von § 17 SchfHwG, sondern nur noch von bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern (§§ 8 ff. SchfHwG) erlassen werden; Rechtsgrundlage hierfür ist der am 1. Januar 2013 in Kraft getretene § 14 SchfHwG (vgl. Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008). Nach § 14 Abs. 2 SchfHwG ist der Feuerstättenbescheid bei der – vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger persönlich durchzuführenden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG) – Feuerstättenschau zu erlassen; der Erlass eines Feuerstättenbescheides auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs ist nicht vorgesehen. Die Befugnis der Bezirksschornsteinfegermeister, für kehr- und überprüfungspflichtige Anlagen, bei denen bis zum 31. Dezember 2012 keine Feuerstättenschau mehr durchzuführen war, den Feuerstättenbescheid auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs zu erstellen, sollte sicherstellen, dass alle Eigentümer rechtzeitig bis zum vollständigen Inkrafttreten des neuen Rechts am 1. Januar 2013 einen Feuerstättenbescheid erhalten (BTDrucks 16/9237 S. 34). Dies war erforderlich, weil der Feuerstättenbescheid erst durch das Gesetz zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008 eingeführt worden war. Er setzt fest, welche Schornsteinfegerarbeiten nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 SchfHwG oder der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen durchzuführen sind und innerhalb welchen Zeitraums dies zu geschehen hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG). Bis zum 31. Dezember 2012 durften diese Arbeiten nur von dem zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister oder nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 SchfG von Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz durchgeführt werden (§ 2 Abs. 2 SchfHwG). Nach neuem Recht können die Eigentümer selbst einen Schornsteinfegerbetrieb, der die Anforderungen des § 2 Abs. 1 SchfHwG erfüllt, aussuchen. Hierfür müssen sie wissen, welche Tätigkeiten auszuführen sind und in welchen Intervallen; diesem Zweck dient der Feuerstättenbescheid (BTDrucks 16/9237 S. 34). Ihn ohne Feuerstättenschau zu erlassen, war nur während der Übergangsphase zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008 und dem 31. Dezember 2012 vorgesehen.
Rz. 9
Daran hat die Neufassung des § 17 Abs. 2 SchfHwG durch Art. 4 des Gesetzes zur Änderung gewerberechtlicher Vorschriften vom 11. Juli 2011 (BGBl I S. 1341 – im Folgenden: SchfHwG n.F.) nichts geändert. Durch dieses Gesetz ist die bisher in § 17 Abs. 2 enthaltene Befugnis, den Feuerstättenbescheid auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs zu erstellen, in Absatz 3 Satz 1 verschoben worden, Sätze 2 und 3 sind angefügt worden. § 17 Abs. 3 SchfHwG n.F. lautet nunmehr wie folgt:
Für kehr- und überprüfungspflichtige Anlagen, bei denen bis zum 31. Dezember 2012 keine Feuerstättenschau mehr durchzuführen ist, haben die Bezirksschornsteinfegermeister den Feuerstättenbescheid auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs zu erstellen und den Eigentümern zuzustellen. Das gilt auch dann, wenn
1. die Eigentümer einen Antrag auf Ausstellung des Feuerstättenbescheides stellen oder
2. den Bezirksschornsteinfegermeistern die Durchführung der Arbeiten nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 oder nach der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen von den Eigentümern verweigert wird.
Der Feuerstättenbescheid nach den Sätzen 1 und 2 gilt nur für den Zeitraum bis zur nächsten Feuerstättenschau.
Rz. 10
Diese Vorschrift ist trotz ihres erweiterten Anwendungsbereichs eine Übergangsvorschrift geblieben. Sie hat weiterhin allein die Bezirksschornsteinfegermeister ermächtigt, Feuerstättenbescheide auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs zu erlassen; die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger haben eine entsprechende Befugnis nicht erhalten. Auch die Voraussetzungen, unter denen die Bezirksschornsteinfegermeister nach § 17 Abs. 3 Satz 2 SchfHwG n.F. Feuerstättenbescheide erlassen konnten, waren vorübergehender Natur. Mit Nummer 1 der Vorschrift hat der Gesetzgeber auf den Wunsch zahlreicher Eigentümer reagiert, bereits vorzeitig, also bevor die Feuerstättenschau stattzufinden hätte, einen Feuerstättenbescheid zu erhalten (BTDrucks 17/5312 S. 11). Haben zum 31. Dezember 2012 alle Eigentümer einen Feuerstättenbescheid erhalten, können sie einen Schornsteinfegerbetrieb ihrer Wahl mit der Durchführung der turnusmäßígen Arbeiten beauftragen; ein Bedarf für einen vorzeitigen Feuerstättenbescheid ist nicht mehr gegeben. Der in Nummer 2 geregelte Fall, dass die Eigentümer dem Bezirksschornsteinfegermeister die Durchführung der vorgeschriebenen turnusmäßigen Arbeiten verweigern, kann seit dem 1. Januar 2013 ebenfalls nicht mehr eintreten. Seither sind diese Arbeiten dem Bezirksschornsteinfegermeister nicht mehr vorbehalten; die Eigentümer können die Arbeiten von einem anderen Schornsteinfegerbetrieb durchführen lassen. Für die Durchsetzung der ab dem 1. Januar 2013 dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger vorbehaltenen Feuerstättenschau ist – worauf der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung hingewiesen hat (BTDrucks 17/5312 S. 13) – der Erlass eines Feuerstättenbescheides nicht erforderlich; die Bundesregierung hat sich in ihrer Gegenäußerung dieser Auffassung angeschlossen (a.a.O. S. 14).
Rz. 11
Ausgehend hiervon hätte der Beklagte darlegen müssen, welche Bedeutung die aufgeworfenen Fragen für die Zukunft noch haben sollten. Dieser Anforderung wird die Beschwerde nicht gerecht.
Rz. 12
3. Der Beklagte bezeichnet schließlich vorsorglich weitere Fragen für den Fall als rechtsgrundsätzlich, dass die im Urteil des Oberverwaltungsgerichts dargelegten erheblichen Zweifel am Vorliegen tatsächlicher Erkenntnisse, welche die Festsetzung einer zweiten Kehrung rechtfertigen könnten, die Entscheidung selbstständig tragen sollten. Das ist jedoch – wie die Beschwerde selbst zutreffend darlegt – nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob der Beklagte tatsächlich Erkenntnisse erlangt hat, aus welchen auf die Notwendigkeit einer zweiten jährlichen Kehrung hätte geschlossen werden können (UA S. 11). Die aufgeworfenen Fragen wären mithin nicht entscheidungserheblich.
Rz. 13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Nolte, Dr. Philipp, Guttenberger
Fundstellen