Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 17.10.2013; Aktenzeichen 12 KN 277/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsgegner beimisst.
a) Zum Themenkomplex „Antragsbefugnis” (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) wirft der Antragsgegner folgende Fragen auf:
Steht dem Eigentümer eines Wohngrundstücks in der Nachbarschaft eines von einem regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) festgesetzten Vorranggebiets generell eine Antragsbefugnis für eine Normenkontrolle gegen die Festsetzung des Vorranggebiets zu oder ist sie grundsätzlich zu verneinen?
Hat der Eigentümer eines Grundstücks in der Nachbarschaft eines durch ein RROP festgesetzten Vorranggebiets für Windenergieanlagen gegen den Planungsträger auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG einen allgemeinen Rechtsanspruch darauf, dass Vorranggebiete bestimmte Abstände zu seinem Grundstück und/oder Wohnhaus einhalten?
Scheitert ein allgemeiner Anspruch des Grundstückseigentümers in der Nachbarschaft zu einem Vorranggebiet auf Festlegung von Abständen zu seinem Grundstück und/oder Wohnhaus daran, dass Abstände im Sinne der Rechtsprechung des Senats „weiche Ausschlusskriterien” sind, deren Anwendung individuellen Anforderungen unterliegen, u.a. der notwendigen Substanz der privilegierten Windenergie in einem Plangebiet, so dass die Ausweisung der Konzentrationszone noch keine Planungsebene ist, bei der private Belange in Bezug auf Abstandsflächen noch nicht generell erkennbar im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG sind?
Auf die erste Frage lässt sich antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Wer die Ausweisung eines Vorranggebiets in einem Regionalplan als mittelbar Betroffener angreift, muss sich nicht von vornherein entgegenhalten lassen, eine Rechtsverletzung und damit auch das Erfordernis einer Rechtsschutzgewährung könnten sich – je nach Sachlage – erst durch den Erlass eines nachfolgenden Bebauungsplans oder die Erteilung einer Anlagengenehmigung ergeben. Wenn und soweit das Interesse des Antragstellers an der Abwehr planbedingter Folgemaßnahmen zum notwendigen Abwägungsmaterial gehört, wird es von dem durch § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG vermittelten Recht auf gerechte Abwägung erfasst, dessen mögliche Verletzung die Antragsbefugnis begründet (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2003 – BVerwG 4 CN 10.02 – BVerwGE 119, 312 ≪322≫ und Beschluss vom 14. Mai 2014 – BVerwG 4 BN 10.14 – juris Rn. 7). Ob das der Fall ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Die beiden anderen Fragen würden sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Antragsbefugnis eines Grundstückseigentümers nicht mit einem allgemeinen Rechtsanspruch des Inhalts begründet, dass Vorranggebiete für Windenergieanlagen bestimmte Abstände zum Grundstück oder zum Wohnhaus einhalten, sondern sie für den Fall bejaht, dass der Antragsteller einen Sachverhalt darlegt, der es als möglich erscheinen lässt, dass zu seinen Lasten das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist bzw. eine nachteilige Betroffenheit oberhalb der Zumutbarkeitsschwelle vorliegt.
b) Zum Thema „Rechtsschutzbedürfnis” formuliert der Antragsgegner als Fragen:
Hat der Eigentümer eines Grundstücks, das in der Nachbarschaft zu einem Vorranggebiet für Windenergieanlagen liegt, ein Rechtsschutzbedürfnis für die Unwirksamkeitserklärung dieser Festsetzung oder fehlt es, weil die Unwirksamkeitserklärung des Vorranggebiets für das Grundstück keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringt?
Hat der Eigentümer eines Grundstücks in der Nachbarschaft eines vom RROP festgesetzten Vorranggebiets ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Normenkontrolle gegen die Festsetzung des Vorranggebiets, wenn dessen Unwirksamkeitserklärung die Unwirksamkeit des gesamten RROP nach sich zieht, weil die Festsetzung eines Vorranggebiets durch das RROP nicht von den Festsetzungen der übrigen Vorranggebiete abgeteilt werden kann?
Hat der Eigentümer eines Grundstücks in der Nachbarschaft zu einem Vorranggebiet ein Rechtsschutzbedürfnis für dessen Unwirksamkeitserklärung durch Normenkontrolle, wenn sie die Unwirksamkeit des gesamten RROP nach sich zieht?
Die erste Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie keinen Bedarf nach grundsätzlicher Klärung auslöst. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 28. April 1999 – BVerwG 4 CN 5.99 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 134 S. 11 m.w.N.) ist von einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag u.a. dann auszugehen, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweist, weil der Antragsteller mit der begehrten Entscheidung seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass diese Rechtsprechung der Korrektur oder Weiterentwicklung bedarf. Sie wendet sich vielmehr im Gewand der Grundsatzrüge gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die Erklärung der teilweisen Unwirksamkeit der angegriffenen Rechtsvorschrift für den Antragsteller nicht nutzlos sei. Mit einer Kritik an der Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache aber nicht darlegen.
Die zweite und dritte Frage sind nicht entscheidungserheblich. Sie gehen am Inhalt des Normenkontrollurteils vorbei, weil das Oberverwaltungsgericht die Feststellung der Unwirksamkeit der Festlegung des Standorts BI-01-V04 als kombiniertes Vorrang- und Eignungsgebiet in der 1. Änderung des RROP 2000 des Antragsgegners nicht zum Anlass genommen hat, die Änderung des RROP insgesamt für unwirksam zu erklären.
c) Der Antragsgegner möchte im Revisionsverfahren ferner geklärt wissen:
Ist eine Normenkontrolle unbegründet, wenn der geltend gemachte Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, der zu ihrer Zulässigkeit führt, nicht vorliegt?
Reicht die Geltendmachung eines Nachteils, die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Zulässigkeit führt, aus, um der Normenkontrolle zum Erfolg zu verhelfen, auch wenn feststeht, dass der geltend gemachte Nachteil nicht vorliegt?
Kann sich das Normenkontrollurteil vollständig von dem geltend gemachten Nachteil nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO lösen oder muss zwischen dem geltend gemachten Nachteil und dem Aufhebungsgrund ein Zusammenhang bestehen, um sicherzustellen, dass die Normenkontrolle nur aufgrund einer Betroffenheit durch die angegriffene Norm Erfolg hat?
Alle drei Fragen, die trotz unterschiedlicher Formulierung auf dasselbe hinauslaufen, rechtfertigen die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie zu auslaufendem Recht gestellt sind. Seit Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 1. November 1996 (BGBl I 1626) ist die Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag nicht mehr davon abhängig, dass der Antragsteller durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat, sondern daran geknüpft, dass der Antragsteller geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden.
Die Zulassung der Revision ist auch dann nicht geboten, wenn die Fragen der jetzigen Fassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO angepasst werden. Sie lassen sich bereits im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beantworten.
Das Normenkontrollverfahren dient sowohl dem subjektiven Rechtsschutz als auch der objektiven Rechtskontrolle. Das Zulässigkeitserfordernis der Geltendmachung einer eingetretenen oder bevorstehenden Rechtsverletzung soll Popularanträge ausschließen. Es hat die Funktion, den Anstoß für ein Normenkontrollverfahren in bestimmtem Maße von einer subjektiven Betroffenheit des Antragstellers abhängig zu machen (Urteil vom 18. Juli 1989 – BVerwG 4 N 3.87 – BVerwGE 82, 225 ≪232 f.≫). Für die materielle Entscheidung hat es keine Entsprechung. Eine dem § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO vergleichbare Regelung, wonach das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt aufhebt, soweit er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, existiert für das Normenkontrollverfahren in § 47 VwGO nicht. Die Erklärung einer Rechtsvorschrift für unwirksam nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO setzt daher eine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers nicht voraus (Urteil vom 9. April 2008 – BVerwG 4 CN 1.07 – BVerwGE 131, 100 Rn. 13). Darin kommt die objektive Seite des Normenkontrollverfahrens zum Ausdruck.
Die Rechtslage ist eindeutig. Mit dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Urteil vom 18. Juli 2013 – BVerwG 7 A 4.12 – (BVerwGE 147, 184) lassen sich Zweifel nicht rechtfertigen, weil das Urteil nicht in einem Normenkontrollverfahren, sondern in einem Anfechtungsprozess gegen einen Verwaltungsakt in der Gestalt eines Planfeststellungsbeschlusses ergangen ist.
d) Der Antragsgegner sieht zudem grundsätzlichen Klärungsbedarf bei den Fragen:
Ist es im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB rechtlich zulässig, die Unwirksamkeitserklärung eines RROP auf eines von mehreren Eignungs- und Vorranggebieten zu beschränken?
Entsteht durch die Unwirksamkeitserklärung eines einzelnen Eignungs- und Vorranggebiets ein „weißer” Bereich? Entfällt dadurch allein die mit seiner Ausweisung verbundene „positive” Wirkung?
Ist die Unwirksamkeitserklärung eines einzelnen Eignungs- und Vorranggebiets jedenfalls nur dann im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zulässig, wenn dies dem (mutmaßlichen) Willen des Planungsträgers entspricht?
Die erste und dritte Frage führen nicht zur Zulassung der Revision, weil sie von der unzutreffenden Prämisse ausgehen, dass sich die Frage, ob sich ein Normenkontrollgericht auf die Erklärung der Unwirksamkeit einer einzelnen Regelung in einem regionalen Raumordnungsplan beschränken darf, im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist eine Vorschrift, die nicht für die Planungsebene, sondern für die nachfolgende Ebene der Vorhabenzulassung von Bedeutung ist. Die Revision ist aber auch nicht zuzulassen, wenn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aus der Fragestellung ausgeblendet wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Unwirksamkeit eines Teils eines Plans die Unwirksamkeit des gesamten Plans nicht zur Folge hat, wenn die verbleibenden Festsetzungen ohne den unwirksamen Teil noch eine sinnvolle Ordnung bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass der Planungsträger den Plan auch mit dem eingeschränkten Inhalt beschlossen hätte (Urteil vom 9. April 2008 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Weiteren Klärungsbedarf zeigt der Antragsgegner nicht auf, sondern beschränkt sich darauf zu kritisieren, dass das Oberverwaltungsgericht einen untrennbaren Zusammenhang zwischen der umstrittenen Festsetzung des Vorrang- und Eignungsgebiets und den übrigen Regelungen der 1. Änderung des RROP verneint hat.
Die weitere Frage zielt darauf, welche Rechtsfolge die Unwirksamkeitserklärung in einem Normenkontrollantrag hinsichtlich eines Eignungs- und Vorranggebiets hat. Sie würde sich in einem Revisionsverfahren indes nicht stellen, weil sie – worauf das Oberverwaltungsgericht zutreffend hinweist (UA S. 15) – nicht die Entscheidung als solche, sondern die Auslegung des Tenors betrifft. Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass die Annahme einer „weißen Fläche” (vgl. Beschluss vom 28. November 2005 – BVerwG 4 B 66.05 – NVwZ 2006, 339) wegen der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB dem Interesse des Antragsgegners eher entsprechen dürfte als die Annahme des Antragstellers, für die Fläche gelte nunmehr § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB.
e) Der Antragsgegner hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob für die mögliche Betroffenheit eines Natura 2000-Gebiets im Sinne von § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG allein die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Gebiete maßgebend sind, die ihrerseits durch das Prüfprogramm der Gebiete festgelegt werden, und ob daher (von Vögeln genutzte) Flugkorridore außerhalb der Schutzgebiete, die nicht vom Prüfprogramm erwähnt werden, nicht zum Schutzgegenstand des § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG gehören;
ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Natura 2000-Gebiete im Sinne von § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG nur vorliegt, wenn sie von Vorhaben innerhalb des Gebiets ausgehen, zwar von Vorhaben außerhalb des Gebiets ausgelöst werden, aber in das Gebiet selbst hineinwirken, und ob die Voraussetzungen derartiger Auswirkungen auf ein Schutzgebiet dann nicht gegeben sind, wenn Flugkorridore und andere Vernetzungen nicht von den Erhaltungszielen oder dem Schutzzweck der Schutzgebiete erfasst werden;
ob die Möglichkeit einer Beeinträchtigung nach § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG für den Planungsträger auf der jeweiligen Planungsebene im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG erkennbar sein muss.
Der erste Teil der ersten Frage löst die Zulassung der Revision nicht aus, weil sie anhand des Gesetzes im Sinne des Antragsgegners zu beantworten ist. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen bestimmte Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes anzuwenden, soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann. Auf den zweiten Teil der ersten Frage, der im Kern mit der zweiten Frage identisch ist, ist mit dem 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zu antworten, dass sich das Regime des Gebietsschutzes flächenmäßig grundsätzlich auf das Gebiet in seinen administrativen Grenzen beschränkt, dass sich aber das Konzept des Gebietsschutzes auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet, zur dauerhaften Erhaltung von Arten innerhalb der Schutzgebiete der Schutz von Austauschbeziehungen unverzichtbar ist und Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, dem Schutzregime des Gebietsschutzes unterfallen (Urteil vom 14. April 2010 – BVerwG 9 A 5.08 – BVerwGE 136, 291 Rn. 32 f.). Dem vom Antragsgegner ins Feld geführten Urteil des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2013 – BVerwG 7 A 4.12 – (BVerwGE 147, 184) ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren ging es um die naturschutzrechtliche Vereinbarkeit der Durchquerung eines Vogelschutzgebiets durch eine Hochspannungsleitung (Urteil vom 18. Juli 2013 – BVerwG 7 A 4.12 – NVwZ 2013, 1605 Rn. 46 ff. ≪insoweit nicht in BVerwGE 147, 184≫). Betroffenheiten von Austauschbeziehungen zwischen Vogelschutzgebieten spielten keine Rolle.
Die dritte Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil das Oberverwaltungsgericht keinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt hat, dass die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines europäischen Vogelschutzgebiets selbst dann zur Anwendung der in § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG genannten Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zwingt, wenn sie für den Planer nicht erkennbar ist.
f) Ob die Fragen:
Erfordert die Änderung eines Planentwurfs nach einer Öffentlichkeitsbeteiligung ohne Änderung des Regelungsgehalts der Satzung eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung oder ist die Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 4 ROG wie die von § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB auf Fälle beschränkt, in denen sich der Satzungs- oder Verordnungstext selbst ändert?
Erfordert auch die Änderung einer Begründung und die darauf zurückzuführende Änderung der Abwägung ohne Änderung des Regelungsgehalts der Satzung eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 1 Satz 4 ROG oder ist eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung deshalb nicht notwendig, weil der Regelungsgehalt der Satzung auch nach Änderung der Begründung und erneuter Abwägung unverändert geblieben ist, die Änderung der Begründung und Abwägung also keine neuen Betroffenheiten auslöst?
grundsätzlicher Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfen, braucht nicht entschieden zu werden.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Unwirksamkeit der Festlegung des Vorrang- und Eignungsgebiets für die Windenergienutzung am Standort BI-01-V04 sowohl mit einer unzureichenden Prüfung einer Beeinträchtigung von FFH- und Vogelschutzgebieten als auch mit einem rechtswidrigen Verzicht auf eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit vor dem Beschluss des Kreistages des Antragsgegners über die 1. Änderung des RROP 2000 begründet. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1994 – BVerwG 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Da der Antragsgegner das erste Begründungselement nicht mit einem Grund für die Zulassung der Revision erschüttert, braucht den Rügen, die sich auf das zweite Begründungselement beziehen, nicht nachgegangen zu werden.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.
a) Der Antragsgegner meint, das Oberverwaltungsgericht habe die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO verfahrensfehlerhaft bejaht. Denn das Grundstück des Antragstellers liege im Außenbereich, seine Belange seien daher in der Abwägung ausreichend berücksichtigt. Dies führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist es, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wird (Urteil vom 18. November 2002 – BVerwG 9 CN 1.02 – BVerwGE 117, 209 ≪211≫). Es verbietet sich daher eine prozessuale Handhabung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die im Ergebnis dazu führt, die an sich gebotene Sachprüfung als Frage der Zulässigkeit des Antrags zu behandeln (Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215 ≪217 f.≫). In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung und ohne Verstoß gegen Verfahrensrecht ist das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Zulässigkeit nicht abschließend der Frage nachgegangen, ob das Grundstück des Klägers innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt.
b) Der Antragsgegner hält es ferner für verfahrensfehlerhaft, dass das Oberverwaltungsgericht vor einer Bejahung des Rechtsschutzinteresses der Teilbarkeit des RROP nicht abschließend nachgegangen ist. Dies führt gleichfalls nicht auf einen Verfahrensfehler.
Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist das RROP teilbar (UA S. 33 f.). Diese Auffassung wäre für die Beurteilung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, selbst dann zugrunde zu legen, wenn sie rechtlichen Bedenken begegnete (stRspr; Urteil vom 14. Januar 1998 – BVerwG 11 C 11.96 – BVerwGE 106, 115 ≪119≫). Für den Fall einer Teilbarkeit des RROP zieht aber auch der Antragsgegner das Rechtsschutzbedürfnis nicht in Zweifel. Die Annahme der Teilbarkeit selbst betrifft eine materiell-rechtliche Frage, die nicht Gegenstand einer Verfahrensrüge sein kann (vgl. Beschluss vom 21. Januar 1993 – BVerwG 4 B 206.92 – Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 188).
c) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe sich zu Unrecht nicht der Einschätzung der Planungsgruppe Umwelt und des Antragsgegners angeschlossen, wonach keine Beeinträchtigungen von Korridoren zwischen Natura 2000-Gebieten zu erwarten seien, betrifft als Kritik an der Beweiswürdigung die Anwendung materiellen Rechts und führt nicht auf einen möglichen Verfahrensfehler.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Dr. Külpmann
Fundstellen