Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigung. Berechtigung des Arbeitgebers, eine nicht ausbildungsgerechte – anzubieten. …, Unzumutbarkeit der – eines Mitgliedes der Jugendvertretung, maßgebliche Sachlage. Wiederbesetzungssperre. Wirkung einer haushaltsrechtlichen – im Rahmen des § 9 Abs. 4 BPersVG
Leitsatz (amtlich)
Für die Beurteilung, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines nach § 9 Abs. 2 BPersVG Berechtigten nicht zugemutet werden kann, ist die Sachlage maßgebend, die im Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses bestand, zu dem gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG ein Arbeitsverhältnis als begründet gilt.
Eine haushaltsrechtliche Wiederbesetzungssperre ist bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines nach § 9 Abs. 2 BPersVG Berechtigten nicht zuzumuten ist, zu beachten.
Normenkette
BPersVG § 9
Verfahrensgang
OVG der Freien Hansestadt Bremen (Beschluss vom 23.07.1985; Aktenzeichen PV B 3/85) |
VG Bremen (Entscheidung vom 05.12.1984; Aktenzeichen PV 35/84) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 23. Juli 1985 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 4.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Bauzeichnerin K., die Beteiligte zu 1), wurde von der Stadt B., der Antragstellerin, ausgebildet. Während ihrer Berufsausbildung gehörte sie dein Ausbildungspersonalrat im Bereich der Stadtbauverwaltung und der angeschlossenen Betriebe sowie der Jugendvertretung als Mitglied an.
Vor Beendigung ihrer Ausbildung verlangte die Beteiligte zu 1) rechtzeitig ihre Weiterbeschäftigung bei der Antragstellerin. Wenige Tage, nachdem sie ihre Berufsausbildung beendet hatte und in das gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhöltis übertreten war, beantragte die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht die Auflösung dieses Arbeitsverhältnisses, Zur Begründung führte sie an, ihr stehe keine für die Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1) geeignete, besetzbare Planstelle zur Verfügung. Die vorhandenen unbesetzten Planstellen unterlägen einer haushaltsrechtlichen Wiederbesetzungssperre.
Das Verwaltungsgericht wies den Antrag ab. Auf die Beschwerde der Antragstellerin entsprach das Beschwerdegericht dem Antrag, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Der Antragstellerin sei nicht zuzumuten, die Beteiligte zu 1) weiterzubeschäftigen, weil es bei ihr an einem der Ausbildung der Beteiligten zu 1) entsprechenden, besetzbaren Arbeitsplatz fehle. Dabei könne dahinstehen, ob die Antragstellerin rechtlich verpflichtet gewesen sei, der Beteiligten zu 1) eine der bei Abschluß ihrer Ausbildung freien, aber einer Wiederbesetzungssperre unterliegenden Stellen für Bauzeichner zu übertragen. Denn für die rechtliche Beurteilung des auf die Auflösung des nach § 9 Abs. 2 BPersVG mit der Beteiligten zu 1) begründeten Arbeitsverhältnisses gerichteten Begehrens der Antragstellerin sei die bei Abschluß des Verfahrens in der letzten Instanz gegebene Sach- und Rechtslage maßgebend. Bei Abschluß des Beschwerdeverfahrens aber sei bei der Antragstellerin keine Stelle für Bauzeichner zu besetzen gewesen, weil die im Stellenplan 1954 mit einer Wiederbesetzungssperre belebten Stellen im Stellenplan 1985 gestrichen worden seien. Daß die Beteiligte zu 1) von der Antragstellerin gleichwohl beschäftigt werde, sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Weiterbeschäftigung nicht auf dem freien Willensentschluß der Antragstellerin beruhe.
sondern auf einer Anordnung des Arbeitsgerichts. Der Antragstellerin könne auch nicht zugemutet werden, einen anderen Beschäftigten zu entlassen, um einen Arbeitsplatz für die Beteiligte zu 1) zu schaffen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1), mit der sie die Auslegung des § 9 Abs. 4 BPersVG durch das Beschwerdegericht beanstandet. Sie meint, für die rechtliche Beurteilung sowohl des Antrages auf Feststellung, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen einem weiterbeschäftigungsberechtigten früheren Auszubildenden und dem Arbeitgeber nicht begründet worden sei, als auch der Voraussetzungen für die Auflösung eines solchen Arbeitsverhältnisses müßte derselbe Rechts- und Sachstand maßgebend sein. Es mache keinen rechtlichen Unterschied aus, ob der Arbeitgeber die Feststellung begehre, daß ein Arbeitsverhältnis nicht begründet worden sei, weil er den weiterbeschäftigungsberechtigten früheren Auszubildenden rechtzeitig davon unterrichtet habe, daß er ihn nicht weiterbeschäftigen wolle, oder ob er die Auflösung des nach § 9 Abs. 2 BPersVG begründeten Arbeitsverhältnisses begehre, nachdem er die Rechtswirkungen dieser Vorschrift zunächst habe eintreten lassen. Maßgebend für die rechtliche und sachliche Beurteilung könne in beiden Fällen nur der Zeitpunkt sein, zu dem das Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG begründet worden sei oder hätte begründet werden sollen. Folge man der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts, könnten weder Arbeitgeber noch betroffener Beschäftigter zu dem Zeitpunkt, in dem der Auflösungsantrag gestellt werde, voraussehen, auf welcher sachlichen und rechtlichen Grundlage er zu beurteilen sei und welche Aussichten er habe. Das belaste das Verfahren nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG mit einer vermeidbaren Ungewißheit. Komme es aber auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beendigung ihrer Ausbildung an, dann sei es der Antragstellerin zuzumuten gewesen, sie weiterzubeschäftigen. Insbesondere dürfe sich die Antragstellerin dann nicht auf die Stellenbesetzungssperre berufen, weil diese Ausnahmen zugelassen habe.
Die Beteiligte zu 1) beantragt sinngemäß,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 23. Juli 1985 aufzuheben und die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Bremen – Fachkammer für Personalvertretungssachen – vom 5. Dezember 1984 zurückzuweisen.
Die Antragstellerin tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Personalrat bei der Stadtbauverwaltung B. und den angeschlossenen Betrieben, der Beteiligte zu 4), war gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 BPersVG von Anfang an am Verfahren beteiligt, weil die Beteiligte zu 1) wärend ihrer Mitgliedschaft in der
Jugendvertretung gemäß § 22 Abs. 3 BremPersVG zusätzliches Mitglied dieser Personalvertretung war. Er ist daher von den Vorinstanzen zu Unrecht nicht angehört worden. Der darin liegende Verfahrensmangel ist aber durch die Anhörung des Beteiligten zu 4) im Rechtsbeschwerdeverfahren geheilt worden.
2. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat dem Antrag der Antragstellerin zu Recht stattgegeben.
Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist davon auszugehen, daß die Beteiligte zu 1) berechtigt war, nach dein erfolgreichen Abschluß ihrer Berufsausbildung gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG von der Antragstellerin ihre Weiterbeschäftigung zu verlangen, und daß sie dies auch innerhalb der Frist des § 9 Abs. 2 BPersVG getan hat. Zwischen ihr und der Antragstellern gilt daher vom Tage nach dem erfolgreichen Abschluß ihrer Berufsausbildung an ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit begründet. Zu jenem Zeitpunkt sah sich die Antragstellerin jedoch aus haushaltsrechtlichen Gründen außerstande, dieses Arbeitsverhältnis fortzuführen, und hat deswegen innerhalb der Frist des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG seine Auflösung durch das Verwaltungsgericht beantragt.
Ein solcher Antrag verpflichtet die Verwaltungsgerichte zu prüfen, ob im Sinne von § 9 Abs. 4 BPersVG Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werben kann. Dabei haben sie in den Tatsacheninstanzen – entgegen den Auflassung des Beschwerdegerichts – nicht von der bei Abschluß der jeweiligen Instanz bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Lage auszugehen, sondern von der jenigen, die beim Eintritt der in § 9 Abs. 2 BPersVG vorgesehenen Rechtswirkunsren gegeben war.
In seiner auf die Ausführungen von Strieder (BB 1983, 579) gestützten, vom Wortlaut des § 9 Abs. 4 BPersVG ausgehenden rechtssystematischen Betrachtung der beiden Wege, welche die Vorschrift dem Arbeitgeber eröffnet, um sich der Pflicht zu entledigen, einen Beschäftigten weiterzubeschäftigen, der dem in Abs. 1 der Vorschrift bezeichneten Personenkreis angehört, ist dem Beschwerdegericht insoweit zu folgen, als der Antrag auf Feststellung, daß ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird (§ 9 Abs. 4 Nr. 1 BPersVG), das Zustandekommen einer Heiterbeschäftigung verhindern soll, während der Antrag, das bereits begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen (a.a.O. Nr. 2), auf ein rechtsgestaltendes Eingreifen des Verwaltungsgerichts in das bestehende Arbeitsverhältnis abzielt. Diese Wortinterpretation der Vorschrift vernachlässigt aber den Sinn der Regelung. Beide Alternativen des § 9 Abs. 4 BPersVG knüpfen an denselben Vorgang an, nämlich die Überleitung des Weiterbeschäftigungsberechtigten vom Berufsausbildungsverhältnis in das durch die gesetzliche Fiktion des § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis: und zielen übereinstimmend darauf ab, den Arbeitgeber von der Erfüllung des Weiterbeschäftigungsanspruchs von vornherein. jedenfalls aber alsbald freizustellen, wenn ihm die Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten ist.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers geschieht das entweder durch eine den Anspruch vor seiner Erfüllung vernichtende Feststellung oder durch die das Arbeitsverhältnis unverzüglich nach seiner Begründung beseitigende Auflösungsentscheidung des Verwaltungsgerichts. Beide Wege mußte der Gesetzgeber eröffnen, weil einerseits der Arbeitgeber im Hinblick darauf, daß § 9 Abs. 2 BPersVG es dem Weiterbeschäftigungsberechtigten gestattet, die Weiterbeschäftigung bis zum letzten Tag seiner Berufsausbildung zu verlangen, tatsächlich daran gehindert sein kann, den auf die Verhinderung der Begründung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Feststellungsantrag rechtzeitig zu stellen, andererseits aber die Auflösung dieses Arbeitsverhältnisses erst beantragt werden kann, nachdem es begründet worden ist. Eine zeitliche Überschneidung beider Alternativen kommt nicht in Betracht, obwohl die ihrem Wortlaut nach für beide Anträge geltende Fristregelung des § 9 Abs. 4 BPersVG das vermuten lassen könnte. Denn sobald die Fiktion des § 9 Abs. 2 BPersVG wirksam geworden, das Arbeitsverhältnis also begründet ist, kann der Feststellungsanspruch angesichts seiner dargestellten Zielsetzung nicht mehr gestellt werden. Es kommt dann nur noch ein – an die Frist des § 9 Abs. 4 BPersVG gebundener – Auflösungsantrag in Betracht (im Ergebnis ebenso für den Anwendungsbereich des § 78 a Abs. 4 BetrVG: Reinecke DB 1981, 889). Wird über einen rechtzeitig gestellten Feststellungsantrag bis zur Begründung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtskräftig entschieden, so wandelt auch er sich seinem Gegenstand nach in einen Auflösungsantrag (Großmann/Mönch/Rohr. BremPersVG, § 9 BPersVG HZ 51), ohne daß es einer förmlichen Antragsänderung bedarf (BVerwGE 62, 364).
Angesichts ihrer dargestellten Zielsetzung können beide Antragsalternativen nur zum Erfolg führen, wenn die übereinstimmenden tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen sowohl einem Feststellungsantrag als auch einem Auflösungsantrag stattgegeben werden darf, zu dem für das Wirksamwerden der Fiktion § 9 Abs. 2 BPersVG maßgebenden Zeitpunkt, das heißt am Tage der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses, gegeben sind. Um sicherzustellen, daß der Arbeitgeber nicht nur einen diesem Zeitpunkt vorausgehenden Feststellungsantrag daran ausrichtet, ob ihm die Weiterbeschäftigung des Anspruchsberechtigten im Anschluß an dessen Berufsausbildung zugemutet werden kann, sondern daß er auch dann gezwungen ist, auf diesen Zeitpunkt abzustellen, wenn er nachträglich die Auflösung des gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG begründeten Arbeitsverhältnisses beantragt, setzt Abs. 4 der Vorschrift für den Auflösungsantrag eine sehr kurz bemessene Frist. Dadurch wird gewährleistet, daß das Gericht ungeachtet der – häufig von den mehr zufälligen sachlichen und zeitlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängigen – Antragsalternative prüfen kann, ob Umstände gegeben sind, welche dem Arbeitgeber die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Anspruchsberechtigten unzumutbar machen.
Die Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts führte demgegenüber dazu, daß die Zumutbarkeit der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Anspruchsberechtigten nur auf einen Feststellungsantrag hin geprüft würde, während ein Auflösungsantrag das Verwalturgsgericht verpflichtete, auf der Grundlage eines anderen Sachverhalts als dein bei Begründung des Arbeitsverhältnisses gegebenen zu entscheiden, ob dem Arbeitgeber die Fortführung dieses Arbeitsverhältnisses zugemutet werden kann. Das Verfahren nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG wäre damit im Ergebnis einem Kündigungsschutzverfahren angenähert. Dieses Auseinanderklaffen des Prüfungsgegenstandes der Verfahren nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 BPersVG läßt sich entgegen der im Anschluß an Strieder (a.a.O.) vertretenen Auffassung des Beschwerdegerichts nicht damit rechtfertigen, daß die auf einen Feststellungsantrag ergehende gerichtliche Entscheidung feststellende Wirkung, die auf einen Auflösungsantrag ergehende hingegen gestaltende Wirkung hat, Abgesehen davon, daß auch die auf einen Feststellungsantrag ergehende gerichtliche Entscheidung in dem Fall, daß sie nach der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses des Weiterbeschäftigungsberechtigten rechtskräftig wird, keine feststellende, sondern eine auf den Zeitpunkt der Überleitung des betreffenden von der Berufsausbildung in das Arbeitsverhältnis bezogene gestaltende Wirkung hat, eine Unterscheidung von Feststellungs- und Auflösungsverfahren allein auf der Grundlage des gestellten Antrages also nicht überzeugend wäre, kann dem Beschwerdegericht nicht darin gefolgt werden, daß rechtsgestaltende Gerichtsentscheidung unabhängig von der Art der rechhtlichen Beziehungen, in die sie eingreifen, stets auf der Grundlage des Rechts- und Sachstandes zu treffen sind, der bei Abschluß der jeweiligen Tatsacheninstanz gegeben ist. Das trifft zwar in der Regel auf Fallgstaltungen zu, in denen das Gericht zu prüfen hat, ob bestimmte Geschehnisse im Rahmen einer auf Dauer angelegten Rechtsbeziehung ein regelndes oder auflösendes gerichtliches Eingreifen gebieten. Stellt die gerichtliche Gestaltungsmacht hingegen das einzelfallbezogene Korrektiv zu einem – auf der typisierenden Betrachtung eines abgeschlossenen, zeitlich bestimmten Sachverhalts wie dem des § 9 Abs. 2 BPersVG beruhenden – Gesetzesbefehl dar, dann muß auch das Gericht bei der Ausübung seiner Gestaltungsbefugnis von diesem Sachverhalt ausgehen und darf seine Entscheidung nicht auf zeitlich und tatsächlich andere Verhältnisse gründen.
Aus diesen Erwägungen folgt der Senat der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts nicht, sondern schließt sich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 15. Januar 1980) an, nach der maßgebend für die auf einen Auflösungsantrag hin vorzunehmende Beurteilung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines aus § 9 Abs. 2 BPersVG Berechtigten der Zeitpunkt ist, zu dem das Arbeitsverhältnis begründet worden ist.
Die Sachlage, die der rechtlichen Prüfung danach zugrunde zu legen ist, wird im vorliegenden Fall dadurch bestimmt, daß eine tatsächlich und rechtlich besetzbare Stelle einer Bauzeichnerin seinerzeit in der Stadtverwaltung B. nicht zur Verfügung stand. Zwar waren damals zwei solcher Stellen unbesetzt, sie unterlagen jedoch einer von der Stadtverordnetenversammlung als dem kommunalen Haushaltsgesetzgeber der Stadt B. im Stellenplan der Haushaltssatzung in einem Haushaltsvermerk ausgesprochenen Wiederbesetzungssperre. Der Haushaltsvermerk hatte, soweit es hier auf ihn ankommt, folgenden Wortlaut: „Solange und soweit Personalbewirtschaftungsmaßnahmen für die Freie Hansestadt Bremen durchgeführt werden, ist bei jeder freien oder durch Fluktuation frei werdenden Stelle zu überprüfen, ob für die Wiederbesetzung ein unabweisbarer Bedarf besteht und ein innerbetrieblicher oder ämterübergreifender Ausgleich möglich ist. Über Einzelausnahmen von dieser Sperre beschließt der Personalausschuß nach Vorberatung im Unterausschuß. Dies gilt auch für Stellen, die auf Grund von Beurlaubungen oder Teilzeitbeschäftigungen frei werden und die befristet besetzt werden sollen.” Die durch ihn bewirkte Stellensperre hatte die Antragstellerin in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin ebenso zu beachten wie die spätere Streichung dieser Stellen im Stellenplan. Sie besagt, daß Haushaltsmittel zur weiteren Vergütung eines Beschäftigten nach dem Freiwerden einer Stelle während des Haushaltsjahres grundsätzlich nicht mehr zur Verfügung gestellt werden.
Ein vom Haushaltsgesetzgeber für alle freien oder frei werdenden Stellen oder in bezug auf bestimmte Stellen ausgesprochenes Verbot der Wiederbesetzung ist – auch im kommunalen Bereich, in dem die Vertretungskörperschaft die Stellung des Haushaltsgesetzgebers hat und der Hauptverwaltungsbeamte die Rechte und Pflichten der kommunalen Körperschaft als Arbeitgeber ausübt – als normative Regelung von der Verwaltung einzuhalten. Eine Stelle, die einer solchen Sperre unterliegt, kann einem nach § 9 Abs. 2 BPersVG Weiterbeschäftigungsberechtigten daher nicht übertragen werden: die Erfüllung seines Weiterbeschäftigungsanspruchs scheitert vielmehr an ihr. Ebenso wie beim Fehlen einer freien Stelle kann dem Arbeitgeber auch unter diesen Voraussetzungen im Sinne von § 9 Abs. 4 BPersVG nicht zugemutet werden, den Anspruch zu erfüllen; denn der Arbeitgeber ist nach der Rechtsprechung sowohl des Senats als auch des Bundesarbeitsgerichts nicht verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, um dem Berechtigten gleichwohl einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können (BVerwGE 72, 154; BAG, Urteil vom 3. Mai 1978). Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin hätte sich im vorliegenden Fall über die Wiederbesetzungssperre hinwegsetzen müssen, um den Weiterbeschäftigungsanspruch der Beteiligten zu 1) erfüllen zu können, ist mithin unrichtig.
Die Wiederbesetzungssperre galt allerdings nicht ausnahmslos. Der Haushaltsvermerk sah vielmehr die Möglichkeit von Einzelausnahmen vor, über die der Personalausschuß der Stadtverordnetenversammlung nach Vorberatung in einem Unterausschuß zu beschließen hatte. Solche Ausnahmen sollten aber ersichtlich auf Fälle eines unabweisbaren aufgabenbedingten Personalbedarfs beschränkt sein. Nach allgemeinem haushaltsrechtlichen Verständnis besagen das bereits die Worte „unabweisbarer Bedarf”; innerhalb des Haushaltsvermerks wird dies zusätzlich dadurch unterstrichen, daß für den Fall eines solchen Bedarfs in erster Linie ein „innerbetrieblicher oder ämterübergreifender Ausgleich” in Betracht gezogen wird. Die letztgenannte Regelung ist nur in bezug auf einen aufgabenbedingten Personalbedarf, nicht hingegen in bezug auf rechtliche Verpflichtungen verständlich, wie sie etwa durch § 9 Abs. 2 BPersVG begründet werden. Deswegen hatte die Antragstellerin keinen Anlaß zu versuchen, auf dem in dem Haushaltsvermerk aufgezeigten Weg die Freigabe einer gesperrten Stelle zu erreichen, um die Beteiligte zu 1) weiterbeschäftigen zu können. Insbesondere läßt sich angesichts der Fassung des Haushaltsvermerks nicht feststellen, daß die Antragstellerin die Voraussetzungen für eine Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1) vereitelt hat, indem sie sich nicht um die haushaltsrechtliche Freigabe einer Stelle bemüht hat. Vielmehr hat sich die Antragstellerin mit Recht auf die Wiederbesetzungssperre berufen, um die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1) zu belegen.
Auch die Ermächtigung des § 10 Nr. 1 der Haushaltssatzung der Antragstellerin für das Haushaltsjahr 1984 (BremGBl. S. 17) gebietet keine andere Beurteilung. Zwar erlaubte sie dem Personalausschuß der Stadtverordnetenversammlung der Stadt B., die durch bundesrechtliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Personalrechts, die für die Stadt B. verbindlich sind (Buchst. a), und die nach dem Bremischen Personalvertretungsgesetz (Buchst. e) erforderlichen Stellenplanänderungen vorzunehmen, Sie ist aber nach Satz 3 der Vorschrift bei bundesrechtlichen Regelungen auf Stellenhebungen und bei Erfordernissen, die sich aus dem Bremischen Personalvertretungsgesetz ergeben, auf Stellenneuschaffungen beschränkt. Diese Regelung hätte es dem Personalausschuß daher nicht gestattet, die Wiederbesetzung einer der beiden vorhandenen, aber der Besetzungssperre unterliegenden Stellen für Bauzeichner zu ermöglichen.
Schließlich spricht es nicht gegen die Unzumutbarkeit einer unbefristeten Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1), daß die Antragstellerin sie befristet bis zum 8. Dezember 1984 auf einer anderen Stelle führt; denn diese andere Stelle ist – infolge der Beurlaubung der eigentlichen Stelleninhaberin bis zum 8. Dezember 1984 – nur während dieser Zeit besetzbar und anschließend wieder durch die eigentliche Stelleninhaberin besetzt. Eine Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1) hätte der Antragstellerin nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 BPersVG nur zugemutet werden können, wenn sie ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit mit der Beteiligten zu 1) hätte begründen können.
Die Rechtsbeschwerde ist nach alledem zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert
Fundstellen
BVerwGE, 223 |
DVBl. 1988, 353 |