Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 12.12.2013; Aktenzeichen 3 A 857/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis zu 4 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Der von der Klägerin geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
Die Klägerin steht seit 1988 im Dienst der beklagten Stadt. Am 1. Juni 2006 wurde sie zur Städtischen Amtsrätin (Besoldungsgruppe A 12) und am 1. Januar 2013 zur Städtischen Oberamtsrätin (Besoldungsgruppe A 13) ernannt. Ihr Dienstposten wird seit Mai 2010 mit der Besoldungsgruppe A 13 bewertet. In den Jahren seit 2000 hatte die Beklagte keine genehmigte Haushaltssatzung. Erstmals am 11. Juli 2012 für das Jahr 2012 ist wieder eine Haushaltssatzung bekanntgegeben worden.
Den Antrag der Klägerin vom 24. Oktober 2011, ihr ab dem 19. Monat der Wahrnehmung höher bewerteter Aufgaben eine Zulage nach § 46 BBesG zu gewähren, lehnte die Beklagte ab, der Widerspruch der Klägerin war erfolglos. Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben.
Das Oberverwaltungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf die begehrte Zulage für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 10. Juli 2012 verneint und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die von § 46 BBesG geforderten „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen” für eine Beförderung hätten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorgelegen. Es habe für die Klägerin keine besetzbare Planstelle zur Verfügung gestanden, weil unter den Beschränkungen der vorläufigen Haushaltsführung eine Beförderung von Beamten unzulässig gewesen sei. Der Beförderung der Klägerin habe deshalb ein haushaltsrechtliches Hindernis entgegengestanden.
Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫ = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 22 und vom 2. Februar 2011 – BVerwG 6 B 37.10 – NVwZ 2011, 507 Rn. 2). Eine Klärung durch eine revisionsgerichtliche Entscheidung ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (Beschluss vom 24. August 1999 – BVerwG 4 B 72.99 – BVerwGE 109, 268 ≪270≫ = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 228 S. 13). So verhält es sich hier.
1. Die Frage,
ob für die Erfüllung der 18-monatigen Wartefrist des § 46 Abs. 1 BBesG auf das Amt im konkret-funktionellen Sinn (Aufgaben des konkreten Dienstpostens) oder auf das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn abzustellen ist,
ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Die Erfüllung der 18-monatigen Wartefrist durch die Klägerin ist – unabhängig von den in der vorstehenden Frage angeführten Amtsbegriffen – zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Für die streitentscheidende Rechtsfrage, ob die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Beförderung der Klägerin vorlagen, ist die aufgeworfene Frage ohne Belang.
2. Die Frage,
ob der Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung in § 18 BBesG a.F. und in analogen Landesbeamtengesetzen eine rechtliche Verpflichtung im Sinne des § 82 Abs. 1 Nr. 1 GO NRW ist, ob also das kommunale Haushaltsrecht den Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung beeinflusst oder ob der Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung das kommunale Haushaltsrecht beeinflusst,
würde sich so umfassend, wie sie formuliert ist, in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen und ist in dem hier streitgegenständlichen Umfang in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
Streitgegenstand ist das Klagebegehren auf Zahlung einer Zulage nach § 46 BBesG für die Wahrnehmung einer gegenüber dem Statusamt höherwertigen Tätigkeit. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG in der am 31. August 2006 geltenden Fassung, die gemäß Art. 125a Abs. 1 GG für den hier relevanten Zeitraum noch als Bundesrecht fortgalt, ist einem Beamten, dem die Aufgaben eines höherwertigen Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen werden, nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage zu zahlen, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen.
§ 46 Abs. 1 BBesG macht also die Zulage für die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes u.a. vom Vorliegen der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes abhängig. Anders als bei anderen Zulagentatbeständen, bei denen die Wahrnehmung einer Tätigkeit als solche bereits anspruchsbegründend ist, setzt die Zulage nach § 46 Abs. 1 BBesG zusätzlich voraus, dass u.a. die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwertigen Amtes, also der Beförderung vorliegen. Damit ergibt sich bereits aus Wortlaut und Gesetzessystematik, dass nicht die bloße Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Amtes ab einer bestimmten Dauer anspruchsbegründend ist, sondern dass außerdem die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Beförderung vorliegen müssen.
Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwertigen Amtes im Sinne von § 46 Abs. 1 BBesG sind erfüllt, wenn der Beförderung des betreffenden Beamten kein haushaltsrechtliches Hindernis entgegensteht. Für seine Beförderung muss eine freie Planstelle der entsprechenden Wertigkeit zur Verfügung stehen. Maßgeblich sind die einschlägigen Vorgaben des jeweiligen Haushaltstitels des Haushaltsplans. Entscheidungen der Exekutive sind hier nur von Bedeutung, wenn sie auf entsprechenden gesetzlichen Vorgaben oder Ermächtigungen beruhen, wie etwa „kw-Vermerke” oder eine Haushaltssperre. Haushaltsrechtliche Voraussetzungen im vorstehenden Sinne sind z.B. auch die kommunalaufsichtsrechtlichen Vorschriften des Landesrechts und darauf beruhende Verfügungen der Aufsichtsbehörden mit der Folge der Einschränkung der gemeindlichen Haushaltsbefugnisse (sog. Nothaushaltsrecht). Dies hat der Senat vor kurzem ausdrücklich entschieden (Urteil vom 25. September 2014 – BVerwG 2 C 16.13 – Rn. 13, zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen).
Daraus folgt, dass die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen i.S.v. § 46 Abs. 1 BBesG nicht gegeben sind, wenn die betreffende Gemeinde dem Nothaushaltsrecht unterliegt und dieses die Begründung von Zahlungsverpflichtungen der Kommune infolge der Beförderung eines Beamten ausschließt. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Das Oberverwaltungsgericht hat in Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Gemeindehaushaltsrechts (§§ 76, 79, 80 und 82 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen) als irrevisiblem Landesrecht angenommen, dass die Beklagte in dem fraglichen Zeitraum mangels bekannt gemachter Haushaltssatzung den Beschränkungen der vorläufigen Haushaltsführung unterlag und deshalb nur Aufwendungen entstehen lassen durfte, zu denen sie rechtlich verpflichtet war.
Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die dem Beamten vom Dienstherrn zu gewährende Besoldung an das Amt im statusrechtlichen Sinne anknüpft. Ebenso geklärt ist, dass das Leistungsprinzip nicht fordert, dass jegliche Aufgabenerfüllung, die über die amtsangemessene Beschäftigung hinausgeht, auch finanziell honoriert wird (Urteil vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 29.04 – Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 3 S. 12). Allerdings steht die für die amtsgemäße Besoldung notwendige Entsprechung von Amt im statusrechtlichen und Amt im funktionellen Sinne einer dauerhaften Trennung von Amt und Funktion grundsätzlich entgegen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 – 2 BvL 16/82 – BVerfGE 70, 251 ≪265 ff.≫ m.w.N.).
Die längerfristige oder gar dauerhafte Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen (Status-)Amtes wird deshalb idealerweise durch eine Beförderung honoriert; damit wird die Einheit von Statusamt und Funktionsamt – auf dem höheren Niveau des Funktionsamtes – hergestellt. Kommt eine Beförderung nicht in Betracht – etwa weil der Dienstposten nicht dauerhaft benötigt wird oder weil die Anzahl der beförderungsreifen Inhaber höherwertiger Dienstposten die Anzahl der verfügbaren Planstellen übersteigt und der fragliche Beamte in einer Leistungskonkurrenz nicht zum Zuge kommen kann –, dann kann die Einheit von Statusamt und Funktionsamt nur auf dem niedrigeren Niveau des Statusamtes des Beamten hergestellt werden. Im Übrigen bietet eine Zulage für die Verwendung in einer gegenüber dem Statusamt höherwertigen Funktion einen gewissen Ausgleich für die ausbleibende Beförderung trotz längerfristiger Verwendung auf dem höherwertigen Dienstposten. Ob und mit welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber eine solche Zulage vorsieht, unterfällt seinem – freilich durch Art. 33 Abs. 5 GG begrenzten – Gestaltungsspielraum (zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Besoldungsrecht vgl. Urteil vom 12. Dezember 2013 – BVerwG 2 C 49.11 – BVerwGE 148, 328 = Buchholz 245 LandesBesR Nr. 3, jeweils Rn. 36 m.w.N.).
§ 46 BBesG ist deshalb Ausdruck des Grundsatzes funktionsgerechter Besoldung. So wie es Verfassungsrecht nicht gebietet, die Verwendungszulage nach § 46 BBesG auch im Fall der Verhinderungsvertretung zu gewähren (Urteil vom 28. April 2005 a.a.O. S. 12 f.), so verbietet es Verfassungsrecht nicht, dass die Zulagengewährung vom Vorliegen haushaltsrechtlicher Voraussetzungen abhängig gemacht wird.
3. Wegen der Frage,
ob es mit dem Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 GG und mit Art. 3 GG zu vereinbaren ist, dass § 18 BBesG für gleichwertige Tätigkeiten eine unterschiedliche Besoldung von drei und mehr Besoldungsstufen zulässt,
ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Denn die Frage bezieht sich, wie sich der Begründung eindeutig entnehmen lässt, auf § 18 BBesG in der derzeit geltenden Fassung. § 18 BBesG ist letztmals durch das Gesetz zur Neuregelung der Professorenbesoldung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 11. Juni 2013 (BGBl I S. 1514) geändert worden. Für die Klägerin ist aber, wie oben ausgeführt, gemäß Art. 125a Abs. 1 GG das Bundesbesoldungsgesetz in der am 31. August 2006 geltenden Fassung maßgeblich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Domgörgen, Dr. von der Weiden, Dr. Hartung
Fundstellen