Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 21.06.2007; Aktenzeichen 15 KF 3/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Flurbereinigungsgericht) vom 21. Juni 2007 wird verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Kläger machen einen Verfahrensmangel, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, geltend, weil das Berufungsgericht die Verpflichtung zur ausreichenden Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt habe. Über ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes sei nicht vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden worden, so dass sie sich nicht rechtzeitig um anwaltlichen Beistand hätten bemühen können. Deshalb seien sie, obwohl sie zwei Tage vor dem Termin einen Rechtsanwalt beauftragt hätten, gehindert gewesen, ihre Interessen effektiv wahrzunehmen.
Die schlüssige Bezeichnung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) erfordert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei nach ihrer Ansicht ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser weitere Vortrag zu einer ihr günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 15 und vom 2. April 1985 – BVerwG 3 B 75.82 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 165 S. 55). Daran fehlt es hier. Der Vortrag der Beschwerde, dass “bei entsprechender Würdigung des zur Begründung der Klage vorgetragenen Standpunktes der Kläger eine andere Entscheidung getroffen worden wäre”, ist nicht hinreichend substantiiert.
Darüber hinaus entspricht es aber auch ständiger Rechtsprechung, dass eine begründete Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs die erfolglose vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, voraussetzt (Beschlüsse vom 6. April 2004 – BVerwG 9 B 21.04 – juris Rn. 2 und vom 31. August 1988 – BVerwG 4 B 153.88 – Buchholz 303 § 295 ZPO Nr. 8 S. 6). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs führt dann nicht zu einem rügefähigen Verfahrensfehler, wenn der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung in Kenntnis des Verfahrensfehlers zur Sache verhandelt und auf diese Weise die Möglichkeit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, versäumt hat. Gleiches gilt, wenn der Mangel dem Kläger bekannt sein musste (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO).
Danach haben die anwaltlich vertretenen Kläger – sollte ein Verfahrensmangel vorgelegen haben – ihr Rügerecht bereits in der Vorinstanz verloren. Ihnen war zum Termin der mündlichen Verhandlung bekannt, dass der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zu 2 noch nicht beschieden war. Nur dieser Kläger hat Prozesskostenhilfe beantragt, wie sich daraus ergibt, dass die damalige Bevollmächtigte ein ausgefülltes Formular “Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” nur für den Kläger zu 2 eingereicht hat (vgl. Schreiben vom 12. Juli 2006). Dass die Vorbereitungszeit des Klägerbevollmächtigten zwischen Beauftragung und mündlicher Verhandlung mit zwei Tagen äußerst kurz war, ist offensichtlich. Überblickten die Kläger deshalb in der mündlichen Verhandlung nicht, was noch weiter vorzutragen sein würde, obgleich die von ihnen selbst angekündigte weitere Klagebegründung noch nicht erfolgt war, so oblag es ihnen, spätestens in der mündlichen Verhandlung eine Vertagung zu beantragen. Sie waren in der mündlichen Verhandlung durch ihren Rechtsanwalt vertreten, dem bewusst war bzw. bewusst sein musste, dass nicht nur über den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zu 2 verhandelt wurde, sondern vielmehr über die Klage, wie sich zwangsläufig daraus ergibt, dass ein Sachantrag gestellt wurde. Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ist nicht zu entnehmen, dass sich die Kläger gegen die Verhandlung gewehrt oder noch Schriftsatznachlass für weiteren Vortrag im Hinblick auf die späte Einschaltung ihres Rechtsanwaltes begehrt hätten. Sie haben solches auch nicht im Beschwerdeverfahren vorgetragen. Daher können die Kläger nicht damit gehört werden, im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seien die vorangegangenen fehlerhaften Verfahrensabläufe ihrem Bevollmächtigten nicht erkennbar gewesen, so dass in der mündlichen Verhandlung kein Anlass für eine entsprechende Rüge bestanden habe. Dahinstehen kann deshalb, ob die Anberaumung eines Verhandlungstermins ohne vorherige Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrages des Klägers zu 2 erfolgen durfte (vgl. dazu Beschluss vom 23. Juli 2003 – BVerwG 1 B 386.02 – Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 39 S. 2 ff.) und dieser zudem erst nach der Ladung kurz vor dem Termin darauf hingewiesen worden war, dass der Prozesskostenhilfeantrag voraussichtlich schon an seinen Vermögensverhältnissen scheitern werde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Unterschriften
Vallendar, Domgörgen, Buchberger
Fundstellen