Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsförderung für den Besuch einer ausländischen Hochschule;. Gleichwertigkeit des Besuchs der ausländischen Hochschule
Leitsatz (amtlich)
Die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zu einer ausländischen Hochschule, die neben dem tatsächlichen Betreiben der Ausbildung erforderlich ist, um den „Besuch” einer Ausbildungsstätte annehmen zu können, kann bei Austauschstudenten auch durch Einschreibung an der Heimathochschule und deren vertragliche Anerkennung durch die Gasthochschule begründet werden.
Normenkette
BAföG 1995 § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Entscheidung vom 05.07.2000; Aktenzeichen 7 S 1509/99) |
VG Sigmaringen (Entscheidung vom 22.09.1998; Aktenzeichen 4 K 687/98) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Besuch der School of Art and Design an der University of Illinois at Chicago im Wintersemester 1997/98.
Der am 4. Juni 1970 geborene Kläger war seit Wintersemester 1995/1996 bis zum erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung im Juli 1999 ununterbrochen an der Fachhochschule für Gestaltung, Technik und Wirtschaft in Pforzheim im Studiengang „Industriedesign” immatrikuliert. Am 24. Juli 1997 beantragte der Kläger beim Beklagten Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Ausland, um im Rahmen eines Studentenaustauschprogramms in der Zeit vom 25. August 1997 bis zum 12. Dezember 1997 die School of Art and Design an der University of Illinois at Chicago in der Fachrichtung „Industrial Design” zu besuchen. Dem Antrag beigefügt war eine Bescheinigung der Fachhochschule Pforzheim vom 6. August 1997, ausgestellt von Prof. Dipl.-Ing. L., dem Dekan des Fachbereichs 01 und Leiter des Studiengangs „Industrial/Transportation Design”, in welcher u.a. ausgeführt wird:
„… Unser Student S. K. wurde von unserer Hochschule nominiert, um im Rahmen eines Studentenaustausches ein Semester an der University of Illinois at Chicago, USA, im kommenden Wintersemester 1997/98 teilzunehmen.
Die Fachhochschule Pforzheim, Hochschule für Gestaltung, steht mit der University of Illinois at Chicago in Verhandlungen, um diesen Studentenaustausch auf eine vertragliche Ebene zu bringen. Die im Folgenden genannten Punkte, die schon jetzt im gegenseitigen Einvernehmen Inhalt des Studentenaustausches sind, werden im Vertrag festgeschrieben werden:
Zeitraum: |
25.8.1997 – 12.12.1997 |
Studentenstatus: |
Vollzeit-Student |
Studiengebühren: |
entstehen nicht |
Anerkennung: |
Alle Leistungen, die an der Gasthochschule erbracht werden, werden von der Heimathochschule voll anerkannt. |
Studienzeit: |
Die Studienzeit an der Heimathochschule verlängert sich aufgrund der Leistungsanerkennung nicht. |
Einschreibung: |
Herr K. wurde an der FH Pforzheim bereits für das WS 1997/98 immatrikuliert …” |
Des Weiteren legte der Kläger Bescheinigungen der University of Illinois vom 24. September 1997 und vom 16. Oktober 1997 vor, nach welchen er an dieser Universität „official exchange student” ist, und zwar als „full-time student”. Ergänzend hierzu führte der Kläger unter dem 20. Oktober 1997 aus, um zusätzliche Kosten für die Studenten zu ersparen, hätten die Fachhochschule Pforzheim und die University of Illinois eine Vereinbarung dahin getroffen, dass Studenten aus Deutschland in Deutschland eingeschrieben blieben, um Studiengebühren in Höhe von derzeit 5.000 US-Dollar pro Semester zu vermeiden.
Mit Bescheid vom 12. November 1997 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger die University of Illinois im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht besucht habe, da er, um Studiengebühren zu sparen, ununterbrochen an der Fachhochschule Pforzheim eingeschrieben gewesen sei. Gemäß Tz. 9.2.1 BAföGVwV sei jedoch neben der regelmäßigen Teilnahme an den vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen der Auslandshochschule auch eine organisationsrechtliche Zugehörigkeit zu dieser erforderlich.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs führte der Kläger aus, sein Studiensemester an der University of Illinois werde von der Fachhochschule Pforzheim voll anerkannt, da zwischen beiden Hochschulen eine offizielle Partnerschaft bestehe. Die an der Auslandshochschule angebotenen Vorlesungen habe er ausweislich des Anwesenheitsnachweises vom 16. Oktober 1997 sämtlich besucht. Eine Einschreibung an der Auslandshochschule sei aus Kostengründen unterlassen worden. Im Übrigen hätten auch andere Studenten in der nämlichen Situation Ausbildungsförderung erhalten, was von Prof. M. von der Fachhochschule Pforzheim bestätigt werden könne.
In dem den Widerspruch des Klägers zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 1998 hielt der Beklagte an seiner Rechtsauffassung fest: Sinn der Tz. 9.2.1 BAföGVwV sei es, durch das Erfordernis der formalen Registrierung eines Studenten den Förderungsämtern im Einzelfalle die Prüfung zu ersparen, ob Studienleistungen auch tatsächlich erbracht würden.
Im Klageverfahren hat der Kläger eine Niederschrift des Prof. Dipl.-Ing. L. vom 7. Mai 1998 über den Inhalt des (mündlich vereinbarten) Studenten-Austausch-Programms zwischen der Fachhochschule Pforzheim und der University of Illinois für den Studiengang „Industriedesign” aus dem Jahre 1989 vorgelegt. In dieser wird u.a. ausgeführt:
„Inhalt der Vereinbarung:
- Die Heimat-Institution wählt den/die Studierenden aus und nominiert ihn/sie gegenüber der Gastinstitution.
- Über die Anzahl der Austauschstudenten entscheidet die Gastinstitution jedes Semester erneut.
- Der Abschluss des Grundstudiums (4 Semester) ist Voraussetzung.
- Die UIC bietet den Pforzheimer Austauschstudenten Lehrveranstaltungen an, die denen des Studiengangs Industrial Design der FH Pforzheim gleichwertig sind. Sie werden in Chicago in entsprechenden Lehrveranstaltungen des ‚senior-levels’ eingeschrieben und erhalten dafür Leistungsnachweise, die von der FH Pforzheim auf das hiesige Studium angerechnet werden.
- Austauschstudenten aus Chicago werden ebenso äquivalente Kurse an der FH Pforzheim angeboten.
- Der/die Studierenden bleiben an der Heim-Institution immatrikuliert.
- Die Gastinstitution erhebt keine Studiengebühren vom Austauschstudenten.
…”
Die Klage auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für das Auslandsstudium an der Universität Illinois in der Zeit vom 25. August bis zum 12. Dezember 1997 hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat sein die Berufung des Beklagten zurückweisendes Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet:
Entgegen der Auffassung des Beklagten sei im vorliegenden Falle, obwohl es an der sonst regelmäßig zu fordernden Immatrikulation fehle, angesichts der Besonderheiten des zwischen den beiden Hochschulen vereinbarten Studenten-Austausch-Programms vom „Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte” i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG auszugehen. Der Kläger habe den Status eines „official exchange student”, und zwar als „full-time student” gehabt. Auch sei ihm ein Studentenausweis ausgestellt worden. All dies sei auf der Grundlage der von Prof. Dipl.-Ing. L., Dekan des Fachbereichs 01 der Fachhochschule Pforzheim, mitgeteilten (mündlichen) Vereinbarung über ein Studenten-Austausch-Programm zwischen den beiden Hochschulen aus dem Jahre 1989 geschehen. Bei dieser Sachlage gehe auch der Senat – ebenso wie das Verwaltungsgericht – davon aus, dass die erforderliche organisationsrechtliche Zugehörigkeit zu einer Ausbildungsstätte im vorliegenden Falle durch die Kooperationsvereinbarung aus dem Jahre 1989 und die dieser entsprechenden o.a. Bescheinigungen der University of Illinois nachgewiesen werde. Der Senat sehe sich in dieser Auffassung bestätigt durch die eingeholte amtliche Auskunft der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 3. März 2000. Des Weiteren sei in diesem Zusammenhang auch auf den bereits vom Verwaltungsgericht hervorgehobenen Gesichtspunkt hinzuweisen, dass die in der vorliegenden Austausch-Vereinbarung getroffene Regelung der Vermeidung von Studiengebühren für sämtliche Austauschstudenten diene, von denen eine Vielzahl gerade keine Ausbildungsförderung erhalte und somit die Studiengebühren aus eigener Tasche bezahlen müsste. Im vorliegenden Falle wären für die fragliche Zeit solche in Höhe von 5.000 US-Dollar angefallen. Im Übrigen habe auch der Beklagte eingeräumt, dass es sinnvoll erscheine, auf das Kriterium der formalen Registrierung in bestimmten Fallkonstellationen zu verzichten. Eine solche sei zur Überzeugung des Senats hier gegeben.
Entgegen der Auffassung des Beklagten fehle es auch nicht an der erforderlichen Gleichwertigkeit der Ausbildung i.S.d. § 5 Abs. 4 Satz 2 BAföG: Nach der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung der University of Illinois vom 3. Februar 1999 habe der Kläger während seines Auslandsstudiums folgende Lehrveranstaltungen besucht:
Course |
Instructor |
Grade |
Art Design 220 |
William Becker |
A |
Art Design 406 |
John Caruso |
B |
Art Design 424 |
John Caruso |
A |
Dabei bedeute Grade A: „excellent”, Grade B: „above average”.
Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen habe hierzu in der eingeholten amtlichen Auskunft vom 3. März 2000 ausgeführt:
„Die University of Illinois at Chicago ist eine anerkannte Hochschule der USA, die auch deutschen Hochschulen vergleichbar ist. Sie bietet berufsqualifizierende Studiengänge u.a. im Bereich Design an einem speziellen Fachbereich ‚School of Art and Design’ an, der in jedem Fall der Fachhochschule Pforzheim – Bereich Gestaltung – gleichwertig ist. Die in Frage stehenden Studienleistungen gehören nicht zur ‚general education’, dem allgemeinbildenden Studienteil amerikanischer undergraduate-Studiengänge, sondern bilden einen integralen Bestandteil des Fachstudiums an der ‚School of Art and Design’.
Herr K. hat ausweislich der amtlichen Studienbescheinigungen drei benotete Lehrveranstaltungen im Fach künstlerische Gestaltung (‚Art Design’) besucht, die eine kohärente aufsteigende Sequenz darstellen. Diese Kurse gehören zum Kernlehrangebot des berufsqualifizierenden Studienganges Gestaltung sowohl an der amerikanischen University of Illinois als auch an der deutschen Fachhochschule Pforzheim.
Es handelt sich speziell bei dem Kurs ‚Art Design 220’ somit nicht um eine der allgemeinbildenden Sekundarschule oder einer Berufsschule zuzuordnende Lehrveranstaltung, sondern um den regulären Bestandteil eines berufsqualifizierenden Studienganges.
Die Mindestcreditzahl für solche Kernlehrveranstaltungen beträgt drei, in der Regel auch vier oder fünf, so dass im vorliegenden Fall mindestens 9 Credits erreicht wurden.
Insgesamt bestehen unsererseits daher keine Zweifel an der Tatsache, dass Herr K. im Zeitraum vom 25.8.1997 bis zum 12.12.1997 ein Vollzeitstudium im Fach Gestaltung an der ‚University of Illinois of Chicago – School of Art and Design’ absolviert hat, welches dem deutschen Studiengang Gestaltung an der Fachhochschule Pforzheim in entsprechendem Umfang ohne Abstriche gleichwertig ist.”
Der Senat folge diesen überzeugenden Ausführungen, denen auch seitens des Beklagten nicht entgegengetreten worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er seinen Klagabweisungsantrag weiterverfolgt. Er rügt Verletzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG. Von dem Erfordernis der Immatrikulation an der ausländischen Hochschule könne dann nicht abgewichen werden, wenn keine schriftliche Kooperationsvereinbarung vorliege, die gewährleiste, dass der Auszubildende organisationsrechtlich in die ausländische Hochschule eingegliedert sei. Auch habe das Berufungsgericht die Einwendung des Beklagten hinsichtlich der Gleichwertigkeit und der mangelnden Vollzeitausbildung des Klägers mit unzutreffender Begründung zurückgewiesen. Die Auskunft der Zentralstelle, auf die sich das Berufungsgericht zu Unrecht stütze, gehe nicht darauf ein, dass der Kurs „Art Design 220” dem zweiten Studienjahr zuzuordnen sei, so dass der Kläger hier einen Kurs besucht habe, der nicht seinem Ausbildungsstand nach Abschluss des vierten Semesters entsprochen habe. Mithin bleibe als Einwendung, dass dem Kläger nur zwei seiner absolvierten Kurse als seinem Studienfortschritt gleichwertig anerkannt werden könnten und diese die Arbeitskraft des Klägers nicht im Sinne einer Vollzeitausbildung in Anspruch genommen hätten.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Beklagten ist unbegründet, so dass sie zurückzuweisen ist (§ 144 Abs. 2 VwGO). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe für sein Auslandsstudium an der School of Art and Design der University of Illinois at Chicago in der Zeit vom 25. August 1997 bis zum 12. Dezember 1997 Ausbildungsförderung zu, steht mit Bundesrecht in Einklang.
1. Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass – obwohl der Kläger an seiner inländischen Heimathochschule, der Fachhochschule Pforzheim, während seines Auslandsstudiums immatrikuliert geblieben ist – angesichts der Besonderheiten des zwischen beiden Hochschulen vereinbarten Studenten-Austausch-Programms vom „Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte” im Sinne des hier in der Fassung des 17. BAföG-Änderungsgesetzes vom 24. Juli 1995 (BGBl I S. 976) anzuwendenden § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG auszugehen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats besucht ein Auszubildender eine Ausbildungsstätte dann, wenn und solange er dieser organisationsrechtlich angehört und die Ausbildung an der Ausbildungsstätte tatsächlich betreibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1988 – BVerwG 5 C 59.85 – ≪Buchholz 436.36 § 2 BAföG Nr. 16 S. 18 = NVwZ–RR 1989, 81/82≫ m.w.N.). Dass der Kläger seine Ausbildung in der Fachrichtung Industriedesign in der streitgegenständlichen Zeit an der School of Art and Design der University of Illinois at Chicago tatsächlich betrieben hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Aber auch das Erfordernis der organisationsrechtlichen Zugehörigkeit zur ausländischen Ausbildungsstätte ist nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles erfüllt.
Gefördert werden soll nach Sinn und Zweck des Bundesausbildungsförderungsgesetzes nicht die Begründung eines organisationsrechtlichen Status an einer Ausbildungsstätte, sondern die Durchführung einer förderungsfähigen Ausbildung. Die Begründung einer organisationsrechtlichen Zugehörigkeit zu einer Hochschule durch Einschreibung stellt lediglich die regelmäßige hochschulrechtliche Voraussetzung für die Aufnahme einer förderungsfähigen Ausbildung dar und verdankt ihre Aufnahme in den Begriff des Besuchs einer Ausbildungsstätte dieser Zugangsbedeutung für die förderungsfähige Ausbildung. Die hochschulrechtliche Einschreibung ist deshalb auch regelmäßig ein verlässliches Beweisanzeichen für die Aufnahme und gegebenenfalls Fortführung einer förderungsfähigen Ausbildung an einer bestimmten Ausbildungsstätte. Sie kann aber durch objektiv feststellbare Umstände sowohl widerlegt (BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1988 ≪a.a.O. S. 18 f.≫) als auch ersetzt werden. Letzteres liegt hier vor.
Die beiden am Studentenaustausch beteiligten Hochschulen haben, wie von der Vorinstanz aufgrund der übereinstimmenden Angaben beider Hochschulen für das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindend festgestellt, vereinbart, dass die Austauschstudenten an ihrer jeweiligen Heimathochschule immatrikuliert bleiben, um ihnen Studiengebühren zu ersparen, sie aber an der Gasthochschule den Status eines offiziellen Austauschstudenten in Form eines Vollzeit-Studenten genießen. Damit sind sie der Sache nach übereingekommen, dass die Heimateinschreibung in Verbindung mit der Studenten-Austausch-Vereinbarung auch als Zugangsberechtigung zur ausländischen Gasthochschule wirkt und dort eine organisationsrechtliche Zugehörigkeit mit dem beschriebenen Studentenstatus begründet. Der Kläger hat also in der streitgegenständlichen Zeit die School of Art and Design an der University of Illinois „besucht” i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch entschieden, dass der Besuch der School of Art and Design an der University of Illinois at Chicago dem Besuch der Fachhochschule Pforzheim – Bereich Gestaltung – i.S.d. § 5 Abs. 4 Satz 2 BAföG gleichwertig ist. Die Einwendungen des Beklagten hiergegen gehen am Gesetz vorbei. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 29. April 1982 – BVerwG 5 C 78.80 – (Buchholz 436.36 § 5 BAföG Nr. 2) ausgeführt: „Für die Feststellung der geforderten Gleichwertigkeit, die nach § 5 Abs. 4 Satz 3 BAföG von Amts wegen im Rahmen des Bewilligungsverfahrens vorzunehmen ist, gilt folgender Maßstab: Eine Gleichwertigkeit ist dann gegeben, wenn die Ausbildung an der ausländischen Ausbildungsstätte nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie nach dem vermittelten Ausbildungsabschluss der Ausbildung gleichkommt, welche die für den Vergleich heranzuziehende Ausbildungsstätte im Geltungsbereich des Gesetzes vermittelt…” Das hat das Berufungsgericht für die beiden zu vergleichenden Hochschulen unter Verwertung der sachkundigen amtlichen Auskunft der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 3. März 2000 bejaht.
Diese institutionelle Gleichwertigkeit wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt, sie meint jedoch, der Besuch des Kurses „Art Design 220” könne, da dem zweiten Studienjahr zuzuordnen, nicht als dem Studienfortschritt des Klägers gleichwertig anerkannt werden. Auf die Gleichwertigkeit einzelner besuchter ausländischer Lehrveranstaltungen mit dem Ausbildungsstand des Auszubildenden aber stellt das Gesetz in § 5 Abs. 4 Satz 2 BAföG nicht ab.
Auch § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG stützt die Ansicht der Revision nicht. Nach dieser Vorschrift muss der Besuch der im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte der Ausbildung im Inland nach dem Ausbildungsstand förderlich sein und zumindest ein Teil der ausländischen Ausbildung auf die vorgeschriebene oder übliche Ausbildungszeit im Inland angerechnet werden können. Das in der zweiten Förderungsvoraussetzung zum Ausdruck kommende Prinzip der Fachbezogenheit der geförderten Ausbildung (vgl. BTDrucks 8/2868 S. 25 und BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1986 – BVerwG 5 B 48.86 – ≪Buchholz 436.36 § 5 BAföG Nr. 4 S. 12≫) ist im vorliegenden Fall unproblematisch, da die gesamte ausländische Ausbildung gemäß der Kooperationsvereinbarung zwischen den Ausbildungsstätten angerechnet worden ist. Aber auch die erste in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG genannte Förderungsvoraussetzung der Förderlichkeit der Auslandsausbildung ist nicht in dem von der Revision behaupteten konkret lehrveranstaltungsbezogenen Sinne zu verstehen, dass nur solche Lehrveranstaltungen gefördert werden könnten, die den bereits erreichten Ausbildungsstand des Förderungsbewerbers fachlich weiter entwickeln. Gemeint ist vielmehr die allgemeine Förderlichkeit für die Inlandsausbildung, nämlich dass der Auszubildende über die reine Erweiterung seines Fachwissens hinaus durch Einblick in einen anderen Lebens- und Kulturkreis eine allgemeine Horizonterweiterung erfährt, die ihm in seinem späteren Berufsleben von Nutzen sein kann (vgl. BTDrucks 8/2868 S. 25 und BVerwG, Urteil vom 24. November 1983 – BVerwG 5 C 92.80 – ≪Buchholz 436.36 § 13 BAföG Nr. 6 S. 3≫). Der Senat hat deshalb in seinem Urteil vom 18. Oktober 1979 – BVerwG 5 C 3.78 – für die Annahme der Förderlichkeit der Auslandsausbildung lediglich verlangt, dass die inländische Ausbildung des Bewerbers für eine Auslandsförderung einen gewissen Stand erreicht, der Auszubildende also an einer inländischen Ausbildungsstätte in der gewählten Fachrichtung bereits Grundkenntnisse erworben hat (vgl. BVerwGE 59, 1 ≪3≫ unter Hinweis auf Tz. 5.2.5 BAföGVwV).
Lassen sich demnach einzelne Lehrveranstaltungen aus dem vom Kläger an der School of Art and Design absolvierten Semesterprogramm nicht mit den von der Revision vorgetragenen Argumenten herauslösen, fehlt es auch an einer tragfähigen Grundlage für die weitere Behauptung des Beklagten, der Kläger habe in Illinois keine die Arbeitskraft voll in Anspruch nehmende Ausbildung i.S.d. § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG absolviert. Das Berufungsgericht hat sich die Ausführungen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, der Kläger habe mit den besuchten drei Kursen mindestens neun „credits” erreicht und damit ein Vollzeitstudium absolviert, als überzeugend zu Eigen gemacht. Revisionsrechtlich beachtliche Einwände hiergegen hat der Beklagte nicht vorgebracht. Vielmehr hat er im Berufungsverfahren selbst eingeräumt, dass neun „credits” als Vollzeitstudium, das mit 40 Wochenstunden anzusetzen sei (so bereits BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1988 – BVerwG 5 C 59.85 – ≪a.a.O. S. 16 f.≫ unter Hinweis auf Tz. 2.5.2 BAföGVwV), ausreichten (Schriftsatz vom 17. August 1999 S. 2).
3. Die Revision war nach alledem zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Prof. Dr. Pietzner, Schmidt, Dr. Rothkegel, Dr. Franke
Fundstellen
Haufe-Index 642520 |
NJW 2001, 1959 |
BVerwGE, 248 |
FamRZ 2001, 1569 |
NVwZ 2001, 571 |
ZfSH/SGB 2001, 552 |
DVBl. 2001, 1062 |