Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist ein Lebensversicherungsunternehmen. Sie nahm u.a. Versicherungsanträge an, die ihr ab 1984 vorwiegend durch die O… GmbH, vermittelt wurden und denen eine gemeinsame Grundkonzeption zugrunde lag („O…-Modell”). Die Verträge dienten der Tilgung langfristiger Geschäftsdarlehen mit Hilfe der Versicherungssumme oder des Rückkaufswertes. Besondere – nicht notwendig gleichzeitig gegebene – Merkmale der Verträge waren u.a., daß die Versicherungssumme ein Mehrfaches der Kreditsumme betrug und die Laufzeiten der Versicherungen zum Teil deutlich länger als die Kreditlaufzeiten waren, daß die Versicherungsprovisionen zur Senkung der Kreditzinsen verwendet wurden, daß die versicherten Personen in der Regel unter 20 Jahre alt waren, mit den Geschäftspartnern nichts zu tun hatten und ausgetauscht werden konnten und daß beim Tode der versicherten Person nicht die Versicherungssumme, sondern nur der – durch weitere Abreden niedrig gehaltene – Rückkaufswert fällig wurde. Neben der Klägerin haben drei weitere Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge nach diesem Modell abgeschlossen.
Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (Bundesaufsichtsamt) vermutete in diesen Verträgen versicherungsfremde Geschäfte und sah sich in dieser Einschätzung nach einer vom 18. März bis zum 2. April 1996 durchgeführten örtlichen Überprüfung bestätigt. Es erließ daraufhin unter dem 28. Juni 1996 eine „An den Vorstand X-Versicherung” gerichtete, mit den Worten „Sehr geehrte Herren” eingeleitete Aufsichtsverfügung, in der es „Ihnen mit sofortiger Wirkung (untersagte), weitere Lebensversicherungsverträge nach dem sogenannten ‚O…-Modell’ zu zeichnen”. Zugleich ordnete es die sofortige Vollziehung der Verfügung an und drohte für jede Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 DM an. Zur Begründung hieß es u.a., die Verträge dienten nur dem Ansparen der Tilgungssumme und seien lediglich der äußeren Form nach Versicherungsverträge. Diese Form sei allein wegen erhoffter Steuervorteile gewählt worden. Die Verträge verstießen außerdem in einer Reihe näher ausgeführter Punkte gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen.
Gegen diese am 4. Juli 1996 einem Bediensteten der Klägerin in deren Geschäftslokal durch die Post im Wege der Ersatzzustellung ausgehändigte Verfügung erhob die Klägerin mit einem am 12. September 1996 beim Bundesaufsichtsamt eingegangenen Schreiben vom 11. September 1996 Widerspruch, den eine Beschlußkammer des Bundesaufsichtsamts mit Bescheid vom 12. August/24. September 1997, zugestellt am 1. Oktober 1997, als verspätet zurückwies (VerBAV 1997, 306).
Mit ihrer am 27. Oktober 1997 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend: Sie werde vom Bundesaufsichtsamt zu Unrecht als Verpflichtete dieser Verfügung angesehen. Die Verfügung sei nicht an sie, sondern an den Vorstand gerichtet und nur ihm zugestellt worden. Auch wenn sie seit August 1995 Verträge der fraglichen Art nicht mehr abgeschlossen habe und dies auch in Zukunft nicht beabsichtige, müsse sie es nicht hinnehmen, sich als Verpflichtete der Unterlassungsverfügung behandeln zu lassen. Jedenfalls hätte das Bundesaufsichtsamt ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren müssen, weil die erforderliche Anhörung unterblieben sei. In sachlicher Hinsicht hält die Klägerin die von ihr abgeschlossenen Versicherungsverträge für unbedenklich. Sie könnten schon deshalb nicht als „versicherungsfremdes Geschäft” untersagt werden, weil die diesbezügliche Norm (§ 7 Abs. 2 Satz 1 VAG) zu unbestimmt sei. Die materiellen Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten seien nicht erfüllt.
Die Klägerin beantragt,
die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen vom 28. Juni 1996 sowie den Widerspruchsbescheid des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen – Beschlußkammer – vom 24. September 1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht zulässig. Allerdings ist die Klägerin selbst dann im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, wenn von ihrem Rechtsstandpunkt ausgegangen wird, daß die angefochtene Untersagungsverfügung vom 28. Juni 1996 nicht gegen sie, sondern gegen ihren Vorstand gerichtet war. Denn in diesem Falle war sie als Drittbetroffene zur Anfechtung berechtigt. Der Inhalt der Verfügung betrifft das von ihr betriebene Versicherungsgeschäft. Darf ihr Vorstand derartige Geschäfte nicht mehr abschließen, so berührt dies unmittelbar auch die rechtliche Handlungsfreiheit der Klägerin.
Die Klage bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Beschlußkammer des Bundesaufsichtsamts den Widerspruch der Klägerin gegen die angefochtene Untersagungsverfügung vom 28. Juni 1996 zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat. Die Anfechtungsklage ist daher unzulässig (Urteil vom 8. März 1983 – BVerwG 1 C 34.80 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 129; Beschluß vom 13. November 1996 – BVerwG 7 B 304.96 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 206).
Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 81 Abs. 2 Satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juli 1994 (BGBl I S. 1630) – VAG –. Danach kann die Aufsichtsbehörde gegenüber den Unternehmen, den Mitgliedern ihres Vorstandes sowie sonstigen Geschäftsleitern oder den die Unternehmen kontrollierenden Personen alle Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Mißstände zu vermeiden oder zu beseitigen. In Erweiterung gegenüber dem früheren Rechtszustand eröffnet die Vorschrift dem Bundesaufsichtsamt die Möglichkeit, nicht nur dem Versicherungsunternehmen selbst, sondern „je nach sachlicher Notwendigkeit” (BTDrucks 12/6959, S. 83) auch einzelnen Geschäftsleitern Aufsichtsweisungen zu erteilen.
Die auf diese Vorschrift gestützte Verfügung der Beklagten vom 28. Juni 1996 ist an die Klägerin gerichtet (1) und ihr fehlerfrei zugestellt worden (2). Der gegen die Verfügung erhobene Widerspruch der Klägerin ist verspätet (3). Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestehen nicht (4).
1. Die Verfügung der Beklagten ist nicht gegenüber den Mitgliedern des Vorstandes der Klägerin, sondern gegenüber der Klägerin selbst getroffen worden.
a) Adressiert das Bundesaufsichtsamt einen Verwaltungsakt ohne Nennung der Namen einzelner Mitglieder an „den Vorstand” einer namentlich bezeichneten juristischen Person, so wendet es sich mit seiner Regelung erkennbar an das für die juristische Person handelnde, gesetzlich zur Vertretung bestimmte Organ (§§ 29, 34 Satz 2 VAG i.V.m. § 78 Abs. 1 AktG) und damit an die juristische Person selbst. Die Adressierung „An den Vorstand X-Versicherung” ist daher bei einer an Treu und Glauben und an der Verkehrssitte orientierten Auslegung und bei verständiger Würdigung des wirklichen Willens der Beklagten (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts der Klägerin (vgl. dazu z.B. BVerwGE 60, 223 ≪228 f.≫; Urteil vom 3. November 1998 – BVerwG 9 C 51.97 – Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 116) so zu verstehen, daß dem Versicherungsunternehmen selbst und nicht lediglich den Mitgliedern ihres Vorstandes ein bestimmtes geschäftliches Verhalten – nämlich der Abschluß von Versicherungsverträgen nach dem sog. „O…-Modell” – untersagt werden sollte.
Aus der Anrede „Sehr geehrte Herren”, auf die sich die Klägerin zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung u.a. bezieht, folgt nichts Gegenteiliges. Zum einen ist die Formel im Geschäftsverkehr üblich, wenn nicht ein individueller Empfänger angesprochen werden soll. Zum andern läßt die Formel erkennen, daß der Vorstand insgesamt und eben deshalb als Organ der Klägerin angesprochen werden sollte. Wären die Mitglieder des Vorstandes persönlich gemeint gewesen, so hätte die Entscheidung an jedes Vorstandsmitglied persönlich gerichtet und bekanntgemacht bzw. zugestellt werden müssen, wie die Klägerin selbst erkannt und in ihrem Widerspruchsschreiben dargelegt hat.
b) Auch inhaltlich sind Zweifel daran, daß die Verfügung an die Klägerin gerichtet war, nicht gerechtfertigt. Die Verfügung untersagt, weitere Lebensversicherungsverträge nach dem sogenannten „O…-Modell” zu zeichnen. Auch wenn eine Reihe dieser Verträge von einem Mitglied des Vorstandes unterzeichnet worden ist, unterliegt es keinem Zweifel, daß die Klägerin selbst und nicht etwa das unterzeichnende Vorstandsmitglied aus den Verträgen berechtigt und verpflichtet wurde und werden sollte. Der Abschluß von Versicherungsverträgen gehört zu den typischen Rechtsgeschäften eines Versicherungsunternehmens. Wird der Abschluß eines bestimmten Vertragstyps untersagt, so richtet sich dieses Verbot bei natürlicher Betrachtungsweise regelmäßig an das Versicherungsunternehmen als solches ohne Rücksicht darauf, wer nach den geschäftsinternen Zuständigkeitsregelungen für die verantwortliche Annahme eines Versicherungsantrages zuständig ist. Insbesondere wäre es abwegig, anzunehmen, das Bundesaufsichtsamt habe nur den Vorstandsmitgliedern den Abschluß der Verträge nach dem „O…-Modell” untersagen wollen und etwa gegen die Fortsetzung dieses Geschäfts durch andere Mitarbeiter der Klägerin nicht einschreiten wollen.
c) Will das Bundesaufsichtsamt das persönliche Fehlverhalten eines Vorstandsmitglieds zum Anlaß nehmen, an dieses allein eine Aufsichtsverfügung zu richten, so muß es die Verfügung an dieses einzelne, namentlich zu bezeichnende Vorstandsmitglied richten. Will es alle Mitglieder des Vorstandes in dieser Weise persönlich in Anspruch nehmen, so muß es seine Verfügung an jedes einzelne, namentlich zu bezeichnende Mitglied richten. Weder der Form noch dem Inhalt nach konnte die „An den Vorstand X-Versicherung” gerichtete Verfügung vom 28. Juni 1968 in diesem Sinne verstanden werden.
2. Die Verfügung ist der Klägerin gemäß § 41 VwVfG wirksam bekanntgegeben worden.
Wegen der in ihr enthaltenen Androhung einer Zwangsmaßnahme bedurfte die Verfügung der Zustellung (§ 13 Abs. 7 VwVG). Die Zustellung ist eine qualifizierte Form der Bekanntgabe (vgl. z.B. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl. 1998, § 41 Rn. 23).
Die Verfügung ist am 4. Juli 1996 zugestellt worden, und zwar durch die Post mit Postzustellungsurkunde, was dem Gesetz entspricht (§ 1 Abs. 3, § 3 VwZG). Sie ist allerdings nicht, wie § 7 Abs. 2 Satz 1 VwZG es bei juristischen Personen vorschreibt, an ihre „Vorsteher” zugestellt worden, worunter hier der Vorstand zu verstehen ist. In Empfang genommen wurde sie vielmehr durch einen nicht dem Vorstand der Klägerin angehörenden Bediensteten der Klägerin in deren Geschäftslokal. Auch wenn das Unternehmen durch seinen Vorstand vertreten wird, kann ihm ersatzweise mit Hilfe eines empfangsbereiten Bediensteten zugestellt werden (§ 3 Abs. 3 VwZG i.V.m. § 184 Abs. 1 ZPO), wenn der Postbedienstete ein Vorstandsmitglied nicht erreicht, wie es hier in der Postzustellungsurkunde von dem Postbediensteten beurkundet worden ist. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, daß die Voraussetzung für eine Ersatzzustellung nicht gegeben und diese deshalb unzulässig gewesen sei.
3. Der Widerspruch der Klägerin gegen die am 4. Juli 1996 zugestellte Verfügung war verspätet.
Mit der Zustellung am 4. Juli 1996 ist die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Lauf gesetzt worden. Sie war am 5. August 1996 (Montag) abgelaufen.
Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, an die Stelle der Monatsfrist sei die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO getreten, die sie gewahrt habe. Sie begründet diese Auffassung damit, daß die Verfügung der Beklagten nicht mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen gewesen sei, in ihr sei nicht auf die Möglichkeit hingewiesen worden, gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. Aus § 59 VwGO ergibt sich eine solche Belehrungspflicht nicht. Als Sanktion für fehlende oder fehlerhafte Belehrungen sieht das Gesetz in § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Fristverlängerung vor. Dies zeigt, daß sich die Belehrungspflicht lediglich auf fristgebundene Rechtsbehelfe bezieht. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gehört nicht dazu. Er kann vor und nach Erhebung der Klage ohne Bindung an eine Frist gestellt werden. Will der Gesetzgeber, daß hiervon abweichend auch über den Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs oder der Klage belehrt wird, so bedarf dies einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, durch die § 58 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt wird (vgl. z.B. § 18 a Abs. 4 Satz 4, § 36 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG für befristete Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz). Es entspricht daher der herrschenden Meinung, daß die Behörde, auch wenn praktisch häufig anders verfahren wird, nicht verpflichtet ist, im Falle der Anordnung des Sofortvollzuges in die Rechtsbehelfsbelehrung über den Widerspruch oder die Klage auch eine Belehrung über die Möglichkeit eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO aufzunehmen (Meissner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 58 Rn. 17; Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., § 58 Rn. 5; Eyermann/Jörg Schmidt, VwGO, 10. Aufl., § 58 Rn. 3; Redeker/von Oertzen, VwGO, 12. Aufl., § 58 Rn. 3; v. Albedyll, in: Bader, VwGO, § 58 Rn. 6; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., § 37 III 3, Rn. 751). Schon deswegen kann keine Rede davon sein, die sonst ordnungsgemäße Belehrung über den Widerspruch sei unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO, weil nicht über die Möglichkeit eines Aussetzungsantrages belehrt worden sei. Es kann daher offenbleiben, ob das Fehlen einer solchen Belehrung auch bei Annahme einer Belehrungspflicht überhaupt dazu führen würde, daß die Belehrung über den Widerspruch unrichtig ist.
Der Widerspruch der Klägerin ist erst am 12. September 1996 und damit mehr als einen Monat nach Ablauf der maßgeblichen Widerspruchsfrist beim Bundesaufsichtsamt eingegangen.
4. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 70 Abs. 2, § 60 VwGO kommt nicht in Betracht. Die Klägerin ist nicht ohne Verschulden daran gehindert gewesen, rechtzeitig Widerspruch zu erheben.
Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang unter Berufung auf § 45 Abs. 3 Satz 1 VwVfG geltend, sie sei vor Erlaß der angefochtenen Verfügung des Bundesaufsichtsamts nicht ordnungsgemäß angehört worden. Erstmals in ihrem Schreiben vom 7. November 1996 hat sie behauptet, die Verfügung vom 28. Juni 1996 beruhe auf den Feststellungen in dem Vermerk des Bundesaufsichtsamts vom 23. Mai 1996, der in einer Reihe von Punkten unzutreffend sei. Zu diesem Vermerk, der ihr nicht bekannt gewesen sei, habe sie nicht Stellung nehmen können. Die fehlende Kenntnis des Aktenvermerks in einem früheren Stadium des Verfahrens sei im Hinblick darauf, daß die Verantwortlichkeit von Vorstandsmitgliedern angesprochen worden sei, ursächlich für die Nichteinlegung des Widerspruchs gewesen. Dieses Vorbringen greift nicht durch.
Die Klägerin hat keinen ausdrücklichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Ob in ihrem Schriftsatz vom 7. November 1996 ein Wiedereinsetzungsantrag zu sehen ist, kann offenbleiben, weil Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden kann, wenn die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt worden ist (§ 60 Abs. 2 Satz 3 und 4 VwGO). Auch in diesem Fall müssen jedoch die Wiedereinsetzungsgründe, soweit sie nicht für die Behörde offenkundig sind und deswegen keiner Darlegung bedürfen, innerhalb der Antragsfrist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses (§ 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO) geltend gemacht werden. Die Wiedereinsetzung aus den vorstehend dargelegten Gründen scheitert bereits daran, daß die Klägerin die Hinderungsgründe nicht innerhalb der auch im Widerspruchsverfahren (§ 70 Abs. 2 VwGO) geltenden Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 VwGO dargelegt hat. Diese Frist begann im Falle des Unterbleibens der Anhörung mit der Einlegung des Widerspruchs (§ 45 Abs. 3 Satz 2 VwVfG), also am 12. September 1996. Innerhalb der Frist hat sich die Klägerin auf den Anhörungsmangel nicht berufen; dies ist erst in ihrem Schreiben vom 7. November 1996 geschehen. Hiervon abgesehen hat sie auch nicht schlüssig dargelegt, wieso die Unterlassung der Anhörung kausal für die Versäumung der Widerspruchsfrist gewesen ist. Zwar gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlaß des Verwaltungsakts unterblieben ist (§ 45 Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Diese Fiktion gilt jedoch nur, wenn „dadurch”, also als Folge der unterbliebenen Anhörung, die rechtzeitige Erhebung des Widerspruchs versäumt worden ist (vgl. zu der entsprechenden Vorschrift der Abgabenordnung BFHE 143, 106 ≪109≫). Die Kausalität selbst wird nicht fingiert, sondern muß dargelegt werden. Daran fehlt es hier. Die Klägerin hätte zumindest darlegen müssen, weshalb sie bei vorheriger Anhörung Widerspruch eingelegt hätte bzw. weshalb sie auf der Grundlage der angeblich ohne Anhörung zustandegekommenen Verfügung keine Veranlassung gesehen habe, Widerspruch einzulegen. Ihr Vorbringen, sie habe die Verfügung zunächst für einen „Verfahrensabschluß” gehalten, verdeutlicht eine solche Kausalität nicht. Die Klägerin hat insbesondere nicht schlüssig dargelegt, weshalb der von ihr behauptete Irrtum über den Adressaten der Verfügung vermieden worden wäre, wenn sie mit gleicher Adressierung vorher angehört worden wäre. Es ist nichts dafür dargetan, daß sie diese anders gewertet hätte als die bei der späteren Verfügung. Ebensowenig ist dargelegt, wieso die Kenntnis des Vermerks vom 23. Mai 1996 bei der Klägerin zu einem anderen Verständnis der Adressatenfrage und damit zur rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs geführt hätte. Hätte sie Kenntnis von dem Vermerk gehabt, hätte sich bei ihr, legt man ihr Vorbringen zugrunde, die irrige Auffassung, „daß die Verantwortlichkeit von Vorstandsmitgliedern angesprochen war”, eher noch verfestigen können. Auch dieser Irrtum über den Adressaten der Verfügung vom 28. Juni 1996 ist nicht unverschuldet. Angesichts der oben dargelegten Gründe dafür, daß die Verfügung mit genügender Bestimmtheit an die Klägerin gerichtet war, durfte diese nicht davon ausgehen, nicht sie, sondern ihre Vorstandsmitglieder seien Adressaten. Zumindest hätten sich ihr bei der gebotenen und ihr zuzumutenden Sorgfalt erhebliche Zweifel aufdrängen müssen, denen sie u.U. durch Rückfrage bei der Beklagten hätte nachgehen müssen; bei gewissenhafter, sachgemäßer Interessenwahrung wäre die Fristversäumung vermeidbar gewesen.
Infolge der Fristversäumung ist die angefochtene Verfügung des Bundesaufsichtsamts unanfechtbar geworden. Damit scheidet auch für den Senat ihre Nachprüfung in der Sache selbst aus.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Meyer, Gielen, Hahn, Groepper, Gerhardt
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.12.1999 durch Wichmann Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
GewArch 2000, 196 |
NVersZ 2000, 214 |
VersR 2000, 705 |