Entscheidungsstichwort (Thema)
Enteignung. besatzungshoheitliche Grundlage. bisher unbekannte SMAD-Befehle. Enteignungsverbot. Unterbrechung des besatzungshoheitlichen Zurechnungszusammenhangs. Eintragung in Liste B in einem SMAD-Befehl
Leitsatz (amtlich)
Ein Enteignungsverbot der sowjetischen Besatzungsmacht kann sich auch aus einem bisher nicht bekannten SMAD-Befehl ergeben, wenn er einschließlich der Freigabelisten echt und dadurch in der Rechtswirklichkeit erkennbar geworden ist, dass er den Bereich der befehlsgebenden Stelle verlassen hat.
Normenkette
VermG § 1 Abs. 8 Buchst. a
Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 11.01.2005; Aktenzeichen 11 K 4073/98) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. Januar 2005 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht die Rückübertragung des 86 m(2) großen Grundstücks mit der jetzigen Bezeichnung: Grundbuch von W…. Band 99, Blatt 3581, Bestandsblatt 1349, Flur 10 Flurstück 286. Seit 1919 stand das Grundstück im Eigentum des Dr. R… S…, der es mit notariellem Vertrag vom 7. Mai 1945 auf seinen Sohn Dr. J… S… übertrug. Die Eigentumsumschreibung erfolgte am 6. Juni 1946. Dr. R… S… verstarb 1958. Sein Sohn trat den Rückübertragungsanspruch bezüglich des streitbefangenen Grundstücks 1992 an den Kläger ab.
Aufgrund des SMAD-Befehls Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 ist das gesamte Vermögen des Dr. R… S… beschlagnahmt und sequestriert worden. In dem hierzu ergangenen Verzeichnis (Liste “A”), das für den Kreis Z…-B… erstellt war, ist Dr. R… S… unter der laufenden Nr. 310 aufgeführt.
Im März 1947 wurde Dr. R… S… vor der Provinzialverwaltung in Brandenburg beschuldigt, eine ihm gehörige Scheune in der Zeit von 1928 bis 1933 als SA-Heim zur Verfügung gestellt zu haben und seit Dezember 1920 Mitglied der früheren NSDAP gewesen zu sein. Im Mai 1947 stellte sein Sohn unter Beifügung mehrerer Entlastungsschreiben bei dem “Minister des Inneren der Provinzialregierung der Mark Brandenburg” den Antrag, Dr. R… S… von der Enteignung “freizusprechen”.
Auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 64 vom 17. April 1948 wurde das Sequestrierungsverfahren abgeschlossen und die Enteignung durch den Beschluss der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) bestätigt. Mit Kabinettsbeschluss der Landesregierung Brandenburg vom 5. Mai 1948, modifiziert unter dem 20. Juli 1948, wurde der Enteignung und Übergabe der sequestrierten sonstigen Vermögenswerte in das Eigentum des Volkes zugestimmt. Mit einer ministeriellen Enteignungsurkunde vom 30. November 1948 wurde die Enteignung des Dr. R… S… bestätigt und als rechtskräftig bezeichnet. Am 29. März 1949 wurde für das streitbefangene Grundstück im Grundbuch das Eigentum des Volkes eingetragen und das Grundstück anschließend dem Kommunalwirtschaftsunternehmen der Stadt W… als Rechtsträger zur Verwaltung überlassen.
Den im August 1990 gestellten Antrag des Dr. J… S… auf Rückübertragung u.a. des streitbefangenen Grundstücks lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 3. März 1997 ab und verwies auf die Ausschlussregelung des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.
Seine am 12. Oktober 1998 erhobene Klage begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG nicht eingreife, da ein besatzungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang entfallen sei. Der Klageschrift war als Anlage eine Mitteilung des Bundesarchivs Abteilung Potsdam vom 19. September 1995 beigefügt, nach der die Sequesterlisten A (Enteignung), B (Rückgabe) oder C (Konzernvermögen) von den Landesregierungen an die Deutsche Wirtschaftskommission zur Weiterleitung an die SMAD eingereicht worden seien und mit Beglaubigungsvermerken versehen sein sollen. In dem vorhandenen Aktenbestand des Bundesarchivs hätten aber bisher keine Sequesterlisten mit diesen Bestätigungsvermerken bzw. Stempel und Unterschrift der SMAD festgestellt werden können. Gegebenenfalls müsste das Schriftgut der Abteilung Sequestrierung und Beschlagnahme bei der SMAD herangezogen werden, was allerdings die Öffnung der GUS-Archive voraussetze. Eine Veröffentlichung der Sequesterlisten sei seinerzeit nur in Berlin erfolgt, in der übrigen sowjetischen Besatzungszone jedoch nicht.
Im Oktober 2001 überreichte der Kläger dem Verwaltungsgericht verschiedene Unterlagen, darunter u.a. zwei in russischer Sprache abgefasste Befehle, nämlich den Befehl Nr. 154/181 vom 21. Mai 1946 sowie den Befehl Nr. 183 vom 5. August 1946, sowie einen ebenfalls in russischer Sprache abgefassten Auszug aus der Liste B. Diesen Unterlagen war eine Übersetzung der Schriftstücke ins Deutsche beigefügt.
Zur Erläuterung führte der Kläger aus, Ermittlungen beim Staatsarchiv in Moskau hätten ergeben, dass Dr. R… S… tatsächlich ursprünglich auf der Liste A der SMAD geführt worden sei. Aufgrund des Befehls Nr. 183, den der stellvertretende Befehlshaber der SMAD der Provinz Brandenburg erlassen habe, sei Dr. R… S… auf die Liste B gesetzt worden. Bei dieser Liste habe es sich um eine Aufstellung von Personen gehandelt, deren Grundstückssequestrierungen rückgängig zu machen gewesen seien. Die Aufnahme des Betreffenden in der Liste B stelle ein Enteignungsverbot dar. Darüber hätten sich die deutschen Stellen bei der Enteignung hinweggesetzt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erfolglos einen förmlichen Beweisantrag gestellt, wonach das Gericht Beweis erheben sollte zu der Tatsache, dass die eingereichten Kopien der Liste B der SMAD authentisch seien und die Befehle von der SMAD stammten.
In der Sache hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zu verpflichten, das streitbefangene Grundstück zurückzuübertragen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und dabei die Auffassung vertreten, dass die Rückgabeliste B nicht in jedem Falle ein Enteignungsverbot begründen könne. Eine Bindung entfiele nur dann, wenn einer deutschen Stelle nachträglich Tatsachen bekannt gewesen seien, bei deren Kenntnis auch die Besatzungsmacht die Rückgabeliste B geändert hätte.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der besatzungshoheitliche Zurechnungszusammenhang durch die angebliche Eintragung in die Liste B nicht aufgehoben sei. Ein Stillhalten der Besatzungsmacht sei allein nicht ausreichend, um ein Enteignungsverbot nachträglich entfallen zu lassen. Vielmehr sei ein “actus contrarius” erforderlich. Dabei komme es allein auf die Besonderheiten des Einzelfalls an, insbesondere darauf, ob die Enteignung dem erklärten Willen der Besatzungsmacht zuwider vorgenommen wurde. Nicht entscheidend sei, dass bei jedem Vorliegen einer Rückgabeliste auch automatisch ein ausdrücklicher konkreter Aufhebungsakt entsprechend der Liste erforderlich gewesen wäre. Es könne dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger überreichten Dokumente authentisch seien oder nicht. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, seien sie für das Verfahren nicht entscheidungserheblich, da der vorliegende Fall Besonderheiten aufweise, die einer Rückgabeanordnung der Besatzungsmacht hier ausnahmsweise den Charakter eines Enteignungsverbots nehmen würden. Nach den Besonderheiten des Einzelfalls sei nicht festzustellen, dass die deutschen Stellen in einer “bedeutsamen Weise dem Willen der Besatzungsmacht zuwider gehandelt hätten”. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Befehls Nr. 183 seien nämlich die Ermittlungen zur Person des Dr. R… S… noch nicht abgeschlossen gewesen. Mit der Einstufung des Genannten als Kriegs- oder Naziverbrecher habe man eindeutig den Anforderungen der SMAD-Befehle genügt. Es habe zudem dem generellen Willen der SMAD entsprochen, diejenigen zu enteignen, die von den deutschen Stellen auf den Enteignungslisten erfasst worden seien.
Gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil hat der Kläger die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und vertieft sein bisheriges Vorbringen zur Unterbrechung des besatzungshoheitlichen Zurechnungszusammenhangs.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. Januar 2005 und den Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises Potsdam Mittelmark vom 3. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 7. September 1998 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Grundstück in W… Flur 10, Flurstück 286 an den Kläger zurückzuübertragen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene äußert sich nicht zur Sache.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig und mit dem Ergebnis der Zurückverweisung begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Die entscheidungstragende Ansicht des Verwaltungsgerichts, das streitbefangene Grundstück sei dem Kläger nicht zurückzuübertragen, da der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG eingreife, entspricht auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht der Rechtslage.
1. Das Verwaltungsgericht hat nicht erkannt, dass im vorliegenden Fall der besatzungshoheitliche Zurechnungszusammenhang unterbrochen sein kann, wenn die vom Kläger eingereichten Dokumente über die SMAD-Befehle einschließlich der beigefügten Liste B authentisch sind und diese den Bereich der sowjetischen Befehlsstelle verlassen haben. Unter diesen Voraussetzungen besteht nämlich ein Enteignungsverbot, das zur Anwendbarkeit des Vermögensgesetzes führt.
Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht bei der Frage, ob § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG eingreift und gegebenenfalls der besatzungshoheitliche Zurechnungszusammenhang unterbrochen ist, “allein auf die Besonderheiten des Einzelfalls” abgestellt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Restitutionsausschluss des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG werden die von deutschen Stellen durchgeführten Enteignungen dann nicht der sowjetischen Besatzungsmacht zugerechnet und sind damit von dieser Norm nicht erfasst, wenn sie einem generellen oder im Einzelfall ausgesprochenen ausdrücklichen Verbot der Besatzungsmacht zuwider liefen (Urteile vom 13. Februar 1997 – BVerwG 7 C 50.95 – BVerwGE 104, 84 ≪86≫, vom 17. April 1997 – BVerwG 7 C 15.96 – BVerwGE 104, 279 ≪286≫, vom 2. Mai 1996 – BVerwG 7 C 41.95 – BVerwGE 101, 150 und vom 24. September 2003 – BVerwG 8 C 27.02 – BVerwGE 119, 82 ≪84 f.≫). Zwar rechtfertigt der bloße Umstand, dass ein bestimmtes Unternehmen oder ein bestimmter Eigentümer nicht in einer von der Besatzungsmacht bestätigten Enteignungsliste aufgeführt war, im Allgemeinen noch nicht die Annahme eines Enteignungsverbots. Falls sich aber die betreffenden Vermögensgegenstände, etwa ein Unternehmen, auf einer von der Besatzungsmacht bestätigten Liste über die Freigabe von sequestrierten Unternehmen, Grundstücken etc. befanden, ist dies regelmäßig als ein Verbot der Enteignung anzusehen. Deshalb ist eine nach der Bestätigung der Freigabeliste von deutschen Stellen gleichwohl vorgenommene Enteignung auch nicht auf besatzungshoheitlicher Grundlage ergangen (Urteil vom 17. April 1997 – BVerwG 7 C 15.96 – a.a.O.).
Dasselbe gilt, wenn die sowjetische Besatzungsmacht schon auf einer eigenen Liste bestimmte Vermögenswerte freigegeben hat, also nicht nur eine von deutschen Stellen zur Vorbereitung einer SMAD-Entscheidung gefertigte Liste später bestätigt hat.
Nach den von Klägerseite übermittelten SMAD-Befehlen Nr. 154/181 vom 21. Mai 1946 und Nr. 183 vom 5. August 1946 und der dazu erstellten Liste B ist aber, sofern diese Unterlagen authentisch sind und den Bereich der Befehlsstelle verlassen haben, von einem ausdrücklichen Verbot der Besatzungsmacht für die deutschen Stellen auszugehen.
Unausgesprochene, aber selbstverständliche Voraussetzung ist, dass tatsächlich ein Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht ergangen sein muss. Es muss damit ein authentischer Befehl der SMAD oder der sowjetischen Militärstellen vorliegen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass dieser Befehl in der Rechtswirklichkeit erkennbar geworden ist. Es darf sich nicht nur um einen Entwurf oder ein bloßes Internum handeln, das nicht nach außen getreten ist. Ausreichend ist, dass er den Bereich der Befehlsstelle verlassen hat. Ein “hängengebliebener” Befehl bewirkt keine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kommt es damit nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls an. Dieser spielt erst recht keine Rolle für die Klärung der Frage, ob die Enteignung dem erklärten Willen der Besatzungsmacht zuwider vorgenommen worden ist, wie offenbar das Verwaltungsgericht meint. Mit seiner Auffassung, es sei nicht festzustellen, dass die deutschen Stellen in einer “bedeutsamen Weise dem Willen der Besatzungsmacht zuwider gehandelt hätten”, da zum Zeitpunkt des Erlasses des SMAD-Befehls Nr. 183 die Ermittlungen zur Person des Dr. R… S… noch nicht abgeschlossen gewesen seien, verkennt das Verwaltungsgericht auch das Unterbrechen des besatzungsrechtlichen Zurechnungszusammenhangs durch einen Gegenakt der Besatzungsmacht. Irgendeine Korrekturbefugnis bezüglich der Voraussetzungen einer Enteignung stand den deutschen Stellen, die nur Organe der sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland waren, nicht zu. Die Regelung des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG knüpft ausschließlich an den Geltungsanspruch der staatlichen Macht- und Herrschaftsordnung der Besatzungsmacht an. Dies gilt sowohl für die Entziehungsakte als auch für die von der Besatzungsmacht ausgesprochenen Enteignungsverbote. Nur ausnahmsweise können die Besonderheiten des Falles einer Rückgabeanordnung der Besatzungsmacht den Charakter eines den besatzungshoheitlichen Zurechnungszusammenhang unterbrechenden Enteignungsverbots nehmen (vgl. Urteil vom 3. Juni 1999 – BVerwG 7 C 35.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 4). Für eine solche Annahme reichen hier die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht aus.
2. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO). Denn es fehlt an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen, ob die vom Kläger während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingeführten Dokumente authentisch sind und den Befehlsbereich der damaligen sowjetischen Befehlsstelle verlassen haben. Dem Umstand, dass sich diese Befehle bisher nicht in den Akten der Verwaltungsbehörden finden und offenbar auch dem Beklagten bisher nicht bekannt waren, kann keine ausschlaggebende Rolle beigemessen werden. Nach der Auskunft des Bundesarchivs ist nämlich die Heranziehung des Schriftguts der Abteilung Sequestrierung und Beschlagnahme bei der SMAD geboten. Zudem ist nach der Mitteilung des Bundesarchivs eine Veröffentlichung der Sequesterlisten in den Ländern der sowjetischen Besatzungszone mit Ausnahme von Groß-Berlin nicht erfolgt, was auch für das in Brandenburg gelegene streitbefangene Grundstück von Bedeutung ist.
Für die Existenz einer solchen Liste B spricht die “Verordnung zur entschädigungslosen Übergabe von Betrieben und Unternehmungen in die Hand des Volkes” vom 5. August 1946 – Verordnungsblatt der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg, Nr. 12/1946, S. 235. Diese Verordnung ist u.a. von dem im SMAD-Befehl Nr. 183 als Befehlsempfänger genannten Präsidenten der damaligen Provinzialverwaltung Mark Brandenburg Dr. Steinhoff unterzeichnet worden.
Nach § 1 dieser Verordnung sollten die privatwirtschaftlichen gewerblichen Betriebe und Unternehmungen, soweit sie in der mit Befehl des Chefs der SMA der Provinz Mark Brandenburg General der Garde Scharow Nr. 177 vom 5. August 1946 übergebenen Liste A genannt waren, entschädigungslos und lastenfrei in das Eigentum der Provinz Mark Brandenburg übergehen. Dasselbe war für sonstige Vermögenswerte vorgesehen, die in gleicher Weise listenmäßig zusammengefasst waren. Nach § 1 Abs. 2 der VO sollten allerdings Betriebe, Unternehmungen und Vermögenswerte unberührt bleiben, die nach Liste B den Eigentümern zurückzugeben waren.
Das Verwaltungsgericht wird auch zu berücksichtigen haben, dass Zweifel am Eingreifen der SMAD-Befehle Nr. 154/181 und Nr. 183 nicht deshalb bestehen, weil diese etwa von dem späteren SMAD-Befehl Nr. 64 aufgehoben worden sein könnten. Für einen derartigen Aufhebungsakt gibt schon dessen Wortlaut nichts her.
Das Verwaltungsgericht wird auf der Grundlage des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten förmlichen Beweisantrags Anlass haben, die Echtheit der (angeblichen) SMAD-Dokumente zu prüfen. Ebenso wird es zu ermitteln haben, ob diese Dokumente den Bereich der damaligen Befehlsstelle verlassen haben. Es bietet sich eine Auskunft bei dem russischen zentralen Staatsarchiv in Moskau an, die auf amtlichem Wege einzuholen sein wird. Ebenso kommt eine Auskunft des Bundesarchivs in Berlin, eine Auskunft des brandenburgischen Landeshauptarchivs in Potsdam und auch die Beiziehung der Rückübertragungsakten des R… S… in Frage, die beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg geführt sein sollen. Der Betreffende ist nämlich in der Liste B, die zum Befehl Nr. 183 ergangen ist, unter der laufenden Nr. 135 aufgeführt. Ihm soll nach der Aktenlage tatsächlich das dort verzeichnete Grundstück von den sowjetischen Besatzungsstellen zurückgegeben worden sein.
Im Übrigen wird das Verwaltungsgericht nicht zu überprüfen haben, ob der Inhalt der sowjetischen Befehle einschließlich der beigefügten Listen zutrifft oder nicht, insbesondere auch nicht, ob jemand zu Recht oder zu Unrecht auf diese Liste gesetzt worden ist. Eine solche Überprüfung ist gerade nach Sinn und Zweck des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG ausgeschlossen.
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Dr. von Heimburg, Postier, Dr. Hauser
Fundstellen
Haufe-Index 1755025 |
DVBl. 2007, 1121 |