Entscheidungsstichwort (Thema)
Luftverkehrsrechtliche Fachplanung. Flughafenänderung. Plangenehmigung. fiktive Planfeststellung. Beteiligungsrechte anerkannter Naturschutzvereine. Partizipationserzwingungsklage. UVP-Pflicht. Vorprüfung im Einzelfall. naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum
Leitsatz (amtlich)
- Das Recht eines anerkannten Naturschutzvereins auf Beteiligung in Planfeststellungsverfahren (hier: § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG) wird verletzt, wenn die zuständige Behörde die Änderung oder Erweiterung eines Verkehrsflughafens nicht im Wege der Planfeststellung, sondern in Form der – nicht beteiligungspflichtigen – Plangenehmigung zulässt, weil sie die rechtlichen und naturschutzfachlichen Voraussetzungen, unter denen nach einer Vorprüfung des Einzelfalls von einer Umweltverträglichkeitsprüfung und damit von einem Planfeststellungsverfahren abgesehen werden darf, verkannt hat.
- Gegen eine derartige Plangenehmigung ist dem übergangenen Naturschutzverein die Anfechtungsklage eröffnet. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen an die Vorprüfung der UVP-Pflicht im Einzelfall (hier: § 3c Abs. 1 Satz 1, § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG 2001).
- § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001 räumt der zuständigen Behörde im Rahmen der Vorprüfung einen gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum (“Einschätzungsprärogative”) ein.
- Eine Änderung des Flughafens im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG liegt vor, wenn das Vorhaben von einer bestandskräftigen früheren Zulassungsentscheidung nicht mehr gedeckt ist. Eine solche Änderung (hier: neue Flugzeugwartungsanlage) liegt u.a. vor, wenn das Vorhaben die planfestgestellten räumlichen Grenzen des Flughafens überschreiten würde und/oder mit nachteiligen Umweltauswirkungen verbunden wäre, die von dem bisherigen Gestattungszustand nicht erfasst werden.
- Die Fiktionsregelung des § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG schützt nicht diejenigen Flugplatzbetreiber in den alten Bundesländern, die einen vor dem 31. Dezember 1958 angelegten Flugplatz nach diesem Stichtag ohne ein nach den §§ 6 oder 8 LuftVG erforderliches Zulassungsverfahren geändert haben.
Normenkette
VwGO § 42 Abs. 2; BNatSchG 2002 § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 6; HENatG § 35 Abs. 1 Nr. 4; LuftVG § 8 Abs. 1-3, § 71 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; UVPG 2001 § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 3a S. 1, § 3c Abs. 1 S. 1, § 3e Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 01.06.2004; Aktenzeichen 2 A 3239/03) |
Tenor
Das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Juni 2004 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen die Plangenehmigung des Beklagten vom 14. November 2003 für die Anlage und den Betrieb des Wartungsbereichs Condor Cargo Technik GmbH (CCT-Werft) auf dem Gelände des Verkehrsflughafens Frankfurt/Main.
Die Plangenehmigung umfasst die Errichtung einer 175 m langen, etwa 79 m breiten und 40,50 m hohen Wartungshalle mit Nebengebäuden, Zurollweg, Wartungsvorfeld und einem Flugzeugabstellplatz sowie weitere Erschließungs- und Nebenanlagen. Die Beigeladene zu 2 ist Erbbauberechtigte einer Teilfläche, auf der die Wartungshalle errichtet werden soll. Die zuständige Bauaufsichtsbehörde erteilte ihr für die Hochbauten eine Baugenehmigung. Der etwa 7,2 ha große Wartungsbereich liegt im Süden des Flughafens auf einem Gelände, das von einem Zaun (“Flughafenzaun”) von weiter südlich gelegenen Waldflächen abgegrenzt wird. Der südliche Teil des Vorhabens liegt außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Planfeststellungsbeschlusses für den Flughafen Frankfurt/Main vom 23. März 1971. Im Süden grenzt die eingezäunte Vorhabenfläche an ein nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 (FFH-RL) an die EU-Kommission gemeldetes Schutzgebiet (“Mark- und Gundwald zwischen Rüsselsheim und Walldorf”). Etwa 400 m südwestlich der Vorhabenfläche liegt ein nach der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 (Vogelschutz-RL) ausgewiesenes Schutzgebiet, das durch Verordnung vom Mai 2002 einstweilen sichergestellt worden war.
Die Beigeladene zu 1, die den Flughafen betreibt, teilte dem Beklagten im Februar 2003 ihre Absicht mit, eine neue Flugzeugwartungshalle zu errichten, zeigte den Neubau einer Flugbetriebsfläche (Zurollweg) an und übersandte u.a. eine Umweltunterlage (“Screening – Feststellung der UVP-Pflicht”), die zu dem Ergebnis kam, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterziehen sei. Mit Schreiben vom Juli und August 2003 beantragte die Beigeladene zu 1 unter Beifügung weiterer Umweltunterlagen eine Plangenehmigung für den gesamten Wartungskomplex. Im September 2003 stellte der Beklagte fest, dass das geplante Vorhaben nicht UVP-pflichtig sei. Der Kläger machte daraufhin geltend, dass er aus rechtlichen und naturschutzfachlichen Gründen eine Umweltverträglichkeitsprüfung für unverzichtbar halte. Der Beklagte ließ das beantragte Vorhaben mit Plangenehmigung vom 14. November 2003 zu.
Mit seiner Anfechtungsklage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen: Das Vorhaben der CCT-Werft stelle eine Änderung des Flughafens dar, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen sei. Das Vorhaben hätte deshalb nur im Wege der Planfeststellung zugelassen werden dürfen. Die erteilte Plangenehmigung sei rechtswidrig und verletze ihn, den Kläger, in seinen Beteiligungsrechten, weil für luftverkehrsrechtliche Plangenehmigungsverfahren – anders als in Planfeststellungsverfahren – eine Beteiligung der anerkannten Naturschutzvereine nicht vorgesehen sei. Der Beklagte sei zu Unrecht in das Plangenehmigungsverfahren ausgewichen. Seine bei der Vorprüfung des Einzelfalls gewonnene Einschätzung, das Vorhaben könne keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben, beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis der Vorprüfung. Der Beklagte habe weder eine unverzügliche noch eine überschlägige Prüfung der Umweltauswirkungen vorgenommen, sondern die Beigeladene zu 1 immer wieder zur Nachbesserung der eingereichten Unterlagen angehalten. Diese Vorgehensweise laufe Sinn und Zweck der Vorprüfung zuwider. Im Übrigen habe der Beklagte die Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens aus rechtlicher und naturschutzfachlicher Sicht falsch eingeschätzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage mit Urteil vom 1. Juni 2004 abgewiesen: Der Kläger sei zwar klagebefugt, da er geltend mache, dass die angefochtene Plangenehmigung seine Beteiligungsrechte aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG (i.d.F. des ÄnderungsG vom 18. Juni 2002, GVBl I S. 364) verletze. Eine Verletzung dieser Rechte sei möglich, wenn die Zulassungsbehörde rechtswidrig in ein Verfahren ohne Beteiligungspflicht ausweiche und damit ein an sich gebotenes Planfeststellungsverfahren umgehe. Eine solche Umgehung liege vor, wenn die Behörde die gesetzlichen Voraussetzungen der Planfeststellungspflicht “ignoriere”, um das Planfeststellungsverfahren zu vermeiden, die Planfeststellungspflicht also mit “nicht mehr vertretbarer und/oder erkennbar vorgeschobener Begründung” verneine. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil der Beklagte die Beteiligungsrechte des Klägers nicht verletzt habe. Zum einen sei die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nicht erforderlich gewesen. Der neue Werftbereich stelle keine Änderung des Flughafens im Sinne von § 8 Abs. 1 LuftVG dar. Eine planfestgestellte Flughafenanlage werde nur geändert, wenn das beabsichtigte Vorhaben die fachplanerische Abwägung der bisherigen Zulassungsentscheidungen berühre. Für den Bestand der Flugbetriebsflächen und die technische (luftseitige) Kapazität des Flughafens Frankfurt/Main einschließlich der zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebs erforderlichen Flächen für Wartungs- und Reparaturarbeiten seien die luftverkehrsrechtliche Genehmigung vom 23. August 1966 sowie der Planfeststellungsbeschluss vom 23. März 1971 maßgeblich. Soweit sich das Bauvorhaben der CCT-Werft über eine Fläche erstrecke, die nicht im räumlichen Geltungsbereich des Planfeststellungsbeschlusses von 1971 liege, greife die Fiktionsregelung des § 71 Abs. 2 LuftVG ein, nach der dieses Gelände für Zwecke des Flugverkehrs als planfestgestellt gelte. Das plangenehmigte Vorhaben erhöhe auch nicht die aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses von 1971 zugelassene technische Kapazität des Flughafens.
Unabhängig hiervon könne der Kläger die Aufhebung der Plangenehmigung auch deshalb nicht beanspruchen, weil der Beklagte die Beteiligungsrechte des Klägers aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG nicht verletzt habe. Weder die Verfahrensweise des Beklagten noch das negative Ergebnis der Vorprüfung ließen darauf schließen, dass der Beklagte die Beteiligungsrechte des Klägers habe umgehen wollen. Es sei nicht festzustellen, dass der Beklagte sich in seiner Verfahrensweise von sachfremden, willkürlichen oder sonst unsachlichen Erwägungen habe leiten lassen. Auch die Schlussfolgerung, der Beklagte habe das negative Ergebnis der Vorprüfung erkennbar (nur) vorgeschoben und eine Verletzung der Beteiligungsrechte des Klägers bewusst gewollt bzw. in Kauf genommen, sei nicht gerechtfertigt.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Anfechtungsbegehren weiter. Er rügt die Verletzung von § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG, § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG und § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG und macht im Wesentlichen geltend: Die Durchführung des Plangenehmigungsverfahrens habe seine gesetzlichen Beteiligungsrechte verletzt, weil er diese nur in einem Planfeststellungsverfahren hätte wahrnehmen können. Das Vorhaben der CCT-Werft sei planfeststellungsbedürftig, weil es einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich ferner zu Unrecht darauf beschränkt zu prüfen, ob der Beklagte die Beteiligungsrechte des Klägers “umgangen” habe. Die Beteiligungsrechte seien nicht erst dann verletzt, wenn ein subjektiver “Umgehungstatbestand” vorliege. Der rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichtshofs verkürze in nicht hinnehmbarer Weise den gerichtlichen Prüfungsmaßstab im Fall der sog. “Partizipationserzwingungsklage” anerkannter Naturschutzvereine. Entscheidend sei, ob die objektiv-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Plangenehmigung erfüllt seien.
Der Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil wird den rechtlichen Voraussetzungen nicht gerecht, unter denen ein anerkannter Naturschutzverein die Verletzung seiner Beteiligungsrechte aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG und § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG im Fall der Plangenehmigung einer Flughafenänderung rügen und gerichtlich geltend machen kann. Mit Bundesrecht unvereinbar ist ferner der Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofs, in dem plangenehmigten Vorhaben liege keine fachplanungsrechtlich relevante Änderung des Verkehrsflughafens Frankfurt/Main. Das angefochtene Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht abschließend geprüft, ob das Vorhaben der CCT-Werft einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen war. Die Entscheidung darüber erfordert eine weitere Aufklärung und Würdigung des Sachverhalts, die dem Revisionsgericht verwehrt sind. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
1. Die Beteiligungsrechte eines anerkannten Naturschutzvereins (§ 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG, § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG) können unter noch näher zu bestimmenden Voraussetzungen verletzt sein, wenn die zuständige Behörde im Fall der Änderung eines Flughafens nach einer gebotenen Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3e Abs. 1 Nr. 2, § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2001, BGBl I S. 2351, jetzt § 3c Satz 1) das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu Unrecht verneint und das Änderungsvorhaben deshalb nicht im Wege der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung, an der die Naturschutzvereine zu beteiligen gewesen wären, sondern im Verfahren der Plangenehmigung zulässt, in dem das Luftverkehrsgesetz eine Beteiligung der Naturschutzvereine nicht vorsieht. Gegen eine derartige Plangenehmigung ist einem übergangenen Naturschutzverein die Anfechtungsklage eröffnet. Der Kläger ist auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
1.1 Das Instrument der echten (“altruistischen”) Verbandsklage steht dem Kläger gegenüber der hier umstrittenen Plangenehmigung nicht zur Verfügung. Dieses Klagerecht war zwar in § 36 Abs. 1 HENatG in der Fassung vom 16. April 1996 (GVBl 1996 S. 145) noch enthalten. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift bestand es auch, wenn die Behörde anstelle eines erforderlichen Planfeststellungsverfahrens eine andere Form der Entscheidung gewählt hatte. § 36 HENatG 1996 ist jedoch im Zuge der bundesweiten Einführung der Verbandsklage in § 61 BNatSchG in der Fassung vom 25. März 2002 (BGBl I S. 1193) vom Landesgesetzgeber aufgehoben worden (vgl. Gesetz zur Änderung des hessischen Naturschutzrechtes vom 18. Juni 2002, GVBl 2002 S. 364, 378). Auf die Übergangsregelung des § 69 Abs. 5 Nr. 1 BNatSchG 2002 kann der Kläger sich nicht berufen. Die Beigeladene zu 1 hat die Plangenehmigung zwar nach dem maßgeblichen Stichtag (3. April 2002) beantragt. Die angefochtene Plangenehmigung zählt jedoch nicht zu den Verwaltungsakten, gegen die § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 die Verbandsklage zulässt, da für luftverkehrsrechtliche Plangenehmigungen eine Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorgesehen ist. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 LuftVG (i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. März 1999, BGBl I S. 550) finden die planfeststellungsrechtlichen Vorschriften über die Durchführung eines Anhörungsverfahrens keine Anwendung. Eine § 36 Abs. 2 HENatG 1996 vergleichbare Regelung enthält § 61 BNatSchG 2002 nicht.
1.2 Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG ist den anerkannten Naturschutzverbänden bei Planfeststellungsverfahren für Vorhaben, die – wie hier unstreitig – mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, Gelegenheit zur Äußerung sowie zur Einsichtnahme in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben. Diese Vorschrift setzt § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG 2002 in Landesrecht um. Die Ansicht der Vorinstanz, die Genehmigungsbehörde verletze diese Beteiligungsrechte nur dann, wenn sich feststellen lasse, dass sie die Voraussetzungen für den Erlass einer Plangenehmigung (in § 8 Abs. 2 LuftVG) “ignoriert” habe, um das Planfeststellungsverfahren zu vermeiden, unterliegt der revisionsgerichtlichen Prüfung.
§ 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG gehört zwar dem grundsätzlich irrevisiblen Landesrecht an. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wendet ein Instanzgericht jedoch revisibles Recht auch insoweit an, als es sich bei der Auslegung irrevisiblen Landesrechts durch revisibles Bundesrecht gebunden fühlt (vgl. etwa Urteil vom 16. Januar 2003 – BVerwG 4 CN 8.01 – BVerwGE 117, 313, 317 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof legt § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG im Einklang mit den im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehenen Beteiligungsrechten der anerkannten Naturschutzvereine aus. Das zeigen seine wiederholten Hinweise auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BNatSchG a.F. sowie der Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Mai 1997 – BVerwG 11 A 43.96 – (BVerwGE 104, 367, 372 ff.), in dem der 11. Revisionssenat seine sog. “Umgehungs”-Rechtsprechung zu § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG a.F. entwickelt hat. An die Stelle von § 29 BNatSchG a.F. sind inzwischen die §§ 58 und 60 BNatSchG 2002 getreten. Das hier umstrittene Beteiligungsrecht des Klägers ist in § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG rahmenrechtlich geregelt. Es gehört zum obligatorischen Mindeststandard, den die Länder gewährleisten müssen. Da der Verwaltungsgerichtshof erkennbar davon ausgeht, dass der Landesgesetzgeber mit § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG diese Vorgabe des Bundesgesetzgebers übernommen hat, ist sein Verständnis dieser Vorschrift am Maßstab des Bundesrechts zu messen.
1.3 Die rechtlichen Grundlagen, die den Umfang der Beteiligungsrechte eines Naturschutzvereins aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG und § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG bestimmen, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 31. Oktober 1990 – BVerwG 4 C 7.88 – (BVerwGE 87, 62, 68 ff.) zu § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG a.F. entwickelt. Danach ergibt sich aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie insbesondere aus der Zielsetzung dieser Beteiligungsvorschrift, das Gewicht der Naturschutzbelange in Planfeststellungsverfahren zu stärken, nicht nur eine objektiv-rechtliche Pflicht der zuständigen Behörde, die anerkannten Naturschutzvereine in einem (eingeleiteten) Planfeststellungsverfahren zu beteiligen, sondern ein selbstständig durchsetzbares, subjektiv-öffentliches Recht des Vereins auf Beteiligung am Verfahren, das unabhängig vom Bestehen eigener materieller Rechte des Vereins ist (a.a.O. S. 69, 72). Dieses Urteil betraf einen Fall, in dem umstritten war, ob der klagende Naturschutzverein in einem Verfahren der Planfeststellung gar nicht oder nur unzureichend beteiligt worden war. Aus dem Zweck des Beteiligungsrechts, in Planfeststellungsverfahren eine verstärkte Berücksichtigung der Naturschutzbelange zu gewährleisten, folgerte der Senat ferner, dass ein Naturschutzverein allein unter Berufung auf seine unterbliebene oder unzureichende Beteiligung in einem durchgeführten Planfeststellungsverfahren die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtlich durchsetzen könne. Nur so könne das Beteiligungsrecht seinen Zweck effektiv erfüllen. Sei ein unter Verstoß gegen die Beteiligungsvorschrift ergangener Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig, so bliebe die Verletzung des dem Verein zustehenden Beteiligungsrechts sanktionslos, wenn diesem die Befugnis zur Anfechtung versagt würde (a.a.O. S. 71 f.).
Es liegt in der Konsequenz dieser Rechtsprechung, das dem Naturschutzverein gewährte Recht auf Beteiligung in Planfeststellungsverfahren und die Anfechtungsbefugnis im Falle seiner Verletzung auf die Fallkonstellation zu erstrecken, in der die zuständige Behörde die Änderung oder Erweiterung eines Verkehrsflughafens im Wege der – nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 LuftVG nicht beteiligungspflichtigen – Plangenehmigung zulässt, weil sie die rechtlichen und naturschutzfachlichen Voraussetzungen, unter denen gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001 von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen werden darf, verkannt hat und wegen der UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen gewesen wäre. Eine von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Beurteilung dieser Fallkonstellation wäre angesichts der dargelegten Zielsetzung der Beteiligungsrechte in Planfeststellungsverfahren und unter dem Gesichtspunkt eines adäquaten und effektiven Rechtsschutzes des Vereins nicht gerechtfertigt (in der Tendenz ebenso bereits: Beschluss vom 14. August 1995 – BVerwG 4 NB 43.94 – Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 8 S. 12; Urteil vom 14. Mai 1997 – BVerwG 11 A 43.96 – BVerwGE 104, 367, 373).
Mit der Anfechtung der Plangenehmigung kann der Naturschutzverein die von der Behörde nach § 3a Satz 1 UVPG getroffene Feststellung, dass für das Änderungsvorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, inzident überprüfen lassen; die Feststellung ist nicht selbständig anfechtbar (§ 3a Satz 3 UVPG). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen an die Vorprüfung der UVP-Pflicht im Einzelfall. Die Rechtmäßigkeit der Plangenehmigung im Übrigen ist nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Die in § 10 Abs. 8 Satz 2 LuftVG auch für Plangenehmigungen vorgesehene Möglichkeit, Verfahrensfehler in einem ergänzenden Verfahren zu heilen, besteht in Streitfällen der hier vorliegenden Art nicht. Der Gesetzgeber sieht für UVP-pflichtige Änderungsvorhaben im Luftverkehrsrecht nur die Planfeststellung als Trägerverfahren vor. Der Zweck der den Naturschutzvereinen eingeräumten Beteiligungsrechte könnte in einem die Plangenehmigung ergänzenden Verfahren nicht angemessen verwirklicht werden. Die Beteiligungsrechte der Vereine gewinnen ihre eigentliche Bedeutung erst vor dem Hintergrund des umfangreichen Tatsachen- und Gutachtenmaterials, das in der formalisierten Umweltverträglichkeitsprüfung des Planfeststellungsverfahrens zusammengetragen wird und auszuwerten ist.
1.4 In diesem Verständnis der Beteiligungsrechte aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG und § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG sieht der erkennende Senat sich durch die Neuregelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LuftVG in dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1950 – im Folgenden: Artikelgesetz 2001) aus den folgenden Gründen bestärkt:
Vor Erlass dieses Gesetzes war für alle in der Anlage zu § 3 UVPG a.F. genannten Neubau- und Änderungsvorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn für diese Vorhaben nach dem jeweiligen Fachrecht eine Planfeststellung erforderlich war. Die UVP-Pflicht hing also von der Art des Zulassungsverfahrens ab. Das Artikelgesetz 2001 knüpft die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens nicht mehr an “das formelle Kriterium” eines bestimmten Zulassungsverfahrens, sondern an “sachbezogene Merkmale”, die das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgibt (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrucks 14/4599 S. 106). UVP-pflichtig ist ein Vorhaben bzw. seine Änderung oder Erweiterung nunmehr, wenn es die Größen- und Leistungswerte nach Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erreicht oder überschreitet (§ 3b Abs. 1 UVPG) oder aufgrund des Ergebnisses einer Vorprüfung des Einzelfalls erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001). Unterliegt ein Vorhaben der UVP-Pflicht, bedarf es nunmehr der Zulassung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LuftVG) in der Form der Planfeststellung (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG).
Mit der Zuweisung der Umweltverträglichkeitsprüfung in das Verfahren der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung als (alleinigem) Trägerverfahren soll eine möglichst effektive Berücksichtigung der Belange von Natur und Umwelt bei umweltrelevanten Vorhaben sichergestellt werden. Die anerkannten Naturschutzvereine sollen dafür Sorge tragen, dass diese Belange über die vorgeschriebene Berücksichtigung durch die jeweils zuständige Behörde hinaus “in besonderer Weise zur Geltung gebracht werden” (Urteil vom 9. Juni 2004 – BVerwG 9 A 11.03 – BVerwGE 121, 72, 75 m.w.N.). Einem Naturschutzverein, der rügt, eine Behörde habe sich zu Unrecht dafür entschieden, ein Vorhaben, das aufgrund überschlägiger Prüfung mit erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden sei, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne Vereinsbeteiligung im Wege der Plangenehmigung zuzulassen, kann daher nicht der Vorwurf gemacht werden, er schwinge sich zum Sachwalter fremder Interessen auf. Er macht vielmehr ein Beteiligungsrecht geltend, das ihm zum Schutz gerade jener Belange verliehen worden ist, deren besondere Berücksichtigung in Form einer Umweltverträglichkeitsprüfung in einem Planfeststellungsverfahren gewährleistet werden soll.
1.5 Gegen die Anfechtungsbefugnis des übergangenen Naturschutzvereins wird eingewandt, die Möglichkeit eines Angriffs auf die Sachentscheidung (hier: Plangenehmigung) sei “absolut systemfremd”, weil die Beteiligungsrechte des Naturschutzvereins nicht der Durchsetzung einer (verfahrensexternen) materiellrechtlichen Position der Vereine diene (vgl. hierzu Ziekow/Siegel, Anerkannte Naturschutzverbände als “Anwälte der Natur”, 2000, S. 116; Ziekow, VerwArch. 2000, 483, 502 – jeweils m.w.N.). Dieser Einwand lässt außer Acht, dass der Gesetzgeber weder durch Art. 19 Abs. 4 GG noch durch § 42 Abs. 2 VwGO gehindert ist, unabhängig vom materiellen Recht selbständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtspositionen zu schaffen (vgl. auch Urteil vom 16. Dezember 1988 – BVerwG 4 C 40.86 – BVerwGE 81, 95, 106). Der Gesetzgeber darf Rechtsschutz gegen Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung auch dann gewähren, wenn nicht zugleich die Verletzung eigener materieller Rechte geltend gemacht werden kann. § 42 Abs. 2 VwGO bringt das mit dem Vorbehalt anderweitiger gesetzlicher Regelungen zum Ausdruck (so bereits Urteil vom 31. Oktober 1990 – BVerwG 4 C 7.88 – a.a.O. S. 72). Diesen Weg hat der Gesetzgeber in spezifischer, die Aufgaben anerkannter Naturschutzvereine berücksichtigender Weise in den Beteiligungsvorschriften des § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG und § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG beschritten. Die altruistische Verbandsklage, die ein Naturschutzverein erheben kann, ohne dabei die Verletzung eigener Rechte geltend zu machen, ist ein weiterer Anwendungsfall der Vorbehaltsklausel in § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. Urteil vom 18. Dezember 1987 – BVerwG 4 C 9.86 – BVerwGE 78, 347, 348 ff.).
1.6 Die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Mai 1997 – BVerwG 11 A 43.96 – (BVerwGE 104, 367) entwickelten Grundsätze zur Anfechtbarkeit einer Plangenehmigung, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Entscheidung stützt, rechtfertigen es nach heute geltendem Recht nicht, den Rechtsschutz eines übergangenen Naturschutzvereins auf die Fälle zu beschränken, in denen der Zulassungsbehörde vorzuwerfen ist, dass sie die Beteiligungsrechte des Vereins gezielt (oder grob fahrlässig) umgangen hat.
Das vorgenannte Urteil weist den Standpunkt, das Beteiligungsrecht des Naturschutzvereins (nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG a.F.) entstehe erst mit der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens, als eine “zu formale” Betrachtungsweise zurück. Das Beteiligungsrecht werde auch verletzt, wenn die Zulassungsbehörde ein an sich gebotenes Planfeststellungsverfahren umgehe. Eine Umgehung liege insbesondere dann vor, wenn die Zulassungsbehörde eine Rechtsbeeinträchtigung Dritter ignoriert, bewusst in Kauf genommen oder grob fahrlässig übersehen habe, um das Planfeststellungsverfahren zu vermeiden (a.a.O. S. 372 ff.).
Diese Rechtsprechung ist vor dem Hintergrund der damaligen Rechtslage (§ 18 Abs. 2 Satz 1 AEG a.F.) zu sehen, nach der anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung nur erteilt werden konnte, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden (oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben) und das Benehmen mit den anderen Trägern öffentlicher Belange hergestellt wurde. Da die Naturschutzverbände nicht “Träger öffentlicher Belange” im Sinne der Vorschrift sind, sondern eine spezifisch naturschutzrechtliche Form der Öffentlichkeit bilden (vgl. Urteil vom 14. Mai 1997 a.a.O. S. 370 f. m.w.N.), konnten sie eine Verletzung ihres Beteiligungsrechts und einen Anspruch auf Aufhebung der Plangenehmigung nur daraus herleiten, dass das Vorhaben Rechte anderer beeinträchtigt. Damit – so der 11. Revisionssenat seinerzeit – würden sich die Verbände jedoch letztlich zum Sachwalter fremder Interessen machen, was nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG (a.F.) nicht ihre Aufgabe sei. Die Anerkennung subjektiv formulierter Umgehungstatbestände, die geeignet sind, den Vorwurf des Formenmissbrauchs zu begründen, eröffnete einen Weg, den übergangenen Naturschutzvereinen gleichwohl in besonders gelagerten Fällen Rechtsschutz zu gewähren.
Mit der Neuregelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LuftVG durch das Artikelgesetz 2001 hat sich die Rechtslage, die dem Urteil vom 14. Mai 1997 zugrunde lag, hinsichtlich der Belange von Natur und Landschaft, deren Wahrung in den satzungsmäßigen Aufgabenbereich eines Naturschutzvereins fallen, wie dargelegt grundlegend gewandelt. Ein Grund, die Verletzung der Beteiligungsrechte eines Naturschutzvereins bei der Änderung eines Verkehrsflughafens auf die Fälle einer der Sache nach rechtsmissbräuchlichen Umgehung der Planfeststellung zu beschränken, besteht danach nicht mehr.
Aus Anlass des vorliegenden Falles ist nur zu entscheiden, ob die Beteiligungsrechte eines Naturschutzvereins verletzt sein können, wenn die zuständige Behörde die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens, das einen Eingriff in Natur und Landschaft darstellt und Schutzgüter des deutschen und europäischen Naturschutzrechts beeinträchtigen könnte, nach Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001) in Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben verneint und deshalb das Vorhaben im Wege der Plangenehmigung zugelassen hat. Hier ist nicht zu entscheiden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Naturschutzverein nach geltender Rechtslage die Verletzung seines Beteiligungsrechts mit der Begründung rügen kann, die zuständige Behörde habe verkannt, dass das Vorhaben infolge seiner Immissionen (Lärm, Gerüche, Luftverunreinigung) Rechte anderer beeinträchtige oder beeinflusse (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG). Offen bleiben kann ferner die von den Beteiligten ausführlich erörterte Frage, ob der Kläger eine Verletzung seiner Beteiligungsrechte aus den Vorschriften über die Einbeziehung der (betroffenen) Öffentlichkeit in § 9 Abs. 1 UVPG (in der bis zur Neufassung vom 25. Juni 2005, BGBl I S. 1757, geltenden Fassung) oder nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aus Art. 6 Abs. 2 und 3 der UVP-Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 (ABl EG Nr. L 175 S. 40 – UVP-Richtlinie) in der Fassung der UVP-Änderungsrichtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 (ABl EG L 73 S. 5) sowie aus der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl EU Nr. L 156 S. 17 – Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie) ableiten könnte.
1.7 Die Anfechtungsklage des Klägers ist auch zulässig. Der Kläger ist insbesondere klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klagebefugnis des Klägers bejaht, weil er die Verletzung seines Beteiligungsrechts aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG nach den subjektiven Kriterien im vorgenannten Urteil des 11. Revisionssenats vom 14. Mai 1997 – BVerwG 11 A 43.96 – für möglich gehalten hat. Es kann dahinstehen, ob das Klagevorbringen diese Annahme trägt. Der Kläger ist unabhängig davon klagebefugt.
Ein Naturschutzverein, der sich in seinen Beteiligungsrechten verletzt sieht und dies auf das negative Ergebnis einer Vorprüfung im Einzelfall zurückführt, ist gehalten, Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die negative Einschätzung der Behörde den rechtlichen Anforderungen an die Prüfung der UVP-Pflicht nicht genügen könnte. Der Kläger zählt in seiner Klageschrift eine Reihe aus seiner Sicht bestehender verfahrensmäßiger und inhaltlicher (naturschutzfachlicher) Mängel der vom Beklagten durchgeführten Vorprüfung auf und stützt sich dabei auf eine umfangreiche Stellungnahme seines Naturschutzreferenten. Für eine UVP-Pflicht des Vorhabens spreche schon der Umfang der Neuversiegelung (etwa 5,2 ha) sowie die Höhe der vom Beklagten festgesetzten Ausgleichsabgabe (260 663,55 €). Fehlerhaft beurteilt seien insbesondere die Auswirkungen des Vorhabens auf den Wasserhaushalt und die Bodenstruktur sowie auf die Tier- und Pflanzenwelt in den angrenzenden Schutzgebieten. Die voraussichtlichen Licht-, Schadstoff- und Schallimmissionen der CCT-Werft seien gemeinsam mit den Immissionen weiterer Infrastrukturvorhaben (u.a. die angrenzend geplante A 380-Werft) der Beigeladenen zu 1 im Süden des Flughafens zu betrachten gewesen. Die Klage wäre nur dann unzulässig, wenn die geltend gemachten Defizite offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen könnten (zu diesem Maßstab vgl. Urteil vom 17. Juni 1993 – BVerwG 3 C 3.89 – BVerwGE 92, 313, 315 f. m.w.N.; stRspr). Das ist nicht der Fall.
2. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs stellt das plangenehmigte Vorhaben eine Änderung des Flughafens Frankfurt/Main im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG dar.
Bestehende Flughäfen dürfen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG nur geändert werden, wenn der Plan im Wege der Planfeststellung nach § 10 LuftVG vorher festgestellt ist. Anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung u.a. nur dann erteilt werden, wenn das Vorhaben nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG). Planfeststellung und Plangenehmigung können bei Änderungen oder Erweiterungen von unwesentlicher Bedeutung unterbleiben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG). Ein Fall unwesentlicher Bedeutung scheidet u.a. aus, wenn die Änderung oder Erweiterung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist (§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LuftVG). Nach diesen Vorschriften stellt sich die Frage der Wesentlichkeit einer geplanten Maßnahme erst dann, wenn der Tatbestand einer Änderung oder Erweiterung erfüllt ist. Das Vorliegen einer Änderung bzw. Erweiterung eines Flughafens ist strikt von der Frage ihrer Wesentlichkeit zu trennen.
2.1 Dem Verwaltungsgerichtshof ist darin zuzustimmen, dass eine Änderung des Flughafens im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG vorliegt, wenn das Vorhaben vom Regelungsgehalt einer bestandskräftigen früheren Zulassungsentscheidung nicht mehr gedeckt ist. Schon Zugelassenes bedarf nicht erneut einer Zulassung (Steinberg/Müller, NJW 2001, 3293; Gerhold, in: Ziekow ≪Hrsg.≫, Bewertung von Fluglärm – Regionalplanung – Planfeststellungsverfahren, 2003, S. 83, 89). Das gilt nicht nur für die Betriebsgenehmigung nach § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 LuftVG (vgl. dazu Urteile vom 21. Mai 1997 – BVerwG 11 C 1.97 – Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 27 S. 4 und vom 15. September 1999 – BVerwG 11 A 22.98 – Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 17 S. 2 f.), sondern auch für die Planfeststellung von Verkehrsflughäfen. Bezugspunkt und Maßstab für das Vorliegen einer Änderung ist der “bisherige Gestattungszustand” (Keilich, LKV 2004, 97, 101). Insoweit ist der Begriff der Änderung in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LuftVG fachplanungsrechtlich determiniert. Danach beurteilt sich die Frage, ob die plangenehmigte CCT-Werft eine Änderung des Verkehrsflughafens Frankfurt/Main darstellt, nach dem Inhalt der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 23. August 1966 und dem Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens vom 23. März 1971.
Der Kläger hält diesen rechtlichen Ansatz im Anschluss an Steinberg/Steinwachs (NVwZ 2002, 1153) für unzutreffend. Maßgeblich dafür, ob bauliche Veränderungen eines Verkehrsflughafens der Planfeststellung unterliegen, sei der Änderungsbegriff in § 2 Abs. 2 Nr. 2 und § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG 2001. Mit der Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 durch das Artikelgesetz 2001 sei der Vorhabenbegriff des UVP-Rechts von fachrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen gelöst worden. Ob ein Vorhaben der UVP-Pflicht und damit der Planfeststellung unterliege, richte sich nunmehr allein nach den zu erwartenden Umweltauswirkungen des Vorhabens. Um dieser europarechtlich veranlassten Neukonzeption gerecht zu werden, müsse der Änderungsbegriff der UVP-Vorschriften in einem tatsächlichen und nicht in einem rechtlichen – am Inhalt bestehender Zulassungsentscheidungen orientierten – Sinne verstanden werden.
Dieser Standpunkt überzeugt nicht. Die Frage, ob ein möglicherweise zulassungspflichtiges Änderungsvorhaben vorliegt, kann nicht unabhängig vom Inhalt bestandskräftiger Zulassungsentscheidungen beantwortet werden. Es trifft zwar wie ausgeführt zu, dass das Artikelgesetz 2001 die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens von der Zulassungsvoraussetzung einer Planfeststellung abgekoppelt und an sachliche Merkmale (Art, Größe und Leistung, Standort) bzw. an das Ergebnis einer Vorprüfung des Einzelfalls gebunden hat. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 und § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG 2001 beabsichtigte, einen vom Inhalt bestehender Zulassungsentscheidungen unabhängigen Änderungsbegriff zu schaffen, bestehen jedoch nicht. Der Begründung des Gesetzentwurfs ist nur zu entnehmen, dass der Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG den “Verfahrensgegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung von Änderungen und Erweiterungen” genauer angeben und in § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG 2001 die UVP-Pflichtigkeit von Änderungen und Erweiterungen für alle Vorhabensarten grundsätzlich regeln wollte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Neuregelungen. Die Anbindung der Umweltverträglichkeitsprüfung an sachbezogene Merkmale eines Vorhabens sollte Unklarheiten beseitigen, die im Hinblick auf die Frage, ob für ein bestimmtes Vorhaben ein Plangenehmigungs- oder ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist, entstanden waren und in der Vergangenheit zu einer Reihe von Beschwerde-, Vorlage- und Vertragsverletzungsverfahren auf europäischer Ebene geführt haben (vgl. BTDrucks 14/4599 S. 106). Eine Entscheidung darüber, ob ein Vorhaben überhaupt einer Zulassung bedarf, ist damit nicht getroffen worden.
Auf europäisches Gemeinschaftsrecht kann der Kläger sich nicht stützen. Art. 1 der UVP-Richtlinie definiert die Genehmigung als Entscheidung der zuständigen Behörde, aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält. Auch in der Fassung der 1. Änderungs-Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 ist der UVP-Richtlinie nicht zu entnehmen, dass die Änderung eines bereits genehmigten Projektes, die nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, ohne Rücksicht darauf, ob diese Auswirkungen von einer Zulassungsentscheidung gedeckt sind, einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterwerfen ist. Das ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger angeführten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 16. September 1999 (Rs. C-435/97 – Slg. 1999, I-5613, Rn. 34 ff.). In dieser Entscheidung bestimmt der Gerichtshof die Reichweite des Ermessens der Mitgliedstaaten, nach Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie bestimmte Klassen von Projekten sowie deren Änderung sowie spezifische Projekte – dort Umstrukturierung eines Flughafens – der Umweltverträglichkeitsprüfung zu entziehen. Vorliegend steht indes die vorrangige Frage im Raum, ob gemessen an den bisherigen Zulassungsentscheidungen eine zulassungspflichtige Änderung vorliegt.
2.2 Das Vorhaben der CCT-Werft stellt eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 23. März 1971 dar, weil es in erheblichem Umfang über die im Jahr 1971 planfestgestellte südliche Grenze des Flughafens Frankfurt/Main hinausreicht. Die angefochtene Plangenehmigung erweitert den räumlichen Geltungsbereich des Planfeststellungsbeschlusses von 1971.
2.2.1 Der Verwaltungsgerichtshof geht zwar zutreffend davon aus, dass die fachplanerische Entscheidung für ein Vorhaben eine verbindliche Raumnutzungsentscheidung enthält, mit der abschließend über die raumplanerische Zulässigkeit der Bodeninanspruchnahme befunden wird (Urteil vom 24. November 1994 – BVerwG 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 148; Steinberg/Berg/Wickel, Fachplanung, 3. Aufl. 2000, S. 28). Die betroffenen Grundstücke werden damit einer anderweitigen Nutzung entzogen. Nach Ansicht der Vorinstanz stellt die räumliche Erweiterung des im Jahr 1971 planfestgestellten Flughafengeländes jedoch keine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 23. März 1971 dar, weil sie gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LuftVG als planfestgestellt gilt: Die Planfeststellungsfiktion dieser Vorschrift schließe nach der Intention des Gesetzgebers im Interesse des Flughafenbetreibers eine etwaige Lücke zwischen dem 1971 planfestgestellten und dem tatsächlichen Zustand, wie er am 1. März 1999 bestanden habe. Dabei legt der Verwaltungsgerichtshof offensichtlich zugrunde, dass die Flächen jenseits der Plangrenzen von 1971 bereits seit den 90er Jahren tatsächlich für Zwecke des Flughafens genutzt worden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt die Reichweite der Fiktionswirkung des § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gilt ein bis zum 2. Oktober 1990 in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages (EV) genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) angelegter Flugplatz, der am 1. März 1999 noch betrieben wird, im Sinne der §§ 6 bis 10 LuftVG als genehmigt und, wenn er der Planfeststellung bedarf, als im Plan festgestellt. Diese Vorschrift gilt nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG entsprechend für einen bis zum 31. Dezember 1958 in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand bis zum 3. Oktober 1990 angelegten Flugplatz, der am 1. März 1999 noch betrieben wird. Die weite Auslegung dieser Fiktionsregelung, die der Verwaltungsgerichtshof seiner Rechtsprechung zugrunde legt (vgl. auch Urteil vom 2. April 2003 – VGH 2 A 2646/01 – NVwZ-RR 2003, 729), widerspricht dem Gesetzeszweck. Das hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 26. Februar 2004 – BVerwG 4 B 95.03 – (Buchholz 442.40 § 71 LuftVG Nr. 1) ausgeführt. Danach ist von folgender Rechtslage auszugehen:
§ 71 LuftVG wurde durch das Gesetz vom 25. August 1998 (BGBl I S. 2432) in das Luftverkehrsgesetz eingefügt. Als Vorbild diente § 2 Abs. 5 des Sechsten Überleitungsgesetzes vom 25. September 1990 (BGBl I S. 2106), der bestimmt, dass die aufgrund alliierten Rechts angelegten bzw. betriebenen Berliner Flughäfen als genehmigt und planfestgestellt im Sinne der §§ 6 bis 10 LuftVG gelten. Anlass für die Schaffung des § 71 LuftVG war zunächst das Ziel, für die in den neuen Bundesländern vorhandenen Flugplätze Rechtssicherheit zu schaffen. Fraglich war, ob die nach DDR-Recht erteilten Flugplatzgenehmigungen, die nach Maßgabe des Art. 19 EV wirksam blieben, den genehmigungs- und den planfeststellungsrechtlichen Anforderungen des Luftverkehrsgesetzes genügten, das seit dem 3. Oktober 1990 auch im Beitrittsgebiet galt (vgl. hierzu die Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 13/9513 S. 54 bis 55).
Unsicherheiten bestanden aber auch in den alten Bundesländern. Die Genehmigungs- und die Planfeststellungsregelungen, die das heutige Luftverkehrsrecht prägen, wurden durch das Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 5. Dezember 1958 (BGBl I S. 899) mit Wirkung ab 1. Januar 1959 eingeführt. Seit diesem Zeitpunkt ist die Anlegung und Änderung von Flughäfen nach §§ 8 und 10 LuftVG planfeststellungsbedürftig. Einige der heute genutzten Flugplätze wurden jedoch zu einer Zeit hergestellt, zu der sie keiner Zulassung bedurften, die den jetzigen Anforderungen der §§ 6 bis 10 LuftVG entspricht. § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG verfolgt das Ziel, auch insoweit für die Flugplatzbetreiber Rechtssicherheit zu schaffen. Der Betrieb der Flughäfen in den alten und neuen Bundesländern sollte durch die Fiktionsregelung “auf eine sichere Rechtsgrundlage gestellt” werden (vgl. die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr vom 28. April 1998, BTDrucks 13/10530, S. 61). Die Neuregelung zielt im Wesentlichen auf Flugplätze (i.d.R. Militärflugplätze), die in den 30er Jahren vom Deutschen Reich angelegt wurden und die heute (zum Teil seit vielen Jahren) als zivile Flugplätze weiterbetrieben werden (BTDrucks 13/10530 S. 61; ebenso die Stellungnahme der Bundesregierung, BTDrucks 13/9513 S. 61).
Ein schützenswertes Sicherungsbedürfnis erkennt der Gesetzgeber in § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG jedoch nur für Flugplätze in den alten Bundesländern (Gebiet der Bundesrepublik nach dem Stand vor dem 3. Oktober 1990) an, die bis zum 31. Dezember 1958 angelegt wurden. Für die Zeit danach gibt es für eine Genehmigungsfiktion der in den alten Bundesländern betriebenen Flugplätze keinen Rechtfertigungsgrund mehr. Seit dem Inkrafttreten des Luftverkehrsgesetzes neuer Prägung zum 1. Januar 1959 ist die Rechtslage nicht länger durch Unsicherheiten gekennzeichnet, die als tauglicher Anknüpfungspunkt einer gesetzlichen Fiktion dienen könnten. In der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Verkehr, auf dessen Initiative die jetzige Fassung des § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG zurückgeht, wird dies in aller Deutlichkeit ausgesprochen: Danach soll die Genehmigungsfiktion für Flugplätze in den alten Bundesländern “nur für Flugplätze (gelten), die bis zum 31. Dezember 1958 angelegt worden sind und die heute noch betrieben werden. Für nach Inkrafttreten des Luftverkehrsgesetzes (1. Januar 1959) angelegte Flugplätze kann eine Genehmigungsfiktion nicht hergestellt werden. Für diese Plätze galt und gilt das Luftverkehrsgesetz” (BTDrucks 13/10530 S. 61; vgl. auch BTDrucks 13/9513 S. 61). Der erkennende Senat hat deshalb bereits in seinem Beschluss vom 26. Februar 2004 – BVerwG 4 B 95.03 – (a.a.O. S. 5) hervorgehoben, dass § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG nicht den Charakter einer “allgemeinen Heilungsklausel” habe, die über rechtliche Versäumnisse unter der Geltung des seit dem 1. Januar 1959 maßgeblichen Rechts hinweghelfe. Die Vorschrift schützt mithin auch nicht diejenigen Flugplatzbetreiber, die einen vor dem 31. Dezember 1958 angelegten Flugplatz nach diesem Stichtag ohne ein nach § 8 LuftVG oder § 6 LuftVG erforderliches Verfahren geändert oder erweitert haben.
2.2.2 Das Vorbringen des Beklagten im vorinstanzlichen Verfahren gibt Anlass zu der Frage, ob die erforderliche Raumnutzungsentscheidung für den Wartungsbereich außerhalb der 1971 festgestellten Plangrenzen bereits vor Erteilung der hier umstrittenen Plangenehmigung auf andere Weise getroffen worden ist.
Nach den vom Beklagten (Schriftsatz vom 25. April 2004) in Ablichtung vorgelegten Unterlagen sind die Flächen für die plangenehmigte CCT-Werft innerhalb und außerhalb der Plangrenzen von 1971 Gegenstand von Zielabweichungsverfahren im Sinne von § 11 ROG gewesen. Aufgrund der erteilten zwei “Abweichungszulassungen” vom 7. Dezember 1987 und vom 30. Juni 1988 haben die zuständigen Behörden die Rodung und Umwandlung von 12,59 ha Wald innerhalb und von 23,253 ha Wald außerhalb der 1971 planfestgestellten Flughafengrenzen bestandskräftig genehmigt (Bescheide vom 18. Januar 1988 und vom 7. November 1988). Diese Genehmigungen wurden “zum Zwecke der zukünftigen Nutzung als Flugzeugwartungsanlagen und Abstellpositionen” bzw. “zum Zwecke der künftigen Nutzung als Flugzeugwartungshallen, dazugehörige Vorfelder, Verwaltungs-/Werkstättengebäude, Versorgungseinrichtungen und Parkplätze” erteilt. Zugleich ordnen die Bescheide an, dass zum Ausgleich der durch die Waldrodung entstehenden nachteiligen Auswirkungen eine flächengleiche Ersatzaufforstung möglichst im gleichen Naturraum zu erfolgen habe: Einzelheiten sind in einem Eingriffs- und Ausgleichsplan darzustellen. Ferner hat das Hessische Innenministerium am 24. März 1989 die Änderung des Flächennutzungsplanes des Umlandverbundes für den Bereich der Städte Frankfurt am Main und Kelsterbach, Teilbereich Flughafen Frankfurt, Teilfläche 1.2 im Süden des Flughafens genehmigt. Gegenstand der Darstellung sind “gewerbliche Bauflächen”.
Diese rechtlichen Maßnahmen dienen zwar sämtlich dem Ziel, auf den bezeichneten Flächen eine Flugzeugwerft zu errichten. Sie sind jedoch nur vorbereitender Natur und können die abschließende fachplanungsrechtliche Inanspruchnahme der Grundflächen nicht vorwegnehmen oder ersetzen. Auch in ihrer Gesamtheit können sie die 1971 planfestgestellten Grenzen des Flughafens rechtlich nicht erweitern. Die genannten Maßnahmen beschränken sich darauf, rechtliche Hindernisse auf dem Weg zu einer rechtswirksamen Erweiterung des Geltungsbereichs des Planfeststellungsbeschlusses von 1971 auszuräumen.
2.2.3 Der Verwaltungsgerichtshof stellt zu § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG den Satz auf: Im Hinblick auf die in einem vorhandenen Planfeststellungsbeschluss getroffene grundsätzliche Entscheidung, bestimmte Grundstücksflächen als Flughafen zu nutzen, sei bei baulichen Veränderungen auf planfestgestelltem Flughafengelände, deren betriebliche Auswirkungen über das bereits planfestgestellte Gelände hinausgehen können, eine erneute planungsrechtliche Entscheidung über die Raumnutzung nur dann erforderlich, wenn sich dadurch die planungsrechtliche Situation der Nachbargrundstücke verändere. Dies sei insbesondere bei einer Erweiterung der technischen Kapazität eines Flughafens anzunehmen (vgl. UA S. 31). Hierzu ist Folgendes klarzustellen:
Eine nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG beachtliche Änderung eines Flughafens kann auch vorliegen, weil ein Bauvorhaben hinsichtlich seiner nachteiligen Umweltauswirkungen von dem bisherigen “Gestattungszustand” nicht mehr erfasst wird. Bauliche Veränderungen einer Flughafenanlage können daher die Frage aufwerfen, ob sie hinsichtlich ihrer betrieblichen Auswirkungen auf Nachbarflächen jenseits der planfestgestellten Grenzen des Flughafengeländes vom Inhalt der bestehenden Zulassungsentscheidungen noch gedeckt sind. Diese Frage kann sich auch dann stellen, wenn die baulichen Veränderungen ausschließlich innerhalb der räumlichen Grenzen des Flughafens stattfinden sollen. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Anwohner eines Flughafens den Fluglärm, der aus einer gesteigerten Ausnutzung der bereits luftverkehrsrechtlich genehmigten technischen Kapazität des Flughafens resultiert, grundsätzlich hinzunehmen haben (Urteile vom 21. Mai 1997 – BVerwG 11 C 1.97 – Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 27 und vom 15. September 1999 – BVerwG 11 A 22.98 – Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 17).
Zu berücksichtigen ist ferner, dass bauliche Veränderungen einer Flughafenanlage erstmalig mit betrieblichen Auswirkungen (Lärm-, Licht- oder Geruchsimmissionen, Erschütterungen) auf Nachbargelände jenseits der im Plan festgestellten Flughafengrenzen verbunden sein können, die sich nicht in einer Erweiterung der technischen Kapazität des Flughafens niederschlagen und die Frage der Zumutbarkeit des Fluglärms für betroffene Anwohner nicht von Neuem aufwerfen. Hierauf zielt das Vorbringen des Klägers. Die Frage, ob der Neubau eines Flugzeugwartungskomplexes, der an ein (gemeinschaftsrechtliches) Naturschutzgebiet heranrückt, im Hinblick auf seine Umweltauswirkungen vom Inhalt der den Flughafen betreffenden, bestandskräftigen Zulassungsentscheidungen noch gedeckt wird, ist nicht schon mit der Feststellung beantwortet, die baulichen Veränderungen erforderten keine erneute Entscheidung über die raumplanerische Zulässigkeit der Bodeninanspruchnahme und erweiterten auch die technische (luftseitige) Kapazität des Flughafens nicht.
3. Das angefochtene Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat – von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent – nicht abschließend geprüft, ob für das plangenehmigte Vorhaben gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen war. Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz und deren Würdigung in dem angegriffenen Urteil reichen nicht aus, um dem Revisionsgericht die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob das Vorhaben (1) eine Änderung des Flughafens von wesentlicher Bedeutung darstellt und einer eigenen Zulassungsentscheidung bedarf (§ 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 LuftVG) und (2) der Planfeststellung unterliegt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG). Das nötigt zur Zurückverweisung.
Nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001 unterliegt ein Vorhaben der Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich in der Vorprüfung herausstellt, dass das Vorhaben “nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung” erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Insoweit muss die Behörde aufgrund summarischer Ermittlungen und Bewertungen eine Prognose anstellen. Angesichts des Gesetzeswortlauts (“Einschätzung” der Behörde) und wegen des Prognosecharakters der Vorprüfung ist mit dem Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass die Behörde einen gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum (“Einschätzungsprärogative”) besitzt (ebenso Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, § 3c UVPG Rn. 14, 15; Dienes, in: Hoppe ≪Hrsg.≫ Kommentar zum UVPG, 2. Aufl. 2002, § 3c Rn. 7; Feldmann, Umweltverträglichkeitsprüfung: EG-Richtlinie und ihre Umsetzung in Deutschland, in: Rengeling ≪Hrsg.≫, Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht, Band I, 2. Aufl. 2003, Rn. 84). Dem trägt nunmehr die durch das Gesetz über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz) vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2819) eingefügte Vorschrift des § 3a Satz 4 UVPG Rechnung, nach der die auf einer Vorprüfung des Einzelfalls beruhende Einschätzung der zuständigen Behörde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, die Regelung diene der “Klarstellung”, die deshalb geboten sei, weil sich bei diesem relativ neuen Vollzugsinstrument noch keine gefestigte gerichtliche Spruchpraxis gebildet habe (BTDrucks 16/2494 S. 21).
Der Vorinstanz ist ferner darin zuzustimmen, dass sich die Einschätzungsprärogative der Behörde auch auf die Frage erstreckt, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen (und die eigenen Informationen der Behörde) eine geeignete Grundlage bilden, um unverzüglich (vgl. § 3a Satz 1 UVPG) aufgrund überschlägiger Prüfung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens zu entscheiden. Auf dieser Rechtsgrundlage weist der Verwaltungsgerichtshof zunächst den Vorwurf des Klägers zurück, der Beklagte habe die Vorprüfung nicht unverzüglich vorgenommen und der Sache nach bereits eine umfassende und in die Einzelheiten gehende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, nachdem er der Beigeladenen zu 1 mehrfach ermöglicht habe, ihre Umweltunterlagen “nachzubessern”. In den Urteilsgründen heißt es zur “Verfahrensweise” (“Ermittlung”) des Beklagten, dieser sei nach dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge und dem Klagevortrag bei der Beschaffung weiterer umweltrelevanter Informationen und Unterlagen nicht von “sachfremden, willkürlichen oder sonst unsachlichen Erwägungen” ausgegangen, ein “Fehlgebrauch” seines Einschätzungsspielraums sei insoweit nicht anzunehmen. An diese Sachverhaltswürdigung, die der Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen hat, ist das Revisionsgericht gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
Deutlich zurückhaltender fallen die vorinstanzlichen Aussagen zur inhaltlichen Kontrolle der negativen Feststellung nach § 3a Satz 1 UVPG aus. Der Verwaltungsgerichtshof stellt hierzu fest, der Beklagte habe seine Entscheidung, von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, in der Plangenehmigung ausführlich begründet und dabei die in der Klageschrift angesprochenen möglichen Umweltauswirkungen des Vorhabens zum ganz überwiegenden Teil berücksichtigt. Auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten nicht in die Vorprüfung einbezogenen Umweltauswirkungen (Lichtemissionen auf bestimmte, insbesondere nachtaktive Tierarten, Auswirkungen für besonders geschützte Tierarten sowie die mögliche Berührung von Altlasten) lasse das Klagevorbringen nicht den Schluss zu, die Gründe für das negative Ergebnis der Vorprüfung seien “erkennbar (nur) vorgeschoben und eine Verletzung der Beteiligungsrechte des Klägers aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 HENatG sei bewusst gewollt bzw. in Kauf genommen worden”.
Damit reduziert der Verwaltungsgerichtshof entsprechend seinem rechtlichen Ansatz die richterliche Kontrolle der negativen Feststellung (§ 3a Satz 1 UVPG) nach einer Vorprüfung im Einzelfall auf den Maßstab eines behördlichen Formenmissbrauchs. Ungeprüft bleibt, ob die Behörde bei ihrer Einschätzung die in der Anlage 2 zum Gesetz aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG 2001) und (aufgrund der ihr obliegenden überschlägigen Prüfung) insgesamt zu einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, naturschutzfachlich nachvollziehbaren und in diesem Sinne vertretbaren Ergebnis gelangt ist. Nach Nr. 2 der Kriterien in Anlage 2 zum UVPG hat die Behörde die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets, das durch ein Vorhaben möglicherweise beeinträchtigt wird, hinsichtlich bestimmter Nutzungs- und Schutzkriterien unter Berücksichtigung der Kumulierung mit anderen Vorhaben in ihrem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu beurteilen. Die gerichtliche Kontrolle erstreckt sich u.a. ferner darauf, ob etwaige nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 UVPG relevante Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens in die Vorprüfung einbezogen worden sind und inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG 2001). Dem Verwaltungsgerichtshof obliegt es, die Entscheidung des Beklagten, keine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben durchzuführen, unter diesen Gesichtspunkten abschließend zu überprüfen.
Unterschriften
Dr. Paetow, Prof. Dr. Rojahn, Gatz, Dr. Jannasch, Dr. Philipp
Fundstellen
Haufe-Index 1692707 |
BVerwGE 2007, 208 |
VR 2007, 179 |
UPR 2007, 187 |