Leitsatz (amtlich)
Weder die EG-Umweltaudit-Verordnung noch das Umweltauditgesetz enthalten eine Rechtsgrundlage für die Personalisierung der Zulassung einer Umweltgutachterorganisation.
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 06.02.2023; Aktenzeichen 21 A 3348/20) |
VG Köln (Urteil vom 15.10.2020; Aktenzeichen 13 K 1627/19) |
Tenor
Die Revision wird hinsichtlich des Hauptantrags zurückgewiesen und hinsichtlich des Hilfsantrags verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, eine zugelassene Umweltgutachterorganisation, begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet war, ihre Zulassung als Umweltgutachterorganisation um eine Umweltgutachterin zu erweitern. Die Beklagte ist kraft Beleihung zuständig für die Zulassung von Umweltgutachtern und Umweltgutachterorganisationen sowie für ihre Aufsicht.
Rz. 2
Mit Bescheid vom 19. Mai 1998 erteilte die Beklagte der Klägerin die Zulassung als Umweltgutachterorganisation nach dem Umweltauditgesetz. Diese Zulassung wurde der Klägerin mit dem Geschäftsführer und drei angestellten Personen erteilt und erstreckte sich auf die im Bescheid aufgeführten damals sogenannten Unternehmensbereiche. Die Beklagte erließ in der Folgezeit weitere Zulassungsbescheide, in denen ergänzend neue Umweltgutachter mit den zugehörigen Zulassungsbereichen aufgeführt sind.
Rz. 3
Die Klägerin schloss mit ihren Umweltgutachtern ganz überwiegend jeweils zwei Verträge, einen "Anstellungsvertrag für Außertarifliche Angestellte" und einen "Rahmenvertrag: Auditoren, Fachexperten und Sachverständige". Der Rahmenvertrag sieht vor, dass die sogenannten Auditoren freiberuflich auf der Grundlage gesondert erteilter Einzelaufträge als Unterauftragnehmer für die Klägerin tätig werden. Sie sind an keine Weisungen gebunden und auch bei mehrfach aufeinanderfolgender Beauftragung entsteht kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Rz. 4
Die Beklagte erlangte im Wege der Regelaufsicht Kenntnis davon, dass einige Umweltgutachter aufgrund des Rahmenvertrags freiberuflich für die Klägerin tätig waren. Die daraufhin ergangene Aufsichtsmaßnahme vom 6. November 2015 ist Gegenstand des Verfahrens BVerwG 10 C 5.23.
Rz. 5
Im August 2018 beantragte die Klägerin, ihre Zulassung um die Umweltgutachterin S. ohne Vergrößerung des Umfangs der zugelassenen Zulassungsbereiche zu erweitern. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Aufnahme einer Umweltgutachterin nach dem Umweltauditgesetz die Stellung der Aufzunehmenden als Angestellte oder organschaftliche Vertreterin voraussetze. Bei Frau S. fehle es an dieser Voraussetzung. Widerspruch und Klage vor dem Verwaltungsgericht blieben erfolglos.
Rz. 6
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung mit Urteil vom 6. Februar 2023 zurückgewiesen und weitere im Berufungsverfahren gestellte Anträge abgewiesen. Weder die EG-Umweltaudit-Verordnung noch das Umweltauditgesetz enthielten eine Rechtsgrundlage für die Erweiterung der Zulassung um die im Antrag genannte Person. Die Erledigung einer in der EG-Umweltaudit-Verordnung geregelten Aufgabe durch eine für die Umweltgutachterorganisation tätige natürliche Person setze nicht voraus, dass diese im Zulassungsbescheid genannt werde. Das Umweltauditgesetz erlaube ebenfalls keine Personalisierung. Dies folge aus einer Gesamtschau der Bestimmung des § 10 UAG. Die Klägerin könne sich auch nicht auf den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung berufen. Das Oberverwaltungsgericht hat, soweit es die Berufung zurückgewiesen hat, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Rz. 7
Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision: Die Klage sei hinsichtlich des Hauptantrags auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umzustellen. Das Verpflichtungsbegehren habe sich erledigt, weil Frau S. nicht mehr für gutachterliche Tätigkeiten zur Verfügung stehe. Weitere Anträge auf Personalisierung werde die Beklagte ablehnen. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht über den gesamten Streitgegenstand entschieden und nicht auf die Stellung sachdienlicher Anträge hingewirkt. Die Rechtsgrundlage für eine Erweiterung des Zulassungsbescheids durch namentliche Aufnahme weiterer Umweltgutachter sei in § 10 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UAG i. V. m. Art. 28 Abs. 5 EG-Umweltaudit-VO enthalten. Die EG-Umweltaudit-Verordnung gestatte Regelungen der Mitgliedstaaten über den Inhalt der Zulassung. Sei dagegen die Personalisierung der Zulassung einer Umweltgutachterorganisation rechtlich unzulässig, stünde damit auch die Rechtswidrigkeit der bisherigen Verwaltungspraxis fest.
Rz. 8
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Februar 2023 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Oktober 2020 zu ändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, auf den Antrag der Klägerin vom 24. August 2018 die Umweltgutachterin S. in die Zulassung der Klägerin aufzunehmen,
hilfsweise,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Februar 2023 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Oktober 2020 zu ändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, auf den Antrag der Klägerin vom 24. August 2018 die Zulassung der Klägerin so abzuändern, dass sie einer gutachterlichen Tätigkeit von Frau S. für die Klägerin nicht entgegengestanden hätte.
Rz. 9
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Rz. 10
Das Oberverwaltungsgericht habe die Revision nur im Hinblick auf den Hauptantrag zugelassen. Die Neufassung der klägerischen Anträge im Revisionsverfahren würde zudem zu einer im Revisionsverfahren unzulässigen Klageänderung führen. Entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts seien gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UAG nicht nur die Zulassungsbereiche, sondern auch die die Fachkunde vermittelnden Personen in den Zulassungsbescheid aufzunehmen. Das Urteil sei aber aus anderen Gründen im Ergebnis richtig. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei unbegründet, da keine Verpflichtung bestanden habe, Frau S. in den Zulassungsbescheid der Klägerin aufzunehmen. Nach nationalem Recht könnten freie Mitarbeiter für die Umweltgutachterorganisation nicht in einen solchen aufgenommen werden.
Rz. 11
Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und führt aus: Bei den Organen und Mitarbeitern einer Umweltgutachterorganisation sei die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sicherzustellen. Dieses Ziel lasse sich nur erreichen, wenn die Träger der Sachkompetenz organschaftliche Vertreter einer Umweltgutachterorganisation oder bei ihr dauerhaft angestellte Personen seien.
Entscheidungsgründe
Rz. 12
Die Revision der Klägerin hat insgesamt keinen Erfolg. Sie ist im Hinblick auf den Hauptantrag zurückzuweisen (1.) und hinsichtlich des Hilfsantrags zu verwerfen (2.).
Rz. 13
1. Die zulässige Revision ist mit dem Hauptantrag unbegründet.
Rz. 14
a) Der Hauptantrag ist zulässig. Die Klägerin hat ihre Verpflichtungsklage zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Eine Erledigung der Verpflichtungsklage ist eingetreten, weil die Zulassung von S. als Umweltgutachterin im Mai 2023 endete und sie nicht mehr für gutachterliche Tätigkeiten zur Verfügung steht. Der Übergang von der Verpflichtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist eine zulässige Einschränkung des Klagebegehrens im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 ZPO und im Revisionsverfahren zulässig. Da kein neuer Prozessstoff in das Verfahren eingeführt wird, steht § 142 Abs. 1 VwGO der Antragsumstellung nicht entgegen. Es liegt auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vor. Es besteht ein hinreichendes Wiederholungsrisiko, dass die Beschäftigung eines freiberuflich tätig werdenden Umweltgutachters ansteht. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, entsprechende Anträge auf Personalisierung ihrer Zulassung auch zukünftig stellen zu wollen.
Rz. 15
b) Der Hauptantrag ist unbegründet.
Rz. 16
Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 16 f., 20, 30), aus dem Umweltauditgesetz und insbesondere aus § 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 UAG lasse sich nicht herleiten, dass eine Umweltgutachterorganisation allein durch ihre organschaftlichen Vertreter und angestellten Personen gutachterlich tätig werden dürfe, ist bundesrechtswidrig. Auf die Ausführungen des Senats in dem Urteil im Verfahren BVerwG 10 C 5.23 vom heutigen Tag (dort Rn. 12 ff.) wird Bezug genommen. Das angegriffene Urteil beruht aber nicht auf diesem Bundesrechtsverstoß (§ 137 Abs. 1 VwGO). Vielmehr stützt das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung tragend auf die Erwägung, dass die Beklagte nicht befugt sei, den Inhalt der Zulassung durch einen Verwaltungsakt in personeller Hinsicht zu gestalten und auf bestimmte Personen zu beschränken. Diese Auffassung begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
Rz. 17
aa) Die EG-Umweltaudit-Verordnung enthält keine Vorschrift, aus der sich ein unionsrechtlicher Anspruch auf Zulassung als Umweltgutachter oder Umweltgutachterorganisation, geschweige denn auf Personalisierung der Zulassung ergibt. Der EG-Umweltaudit-Verordnung lässt sich in Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 2 i. V. m. Art. 28 Abs. 5 Satz 1 EG-Umweltaudit-VO nur entnehmen, dass die Zulassung für bestimmte Zulassungsbereiche zu erteilen ist. Der Geltungsbereich der Akkreditierung oder der Zulassung von Umweltgutachtern wird nach Art. 28 Abs. 5 Satz 1 EG-Umweltaudit-VO gemäß der in der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 festgelegten Systematik der Wirtschaftszweige bestimmt. Dies betrifft sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen oder Vereinigungen im Sinne von Art. 2 Nr. 20 EG-Umweltaudit-VO. Die EG-Umweltaudit-Verordnung gibt demnach ersichtlich keine Personalisierung vor und erteilt auch keinen Auftrag der Zulassung einer Personalisierung an den nationalen Gesetzgeber. Einer entsprechenden rechtlichen Ausgestaltung auf nationaler Ebene steht die EG-Umweltaudit-Verordnung ebenfalls nicht entgegen. Anlass, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen, besteht nicht. Die Voraussetzungen des Art. 267 AEUV sind nicht erfüllt. Die Frage, ob die EG-Umweltaudit-Verordnung eine Personalisierung der Zulassung vorsieht, ist offenkundig zu verneinen. Es bleibt keinerlei Raum für vernünftige Zweifel (acte clair, vgl. EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:EU:C:1982:335], CILFIT - Rn. 16 ff., vom 15. September 2005 - C-495/03 [ECLI:EU:C:2005:552], Intermodal Transports - Rn. 33 und vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 [ECLI:EU:C:2021:799], Consorzio Italian Management - Rn. 39).
Rz. 18
bb) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die begehrte Erweiterung der Personalisierung der Zulassung lasse sich nicht aus dem Umweltauditgesetz herleiten, verstößt ebenfalls nicht gegen Bundesrecht.
Rz. 19
(1) § 10 Abs. 2 Satz 1 UAG begründet einen Anspruch auf Zulassung, wenn die in § 10 Abs. 1 UAG genannten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Im Zulassungsbescheid ist über die Gestattung der gutachterlichen Tätigkeit in den Zulassungsbereichen, aber nicht über die konkreten Personen, die gutachterlich tätig werden dürfen, zu entscheiden. Dass die Rechtslage hinsichtlich der Zulassungsbereiche konstitutiv zu gestalten ist, folgt aus § 10 Abs. 2 Satz 2 UAG. § 10 Abs. 2 Satz 1 UAG ist somit lediglich eine Anspruchsgrundlage für die Fälle, dass eine Umweltgutachterorganisation eine Zulassung für bestimmte Zulassungsbereiche anstrebt, sei es erstmals oder zwecks Erweiterung der bisher zulässigen gutachterlichen Tätigkeit.
Rz. 20
§ 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 UAG lässt sich, wie der Senat im Urteil zum Revisionsverfahren BVerwG 10 C 5.23 ausführt, entnehmen, dass für eine Umweltgutachterorganisation ausschließlich organschaftliche Vertreter und angestellte Personen gutachterlich tätig werden dürfen. Raum für eine inhaltliche Gestaltung der Zulassung durch einen Verwaltungsakt in personeller Hinsicht besteht aber nicht. Diese Rechtsfolge ergibt sich auch nicht aus § 10 Abs. 2 Satz 3 UAG. Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UAG sind im Zulassungsbescheid anzugeben, "auf welche Zulassungsbereiche sich die Zulassung der Umweltgutachterorganisation auf Grund von fachkundigen Personen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 erstreckt". Im Zulassungsbescheid ist aber nicht darüber zu entscheiden, welche Personen gutachterlich für die Umweltgutachterorganisation tätig werden dürfen und somit die Zulassungsbereiche durch ihre persönliche Fachkunde abdecken.
Rz. 21
(2) § 10 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UAG ist hinsichtlich des Personenbezugs erkennbar § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UAG nachgebildet. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UAG ist in dem Zulassungsbescheid anzugeben, (Nr. 1) für welche Zulassungsbereiche der Umweltgutachter selbst die erforderliche Fachkunde besitzt, und (Nr. 2) auf welche Zulassungsbereiche sich die Zulassung auf Grund angestellter fachkundiger Personen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 erstreckt. Diese Vorgabe in § 9 Abs. 2 Satz 1 UAG dient der Aufgabenerfüllung der registerführenden Stellen nach § 32 Abs. 1 UAG, die zu kontrollieren haben, ob die Gültigkeitserklärung einer Umwelterklärung von einem zugelassenen Umweltgutachter verantwortlich gezeichnet ist (vgl. Lütkes, in: Ewer/Lechelt/Theuer, Handbuch Umweltaudit, Kap. F, Rn. 77 f.). Die differenzierende Angabe, für welche Zulassungsbereiche der Einzelgutachter selbst die erforderliche Fachkunde besitzt und für welche ihm diese vermittelt wird, ist relevant, weil anhand des Zulassungsbescheids überprüfbar sein soll, ob der Einzelgutachter in einem Zulassungsbereich allein oder nur im Zusammenwirken mit einer anderen fachkundigen Person gutachterlich tätig sein darf. Ungeachtet des Personenbezugs in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UAG lag das Hauptaugenmerk des Gesetzgebers auf der Nennung der Zulassungsbereiche, auf die sich die Zulassung erstreckt (vgl. BT-Drs. 13/1192 S. 28 zur ähnlich lautenden Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 UAG in der ursprünglichen Fassung). Die Benennung der angestellten Personen und die Kennzeichnung als Umweltgutachter oder Fachkenntnisbescheinigungsinhaber wird nicht verlangt (Görisch, in: Landmann/Rohmer, UmweltR, Stand September 2023, § 9 UAG Rn. 10). Der Regelungsgehalt des Zulassungsbescheids für die Umweltgutachterorganisation beschränkt sich daher darauf, auf welche Zulassungsbereiche sich die Zulassung erstreckt. § 10 Abs. 2 Satz 1 bis 3 UAG dient - ebenso wie § 9 Abs. 2 Satz 1 UAG für den Einzelgutachter - allein der klaren Begrenzung des zugelassenen Handlungsfeldes der gutachterlichen Tätigkeit durch Bezeichnung der Zulassungsbereiche.
Rz. 22
(3) Dass das Umweltauditgesetz keine Personalisierung der Gestaltung umweltgutachterlicher Tätigkeit im Zulassungsbescheid ermöglicht, beeinträchtigt weder die Umweltgutachterorganisation noch den Umweltgutachter unangemessen. Beide werden gemäß § 14 Abs. 1 UAG von der Zulassungsstelle in ein Zulassungsregister aufgenommen (Satz 1), das Namen, Anschrift sowie Gegenstand der Zulassungen und Bescheinigungen der eingetragenen Personen und Umweltgutachterorganisationen enthält (Satz 2). Bei Unklarheiten, ob organschaftliche Vertreter oder angestellte Personen mit entsprechender Fachkunde gutachterlich für eine Umweltgutachterorganisation tätig werden dürfen, gibt das Zulassungsregister hierüber Auskunft. Im Gegenteil würde die Benennung von fachkundigen Personen im Zulassungsbescheid einen Personalwechsel erschweren, weil jeweils eine Änderung des Zulassungsbescheids erforderlich wäre. Eine Rechtsgrundlage für die hiermit verbundene Freiheitsbeschränkung wollte der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien jedoch nicht schaffen.
Rz. 23
(4) Bereits die ursprüngliche Fassung des § 10 UAG sah keine Personalisierung vor. Die Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 3 UAG in der Fassung vom 7. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1591) verlangten, dass in dem Zulassungsbescheid genau zu bezeichnen ist, für welche Unternehmensbereiche die Umweltgutachterorganisation über die erforderlichen fachkundigen Personen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 verfügt. Eine Befugnis oder Verpflichtung zur Personalisierung folgte auch nicht aus dem teilweise geänderten § 10 Abs. 2 Satz 3 UAG in der Fassung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490). Mit Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95) erhielt die Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UAG ihre jetzige Fassung, ohne dass die redaktionelle Änderung in den Gesetzesmaterialien begründet wird.
Rz. 24
(5) Allerdings verlangt § 10 Abs. 2 Satz 4 UAG für den Fall der Drittlandszulassung (vgl. Art. 22 EG-Umweltaudit-VO) eine genaue Bezeichnung der Personen im Zulassungsbescheid, die nach Art. 22 Abs. 2 EG-Umweltaudit-VO Kenntnis und Verständnis bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften und der Amtssprache des betreffenden Drittlandes aufweisen müssen. Bei systematischer Betrachtung des § 10 UAG behandelt Absatz 2 Satz 4 indes einen Sonderfall mit zusätzlichen gesetzlichen Anforderungen einschließlich einer Personalisierung der Zulassung. Eine Verallgemeinerung dieses Erfordernisses auf den Regelfall gutachterlicher Tätigkeiten scheidet aber aus. Jenseits der Drittlandszulassung bietet § 10 UAG keine Anhaltspunkte dafür, dass der Name von fachkundigen Personen in den Zulassungsbescheid aufzunehmen ist.
Rz. 25
cc) Die Ergebnisrichtigkeit des Urteils des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich auch daraus, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 UAG hier nicht gegeben sind. S. ist weder eine organschaftliche Vertreterin noch eine angestellte Person gewesen, sondern eine freie Mitarbeiterin. Begutachtungsaufträge nach der EG-Umweltaudit-Verordnung dürfen nur organschaftliche Vertreter und angestellte Personen der Umweltgutachterorganisation wahrnehmen. Insoweit wird verwiesen auf das Urteil vom 8. Februar 2024 (BVerwG 10 C 5.23).
Rz. 26
dd) Ohne bundesrechtlichen Verstoß hat das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch auf Personalisierung der Zulassung aufgrund einer Selbstbindung der Beklagten verneint. Ein auf den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gestützter Anspruch scheidet aus, weil die Zulassung als Umweltgutachterorganisation nach § 10 Abs. 2 Satz 1 UAG eine gebundene Entscheidung und die Verwaltungspraxis der Beklagten rechtswidrig ist (zum fehlenden Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 3 C 49.02 - BVerwGE 118, 379 ≪383≫).
Rz. 27
2. Die Revision ist mit dem Hilfsantrag unzulässig (§ 143 VwGO) und zu verwerfen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision insoweit nicht zugelassen. Die Zulassung der Revision betraf nur den ersten vor dem Oberverwaltungsgericht gestellten Klageantrag, die Beklagte zu verpflichten, die Zulassung der Klägerin um die Umweltgutachterin S. zu erweitern. Dies betraf allein den geltend gemachten Anspruch auf Personalisierung der Zulassung der Klägerin gemäß § 10 UAG. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht einen Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht erkannt. Die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin auch nicht gemäß § 133 VwGO durch Beschwerde angefochten. Aus diesem Grund bedarf es nicht der Prüfung der Rüge einer Verletzung von § 88 VwGO, weil das Oberverwaltungsgericht über den im Hilfsantrag zum Ausdruck kommenden Teil des Streitgegenstands nicht entschieden und keine Hinweise zu sachdienlichen Anträgen gegeben habe.
Rz. 28
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Fundstellen
NVwZ 2024, 1348 |
GewArch 2024, 334 |
JZ 2024, 430 |
VR 2024, 288 |