Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung einer Mülldeponie. Gemeindeverbände. Landkreise. überörtliche Müllentsorgung. Umwandlungsausschluß. bezirksgeleiteter VEB. Verwaltungsvermögen. kommunales Finanzvermögen
Leitsatz (amtlich)
Eine Zuordnung von Verwaltungsvermögen an Gemeindeverbände (Landkreise) gemäß Art. 21 Abs. 2 Einigungsvertrag ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihnen das Grundgesetz anders als den Gemeinden keinen bestimmten Aufgabenbereich sichert. Sie setzt aber voraus, daß der zuzuordnende Vermögensgegenstand am 1. Oktober 1989 für eine Aufgabe bestimmt war, die auf Kreisebene aufgrund einer grundgesetzkonformen normativen Regelung wahrzunehmen war.
Normenkette
EV Art. 21 Abs. 1-2; EV Art. 22 Abs. 1; VZOG § 10 Abs. 1; TreuhG § 11 Abs. 1-2
Verfahrensgang
VG Berlin (Entscheidung vom 20.03.1998; Aktenzeichen 31 A 186.95) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. März 1998 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der klagende Landkreis wendet sich gegen die an ihn erfolgte Zuordnung der früheren Siedlungsmülldeponie in P.
Die zugeordnete Fläche setzt sich aus einer Vielzahl von im Grundbuch eingetragenen, ehemals volkseigenen Flurstücken zusammen, die teils in Rechtsträgerschaft des Rates der Stadt P., teils in derjenigen des VEB (B) Ziegelwerke, dessen Rechtsnachfolge die Z. GmbH i.L. angetreten hat, standen. Das Areal wurde von der Beigeladenen als Mülldeponie bis zu deren Stillegung Ende Dezember 1994 genutzt.
Die Beigeladene beantragte in den Jahren 1992/93 zunächst die Rückübertragung der Flächen in ihr Kommunaleigentum. Mit Bescheid vom 21. Oktober 1993 übertrug die Beklagte daraufhin die Flurstücke Nr. 301 und 289 in das Eigentum der Beigeladenen. Mit Schreiben vom 23. Februar 1995 zog diese ihre Anträge jedoch zurück und beantragte im Februar 1995 die Zuordnung der Deponieflächen an den Kläger.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 10. August 1995 zunächst ihren die Flurstücke Nr. 289 und 301 betreffenden Bescheid vom 21. Oktober 1993 auf (Ziff. I) und „übertrug” von Amts wegen u.a. das Eigentum an den übrigen Flurstücken auf den Kläger (Ziff. II). Zur Begründung führte sie aus, es bestehe ein öffentliches Interesse an dieser Zuordnung. Es handele sich hier um Verwaltungsvermögen des Klägers, dem nach dem Bundesabfallgesetz und dem Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern die Abfallentsorgung obliege. Mit Berichtigungsbescheid vom 4. September 1995 ergänzte die Beklagte ihren Bescheid vom 10. August 1995 um die Flurstücke Nr. 289 und Nr. 301.
Zur Begründung seiner auf die Aufhebung der ihn betreffenden Bescheide gerichteten Klage hat der Kläger im wesentlichen vorgetragen: Bei der Liegenschaft handele es sich nicht um Verwaltungsvermögen des Landkreises. Die Deponie sei zu den maßgeblichen Stichtagen vom Kreis nicht zur Wahrnehmung ihm obliegender Verwaltungsaufgaben genutzt worden. Gründe für eine Zuordnung von Amts wegen bestünden nicht. Bei der Zuordnung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV sei auf die Rechtslage am 3. Oktober 1990 abzustellen. Zu dieser Zeit habe die Kommunalverfassung der DDR (KV) gegolten, deren § 2 Abs. 2 die Entsorgung des Siedlungsmülls zu den Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden bestimmt habe.
Die Beklagte hat ergänzend zu den Ausführungen im Zuordnungsbescheid vorgetragen, das Betreiben von Mülldeponien gehöre seit 1992 zur Aufgabe der Landkreise. Die frühere Zuständigkeit der Gemeinden nach der Kommunalverfassung der DDR könne für die Zuordnung nicht maßgeblich sein, weil dies zur Zuordnung an nunmehr nicht mehr zuständige Stellen führen würde; dies widerspreche dem Sinn und Zweck der Verteilungsregeln in den Art. 21 und 22 EV sowie § 10 VZOG.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und dies wie folgt begründet:
Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Zwar sei ein öffentliches Interesse an einer Zuordnung von Amts wegen gemäß § 1 Abs. 6 VZOG zu bejahen, jedoch stehe das Deponiegelände nicht gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV im Eigentum des Klägers. Bei den betroffenen Flurstücken habe es sich jedenfalls insoweit um Verwaltungsvermögen gehandelt, als sie früher in der Rechtsträgerschaft der Beigeladenen gestanden hätten. Ob dies auch hinsichtlich der übrigen Flächen gelte, könne offengelassen werden. Diese seien entweder im Rahmen der Umwandlung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Treuhandgesetz (TreuhG) auf die Z. GmbH i.L. übergegangen und damit aus dem zuordnungsfähigen Verwaltungsvermögen ausgeschieden. In diesem Fall könne die Zuordnung nicht auf § 10 Abs. 1 Satz 1 VZOG gestützt werden, da diese Bestimmung einen Antrag der zuordnungswilligen Kommune an sich selbst – hier also des Klägers – voraussetze. Möglicherweise seien die Flurstücke aber deshalb nicht auf die GmbH übergegangen, weil es sich bei dem ehemaligen VEB um einen bezirksgeleiteten Betrieb gehandelt habe, der von der gesetzlichen Umwandlung gemäß § 11 Abs. 1 und 2 TreuhG ausgeschlossen gewesen sein könnte. Auch in diesem Fall würde es an den Voraussetzungen einer Zuordnung an den Kläger fehlen, weil die Flurstücke dann ebenso wie die in Rechtsträgerschaft des Rates der Stadt P. stehenden Flächen zum Verwaltungsvermögen der Beigeladenen gehört hätten.
Ein Eigentumsübergang auf den Kläger gemäß Art. 21 Abs. 2 EV könne nicht angenommen werden. Weder das Grundgesetz noch Art. 21 EV oder das Vermögenszuordnungsgesetz enthielten Regelungen für die Vermögensverteilung auf Landesebene. Das Grundgesetz lasse es zu, die Kompetenzverteilung auf Landesebene durch Landesverfassungsrecht oder einfaches Gesetz zu regeln. § 2 Abs. 2 der Kommunalverfassung der DDR habe die Entsorgung des Siedlungsmülls zu den Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden gerechnet. Die spätere landesgesetzliche Übertragung dieser Aufgabe auf die Landkreise sei wegen Verfehlung der in Art. 21 Abs. 1 und 2 EV genannten Stichtage nicht zu berücksichtigen.
Nicht entscheidungserheblich sei der Vortrag der Beigeladenen, auf der Mülldeponie sei auch der Hausmüll der umliegenden Gemeinden entsorgt worden. Aus dem Schreiben der Bergbehörde an den Rat der Stadt P. vom 24. Juli 1986 gehe hervor, daß die Deponiefläche nicht von anderen Bedarfsträgern habe genutzt werden dürfen. Der Betrieb der Mülldeponie werde nicht deshalb zu einer übergemeindlichen Aufgabe, weil die Beigeladene die Entsorgung des Hausmülls anderer Gemeinden zugelassen habe. Denn insoweit habe sie zu den maßgeblichen Stichtagen nicht im Auftrag des Kreises gehandelt, vielmehr habe es ihrer eigenen Hoheit oblegen, die Nutzung der Deponie durch andere zu gestatten.
Die Beklagte begründet ihre gegen dieses Urteil gerichtete Revision wie folgt: Die Verteilung des Verwaltungsvermögens nach Art. 21 Abs. 1 und 2 EV beruhe auf dem Gedanken, die Vermögenswerte dem jeweiligen Verwaltungsträger zuzuordnen, der die entsprechende Aufgabe künftig zu erfüllen habe. Für die Verteilung der Verwaltungsaufgaben auf die verschiedenen Verwaltungsebenen gemäß Art. 21 Abs. 2 EV komme es nicht auf die Rechtsordnung der DDR, sondern auf die grundgesetzliche Aufgabenverteilung an. Vermögenswerte seien demnach demjenigen Träger der staatlichen Verwaltung zuzuordnen, der nach der Üblichkeit der Aufgabenverteilung in den alten Bundesländern zur Erfüllung dieser Aufgabe verpflichtet sei. Würde auf die Aufgabenverteilung nach dem Recht der DDR abgestellt, so würde dies häufig zu dem unsinnigen Ergebnis führen, daß Vermögenswerte in das Vermögen eines Verwaltungsträgers übergegangen seien, der nunmehr zur Erfüllung der zugehörigen Aufgabe unzuständig sei; und umgekehrt würden solche Vermögenswerte den jetzt zuständigen Verwaltungsträgern fehlen, die sie zur Erfüllung dieser Aufgabe dringend benötigten. In den alten Bundesländern gehöre es herkömmlicherweise zu den Aufgaben der Landkreise und kreisfreien Städte, für die Entsorgung von Hausmüll zu sorgen. Entsprechende Regelungen seien in den Abfallgesetzen der alten Bundesländer enthalten. Die neuen Bundesländer hätten ebenfalls die Landkreise zu Trägern der Siedlungsmüllbeseitigung bestimmt. In das Eigentum der Beigeladenen seien auch die Flurstücke übergegangen, die in der Rechtsträgerschaft des VEB Z. gestanden hätten.
Die Beigeladene schließt sich der Revisionsbegründung der Beklagten an, ohne selbst einen Antrag zu stellen.
Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung und weist ergänzend darauf hin, daß die streitgegenständliche Deponie nicht von den angrenzenden Gemeinden, sondern lediglich vereinzelt von Bürgern der angrenzenden Gemeinden zur Abfallentsorgung genutzt worden sei.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Deponiefläche nicht dem Kläger zugeordnet werden durfte.
1. Soweit die betroffenen Flurstücke früher in der Rechtsträgerschaft der beigeladenen Stadt standen, bemißt sich die Eigentumslage nach Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Einigungsvertrag (EV).
Daß es sich bei der streitgegenständlichen Fläche um Verwaltungsvermögen im Sinne der angeführten Regelung handelt, liegt auf der Hand und wird auch von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, sind Abfalldeponien, die sowohl am 1. Oktober 1989 als auch am 3. Oktober 1990 noch betrieben wurden, grundsätzlich als Verwaltungsvermögen zuordnungsfähig (Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 3 C 13.97 – Buchholz 115 Nr. 17, S. 35). Schon lange vor der Wiedervereinigung Deutschlands ist in der Bundesrepublik die „Abfallbeseitigung” (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG) zur grundsätzlich öffentlichen Aufgabe erklärt worden. Sie dient der Daseinsvorsorge sowie dem Umweltschutz und somit Gemeininteressen von hoher Bedeutung. An dieser Bewertung hat sich auch in der Folgezeit nichts mehr geändert.
Verwaltungsvermögen der DDR, das nach seiner Zweckbestimmung am 1. Oktober 1989 überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die nach dem Grundgesetz nicht vom Bund, sondern von Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen sind, steht ab dem 3. Oktober 1990 demjenigen Träger öffentlicher Verwaltung zu, der nach dem Grundgesetz für die Verwaltungsaufgabe zuständig ist (Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 EV). Eine Verwaltungsaufgabe des klagenden Landkreises ist mit der umstrittenen Deponie zu keinem der genannten Stichtage wahrgenommen worden, so daß eine Zuordnung an ihn nicht erfolgen durfte:
Unmittelbar aus dem Grundgesetz läßt sich eine Zuständigkeit der Kreise für die Abfallentsorgung zweifellos nicht herleiten. Während Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden einen Aufgabenbereich sichert, der grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfaßt, bedürfen die Gemeindeverbände (Kreise) wie alle anderen Verwaltungsträger zur Begründung von Verwaltungsbefugnissen eines speziellen Kompetenztitels (vgl. BVerfG, Beschluß vom 23. November 1988 – 2 BvR 1619, 1628/83 – BVerfGE 79, 127 ≪147≫). Einen solchen enthält die Verfassung für die Kreise nicht, und zwar weder für die Abfallentsorgung noch für andere Aufgaben. Damit kann es allerdings bei der Zuordnung von Verwaltungsvermögen mit kommunaler Zweckbestimmung nicht sein Bewenden haben, da Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 EV auch die Gemeindeverbände – mithin vor allem die Kreise – zu möglichen Zuordnungsempfängern bestimmt. Um den gesetzgeberischen Willen in Einklang zu bringen mit dem Fehlen einer expliziten verfassungsrechtlichen Aufgabenzuweisung, bedarf das einigungsvertragliche Differenzierungsmerkmal „nach dem Grundgesetz” einer weiter gefaßten Auslegung. Dieses Kriterium besagt, daß „nicht etwa die Rechtsordnung der DDR” als solche (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998, a.a.O. S. 37), sondern der von der Verfassung gesteckte Rahmen für eine zulässige Wahrnehmung örtlicher und überörtlicher Aufgaben durch Gemeinden, Kreise und Länder für die Zuordnung einer Verwaltungsaufgabe an den zuständigen Verwaltungsträger maßgeblich sein soll. Diesen Rahmen füllen im Zweifelsfall subkonstitutionelle Vorschriften aus, denen somit zuordnungsbestimmende Bedeutung zukommen kann. Dies ist vom Verwaltungsgericht und den Verfahrensbeteiligten auch nicht verkannt worden.
Meinungsunterschiede haben sich indes bei der Frage herausgestellt, zu welchem Zeitpunkt das einfache Recht gegolten haben muß, um in zuordnungsrechtlicher Hinsicht berücksichtigt werden zu können. Gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV ist der 1. Oktober 1989 der Stichtag, der den Zuordnungsempfänger von Verwaltungsvermögen bestimmt (vgl. Urteil vom 28. September 1995 – BVerwG 7 C 57.94 – BVerwGE 99, 283 ≪285≫ = Buchholz 111 Art. 21 Nr. 11, S. 10; Beschluß vom 28. Oktober 1996 – BVerwG 3 B 149.96 – Buchholz 111 Art. 21 Nr. 17, S. 25). Sofern der Vermögensgegenstand – wie im vorliegenden Fall – auch am 3. Oktober 1990, also dem für die Zugehörigkeit zum Verwaltungsvermögen relevanten Stichtag, noch Verwaltungsvermögen war, steht mit dem am 1. Oktober 1989 bei Zugrundelegung der Rechtsordnung des Grundgesetzes zuständig gewesenen Verwaltungsträger dieser als Eigentümer vom Beitrittszeitpunkt an fest. Ob hier zuständigkeitsbestimmende Vorschriften bereits am 1. Oktober 1989 gegolten haben müssen oder ob die zum Beitrittszeitpunkt gültigen Bestimmungen insoweit „zurückwirken”, bedarf keiner Entscheidung, weil zu keinem der in Betracht kommenden Zeitpunkte durch Bundes- oder (grundgesetzkonformes) DDR-Recht eine Zuständigkeit der Landkreise für die Müllentsorgung in den Gemeinden vorgesehen war. Während § 3 Abs. 2 Satz 1 Abfallgesetz vom 27. August 1986 (BGBl I S. 1410) die Bestimmung der beseitigungspflichtigen Körperschaften den Ländern überließ, erklärte § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR – Kommunalverfassung – vom 17. Mai 1990 (GBl S. 255) die Entsorgung des Siedlungsmülls zu einer Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden.
Entgegen der Ansicht der Revision kann für eine Zuordnungsfähigkeit der Deponie an den Kläger nichts daraus hergeleitet werden, daß die Entsorgungspflicht in fast allen alten Bundesländern schon lange vor dem Beitritt durch Landesgesetze den Kreisen und kreisfreien Städten übertragen worden war. „Nach dem Grundgesetz” war es nämlich ebenso zulässig, die Zuständigkeit bei den kreisangehörigen Gemeinden zu belassen (vgl. BVerfG, a.a.O. S. 156 ff.), wie dies etwa im Saarland der Fall war. Die „überwiegende Üblichkeit” bildet keinen verbindlichen Rechtsmaßstab, wie ihn Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 EV im Auge hat, sondern spiegelt nur wider, wie die meisten Länder ihren Spielraum unter Berücksichtigung von Effizienz- und Praktikabilitätserwägungen genutzt haben. Der Umstand, daß auch die neuen Länder ab 1992 die Kreise und kreisfreien Städte für entsorgungspflichtig erklärt haben, besagt ebenfalls nichts für die Zuordnungsfähigkeit einer Mülldeponie an einen Landkreis, da diese Zuständigkeitsregelungen den Stichtagserfordernissen der vorgenannten Bestimmung nicht gerecht werden.
Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht dem Einwand der Beigeladenen keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, daß auf der streitgegenständlichen Deponie auch Siedlungsmüll umliegender Gemeinden abgeladen worden sei. Bei der Bewertung einer solchen – in ihrem tatsächlichen Umfang zwischen den Beteiligten umstrittenen – überörtlichen Beschickung ist davon auszugehen, daß Art. 21 Abs. 2 EV den Eigentumsübergang vom Vorliegen eines rechtlichen Kriteriums, nämlich der Zuständigkeit für die mittels des Vermögensgegenstandes erfüllte Aufgabe, abhängig macht. Relevant sind in diesem Zusammenhang nur „Aufgaben”, die von bestimmten Trägern öffentlicher Verwaltung „wahrzunehmen sind” (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV). Demnach scheiden Tätigkeiten aus, die zwar faktisch, aber ohne eine entsprechende rechtliche Verpflichtung oder gar rechtswidrigerweise vorgenommen worden sind.
Die tatsächlichen Feststellungen des Urteils besagen, daß dem Rat der Stadt die Müllentsorgung anderer Gemeinden weder aufgrund Gesetzes noch aufgrund administrativer Anordnung oblag; sie war ihm sogar von der Bergbehörde ausdrücklich untersagt worden. Diese Entsorgung wurde städtischerseits also entweder toleriert oder ignoriert. Das bloße Geschehenlassen von Handlungen Dritter stellt aber schon keine Wahrnehmung von Aufgaben dar, weil dem Begriff „Aufgabe” ein Verpflichtungselement innewohnt; erst recht kann hier nicht von einer „wahrzunehmenden” Aufgabe gesprochen werden. Damit ist der Annahme der Boden entzogen, der Rat der Stadt P. habe mit der Duldung der Müllablagerung durch Nachbargemeinden oder deren Bewohner die Aufgabe der überörtlichen Müllentsorgung wahrgenommen, die möglicherweise eine solche des Klägers war. Der vorliegende Fall gibt dem Senat daher keine Veranlassung, sich mit der Frage näher zu befassen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die auf einer Deponie erfolgte überörtliche Müllentsorgung als Wahrnehmung einer Aufgabe des betreffenden Landkreises gelten kann.
2. Die Flurstücke, die ehemals in der Rechtsträgerschaft des VEB (B) Ziegelwerke standen, durften ebenfalls nicht dem Kläger zugeordnet werden. Einer Festlegung darauf, ob diese Parzellen gemäß § 11 Abs. 2 TreuhG auf die Z. GmbH i.L. übergegangen sind oder nicht, bedarf es insoweit nicht, weil das Ergebnis in beiden Fällen dasselbe wäre.
Geht man davon aus, daß bezirksgeleitete volkseigene Betriebe ebenso wie die den „Gemeinden, Städten, Kreisen und Ländern” unterstellten Betriebe gemäß § 11 Abs. 3 (3. Spiegelstrich) i.V.m. § 1 Abs. 5 (3. Spiegelstrich) TreuhG einem Umwandlungsausschluß unterlagen, was der Senat in seinem Urteil vom 30. Januar 1997 (– BVerwG 3 C 13.96 – Buchholz 111 Art. 22 Nr. 22, S. 64) offengelassen hat, so wären diese Flächen geblieben, was sie schon vorher waren, nämlich volkseigenes Verwaltungsvermögen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV, das einer Verwaltungsaufgabe diente, die – wie dargelegt – nicht dem Kläger oblag. Insoweit teilen diese Parzellen das rechtliche Schicksal derjenigen, die ehemals in der Rechtsträgerschaft des Rates der Stadt P. standen.
Unterstellt man statt dessen, daß diese Flurstücke gemäß § 11 Abs. 2 TreuhG der Z. GmbH i.L. zugefallen sind, so wären sie damit zwar aus dem Verwaltungsvermögen ausgeschieden, könnten aber gleichwohl als kommunales Finanzvermögen im Sinne von Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EV unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 VZOG einer „Kommune” zugeordnet werden. Die Voraussetzungen für eine Zuordnung an den Kläger liegen jedoch nicht vor. Dabei läßt der Senat offen, ob dies schon deshalb der Fall ist, weil die zuletzt genannte Vorschrift – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – einen Antrag des Zuordnungsempfängers verlangt, an dem es hier fehlt. Desgleichen braucht nicht entschieden zu werden, ob der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist, weil die zugeordnete Deponie, die im Zuordnungszeitpunkt bereits stillgelegt war, möglicherweise keiner Selbstverwaltungsaufgabe mehr diente. Der Bescheid der Beklagten ist nämlich auf jeden Fall deshalb aufzuheben, weil § 10 Abs. 1 Satz 1 VZOG eine Zuordnung nur an diejenige Kommune zuläßt, deren Selbstverwaltungsaufgabe durch den betreffenden Vermögensgegenstand wahrgenommen worden ist. Wie bereits dargelegt, gehörte die örtliche Müllentsorgung am 3. Oktober 1990 als dem für die Zuordnung von Finanzvermögen maßgeblichen Stichtag (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 7 C 58.94 – BVerwGE 98, 273 ≪275≫ = Buchholz 111 Art. 22 Nr. 11 S. 35) nicht zu den Aufgaben der Landkreise im Beitrittsgebiet.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel, Dr. Brunn
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 11.11.1999 durch Riebe Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BVerwGE, 61 |
NVwZ 2000, 819 |
ZAP-Ost 2000, 102 |
DÖV 2000, 389 |
LKV 2000, 249 |
NJ 2000, 213 |
OVS 2000, 111 |