Entscheidungsstichwort (Thema)
Beamtenrecht. Rücknahme einer, Ernennung wegen arglistiger Täuschung
Leitsatz (amtlich)
Die Rücknahme einer Ernennung wegen arglistiger Täuschung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Dienstherr den wahren Sachverhalt hätte kennen müssen.
Die Ernennung ist durch jede Täuschung “herbeigeführt”, ohne die sie unterblieben wäre.
Normenkette
BBG § 12 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 08.12.1960; Aktenzeichen 24/57) |
VG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.11.1956) |
Tenor
Das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Dezember 1960 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der im Jahre 1918 geborene Kläger trat am 1. Mai 1934 als Junghelfer in den Dienst der Deutschen Reichsbahn; er war bis zum 31. März 1937 als Bahnarbeiter beschäftigt. Dann genügte er als Freiwilliger seiner Arbeitsdienstpflicht und anschließend bei der Kriegsmarine seiner Wehrpflicht. Der Kläger verpflichtete sich dort am 6. Juni 1937 auf vier Jahre zuzüglich Ausbildungszuschlag und für den Fall seiner Eignung zum Unteroffizier auf 12 Jahre zuzüglich Ausbildungszuschlag. Laut Ergänzungsverpflichtungsschein vom 12. April 1940 wurde die Dienstverpflichtung des Klägers auf 12 Jahre zuzüglich Ausbildungszuschlag verlängert.
Am 1. September 1945 wurde der Kläger als Aushilfsarbeiter wieder eingestellt. Durch Verfügung vom 9. August 1948 wurde er auf Antrag zur Laufbahn des Reichsbahnbetriebswarts zugelassen. Nach planmäßiger Ausbildung mit günstigem Prüfungsergebnis wurde der Kläger mit Wirkung vom 1. März 1950 unter Berufung in das Beamtenverhältnis zum Reichsbahnbetriebswart ernannt. Im Jahre 1951 wurde er zum Reichsbahnassistenten, im Jahre 1953 zum Beamten auf Lebenszeit und mit Wirkung vom 1. Januar 1954 zum Bundesbahnsekretär ernannt.
Durch Bescheid vom 29. April 1955 nahm der Vorstand der Deutschen Bundesbahn unter Bezugnahme auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesbeamtengesetzes vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 551) – BBG – die Ernennungen des Klägers zum Reichsbahnbetriebswart, zum Reichsbahnassistenten, zum Beamten auf Lebenszeit und zum Bundesbahnsekretär mit der Begründung zurück, daß der Kläger seine Behörde über seine Dienstzeitverpflichtungen bei der Wehrmacht arglistig getäuscht habe. Bei Kenntnis dieses Sachverhalts – so heißt es weiter in dem Bescheid vom 29. April 1955 – wäre dem Kläger als ehemaligem Berufssoldaten die vor dem Wiedereintritt liegende Dienstzeit nicht auf sein Eisenbahndienstalter angerechnet worden mit der Folge, daß er zur Laufbahn der Betriebswarte frühestens am 1. Mai 1949 hätte zugelassen werden können, dann – nach der Trennung der Laufbahnen der Assistenten und der Betriebswarte – in den Bewerbungsaufruf für die Assistentenlaufbahn vom 1. Oktober 1947 eingegliedert worden wäre und erst jetzt zur Anstellung als Bundesbahnassistent heranstände.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Main) hat die Klage mit dem Antrag,
den Bescheid des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn vom 29. April 1955 aufzuheben,
durch Urteil vom 22. November 1956 abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof durch Urteil vom 8. Dezember 1960 das Urteil des Verwaltungsgerichts und den angefochtenen Bescheid aufgehoben, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Der Kläger habe zwar wahrheitswidrig wiederholt erklärt, daß er sich nicht zu einem Wehrdienst von 4 1/2 oder 12 1/2 Jahren verpflichtet habe. Nach der auszugsweise vorliegenden Verfügung der Hauptverwaltung der Eisenbahnen – HVE – vom 6. November 1947 habe aber bei den Anwärtern im Sinne der Laufbahnbestimmungen der nach dem Eintritt in den Eisenbahndienst abgeleistete Pflichtwehrdienst und Kriegsdienst auf das Eisenbahndienstalter angerechnet werden dürfen. Weder die Ableistung der Arbeitsdienstpflicht noch die der Dienstpflicht bei der Kriegsmarine bis zum Kriegsausbruch und die anschließende Kriegsdienstzeit könnten im Falle des Klägers als ein endgültiges Ausscheiden aus dem Bahndienst gewertet werden.
Der Eisenbahnverwaltung sei im Zeitpunkt der Entschließung über die Zulassung des Klägers zur Laufbahn des Reichsbahnbetriebswarts auf Grund der von dem Kläger bei und nach seiner Wiedereinstellung gemachten Angaben bekannt gewesen, daß der Kläger sich als Freiwilliger vorzeitig zur Erfüllung seiner Wehrdienstpflicht bei der Kriegsmarine gemeldet habe und am 31. Oktober 1937 in den Flottendienst eingestellt worden sei. Für den Flottendienst seien damals nur Freiwillige mit einer Verpflichtung zu einer Dienstzeit von vier oder zwölf Jahren zuzüglich Ausbildungszuschlag angenommen worden; die Verpflichtung habe auch die Bereitschaftserklärung umfaßt, daß die Dienstverpflichtung bei Eignung zum Unteroffizier auf 12 Jahre zuzüglich Ausbildungszuschlag verlängert werde. Ausweislich der Personalakten des Klägers seien auch Ermittlungen darüber angestellt worden, ob der Kläger im Jahre 1941 vor die Wahl gestellt worden war, sein früheres Arbeitsverhältnis bei der Reichsbahn wieder aufleben zu lassen; die Klärung dieser Frage habe man als entscheidungserheblich angesehen. Dabei sei auf Grund dieser Ermittlungen zugunsten des Klägers unterstellt worden, daß dieser von der Verfügung der Reichsbahndirektion – RBD – Münster vom 18. April 1941 – 2 P 14 Pltu – keine Kenntnis erhalten habe. Dem sei zu entnehmen, daß die Eisenbahnverwaltung den Kläger zum Kreis derjenigen Personen gerechnet habe, die gemäß dieser Verfügung nach Beendigung ihrer aktiven Dienstzeit in den Eisenbahndienst wiedereingestellt werden konnten.
Der im Jahre 1937 erfolgte Eintritt des Klägers als Freiwilliger in den Flottendienst der Kriegsmarine und sein Verhalten während des Krieges hätten der Eisenbahnverwaltung keine Veranlassung gegeben, sein Gesuch um nachträgliche Zulassung zur Laufbahn des Reichsbahnbetriebswarts abzulehnen. Nur diese Tatsachen hätten aber für die Entscheidung der Beklagten über die Zulassung wesentlich sein können. Daß der Kläger fälschlich behauptet hatte, sich niemals zu einer 4 1/2 jährigen oder 12jährigen Dienstzeit verpflichtet zu haben, habe die Entscheidung der Beklagten nicht wesentlich beeinflussen können, weil diese habe wissen müssen, daß für den Flottendienst nur Freiwillige mit 4 1/2- oder 12jähriger Dienstverpflichtung angenommen worden seien. Die Beklagte habe wegen der Verwendung des Klägers im Flottendienst der Kriegsmarine sein endgültiges Ausscheiden aus dem Eisenbahndienst nicht unterstellen können, insbesondere nicht, daß sein Ausscheiden im Sinne der HVE-Verfügung vom 6. November 1947 von ihm selbst veranlaßt worden sei. Der Beklagten habe schon aus dem Erlaß des Reichsverkehrsministers vom 15. August 1941 – 51.533 Pltv – bekannt sein müssen, daß bei den Bediensteten, die sich zu einer 4 1/2jährigen Dienstzeit bei der Kriegsmarine verpflichtet hatten, nicht ohne weiteres von einem Berufswechsel habe gesprochen werden können. Infolgedessen bedürfe es keiner Erörterung, ob der Kläger einen Berufswechsel beabsichtigt oder zeitweise die Stellung eines Berufssoldaten im Sinne der Wehrmachtfürsorgebestimmungen erlangt habe. Das sei für die Frage, ob durch die falsche Behauptung des Klägers über seine Dienstverpflichtung seine nachträgliche Zulassung zur Laufbahn des Reichsbahnbetriebswarts herbeigeführt worden sei, nicht rechtserheblich, weil nicht von wesentlicher Bedeutung. Auch für die nachfolgenden Ernennungen des Klägers seien dessen unrichtige Angaben nicht als wesentliche anzusehen.
Das gleiche gelte für die Erklärung des Klägers, er sei ohne sein Wissen zum Berufssoldaten gestempelt worden. Der Beklagten habe bekannt sein müssen, daß der Kläger über ein halbes Jahr im Reichsarbeitsdienst und anschließend bis zum 15. Januar 1945 im Flottendienst der Kriegsmarine gestanden hatte. Ihr sei allerdings noch nicht bekannt gewesen, daß der Kläger durch seine Unterschrift auf dem Ergänzungsverpflichtungsschein vom 12. April 1940 von seiner Beförderung zum Unteroffizier und damit von der Verlängerung seiner Dienstverpflichtung auf 12 Jahre zuzüglich Ausbildungszuschlag Kenntnis erlangt hatte. Der Kläger habe aber glaubhaft vorgetragen, er müsse von dem Inhalt des Ergänzungsverpflichtungsscheins während eines Lehrgangs Kenntnis genommen haben; daß er sich daran nicht mehr erinnere, erscheine nicht ausgeschlossen. Das Verschweigen der Verpflichtung vom 12. April 1940 sei für die Beklagte bei ihren den Ernennungen des Klägers vorangegangenen Überlegungen aus den bereits dargelegten Gründen ebensowenig von wesentlicher Bedeutung gewesen wie die falschen Angaben über die Verpflichtung vom 6. Juni 1937.
Nach alledem könne das Verhalten des Klägers nicht als Ursache im Rechtssinne für seine nachträgliche Zulassung zur Laufbahn und für die daraufhin erfolgten Ernennungen angesehen werden. Die Zulassung zur Laufbahn unter Anrechnung der Vordienstzeit seit dem 1. April 1937 und die nachfolgenden Ernennungen hätten auch ohne das von der Beklagten gerügte Verhalten des Klägers vorgenommen werden müssen, da die laufbahnmäßigen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Andere Gründe, die eine Ablehnung des Gesuchs um nachträgliche Zulassung des Klägers zur Laufbahn des Reichsbahnbetriebswarts unter Anrechnung der Eisenbahndienstzeit vom 1. Mai 1934 ab und unter Einbeziehung der Wehrdienst- und Kriegsdienstzeit hätten rechtfertigen können, seien nicht vorhanden gewesen.
Auch könne nicht von einer arglistigen Täuschung gesprochen werden. Das Verhalten des Klägers möge zwar subjektiv als arglistige Täuschung zu werten sein; die Beklagte sei aber nicht über die “wesentlichen” Voraussetzungen der Zulassung zur Laufbahn und der Ernennung getäuscht worden, sondern nur über Umstände, die für ihre Entschlüsse nicht als ursächlich im Rechtssinne angesehen werden könnten. Die Beklagte habe im übrigen zu Unrecht bei dem Kläger die Vorstellung erweckt, daß eine laufbahnmäßige Anrechnung der Eisenbahndienstzeit vor 1945 nicht möglich sei, wenn er sich zu einer längeren Dienstzeit bei der Wehrmacht verpflichtet habe; daher könne sie sich auf arglistige Täuschung nicht berufen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision. Sie beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Main) vom 22. November 1956 zurückzuweisen.
Die Revision rügt insbesondere unrichtige Anwendung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BBG. Sie macht im wesentlichen geltend: Das Berufungsgericht habe zu Unrecht den Kausalzusammenhang zwischen Täuschungshandlung, Irrtumserregung und Ernennung mit der Begründung verneint, der Beklagten hätte der wahre Sachverhalt bekannt sein “müssen”. Damit habe das Berufungsgericht die Ursächlichkeit der Täuschungshandlung für die Irrtumserregung von der Erfüllung der Sorgfaltspflicht abhängig gemacht. Eine etwaige Fahrlässigkeit des Anfechtungsberechtigten könne seinem Gegner aber nicht zugute kommen; Kennenmüssen sei in § 12 Abs. 1 Nr. 1 BBG der Kenntnis nicht gleichgestellt.
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision. Er führt aus: § 12 BBG erfasse nur die Ernennung zum Beamten, nicht auch Beförderungen. Jedenfalls wäre er auch bei Kenntnis der wahren Vorgänge und bei verständiger Würdigung des Falles jeweils im gleichen Zeitpunkt ernannt und befördert worden; die Verwaltungsvorschriften der Beklagten hätten der Anrechnung der Vordienstzeiten nicht entgegengestanden. Für die Anwendung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BBG fehle es zudem am Tatbestandsmerkmal der Arglist. Er, der Kläger, habe nach den getroffenen Feststellungen allenfalls fahrlässig gehandelt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer unrichtigen Auslegung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BBG.
Nach dieser Vorschrift ist eine Ernennung zurückzunehmen, wenn sie durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung “herbeigeführt” wurde. Die Vorschrift gestattet nicht, wie die Revision mit Recht geltend macht, die in dem angefochtenen Urteil vorgenommene Unterscheidung zwischen “wesentlichen” Ursachen und solchen, welche die Entscheidung des Dienstherrn “nicht wesentlich” beeinflußt haben und daher nach der Meinung des Berufungsgerichts nicht rechtserheblich sein sollen. Diese Unterscheidung ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezugnimmt, – in Anknüpfung an die Rechtsprechung der Sozialgerichte zur Haftung für Betriebsunfälle – bei Anwendung der Vorschriften über die beamtenrechtliche Dienstunfallfürsorge vorgenommen worden (vgl. BVerwGE 7, 48; 10, 258). Sie fußt auf der Erwägung, daß bei solchen, möglicherweise unverschuldeten, Unfällen zwischen einem dienstlichen und einem privaten Gefahrenkreis zu unterscheiden sei, um zu gerechten Ergebnissen zu gelangen. Diese Erwägung ist für die Auslegung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BBG aber nicht verwertbar. Denn diese Vorschrift betrifft nicht die Gefahrtragung bei möglicherweise unverschuldeten Ereignissen, sondern das Einstehenmüssen für ein schuldhaftes, überdies arglistiges und folglich zu vertretendes Verhalten. Für die Anwendung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BBG genügt es, daß die Täuschung eine Bedingung im logischen Sinn (conditio sine qua non) für die Ernennung war; eine Ernennung ist durch eine Täuschung “herbeigeführt”, wenn die Ernennungsbehörde – in der Person des Dezernenten oder des maßgeblich an der Entscheidung beteiligten Sachbearbeiters (BVerwGE 11, 61 [63]) – bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung, jedenfalls zu diesem Zeitpunkt, Abstand genommen hätte. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch der Zweck des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BBG, der insbesondere auf die Wiederherstellung der Entschließungsfreiheit der Ernennungsbehörde und auch auf die Reinhaltung des Berufsbeamtentums von Personen gerichtet ist, die durch unlauteres Verhalten die Entschließungsfreiheit der Ernennungsbehörde eingeschränkt haben. Hiernach kann es für die Anwendung dieser Vorschrift nicht wesentlich sein, ob die Unkenntnis der Ernennungsbehörde auf deren Verschulden beruht; für die entsprechende Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 2 BBG hat dies das Bundesverwaltungsgericht bereits klargestellt (BVerwGE 11, 61 [64] und Urteil vom 17. Juli 1963 – BVerwG VI C 162.60 –).
Mit Recht rügt die Revision in diesem Zusammenhang weiter, daß das Berufungsgericht selbst die Verwaltungsvorschriften der Beklagten ausgelegt und den ursächlichen Zusammenhang zwischen den Erklärungen des Klägers und dessen Ernennungen mit der Begründung verneint hat, bei zutreffender Auslegung hätten diese Vorschriften der alsbaldigen Anstellung des Klägers nicht entgegengestanden. In diesem Zusammenhang ist nur rechtserheblich, ob die Ernennungsbehörde ohne die Täuschung tatsächlich von der Ernennung abgesehen haben würde. Darauf, ob die einem solchen Verhalten der Ernennungsbehörde zugrunde liegenden Erwägungen mit den Verwaltungsvorschriften über die laufbahnmäßigen Voraussetzungen bei richtiger Auslegung dieser Vorschriften im Einklang gestanden haben würden oder ob nach dem – richtig verstandenen – Inhalt dieser Vorschriften die Voraussetzungen erfüllt waren und die Ernennung hätte vorgenommen werden können oder sollen, kommt es für die Frage nach dem Ursachenzusammenhang nicht entscheidend an. Die Verwaltungsvorschriften können für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs allenfalls als Beweisanzeichen Bedeutung gewinnen. Dabei kommt es zudem nicht darauf an, welchen Inhalt diese Vorschriften bei zutreffender Auslegung hatten; erheblich ist in diesem Zusammenhang allein, wie die Ernennungsbehörde in der Verwaltungspraxis die Verwaltungsvorschriften zur Zeit der Vornahme der umstrittenen Ernennungen wirklich ausgelegt und angewendet hat.
Das angefochtene Urteil enthält hiernach sachlichrechtliche Mängel, die sich auch auf die Auffassung, der Kläger habe nicht arglistig getäuscht, ausgewirkt haben. Gleichwohl hätte es aufrechterhalten werden können, wenn es sich aus anderen Gründen als richtig erwiese (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das ist aber nicht der Fall. Fehl geht die Meinung des Klägers, § 12 Abs. 1 Nr. 1 BBG beziehe sich nur auf die “Ernennung” im engeren Sinne, nämlich auf die Begründung des Beamtenverhältnisses. Daß diese Meinung jedenfalls in bezug auf § 12 Abs. 1 BBG unzutreffend ist, hat bereits der VI. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in den Gründen seines Urteils vom 26. Juni 1961 – BVerwG VI C 5.59 – (Buchholz BVerwG 231, § 32 DBG Nr. 2) klargestellt. Den dort enthaltenen Ausführungen und ihrem Ergebnis schließt der erkennende Senat sich an.
Der Senat ist auch nicht in der Lage, zugunsten der Beklagten in der Sache abschließend zu entscheiden. Die von dem Berufungsgericht bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen reichen hierzu nicht aus (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die Sache muß daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO). Dieses wird unter Zugrundelegung der vorstehenden Darlegungen nunmehr zunächst für jede einzelne Ernennung feststellen müssen, ob die Ernennungsbehörde sie dann, wenn die falschen Angaben des Klägers unterblieben wären, nicht oder nicht zu der Zeit, in der sie erfolgte, vorgenommen hätte. Gegebenenfalls wird ferner zu klären sein, ob der Kläger “arglistig” getäuscht hat. Arglistig handelt in der Regel, wer den Vorsatz hat, auf den Erklärungswillen des anderen einzuwirken. Dabei genügt bedingter Vorsatz (BVerwGE 13, 156 [158]); Arglist wäre also schon dann zu bejahen, wenn festgestellt werden kann, dem Kläger sei bewußt gewesen, daß seine Angaben unrichtig sein könnten und daß gerade der durch diese Angaben hervorgerufene Irrtum die Beklagte zur Vornahme der Ernennung bestimmen könnte. Anders als beim strafrechtlichen Betrug ist nicht erforderlich, daß der Erklärende die Absicht hat, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Auch ist nicht entscheidend, ob der Erklärende das Bewußtsein hat, dem Erklärungsgegner einen Schaden zuzufügen. Sein Verhalten muß aber unlauter sein.
Unterschriften
Schmitt, Dr. de Chapeaurouge, Weber-Lortsch, Dr. Idel, Oppenheimer
Fundstellen
NJW 64, 120 |
Buchholz 232, § 12 BBG Nr 8 |
BVerwGE, 340 |
ZBR 63, 383 |
DÖD 64, 13 |
VerwRspr 16, 415 |
AS XVI, 340 |